| Bombardier Transportation | |
|---|---|
| Rechtsform | GmbH |
| Gründung | 1974 |
| Auflösung | 29. Januar 2021[1] |
| Auflösungsgrund | Übernahme durch Alstom |
| Sitz | Berlin,Deutschland |
| Leitung | Danny Di Perna |
| Mitarbeiterzahl | 36,050[2] |
| Umsatz | 8,3 Mrd. USD[2] |
| Branche | Schienenfahrzeug-Hersteller |
| Stand: 31. Dezember 2019 | |
Bombardier Transportation war ein weltweit tätiger Hersteller vonSchienenfahrzeugen mit Geschäftssitz in Berlin. Bis 2021 bildete das Unternehmen einenTeilkonzern deskanadischen UnternehmensBombardier. Es wurde im Januar 2021 vom französischen KonkurrentenAlstom übernommen.[3]Das Produktportfolio des Unternehmens umfassteLokomotiven,Triebwagen,Straßenbahn- undStadtbahn-Fahrzeuge,U-Bahn- undS-Bahn-Fahrzeuge undReisezugwagen sowieStellwerke.



Der Einstieg von Bombardier in den Schienenfahrzeugbau erfolgte 1970 mit der Übernahme der österreichischenLohner-Werke, die zu diesem Zeitpunkt Straßenbahnwagen für den österreichischen Markt produzierten.[4] Bombardier Transportation wurde 1974 gegründet, nachdem Bombardier einen Großauftrag über 423 U-Bahn-Waggons für die Stadt Montreal bekommen hatte. 1975 kaufte Bombardier vonAmerican Locomotive Company die kanadische TochterMontreal Locomotive Works, die bis 1985Lokomotiven herstellte.
Im Jahr 1995 kehrte Bombardier Transportation mit weiteren Übernahmen von Firmen in Frankreich, Österreich und Deutschland ins Transportgeschäft zurück. In Deutschland übernahm Bombardier 1995 dieWaggonfabrik Talbot inAachen und 1998 dieDeutsche Waggonbau (ehemalsKombinat Schienenfahrzeugbau) mit Betrieben inBerlin,Halle,Görlitz,Bautzen,Vetschau undNiesky. Die erst 1997 von der Deutschen Waggonbau übernommeneVevey Technologies inVilleneuve in der Schweiz wechselte ebenfalls zu Bombardier.
Im Jahr 2001 erfolgte die Übernahme vonDaimlerChrysler Rail Systems (Adtranz) mit der Zentrale im Norden Berlins nahe demFlughafen Tegel und dem größten WerksstandortHennigsdorf. Auch die anderen deutschen Adtranz-Standorte inMannheim,Kassel,Nürnberg,Dreis-Tiefenbach undBraunschweig kamen damit zu Bombardier. In der Schweiz von der Übernahme betroffen waren die StandorteZürich undTurgi sowiePratteln, der entgegen den damaligen Adtranz-Planungen von Bombardier zunächst beibehalten wurde.[5]
Auch die Adtranz-Standorte inGroßbritannien,Dänemark (früherScandia A/S inRanders),Schweden,Norwegen,Portugal,Italien undPolen sowie dasJoint Venture in derVolksrepublik China wurden übernommen. Adtranz hatte unter anderem den „Turbostar“-Diesel-Triebzug und die deutschenTRAXX-Lokomotiven gebaut, die seitdem unter der Marke Bombardier hergestellt wurden, Stand Mai 2024 wurden sie von Alstom weiterhin produziert.
Am 13. November 2001 kündigte das Unternehmen eine grundlegende Neustrukturierung seiner europäischen Produktionsaktivitäten an. Kapitalintensive Tätigkeiten sollten dabei in spezialisierten Werken gebündelt werden.[6] Vor allem in Deutschland mussten dabeikartellrechtliche Einwände berücksichtigt werden. Das erst 2000 zwischen Stadler und Adtranz gegründete Joint-VentureStadler Pankow GmbH wechselte 2001 vollständig in den Besitz derStadler Rail Group und damit dieLizenzen einiger Fahrzeuge wie zum Beispiel „Regio-Shuttle“ und „Variobahn“.
Anfang 2003 gründete das Unternehmen mitBombardier – CPC Propulsion Systems in China ein Joint Venture zur Produktion und Vermarktung von Antriebskomponenten.[7] Mit Wirkung zum 1. Mai 2003 verkaufte das Unternehmen sein WerkVetschau an eine ungarische Investorengruppe.[8] Im Herbst 2003 kündigte das Unternehmen an, aufgrund von Verlusten mindestens sechs seiner damals 37 Werke in Europa zu schließen.[9]
Im Zuge der Rezession im Schienenfahrzeugbau entschied die Konzernleitung, die Geschäftssparte Transportation zu verkleinern, was vor allem Europa traf. Die Entscheidung wurde bei der Bilanz-Medienkonferenz im März 2004 bekanntgemacht. Die Redimensionierung umfasste die Schließung von sieben Produktionsstandorten in fünf Ländern sowie einen Abbau von weltweit 6600 Stellen (davon 86 Prozent in Europa) beziehungsweise 18,5 Prozent der gesamten Belegschaft von Bombardier Transportation.
Bereits bis Ende 2004 erfolgte die Schließung des traditionsreichen Standortes Nürnberg, inAmadora, der einzigen Produktionsstätte in Portugal sowie zweier Produktionsstätten in Großbritannien. Bis zum 31. Dezember 2005 wurden ein weiteres Werk in Großbritannien und ein Werk im schwedischenKalmar geschlossen. Zum selben Termin wurden das WerkAmmendorf in Halle (Saale) mit über 700 Beschäftigten und das Werk Pratteln imKanton Basel-Landschaft mit 520 Beschäftigten geschlossen, wobei letzteres bereits seit dem 28. April 2005 weitgehend stillgelegt war. Die Werkstilllegungen machten nur einen Teil des Stellenabbaus aus; in Deutschland wurden weitere 1200 Stellen (von insgesamt 10.100), in der Schweiz weitere 70 Stellen (von insgesamt 1350) abgebaut.
Auch nach Abschluss der Restrukturierung blieb Deutschland mit acht Produktionsstandorten und etwa 8600 Beschäftigten der größte Standort von Bombardier Transportation, gefolgt von Großbritannien mit sechs Werken und knapp 4300 Beschäftigten. In der Schweiz blieben noch knapp 760 Beschäftigte verteilt auf den Produktionsstandort Villeneuve (Kleinserien, knapp 160 Beschäftigte) und die Entwicklungsstandorte ZürichOerlikon und Turgi. In Österreich hatte dasKompetenzzentrum für Straßen- und Stadtbahnen am Bombardier Standort Wien, den ehemaligenLohnerwerken, damals etwa 700 Beschäftigte.[10]

Die Zentrale von Bombardier Transportation wurde 2006 in das ehemaligeGebäude der Königlichen Eisenbahndirektion, dann in dieReichsbahndirektion Berlin am Schöneberger Ufer 1 und am 3. Juli 2017 an den Potsdamer Platz, Eichhornstraße 3, verlegt.[11]





Am 12. Mai 2010 erhielt Bombardier von den Schweizerischen BundesbahnenSBB den Auftrag zur Lieferung von 59 Doppelstockzügen (Twindexx) für den Fernverkehr. Das Gesamtvolumen des Auftrages lag bei rund 1,9 MilliardenSchweizer Franken. Bombardier fertigte die neukonstruierten Züge an seinen Standorten im schweizerischenVilleneuve undim deutschen Görlitz.[12] Der Auftrag, der mit großen Verzögerungen und daraus resultierender Konventionalstrafe einherging, sollte 2022 mit der letzten Auslieferung abgeschlossen werden.[13]
Bei den Regionaltriebzügen der BaureiheTalent 2 kam es zu Verzögerungen bei derZulassung, die zur Intervention desBundesverkehrsministers führten. Bis zum Sommer 2013 waren 210 Züge an die Deutsche Bahn übergeben worden, die alle verspätet zum Einsatz kamen.Zum Jahresbeginn 2013 erhielt Bombardier Transportation auch erstmals einen Auftrag eines privaten Betreibers für diese Fahrzeuge. Bei den 2016 vonAbellio Baden-Württemberg bestellten 52 Zügen konnten ebenfalls in einer Ausschreibung gewonnene Verkehre vom neuen Betreiber nicht wie geplant mit neuen Fahrzeugen bedient werden.
Im Oktober 2012 wurde bekannt, dass Bombardier das Aachener Werk mit 600 Arbeitsplätzen im Sommer 2013 nach Abschluss von Großaufträgen schließen wolle. Es gebe keine Anschlussaufträge, wurde zur Begründung ausgeführt. Trotz Intervention verschiedener Gruppen hielt Bombardier an der Schließung fest.[14]
Im Februar 2013 reichte die Deutsche Bahn beim Landgericht Berlin Klage gegen Bombardier ein, sie forderte Schadenersatz aufgrund der aufgetretenen Probleme mit der Neigetechnik derRegio-Swinger.[15]
Im November 2015 wurde das gesamte Vermögen von Bombardier Transportation aus derBombardier Inc. herausgelöst und in die neu gegründeteHoldinggesellschaftBombardier Transportation (Investment) UK Ltd eingebracht, an der dieCaisse de dépôt et placement du Québec mit 30 % beteiligt war.[16]
In Deutschland erwirtschaftete Bombardier in den Jahren 2012–16 Verluste, ein Stellenabbau war geplant. Verschiedene Entwicklungs- und Fertigungsstellen sollten an bestimmten Standorten zusammengelegt werden, beispielsweise der Lokomotivbau in Kassel und die zugehörige Entwicklung amStandort Mannheim.[17]
Die Probleme mit verspäteter Zulassung und Mängeln in der Software wiederholten sich bei den Bestellungen des ModellsTalent 3 ebenso wie bei denIC-Doppelstockzügen. Bei letzteren verweigerte die Deutsche Bahn Anfang 2020 wegen Mängeln die Abnahme von weiteren 25 fertig gestellten Exemplaren, nachdem sie mit 44 Zügen Betriebserfahrungen gesammelt hatte.[18] Im August 2021 stornierten dieÖsterreichischen Bundesbahnen einen Auftrag über die Lieferung von 46 Talent-3-Triebzügen.[19]
Im Dezember 2019 wurde am Standort Bautzen ein neues Testzentrum in Betrieb genommen, in dem drei bis zu 120 m lange Fahrzeuge parallel geprüft werden können.[20]
Am 12. Februar 2020 wurden Medienberichte bekannt, nach denen der französische SchienenfahrzeugherstellerAlstom die Eisenbahnsparte von Bombardier übernehmen wollte.[21] Am 17. Februar 2020 bestätigte Alstom die Übernahmeabsicht, mit der ein Bahntechnikkonzern mit etwa 15 Mrd. Euro Jahresumsatz geschaffen würde.[22] Die beiden Konzerne lagen vor der Fusion auf Platz 2 und 3 im weltweiten Vergleich der Bahntechnikbranche hinter dem chinesischen KonzernCRRC.
Im Juli 2020 genehmigte die EU-Kommission die Übernahme unter der Bedingung, dass alle Verpflichtungszusagen vollständig erfüllt würden, die Alstom der Kommission unterbreitet hatte, um wettbewerbsrechtliche Bedenken auszuräumen.[23][24] Anfang Dezember 2020 lagen die Genehmigungen der weiteren beteiligtenWettbewerbsbehörden vor.[25] Am 29. Januar 2021 wurde die Fusion offiziell abgeschlossen.[3]
Als Auflage der Kartellbehörden wurde der teilweise Verkauf der Werke inHennigsdorf (Bombardier) undReichshoffen (Alstom) vorgeschrieben, der bis Ende Juli 2021 erfolgen sollte.[24] Verhandlungen mitŠkoda Transportation zum Verkauf beider Standorte waren bis August 2021 nicht erfolgreich. Im November 2021 kündigte Alstom den Verkauf desWerks in Reichshoffen, derCoradia-Polyvalent-Plattform, und der in Hennigsdorf entwickeltenTalent-3-Plattform an die spanischeConstrucciones y Auxiliar de Ferrocarriles (CAF) an; die Übernahme erfolgte zum 1. August 2024.[26][27] Die Geschäftsaktivitäten in Bezug auf den HochgeschwindigkeitszugZefiro wurden anHitachi Rail übertragen.[28] Im April 2022 wurde bekannt, dass Alstom gegen Bombardier einSchiedsgerichtsverfahren eingeleitet hat, weil Bestimmungen aus dem Kaufvertrag von 2020 nicht eingehalten worden seien.[29]
Bombardier Transportation wurde im Jahr 2008/2009 (Kategorie: Energie + Umwelt) für das System ECO 4, im Jahr 2010/11 für dieZweikraft-Lokomotive ALP-45 (Kategorie: Lokomotive) und im Jahr 2012/2013 für die InduktionsladetechnikPRIMOVE (Kategorie: Triebzüge) mit dem Innovationspreis desPrivatbahn Magazins ausgezeichnet.
Weltweit existierten 68 Standorte, elf davon befanden sich in deutschsprachigen Ländern.[30][31]
Fahrzeuge für Straßenbahnen
Fahrzeuge für Stadtbahnen
Fahrzeuge für U-Bahnen
Lokomotiven für Eisenbahnen
Triebwagen für Eisenbahnen
Reisezugwagen
Hochgeschwindigkeitszüge
52.50178888888913.375788888889Koordinaten:52° 30′ 6,4″ N,13° 22′ 32,8″ O