Beuteltiere
Beuteltiere | ||||||||||||
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![]() Koala (Phascolarctos cinereus) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Marsupialia | ||||||||||||
Illiger, 1811 |
DieBeuteltiere (Marsupialia, dieKronengruppe der Beuteltiere; die ausgestorbenen Vertreter derStammgruppe einschließend spricht man auch von der Gruppe der Metatheria) oderBeutelsäuger, auchMarsupialier genannt, bilden eineUnterklasse innerhalb derSäugetiere (Mammalia). Sie unterscheiden sich von denHöheren Säugetieren oder Plazentatieren (Eutheria) unter anderem darin, dass die Jungtiere in einem sehr frühen,embryoartigen Stadium geboren werden und anschließend oft als passiveTraglinge in einem Beutel der Mutter heranwachsen. Heute leben einerseits auf demKontinent Australien und inSüdostasien östlich derWallace-Linie und andererseits inAmerika zusammen ungefähr 320 Beuteltierarten und damit rund 6 Prozent allerrezenten Säugetierarten.
Körperbau
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Beuteltiere haben die für Säugetiere typischen Merkmale wie einFellkleid ausHaaren, die dreiGehörknöchelchen, dasZwerchfell und andere, die imKörperbau der Säugetiere beschrieben sind. Es gibt aber neben den auffälligen Unterschieden in der Gebärweise eine Reihe anatomischer Merkmale, die sie von den Höheren Säugern abgrenzen.
Schädel und Zähne
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Der Bau desSchädels weist einige Besonderheiten auf. Generell ist der Hirnschädel relativ klein und eng, was sich in einem im Vergleich zu Höheren Säugetieren mit gleicher Körpergröße kleineren – und einfacher gebauten –Gehirn widerspiegelt, welches u. a. keinCorpus callosum aufweist. DasTränenloch (Foramen lacrimale) liegt vor derOrbita, dasJochbein ist vergrößert und erstreckt sich weiter nach hinten, und der Winkelfortsatz (Processus angularis) desUnterkiefers ist zur Mitte hin eingebogen. Ein weiteres Merkmal ist dieGaumenplatte, die im Gegensatz zu den Höheren Säugern stets mehrere Foramina (Öffnungen) aufweist.Auch dasGebiss dieser Tiere unterscheidet sich in einigen Aspekten von dem der Plazentatiere: so haben alle Taxa mit Ausnahme derWombats eine unterschiedliche Anzahl vonSchneidezähnen im Ober- und Unterkiefer. Die frühen Beutelsäuger wiesen eineZahnformel von 5/4-1/1-3/3-4/4 auf, das heißt, pro Kieferhälfte hatten sie fünf (Oberkiefer) bzw. vier (Unterkiefer)Schneidezähne, einenEckzahn, dreiPrämolaren (Vorbackenzähne) und vierMolaren (Backenzähne), insgesamt also 50 Zähne. Manche Taxa wie dieBeutelratten weisen noch die ursprüngliche Zahnzahl auf, bei anderen Gruppen ist es ernährungsbedingt zu einer Reduktion der Anzahl der Zähne gekommen. Noch heute haben Beutelsäuger in vielen Fällen 40 bis 50 Zähne, also deutlich mehr als vergleichbare Plazentatiere. Auffällig dabei ist die hohe Anzahl von Schneidezähnen im Oberkiefer (bis zu zehn) und dass mehrBackenzähne als Vorbackenzähne vorhanden sind. EinZahnwechsel findet nur beim 3. Prämolaren statt, alle übrigen Zähne werden bereits als bleibende Zähne angelegt. Die Backenzähne erfahren nach ihrem Durchbruch eine horizontale Verlagerung, das heißt, dass diese im Lauf des Lebens nach vorne rücken und dort am stärksten abgenutzt sind.
Übriger Körperbau
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]ImSkelett des übrigen Körpers gibt es wenig allgemeine Merkmale. Neben Details im Bau desKnöchels sind für diese Tiere vor allem dieBeutelknochen (Ossa epubica) charakteristisch, zwei vomSchambein desBeckens nach vorne ragende Knochen. Da diese auch bei Männchen und bei beutellosen Arten vorhanden sind, geht man davon aus, dass diese Knochen ursprünglich nichts mit der Fortpflanzung zu tun hatten, sondern dem Muskelansatz für die Bewegung der hinteren Gliedmaßen dienten. Da auch die eierlegendenUrsäuger Beutelknochen aufweisen, wird vermutet, dass es sich dabei um ein ursprüngliches Säugetiermerkmal handeln könnte. Im Bau der Fortpflanzungsorgane unterscheiden sich die Beutelsäuger ebenfalls von den Höheren Säugetieren. Bei ihnen ist der Fortpflanzungstrakt verdoppelt: Weibchen haben zweiUteri und zweiVaginae, vor der Geburt bildet sich zwischen ihnen ein Geburtskanal, diePseudovagina. Auch die Männchen besitzen einen gespaltenen oder doppeltenPenis mit davorliegendemScrotum.
Ein Beutel (Marsupium) ist bei etlichen, aber bei weitem nicht bei allen Arten vorhanden. Manche Beuteltiere besitzen einen permanenten Beutel, bei anderen entwickelt er sich nur während der Tragzeit, wieder andere Arten wie dieMausopossums sind beutellos, die Jungtiere sind dann nur durch Hautfalten oder im Fell der Mutter verborgen. Die Anordnung des Beutels ist variabel, um dem Nachwuchs je nach Lebensweise größtmöglichen Schutz zu gewähren. So haben die sich hüpfend fortbewegenden Kängurus die Beutelöffnung vorne, während viele andere auf allen vieren gehende oder kletternde Arten die Öffnung hinten haben. Meist besitzen nur weibliche Tiere einen Beutel, allerdings ist bei dem im Wasser lebendenSchwimmbeutler dieser auch bei Männchen vorhanden und dient dazu, beim Schwimmen oder schnellen Laufen den Hodensack darin unterzubringen.
Allgemeines und Konvergenzen
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Beuteltiere haben sich an unterschiedlichste Lebensräume angepasst, was sich in der großen Vielfalt in ihrem Körperbau niederschlägt. Als größtes lebendes Beuteltier gilt dasRote Riesenkänguru mit bis zu 1,8 Metern Höhe und 90 Kilogramm Gewicht, wobei allerdings ausgestorbene Gattungen wieDiprotodon deutlich größer und schwerer waren. Die kleinsten Vertreter dieser Gruppe sind dieFlachkopf-Beutelmäuse, die oft nur 5 Zentimeter Kopfrumpflänge und 5 Gramm Gewicht erreichen.
Einige Arten zeigen erstaunliche Parallelen zu höheren Säugetieren und bilden Musterbeispiele fürkonvergente Evolution. So ähnelte der ausgestorbeneBeutelwolf stark dem plazentalenWolf. EineGleitmembran und die damit verbundene Fähigkeit zum Gleitflug hat sich sowohl bei manchen Beutelsäugern (zum BeispielGleithörnchenbeutler undRiesengleitbeutler) als auch einigen Höheren Säugetieren (zum BeispielGleithörnchen undRiesengleiter) unabhängig voneinander entwickelt. Manche Gruppen – etwaBeutelratten,Beutelmäuse oderBeutelmarder – deuten auch in ihrem Namen die Ähnlichkeit zu Plazentatieren an. Andere Gruppen wie dieKängurus sind hingegen gänzlich ohne plazentale Pendants.
Verbreitung und Lebensräume
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Beuteltiere sind auf dem amerikanischen Kontinent und im australischen Raum einschließlich der südostasiatischen Inselwelt beheimatet. Innerhalb Amerikas leben die meisten Arten inSüdamerika, einige Arten sind auch inNord- undMittelamerika verbreitet. Das nördlichste Verbreitungsgebiet hat dasNordopossum, das im Gefolge des Menschen sein Verbreitungsgebiet über Teile derUSA und sogarKanadas ausgedehnt hat.
Im australischen Raum sind die meisten Arten inAustralien oderNeuguinea beheimatet. Auch im östlichen, kontinental zuAsien gehörendenIndonesien, vonSulawesi und denMolukken an ostwärts, gibt es Beuteltiere. Die Westgrenze ihres Verbreitungsgebietes im indonesischenArchipel wird alsWallace-Linie bezeichnet. Im Osten erstreckt sich ihr Verbreitungsgebiet bis zu denSalomonen; auf den übrigen Inseln desPazifischen Ozeans gibt oder gab es, wie auch aufNeuseeland, ursprünglich keine Beutelsäuger.
Beuteltiere haben unterschiedlichste Lebensräume besiedelt: Sie finden sich in Wäldern, Grasländern, im gebirgigen Terrain und auch in Wüsten. Auffällig ist, dass sich bei diesen Tieren – im Gegensatz zu den Höheren Säugern – kaum Arten an das Wasser als Lebensraum angepasst haben, lediglich derSchwimmbeutler und in geringerem Ausmaß dieDickschwanzbeutelratte führen eine aquatische Lebensweise und sind mit Schwimmhäuten und wasserdicht verschließbarem Beutel für das Leben im Wasser gerüstet. Viele Arten sind Baumbewohner und zeigen mitopponierbarem Daumen undGreifschwanz gute Anpassungen an diesen Lebensraum, andere sind reine Bodenbewohner.
Lebensweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]So vielfältig wie dieHabitate der Beuteltiere sind auch ihre Lebensweisen, und es lassen sich kaum verallgemeinernde Aussagen treffen. Es finden sich sowohl tag- wie auch dämmerungs- oder nachtaktive, einzelgängerische und in Gruppen lebende Arten. Im Vergleich zu den Höheren Säugern ist ihr Sozialverhalten jedoch eher unterentwickelt. Viele Arten lebeneinzelgängerisch oder in lockeren Verbänden ohne dauerhafte Sozialstrukturen; Gruppen mit komplexenRangordnungen gibt es nur selten.
Auch die Ernährungsweise variiert erheblich. Es gibt ausgesprocheneHerbivoren (Pflanzenfresser) wieKängurus,Wombats undKoalas sowieOmnivoren (Allesfresser) wie dieBeutelratten undNasenbeutler.Karnivoren (Fleischfresser) finden sich beispielsweise bei denMausopossums und denRaubbeutlern. Nach dem Aussterben der großen karnivoren Arten wieBeutellöwe undBeutelwolf ist derBeutelteufel das größte heute noch lebende karnivore Beuteltier.
Fortpflanzung
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Neben den oben beschriebenen Besonderheiten der Beuteltiere im Bau des Fortpflanzungstraktes unterscheiden sie sich auch in der Fortpflanzungsweise deutlich von denhöheren Säugetieren. Die meisten Arten entwickeln keine echtePlazenta. Durch das Fehlen desTrophoblasten ist keine immunologische Barriere zwischen Keim und Mutter vorhanden, sodass die Tragzeit abgeschlossen sein muss, bevor dieImmunabwehr der Mutter voll wirksam wird. Der Keim wird über einenDottersack ernährt. Es gibt allerdings auch einige Arten, bei denen eine echte Plazenta vorhanden ist, darunter dieNasenbeutler oder derKoala. Die Trächtigkeitsdauer ist kurz, sie beträgt zwischen 11 und 43 Tagen. Am kürzesten ist sie bei derSchmalfußbeutelmausSminthopsis macroura mit nur 10,5 bis 11 Tagen.
Die Neugeborenen kommen durch einen zwischen den Vaginae liegenden Geburtskanal zur Welt, der bei vielen Arten eigens für die Geburt gebildet wird. Neugeborene Beuteltiere sind klein und im Vergleich zu den Höheren Säugetieren unterentwickelt. Das Gewicht des Wurfes beträgt stets weniger als 1 % des Gewichts der Mutter, die Babys derRüsselbeutler wiegen gar nur fünf Milligramm und sind somit die kleinsten neugeborenen Säugetiere überhaupt. Neugeborene Beutelsäuger haben nur rudimentär entwickelte Organe; lediglich die Vordergliedmaßen sind gut entwickelt, da der Nachwuchs aus eigener Kraft zu den Zitzen der Mutter krabbeln muss.
Nicht alle Beuteltiere besitzen einen Beutel, in welchem sich die Zitzen befinden. Bei manchen Arten hängen die Jungtiere frei an der Zitze der Mutter, lediglich durch ihr Fell oder Hautfalten verborgen. Neugeborene klammern sich mit dem Mund an die Zitze und bleiben während der ersten Lebenswochen fix mit ihr verbunden. Die Säugezeit dauert im Vergleich zu den Höheren Säugetieren länger.
Früher wurde die Gebärweise der Beuteltiere als eine primitive, im Vergleich zu den Höheren Säugetieren unterentwickelte Methode betrachtet. Auch die Verdrängung mancher Beuteltiere durch eingeschleppte Höhere Säugetiere hat zu diesem Vorurteil beigetragen. Abgesehen davon, dass dieses „Fortschrittsvorurteil“ hin zur Entwicklung des Menschen in der modernen Systematik weitgehend abgelöst wurde und etliche Beuteltierarten ihr Verbreitungsgebiet sehr erfolgreich ausgedehnt haben, bietet die Fortpflanzungsmethode der Beuteltiere auch Vorteile: zum einen ist die für die Mutter anstrengende Tragzeit verkürzt, zum anderen kann weit schneller als bei Plazentatieren erneut ein Jungtier zur Welt gebracht werden, sollte das früher Geborene sterben. Nach Berechnungen von M. B. Renfree (zitiert nach Kemp, 2005) ist der komplette Energieaufwand der Mutter bei beiden Fortpflanzungsweisen nahezu gleich, bei den Beutelsäugern ist er aber über einen längeren Zeitraum verteilt. Demzufolge seien Höhere Säugetiere besser an eine Fortpflanzung unter klimatisch ungünstigen Verhältnissen angepasst, bei denen nur über kurze Zeit ausreichend Nahrung vorhanden ist.
Entwicklungsgeschichte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Nach Meinung der meisten Wissenschaftler haben Beutel- und Höhere Säugetiere einen gemeinsamen Vorfahren, das gemeinsameTaxon wirdTheria genannt und bildet dasSchwestertaxon der eierlegenden Ursäuger (Protheria). Einige Forscher vertreten jedoch die Theorie, Beutel- und Ursäuger bilden ein gemeinsames Taxon,Marsupionta, welches das Schwestertaxon der Höheren Säuger sei. Diese Theorie wird mit gewissen molekulargenetischen Übereinstimmungen begründet, ist jedoch eine Minderheitenmeinung.
Ursprung und frühe Vertreter
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Bis vor kurzem waren Beuteltiere desMesozoikums nur ausNordamerika bekannt, und man hielt diesen Kontinent lange Zeit für den Ursprungsort dieser Gruppe. Funde inOstasien aus jüngster Zeit widersprechen jedoch dieser Theorie. Als ältester bekannter Vertreter gilt die rund 125 Millionen Jahre alte ArtSinodelphys szalayi, deren Überreste in derchinesischen ProvinzLiaoning gefunden wurden.Sinodelphys szalayi ist jedoch nicht der unmittelbare Vorfahre der heutigen Beuteltiere, sondern einer größer gefassten Gruppe, die einige wenig bekannte ausgestorbene asiatische Taxa wie dieDeltatheroida und dieAsiadelphia mit einschließt.
Nordamerika, Eurasien und Afrika
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Nachfahren dieser frühesten Entwicklungslinie müssen danach inNordamerika eingewandert sein. Von diesem Kontinent stammen die weitaus meisten Funde derKreidezeit, die auch die Vorfahren aller heute lebenden Beuteltiere enthalten. Als einer der frühesten bekannten nordamerikanischen Vertreter giltKokopellia juddi, dessen Alter auf rund 100 Millionen Jahre geschätzt wird. Im Anschluss kam es zu einer großenRadiation, aus der Oberkreide Nordamerikas sind mehrere Familien bekannt. MitAlphadon lebte auch schon ein Vertreter der heutigenBeutelratten, auch frühe Formen der Ordnung derPaucituberculata, die bis heute in denMausopossums weiterlebt, wurden gefunden.

Die nordamerikanischen Beuteltiere starben am Ende des Mesozoikums weitgehend aus, vermutlich verursacht durch die Einwanderung plazentaler Säugetiere aus Asien. ImKänozoikum gab es nur noch sehr wenige Gattungen (aus der Familie derPeradectidae), doch spätestens imMiozän waren auch diese Formen ausgestorben. Erst vor etwa 3 Millionen Jahren, als sich im spätenPliozän mit demIsthmus von Panama eine Landbrücke zwischen Nord- und Südamerika bildete, konnten in dem darauf folgendenGroßen Amerikanischen Faunenaustausch südamerikanische Beuteltiere (Beutelratten) in das nördlicheAmerika einwandern.
Vertreter der Peradectidae undHerpetotheriidae breiteten sich im Känozoikum auch nachAfrika,Europa undAsien aus. Dieser Vorgang beschränkte sich jedoch auf einige wenige Arten, die sich nicht dauerhaft etablieren konnten. Der spärlicheFossilbericht aus Asien umfasst nur einige wenige Funde aus dem östlichen und südöstlichen Teil des Kontinentes und endet im ausgehenden UnterenMiozän. In Afrika traten Beuteltiere ebenfalls eher selten auf, bedeutendepaläogene Funde sind aus demOuled-Abdoun-Becken in Marokko und aus demFayyum in Ägypten belegt. Die bisher jüngsten Funde stammen aus dem östlichen Afrika und datieren möglicherweise in den Übergang vom Unteren zum Mittleren Miozän. Deutlich umfangreicheres Fossilmaterial ist aus Europa dokumentiert, hervorzuheben sind etwa die Reste aus derGrube Messel und demGeiseltal, beides in Deutschland. Die Beuteltiere verschwanden hier wohl im Mittleren Miozän mit ihren bisher spätesten Nachweisen im südlichen Mitteleuropa.[1][2] Seitdem gibt es in Europa, Asien und Afrika keine Beuteltiere mehr.
Südamerika
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Wann genau die BeuteltiereSüdamerika erreichten, ist nicht bekannt. Die ersten zweifelsfrei dieser Gruppe zuordenbaren Funde stammen aus dem frühenPaläozän („Tertiär“). Da Südamerika während eines Großteils desKänozoikums von den übrigen Kontinenten getrennt war, entwickelte sich dort eine einzigartige Fauna, zu der auch drei Ordnungen von Beuteltieren zählten. Dies waren zum einen dieBeutelratten (Didelphimorphia), zum anderen diePaucituberculata, die einen großen Artenreichtum entwickelten und heute nur noch in Form derMausopossums überleben. Die dritte Gruppe waren die heute ausgestorbenenSparassodonta, auch „Beutelhyänen“ genannt, die neben denTerrorvögeln (Phorusrhacidae) und terrestrischen Krokodilen (Sebeciden) die einzigen größeren Fleischfresser dieses Kontinents darstellten. Der bekannteste Vertreter der Sparassodonta ist wohl dersäbelzahnkatzenähnlicheThylacosmilus.
Viele Beuteltierarten in Südamerika starben gemeinsam mit anderen endemischen Säugetierarten aus, als Süd- und Nordamerika vor rund 2,5 Millionen Jahren durch die LandbrückeMittelamerikas verbunden wurden und Arten aus dem Norden in den Süden einströmten. Allerdings konnten einige Beuteltierarten im Anschluss daran ihr Verbreitungsgebiet nach Mittel- beziehungsweise Nordamerika ausdehnen.
Antarktis
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Auch wenn es bislang nur wenige Fossilienfunde gibt, steht doch weitgehend außer Zweifel, dass derantarktische Kontinent imKänozoikum bis zu seiner Vereisung eine reiche Beuteltierfauna beherbergte. Die einzigen Funde wurden auf derSeymour-Insel vor derAntarktischen Halbinsel gemacht und stammen aus dem mittleren oder spätenEozän. Die gefundenen Arten sind mit den damals in Südamerika lebenden Tieren verwandt,paläobiogeographisch ist diese Verbindung gut belegt, da dieDrakestraße (die heute zwischen Südamerika und der Antarktis liegt) erst vor rund 35 bis 30 Millionen Jahren entstand. Im Zuge der damit verbundenen Entstehung desAntarktischen Zirkumpolarstroms kam es zur Vereisung der Antarktis und zum Aussterben aller dort lebenden Landsäugetiere.
Australien
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Die Beuteltiere inAustralien stammen laut einer DNA-Untersuchung aus dem Jahr 2010 von einem Beuteltier aus Südamerika ab, das dort vor 50 Mio. Jahren einwanderte.[3][4][5] Die ältesten Beuteltierfunde stammen ausMurgan im südöstlichenQueensland und werden derTingamarra-Lokalfauna zugewiesen, benannt nachTingamarra, einem denStammhuftieren ähnlichen, aber mit ihnen nicht verwandten Tier. Diese Fauna wird auf das frühe Eozän datiert und ist laut einer mittelsKalium-Argon-Datierung vorgenommenen Messung 54,6 Millionen Jahre alt.[6] Da die Funde aber weitgehend aus Kieferfragmenten und Zähnen bestehen, ist eine systematische Zuordnung schwierig. Danach klafft erneut eine große Lücke im Fossilbericht. Erst aus der Zeit des spätenOligozäns (vor rund 25 Millionen Jahren) gibt es wieder Funde. Aus dieser Epoche und aus demMiozän sind dann Vorfahren der meisten der heutigen Familien bekannt. Gänzlich ausgestorbene Gruppen gibt es kaum. Bis auf die durch ihre auffallenden Zähne charakterisierte GattungYalkaparidon lassen sich alle Funde in eine der heutigen vier in Australien lebenden Ordnungen (siehe unten) eingliedern. Bis zur Ankunft des Menschen sind Beutelsäuger in Australien die dominante Säugergruppe geblieben, außer einigen Vertretern derFledertiere und derAltweltmäuse konnten sich keine Höheren Säugetiere dort etablieren.
Im Zeitraum von vor 51.000 bis vor 38.000 Jahren kam es in Australien zu einem Massenaussterben von Großsäugern. Davon betroffen waren unter anderem die riesenhaftenDiprotodonten, drei Meter hohe Kängurus wieProcoptodon oderBeutellöwen wieThylacoleo carnifex. Dieses Phänomen war allerdings nicht auf Australien beschränkt; es kam nahezu weltweit zu einem Aussterben der Großsäuger am Ende des Pleistozäns (siehe auch den betreffenden Abschnitt unterSäugetiere). Über die Ursachen dieses Aussterbens gibt es eine heftige Kontroverse zwischen Vertretern derOverkill-Hypothese, die die Bejagung durch den Menschen dafür verantwortlich machen, und anderen Forschern, die in klimatischen Veränderungen während derEiszeiten die Schuld suchen. Für die Overkill-Hypothese spricht, dass ähnliche Vorgänge auch auf anderen Kontinenten beobachtet wurden, dass das Aussterben zeitgleich ungefähr mit der Besiedlung Australiens durch den Menschen korreliert und dass bei keinem anderen Aussterbevorgang eine derartige Einschränkung auf die Körpergröße gefunden wurde. Gegner der Bejagungshypothese wenden ein, die primitiven Jagdmethoden und die geringe Bevölkerungsdichte der frühen Menschen hätten keinen so großen Einfluss auf die Populationsgröße haben können und verweisen auf Kälte und Dürre, bedingt durch die Vergletscherung großer Teile der Erde. In jüngerer Zeit mehren sich die Thesen, dass eine Vermischung beider Faktoren die Schuld am Massenaussterben trage. So sei für die durch klimatische Veränderungen bereits in Mitleidenschaft gezogenen Populationen die Jagd der ausschlaggebende Faktor für die Ausrottung gewesen.
Innere Systematik
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In früheren Systematiken wurden alle Beuteltiere in einer einzigenOrdnung, Marsupialia, zusammengefasst. Die moderne Forschung differenziert stärker und teilt sie in sieben Ordnungen, von denen fünf zu einer Überordnung zusammengefasst werden können.
- DieBeutelratten (Didelphimorphia) sind die vielleicht urtümlichste Beuteltiergruppe. Von den rund 110 Arten sind dieOpossums die wohl bekanntesten.
- DieMausopossums (Caenolestidae) sind die einzigen rezenten Vertreter der einst formenreichen Ordnung derPaucituberculata. Sie leben im westlichenSüdamerika und weisen im Körperbau und der Lebensweise Ähnlichkeiten mit denSpitzmäusen auf.
- DieAustralidelphia bestehen aus fünf Ordnungen und fassen die imaustralischen Raum lebenden Arten sowieDromiciops aus Chile zusammen:
- Die GattungDromiciops aus dem südlichenSüdamerika, der einzige rezente Vertreter der OrdnungMicrobiotheria und ist näher mit den australischen als mit den übrigen amerikanischen Beuteltieren verwandt.
- DieBeutelmulle (Notoryctemorphia) setzen sich aus nur zwei Arten zusammen. Sie weisen in Körperbau und Lebensweise Ähnlichkeiten mit denMaulwürfen auf.
- DieRaubbeutlerartigen (Dasyuromorphia) sind überwiegend fleischfressende Tiere. Zu ihnen zählen unter anderem dieBeutelmarder, dieBeutelmäuse, derBeutelteufel, derNumbat (Ameisenbeutler) und der im 20. Jahrhundert ausgestorbeneBeutelwolf.
- DieNasenbeutler oder Bandikuts (Peramelemorphia) sind eine relativ artenarme Gruppe bodenbewohnender allesfressender Tiere.
- DieDiprotodontia sind die arten- und formenreichste Gruppe. Sie werden anhand morphologischer Merkmale der Zähne und Zehen zusammengestellt und fassen unter anderem dieKängurus, dieWombats, denKoala und mehrere Familien gleitender oder baumbewohnender Beutelsäuger zusammen. Auch mehrere ausgestorbene Gruppen wie dieDiprotodonten oder dieBeutellöwen werden zu den Diprotodontia gerechnet.
Die Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Beuteltiere sind immer noch umstritten und Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Als gesichert gilt, dass die Beutelratten das Schwestertaxon aller übrigen Beuteltiere sind. Das kommt in folgendem Diagramm zum Ausdruck:
Beuteltiere (Metatheria) |
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Die Australidelphia sind höchstwahrscheinlichmonophyletisch, das heißt, sie umfassen alle Nachkommen eines gemeinsamen Vorfahren. Über die Abstammungslinien innerhalb dieser Gruppe herrscht Unklarheit. Heather Amrine-Madsen präsentierte 2003 anhand molekulargenetischer Vergleiche folgendes Kladogramm (zitiert nach Kemp, 2005):
Australidelphia |
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Andere Ansätze fassen hingegen die Nasenbeutler und Diprotodontia zu einem Taxon Syndactyli zusammen, was morphologisch durch die zusammengewachsene zweite und dritte Zehe der hinteren Gliedmaßen unterstützt wird, aber möglicherweise nur eineAnalogie darstellt. Wieder andere Untersuchungen stellen die Microbiotheria und die Diprotodontia in eine gemeinsame Abstammungslinie und sehen die Nasenbeutler als Schwestertaxon der übrigen Australidelphia. Eine allgemein anerkanntephylogenetische Systematik der Beutelsäuger gibt es also nicht. Erschwert wird der Versuch einer Systematisierung durch große Lücken im Fossilienbestand – so gibt es beispielsweise von den australischen Arten zwischen der Zeit vor 55 Millionen Jahren und der Zeit vor 25 Millionen Jahren, als die heutigen Ordnungen bereits weitgehend herausgebildet waren, bislang keinerlei Funde.
Mensch und Beuteltiere
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Wie viele andere Säugetiere sind auch etliche Beuteltierarten von verschiedenen Völkern wegen ihres Fleisches und Felles gejagt worden. Inwieweit diese Bejagung hauptverantwortlich für das Aussterben australischer Großsäuger im Pleistozän ist, ist umstritten (siehe oben).
Die australischen Beuteltiere wurden nach Ankunft der weißen Siedler im 19. Jahrhundert stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Bejagung, die Zerstörung ihres Lebensraums durch Umwandlung in landwirtschaftlich genutzte Gebiete und die Konkurrenz durch freigesetzte Tiere (wieFüchse,Kaninchen undHauskatzen) gefährden zahlreiche Arten. Einige Beutelsäuger sind ausgestorben, darunter vierKänguruarten, zweiRattenkänguruarten, siebenNasenbeutlerarten und derBeutelwolf. Viele weitere Arten bewohnen nur noch einen Bruchteil ihres ursprünglichen Verbreitungsgebietes und gelten als bedroht. Andere Arten haben mit den Veränderungen besser umgehen können: dieKusus sind alsKulturfolger heute verbreiteter denn je und auch dieRiesenkängurus zählen zu den weiterverbreiteten Tieren.
Etwas besser ist die Situation der Beuteltiere in Amerika, wenngleich auch hier viele vorwiegend waldbewohnende Arten durch die Waldrodungen gefährdet sind. DasNordopossum hat im Zuge der Besiedlung des Kontinents durch die Weißen sein Verbreitungsgebiet erweitern können und findet sich heute auch in weiten Teilen derUSA und sogar inKanada.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- T. S. Kemp:The Origin & Evolution of Mammals. Oxford University Press, Oxford 2005,ISBN 0-19-850761-5.
- Malcolm C. McKenna, Susan K. Bell:Classification of Mammals – Above the Species Level. Columbia University Press, New York 2000,ISBN 0-231-11013-8.
- Ronald M. Nowak:Walker’s mammals of the world. 6. Auflage. Johns Hopkins University Press, Baltimore 1999,ISBN 0-8018-5789-9 (englisch).
- D. E. Wilson, D. M. Reeder:Mammal Species of the World. Johns Hopkins University Press, Baltimore 2005,ISBN 0-8018-8221-4.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Claudia Ruby:Beuteltiere - Ein Sonderweg der EvolutionBayern 2Radiowissen. Ausstrahlung am 1. Oktober 2020 (Podcast)
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Vicente D. Crespo, Francisco J. Goin und Martin Pickford:The last African metatherian. Fossil Record 25 (1), 2022, S. 173–186,doi:10.3897/fr.25.80706.
- ↑Marc Furió, Francisco J. Ruiz-Sánchez, Vicente D. Crespo, Matthijs Freudenthal und Plinio Montoya:The southernmost Miocene occurrence of the last European herpetotheriid Amphiperatherium frequens (Metatheria, Mammalia). Comptes Rendus Palevol 11 (5), 2012, S. 371–377,doi:10.1016/j.crpv.2012.01.004.
- ↑Australische Beuteltiere stammen aus Südamerika: Forscher rekonstruieren Ahnenreihe der Beuteltiere anhand „springender Gene“, scinexx.de, 2. August 2010
- ↑Beuteltiere, planet-wissen.de
- ↑Laura Geggel:Why Are There So Many Marsupials in Australia?, livescience.com, 3. März 2019.
- ↑Karen H. Black, Michael Archer, Suzanne J. Hand, Henk Godthelp:The Rise of Australian Marsupials: A Synopsis of Biostratigraphic, Phylogenetic, Palaeoecologic and Palaeobiogeographic Understanding. In: J. A. Talent (Hrsg.):Earth and Life. International Year of Planet Earth, 2012, S. 983–1078,doi:10.1007/978-90-481-3428-1_35,ISBN 978-90-481-3427-4.