Dieser Artikel behandelt das Mineral Beryll. ZuBeryl sieheBeryl.
Beryll
Beryll (zonar aquamarin- bzw. morganitfarbig) aufMuskovit aus der „Oceanview Mine“,Chief Mountain,San Diego County, Kalifornien (Größe: 10 cm × 8 cm × 7 cm)
Beryll kristallisiert imhexagonalen Kristallsystem und entwickelt vorwiegend großeKristalle mit tafeligem oder prismatischem bis säuligemHabitus und glas- bis fettähnlichemGlanz auf den Oberflächen. Die größten bekannten Kristalle waren bis zu 18 Meter lang und 180 Tonnen schwer.[5] Beryll tritt aber auch in Form körniger oder massigerAggregate auf, die leicht mitQuarz verwechselt werden können. In reiner Form ist Beryll farblos und durchsichtig und wird in dieser Form alsGoshenit bezeichnet. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund vonpolykristalliner Ausbildung kann er aber auch durchscheinend weiß sein und durchFremdbeimengungen verschiedene Farben annehmen, die oft individuelle Bezeichnungen erhielten.
Aufgrund seiner hohenMohshärte von 7,5 bis 8 und seiner oft gut ausgebildeten Kristalle wird Beryll vorwiegend zuSchmucksteinen verarbeitet, wobei vor allem der blaueAquamarin, der grüneSmaragd und der hellgelbe bis grünlichgelbeGoldberyll bekannt sind.
Das lateinischeberyllus wurde im Mittelalter als Oberbegriff für alle klaren Kristalle bzw.Edelsteine gebraucht. Übermittelhochdeutschberillus undberille entstand das WortBrille („Augengläser“), da die ersten Linsen aus Kristall geschliffen wurden. DerfeminineSingulardie Brille beruht auf einer späteren Umdeutung derPluralformdie b[e]rille (Singularder b[e]rille = einzelnes Augenglas), nachdem zwei Augengläser üblich geworden waren.[12]
Aus dem lateinischenberyllus leitet sich auchitalienischbrillare‚glänzen, strahlen‘ ab – und darausfranzösischbriller, dessenPartizipbrillant‚glänzend, strahlend‘ den deutschen FremdwörternBrillant (ein speziell geschliffenerDiamant) undBrillanz zugrunde liegt. Nach der geläufigen Aussprache wäre eigentlich auch im Deutschen die englische Schreibweise zu erwarten (brilliant). Die Norm (z. B.brillant,Brillanz) richtet sich im Deutschen jedoch nach der französischen Herkunft, was in diesem Fall zu häufigenRechtschreibfehlern führt.
Bereits in der veralteten8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte Beryll zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Ringsilikate (Cyclosilikate)“ (Mit Sechserringen [Si6O18]12−), wo er als Namensgeber die „Beryll-Reihe“ mit der System-Nr.VIII/C.06a und den weiteren MitgliedernBazzit undIndialith innerhalb der „Beryll-Cordierit-Gruppe“ (Nr.VIII/C.06) bildete.
Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisiertenLapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik vonKarl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr.VIII/E.12-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Ringsilikate“, wobei in den Gruppen VIII/E.12 bis 21 die Minerale eingeordnet sind, deren Struktur aus Sechserringen [Si6O18]12− aufgebaut sind. Beryll bildet hier zusammen mit Bazzit,Bunnoit,Cordierit, Ferroindialith, Indialith,Pezzottait,Sekaninait undStoppaniit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe.[13]
Die seit 2001 gültige und von derInternational Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[14]9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Beryll ebenfalls in die Abteilung der „Ringsilikate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Silikatringe, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „[Si6O18]12− Sechser-Einfachringe ohne inselartige, komplexeAnionen“ zu finden ist, wo es ebenfalls namensgebend die „Beryllgruppe“ mit der System-Nr.9.CJ.05 und den weiteren Mitgliedern Bazzit, Indialith, Pezzottait und Stoppaniit bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlicheSystematik der Minerale nach Dana ordnet den Beryll in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Ringsilikate: Sechserringe“ ein. Hier ist er ebenfalls als Namensgeber der „Beryllgruppe“ mit der System-Nr.61.01.01 und den weiteren Mitgliedern Bazzit, Indialith, Stoppaniit und Pezzottait innerhalb der Unterabteilung „Ringsilikate: Sechserringe mit Si6O18-Ringen; mögliche (OH) und Al-Substitution“ zu finden.
In 100 % reiner Form, die allerdings nur synthetisch herzustellen ist, besteht Beryll aus rund 19 %Aluminiumoxid (Al2O3), 14 %Berylliumoxid (BeO) und 67 %Siliciumdioxid (SiO2).
DieKristallstruktur von Beryll besteht aus Sechser-Einfachringen mit der Strukturformel [Si6O18]12−, die in Richtung der c-Achse konzentrisch übereinander geschichtet und jeweils um 30° verdreht sind. Aufgrund der konzentrischen Anordnung der Ringe bilden sich offene Kanäle mit einem Durchmesser von einigenÅngström.[15] In diesen Hohlkanälen sind die verschiedenen Fremdbeimengungen austauschbar eingelagert.
Zwischen den Ringen befinden sich dieAluminium- undBeryllium-Ionen, wobei Aluminium von jeweils sechs und Beryllium von jeweils vierSauerstoffionen umgeben ist. Man spricht daher auch von einer [6]- bzw. [4]-Koordination beim Aluminium bzw. Beryllium.[6]
DieKristallmorphologie von Beryll ist überwiegend einfach und in derTracht gekennzeichnet durch das hexagonale Prisma {1010} und dem abschließendenPinakoid {0001}. Hinzu kommen gelegentlich hexagonal-dipyramidale Formen in erster und zweiter Stellung {1121} und {1011} sowie die dihexagonal-dipyramidale Vollform (Holoedrie).[15][6]
DerHabitus kann kurz- bis langprismatisch sein, wobei die Prismenflächen oft längsgestreift sind. Gelegentlich finden sich auch stängelige und körnige bis derbe Massen.[6]
Prismatischer Beryll mit angeätzten Endflächen (Größe: 5,5 cm × 0,7 cm × 0,7 cm)
Die farblose Reinform von Beryll erhielt wie die Reinform vonQuarz (Bergkristall) eine eigenständige Bezeichnung und ist alsGoshenit bekannt. Farblose Berylle sind allerdings sehr selten.
Eine ebenfalls rosafarbene,caesiumhaltige Beryllvarietät wird alsVorobyevit bzw.Worobieffit[13] oder einfachCaesium-Beryll[6] bezeichnet.
Sehr selten ist auch die VarietätRoter Beryll, dessen veraltete BezeichnungBixbit aufgrund der deutlichen Verwechslungsgefahr mit dem MineralBixbyit nach den Bestimmungen derCIBJO zu den unerwünschtenHandelsnamen gehört.
Farbloser Goshenit aufAlbit (VarietätCleavelandit) aus Chamachhu amHaramosh, Pakistan
Beryll-Kristalle können außergewöhnlich groß werden. So sind im US-amerikanischen BundesstaatMaine schon sechs Meter lange und eineinhalb Tonnen schwere Exemplare gefunden worden. Kristalle bis zu 177 Tonnen wurden inNamivo/Alto Ligonha inMosambik gefunden.
Beryll ist die Hauptquelle für das giftigeLeichtmetallBeryllium, das unter anderem in der Raumfahrttechnik als Bestandteil von Speziallegierungen eingesetzt wird. Mehr als 80 Prozent der Weltjahresproduktion stammen aus denUSA. Zudem wurden im Mittelalter Berylle zu Linsen geschliffen, die alsBrille verwendet wurden und dieser ihren Namen gaben.
Skulptur ausQuarz mit eingeschlossenemSmaragdHooker-Smaragd, 75 ct
Berylle aller Farbvarietäten werden bei guter Qualität zuSchmucksteinen verarbeitet. DerSmaragd wurde allerdings als eine der ersten Varietäten für diese Zwecke genutzt und in größeren Mengen abgebaut. Die ältesten Minen lassen sich auf etwa 1.300 v. Chr. datieren.
Klare Schmucksteine erhalten üblicherweise einenfacettierten Schliff. Beim Schleifen ist jedoch der bei einigen Beryll-Varietäten deutlichePleochroismus zu berücksichtigen.
Durchscheinende bzw. undurchsichtige Steine erhalten einenCabochon-Schliff. Größere Mineralaggregate werden manchmal auch zu kunstgewerblichen Gegenständen verarbeitet.
Christa Behmenburg, Maximilian Glas, Rupert Hochleitner, Michael Huber, Jan Kanis, Eckehard Julius Petsch, Karl Schmetzer, Stefan Weiß, Karl Egon Wild:Aquamarin & Co. Die Berylle Aquamarin, Goshenit, Heliodor, Morganit und Roter Beryll (= Christian Weise [Hrsg.]:extraLapis.Band23). Weise, München 2002,ISBN 3-921656-61-3.
Walter Schumann:Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. 16., überarbeitete Auflage. BLV Verlag, München 2014,ISBN 978-3-8354-1171-5,S.106–113.
Petr Korbel, Milan Novák:Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002,ISBN 978-3-89555-076-8,S.220–223.
↑abcdeHugo Strunz,Ernest H. Nickel:Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001,ISBN 3-510-65188-X,S.605 (englisch).
↑David Barthelmy: Beryl Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 8. August 2021 (englisch).
↑abcdefghBeryl. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.):Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch,handbookofmineralogy.org [PDF;68kB; abgerufen am 8. August 2021]).
↑abcdefHans Jürgen Rösler:Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987,ISBN 3-342-00288-3,S.541–543.
↑abBeryl. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 8. August 2021 (englisch).
↑abStefan Weiß:Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018,ISBN 978-3-921656-83-9.
↑Richard V. Gaines, H. Catherine W. Skinner, Eugene E. Foord,Brian Mason, Abraham Rosenzweig:Dana’s New Mineralogy. 8. Auflage. John Wiley & Sons, New York (u. a.) 1997,ISBN 0-471-19310-0,S.1240 (englisch).