Das Bernsteinzimmer war ursprünglich für einen Raum imSchloss Charlottenburg vorgesehen, die heutige Rote Damastkammer, doch wegen geänderter Pläne kam es nicht zum Einbau. Entworfen wurde der später auch als „Achtes Weltwunder“ bezeichnete Prunkraum mit Wandvertäfelungen ausBernstein von dem BarockbaumeisterJohann Friedrich Eosander.[1] Mit der Ausführung wurde zunächst der dänischeBernsteindreher Gottfried Wolffram beauftragt, der sich aufgrund einer EmpfehlungFriedrichs IV. von Dänemark wohl seit 1701 in DienstenFriedrichs I. von Preußen inKönigsberg befand. Im Jahr 1707 wurde die Ausführung denDanziger Bernsteinmeistern Ernst Schacht und Gottfried Turau übertragen, da Wolfframs Arbeiten als zu langsam und zu teuer empfunden wurden. Ende 1711 wird das Werk noch erwähnt, ist dann aber erst nach dem Tode Friedrichs I. teilweise in ein Kabinett im nordwestlichen Eckraum des 2. Obergeschosses desBerliner Schlosses eingebaut worden. Dieser Raum wurde später dem Weißen Saal zugeschlagen.
Der russischeZar Peter der Große bewunderte das Zimmer bei seinem Besuch in der preußischen Residenz des „Soldatenkönigs“, der im Gegensatz zu seinem Vorgänger für Kunst wenig übrig hatte, dafür aber „Lange Kerls“ für seine Leibgarde suchte. So kam es mit Zar Peter 1716 zum Austausch von Geschenken zur Besiegelung einer Allianz gegen Schweden, und das Zimmer wurde zusammen mit einerJacht gegen Soldaten mit Gardemaß getauscht. Das wertvolle Geschenk an den russischen Monarchen verursachte bereits damals Schlagzeilen in deutschen Zeitschriften, so im JournalRemarquable Curiosa.[2] In einem zeitgenössischen Bericht hieß es, „daß der König dem Czaar zwey kostbahre praesente gethan hat, nämlich das prächtige, schöne Jagtschiff, dan ein prätieuses Bernstein-Getäffel zu einer vollenkommenen Bekleidung eines Cabinets [...] Der Czaar hat mit großer Verbindlichkeit zu erkennen gegeben, daß er auf ein Gegenpräsent starck würde bedacht seyn.“[3] Die auf Peter I. folgenden Regenten (Katharina I.,Peter II.,Anna und der KindkaiserIwan VI.) hatten für das Bernsteinzimmer jedoch keine Verwendung.
Erst die Tochter Peters I. und Katharinas I., ZarinElisabeth, ließ das Zimmer unter maßgeblicher Beteiligung des am Zarenhof tätigen italienischen Restaurators und Stuckateurmeisters Alexander Martelli umgestalten und inSankt Petersburg zunächst imWinterpalast installieren, später imKatharinenpalast inZarskoje Selo.[4] Um das Bernsteinzimmer in den etwa sechsmal so großen Saal im Katharinenpalast einbauen zu können, musste der im Dienste des russischen Hofes stehende italienische ArchitektBartolomeo Francesco Rastrelli es mit Gold- und Spiegelelementen vergrößern. KönigFriedrich II. schenkte der Zarin dazu weitere Bernsteinelemente, die beim früheren Einbau im Berliner Schloss nicht verwendet worden waren. Als Zeichen des Dankes und der Bewunderung für den preußischen König wurde im 19. Jahrhundert im Bernsteinzimmer eine Silberminiatur des BerlinerReiterstandbildes Friedrichs des Großen aufgestellt.[5]
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Im September 1941 wurde der Katharinenpalast von derWehrmacht als Wohnunterkunft beschlagnahmt. Der sowjetischen Verwaltung war es nicht gelungen, die Wandtafeln abzutransportieren, sie wurden durch Pappe notdürftig gegen Splitter gesichert. Ab dem 14. Oktober 1941 wurde das Bernsteinzimmer im Auftrag desEinsatzstabs Reichsleiter Rosenberg unter Aufsicht des RittmeistersErnstotto zu Solms-Laubach und des HauptmannsGeorg Poensgen innerhalb von 36 Stunden demontiert, in 28 Kisten verpackt und nach Königsberg abtransportiert, wo sich diePrussia-Sammlung befand. Am 13. November 1941 berichtete dieKönigsberger Allgemeine Zeitung ausführlich über eine Ausstellung von Teilen des Bernsteinzimmers im Südflügel desKönigsberger Schlosses. Ebenso erschien ein Artikel in der ZeitschriftPantheon, dessen Fotomaterial offenbarte, dass einflorentinisches Mosaik fehlte.
Als Königsberg in die Reichweite der alliierten Bomberflotten geriet (andere Berichte nennen als Grund ein zufällig entstandenes Feuer in einem anderen Raum des Königsberger Schlosses, bei dem das Bernsteinzimmer durch Rauch verschmutzt wurde[6]), wurde im März 1944 das Bernsteinzimmer erneut abgebaut und in 28 Kisten eingelagert. Im August richteten britische Bomber bei ihrenLuftangriffen auf Königsberg weitreichende Zerstörungen in der Stadt an. Seitdem verliert sich seine Spur.[7] Der damalige Direktor des Königsberger Schlossmuseums,Alfred Rohde äußerte sich in Briefen und gegenüber Zeugen widersprüchlich zum Verbleib des Zimmers, so gab er an, es sei komplett verbrannt, bei anderer Gelegenheit teilte er mit, nur einige Teile seien dem Feuer zum Opfer gefallen. Da er Ende 1945 in einem Königsberger Seuchenkrankenhaus verstarb, konnte er später nicht mehr zum genauen Hergang befragt werden.[8]
Seit 1945 ist das Bernsteinzimmer verschollen. Die widersprüchlichen Aussagen des Museumsdirektors Rohde, aber auch anderer Zeugen (so gab ein Mitarbeiter des Denkmalamtes an, noch nach der Zerstörung des Schlosses die Kisten mit dem Bernsteinzimmer im Hof gesehen zu haben, während andere Augenzeugen von einer Zerstörung durch das Feuer sprachen) nährten Gerüchte, das Zimmer sei entweder in Königsberg selbst erhalten geblieben oder aber noch rechtzeitig aus der zerstörten Stadt herausgebracht worden.[9] Über seinen Verbleib gibt es daher seither eine Vielzahl an Behauptungen, Vermutungen und Spekulationen, zahlreiche Medienberichte belegen die Popularität der Frage nach dem Verbleib des Zimmers. Es wurden mehrere hundert Orte benannt, wo es verborgen sein soll. Zahlreiche in- und ausländische Forscher suchten vergeblich nach dem Bernsteinzimmer. DasMinisterium für Staatssicherheit der DDR suchte eine Zeit lang mit hohem Aufwand und teilweise geheimdienstlichen Methoden danach.
Fest steht lediglich, dass es letztmals in Königsberg gesehen wurde. Das Königsberger Schloss, in dem sich das Bernsteinzimmer befand, wurde 1945 stark beschädigt und die Ruine 1968 auf Befehl vonLeonid Breschnew gesprengt, um dort dasHaus der Sowjets zu errichten. Aufgrund von Statikproblemen wurde dieses Hochhaus nicht fertiggestellt; im November 2020 kündigteAnton Alichanow, der Gouverneur der Oblast Kaliningrad, den Abriss der Ruine an. Das Gebäude wurde ab Mai 2023 abgerissen, im August 2024 war das Gebäude komplett abgetragen.[10]
Während des Krieges ist es unter ungeklärten Umständen zu Diebstählen von einzelnen Ausstattungsstücken des Bernsteinzimmers gekommen. Darauf lässt die Tatsache schließen, dass eine Kommode und ein Steinmosaik, das angeblich bereits 1941 vor der Ankunft in Königsberg gestohlen wurde,[11] 1997 in Norddeutschland aufgefunden wurden. Das Mosaik wurde damals auf demgrauen Kunstmarkt für 2,5 Millionen US-Dollar angeboten.
Bevor es jedoch zu einem Verkauf kam, wurde das Objekt von der Polizei inBremen beschlagnahmt.[12] Einige Zeit nach diesem spektakulären Fund meldete sich aufgrund von Presseberichten die Besitzerin der Kommode in Berlin, sie hatte das Stück im DDR-Antiquitätenhandel erworben, ohne dessen Bedeutung und Herkunft zu kennen.[13] Diese beiden Teile des Bernsteinzimmers wurden von der Bundesregierung an Russland zurückgegeben.
In ihrem 2004 erschienenen Buch[14] berichten die beiden britischen Journalisten Adrian Levy und Catherine Scott-Clark, das Bernsteinzimmer sei bei einem von sowjetischen Soldaten gelegten Brand des Königsberger Schlosses im Jahr 1946 vollständig vernichtet worden.[15] Dabei berufen sich die beiden auf Archivdokumente aus dem Nachlass des sowjetischen Bernsteinzimmer-Beauftragten Anatoli Kutschumow. Die aufwändigen Ermittlungen von sowjetischer Seite seien laut ihnen nur ein Täuschungsmanöver gewesen, um zu verbergen, dass das Bernsteinzimmer durch einen eigenen Fehler vernichtet worden sei. Außerdem konnte der vermeintliche Diebstahl des Zimmers während des Kalten Krieges propagandistisch genutzt werden. Kutschumow selbst habe die Zerstörung des Zimmers auch deshalb nicht akzeptieren wollen, weil er 1941 die Entscheidung getroffen hatte, das Zimmer nicht vor den heranrückenden deutschen Truppen in Sicherheit zu bringen, so dass es diesen in die Hände fiel.[16]
2020 berichteten Medien darüber, dass dasWrack des FrachtschiffsKarlsruhe von polnischenTauchern entdeckt und in Augenschein genommen wurde. Das Wrack liegt 88 Meter tief auf dem Grund derOstsee, mehrere dutzend Kilometer nördlich vonUstka, das 130 km westlich vonDanzig liegt.[17] Im Wrack befinden sich Militärfahrzeuge, Porzellan aus derKöniglichen Porzellan-Manufaktur Berlin und Kisten unbekannten Inhalts.[17] Das Taucherteam, welches dieKarlsruhe fand, äußerte die Vermutung, dass das Bernsteinzimmer in den Kisten verpackt an Bord sei.[18] Tatsächlich konnte das Team laut einem Bericht aus 2021 25 Kisten überprüfen, die zum Großteil Ersatzteile und Werkzeuge beinhalteten, jedoch nichts aus dem Bernsteinzimmer. Ein Großteil der Kisten wurde nicht überprüft, da sie unter mehreren Tonnen Schlamm verborgen sind. Aufgrund der Ungewissheit, was in den anderen Kisten ist, aus finanziellen sowie aus rechtlichen Gründen (das Wrack gilt auch alsGrabstätte) ist vorerst keine Fortführung der Suche geplant.[19]
ImKatharinenpalast wurde ab 1976 an derRekonstruktion des Bernsteinzimmers gearbeitet, die sich hauptsächlich auf Schwarz-Weiß-Fotos des Originals sowie auf das einzige vorhandene Farbfoto stützte. Nach einer Unterbrechung aufgrund von Finanzierungsproblemen konnten die Arbeiten durch eine Spende der deutschenRuhrgas AG von 3,5 Millionen Dollar abgeschlossen werden.[20][21][22][23] Im Rahmen des 300-jährigen Stadtjubiläums vonSankt Petersburg wurde das teilweise rekonstruierte Bernsteinzimmer am 31. Mai 2003 in einem feierlichen Akt durch den damaligen deutschenBundeskanzlerGerhard Schröder und denrussischen PräsidentenWladimir Putin der Öffentlichkeit übergeben und kann seitdem im Katharinenpalast besichtigt werden.
Der letztendlich ungeklärte Verbleib des Bernsteinzimmers ist auch des Öfteren das Motiv für Romane und Verfilmungen, beispielsweise der AbenteuerfilmDie Jagd nach dem Bernsteinzimmer aus dem Jahre 2012 oder der KriminalromanDer Königsberg-Plan vonAlexander Weiss aus dem Jahre 2013 (ISBN 978-3-86327-035-3).
Peter Bruhn:Das Bernsteinzimmer in Zarskoje Selo bei Sankt Petersburg. Bibliographie mit über 3.800 Literaturnachweisen aus den Jahren 1790 bis 2003. Von der Schenkung des Bernsteinzimmers durch den König von Preußen an den Zar, über das ungeklärte Verschwinden des Bernsteinzimmers im Zweiten Weltkrieg, bis zur Vollendung der Rekonstruktion des Bernsteinzimmers im Jahre 2003. =Bibliographie Bernsteinzimmer. 2. sehr vermehrte und erweiterte Auflage. Bock & Kübler, Berlin 2004,ISBN 3-86155-109-8 (Literaturhinweise zu aktuellen Russland-Themen 5).
Paul Enke:Bernsteinzimmer Report. Raub, Verschleppung und Suche eines weltbekannten Kunstwerkes. Verlag Die Wirtschaft, Berlin (DDR) 1986,ISBN 3-349-00108-4.
Förderverein Berliner Schloss (Hrsg.):Das Beste vom Berliner Extrablatt (1998–2011). Berlin 2012, S. 22.
Herbert Gold:Das Bernsteinzimmer. Geheimtransport in den Pinzgau. Von Berlin nach St. Petersburg, vom Katharinenpalast nach Königsberg. Die Ermittlungen und Beweise, dass es zu einem Schloss im Pinzgau transportiert wurde. Selbstverlag, Niedernsill 2004,ISBN 3-200-00114-3.
Guido Hinterkeuser:Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer. Neue und wieder gelesene Quellen zur Baugeschichte von Schloss Charlottenburg (1694–1711). In: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (Hrsg.):Jahrbuch 3 (1999/2000). Akademie-Verlag, Berlin 2002,ISBN 3-05-003716-4, S. 89 ff.(online).
Juri Iwanow:Von Kaliningrad nach Königsberg. Auf der Suche nach verlorenen Schätzen. Rautenberg, Leer 1991,ISBN 3-7921-0477-6.
Manfred John, Gabi Liebegall:Gebunkerte Geheimnisse. Auf den Spuren des Bernsteinzimmers in Sachsen. Tauchaer Verlag, Taucha 2008,ISBN 978-3-89772-140-1.
Guido Knopp:Das Bernsteinzimmer. Dem Mythos auf der Spur. Das Buch zur großen Serie im ZDF. Hoffmann & Campe, Hamburg 2003,ISBN 3-455-09396-5.
Margarete Kühn:Schloß Charlottenburg. Deutscher Verein für Kunstwissenschaft, Berlin 1955, S. 48 f.
Goerd Peschken:Bernsteinkabinett und Rote Kammer. In: Waldemar Strempler (Hrsg.):Aspekte der Kunst und Architektur in Berlin um 1700. Herausgegeben von der Generaldirektorin der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Bearbeitet von Guido Hinterkeuser und Jörg Meiner. Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Potsdam 2002, S. 48–57.
I. P. Sautow u. a.:Das Bernsteinzimmer. Drei Jahrhunderte Geschichte. Aurora-Kunstverlag, Sankt Petersburg 2003,ISBN 5-7300-0744-2.
Gert Dieter Schmidt:Verborgenen Schätzen auf der Spur. Die unendliche Suche nach dem Bernsteinzimmer. Heinrich-Jung-Verlagsgesellschaft mbH, Zella-Mehlis 2014,ISBN 978-3-943552-08-9.
Heinz Schön:Das Geheimnis des Bernsteinzimmers. Das Ende der Legenden um den in Königsberg verschollenen Zarenschatz. Paul Pietsch Verlag, Stuttgart 2002,ISBN 3-613-50401-4
Martin Stade:Vom Bernsteinzimmer in Thüringen. Berichte über die Tätigkeit des SD 1942–1945. 2. Auflage. Rhino-Verlag, Ilmenau 2008,ISBN 978-3-939399-99-5.
↑In einem anlässlich der Ausstellung des Zimmers im Königsberger Schloss 1942 erschienenen Aufsatz über das Zimmer berichtete Alfred Rohde, dass eines der Mosaiken fehle und durch einen Spiegel ersetzt sei: Alfred Rohde: Das Bernsteinzimmer Friedrichs I. im Königsberger Schloss, in: Die Kunst für alle, H. 9, Juni 1942, S. 210–213, hier S. 213. Online unter:https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/T27RHF45YEJIERAOBFO2UE5PODT3TOLK
↑Wolfgang Beyer:Das kann man nicht fälschen. In:Der Spiegel.Nr.21, 1997 (online –19. Mai 1997).
↑Cathy Scott-Clark, Adrian Levy:The Amber Room: The Untold Story of the Greatest Hoax of the Twentieth Century. Atlantic, London 2004,ISBN 1-84354-340-0.