| Das rekonstruierte Berliner Schloss | |
|---|---|
Ansicht vom Spreekanal im Oktober 2023 | |
| Daten | |
| Ort | Schloßplatz, Berlin |
| Architekt | Andreas Schlüter(Umbau) Franco Stella(Wiederaufbau) |
| Baustil | Barock |
| Baujahr | 1443(Grundsteinlegung) 1698–1713(Umbau) 2013–2020(Wiederaufbau) |
| Abriss | 1950–1951 |
| Koordinaten | 52° 31′ 0,5″ N,13° 24′ 2,7″ O52.51680555555613.40075Koordinaten:52° 31′ 0,5″ N,13° 24′ 2,7″ O |
| Besonderheiten | |
| Sitz desHumboldt Forums | |
DasBerliner Schloss[1] ist einProfanbau amSchloßplatz inBerlin-Mitte und beherbergt heute u. a. dasEthnologische Museum sowie dasMuseum für Asiatische Kunst. Es war ursprünglich die Hauptresidenz derKurfürsten vonBrandenburg aus dem HausHohenzollern, die 1701 zupreußischen Königen und 1871 zudeutschen Kaisern aufstiegen. Das 1443 auf demSchloßplatz in derHistorischen Mitte von Berlin begonnene Gebäude wurde imZweiten Weltkrieg schwer beschädigt und 1950 auf Beschluss derSED gesprengt. Von 2013 bis 2020 wurde es nach einem Beschluss desDeutschen Bundestags äußerlich größtenteilsrekonstruiert. Der Neubau dient demHumboldt Forum als Ausstellungs- und Veranstaltungsort.
DasSchloss wurde im AuftragFriedrichs I. unter der Leitung vonAndreas Schlüter in den Jahren 1698–1713 umgebaut und galt als ein Hauptwerk des europäischenBarocks.[2] Es war ein zentrales und eines der größten Bauwerke Berlins. Als Fluchtpunkt mehrerer Blick- und Straßenachsen prägte es mit seinenFassaden, seinen Ausmaßen und seiner im 19. Jahrhundert hinzugefügten, 70 Meter hohen Kuppel seit je das Stadtbild. Nach derAusrufung der Republik im Jahr 1918 wurde das Schloss als Sitz von Behörden, Kunst- und Wissenschaftseinrichtungen wie derAlexander-von-Humboldt-Stiftung genutzt. Am Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 teilweise ausgebrannt, wurde es in derDDR 1950–1951 trotz internationaler Proteste gesprengt, um eine Fläche für einen Aufmarschplatz zu gewinnen, der später durch denPalast der Republik an der Spreeseite bebaut wurde.
Nach dem öffentlichen Engagement desFördervereins Berliner Schloss um den Hamburger KaufmannWilhelm von Boddien und auf Beschluss des Deutschen Bundestags vom Juli 2002 erfolgte 2008 ein Architekturwettbewerb unter Beteiligung von 85 Arbeiten. Der vom Preisgericht prämierte Entwurf des italienischen ArchitektenFranco Stella sah denWiederaufbau des Berliner Schlosses in Form einer originalgetreuen Rekonstruktion der barocken Fassaden, der Kuppel, der wesentlichen Teile des Schlüterhofs und von Teilen des Eosanderhofs vor. Anstelle der spreeseitigen Bauten aus demSpätmittelalter und derRenaissance traten neue Baukörper in modernen Formen. Die Realisierung des Entwurfs erfolgte von 2013 bis 2020. Die rekonstruierten Elemente wurden fast vollständig durch private Spenden finanziert. Eine spätere Wiederherstellung desGroßen Treppenhauses sowie der königlichen Paradekammern mit dem Schweizersaal, demRittersaal und der Bildergalerie wurde bewusst ermöglicht.
Das wiederaufgebaute Schloss ist Sitz desHumboldt Forums. Dieses präsentiert Sammlungen derStaatlichen Museen zu Berlin (Ethnologisches Museum sowieMuseum für Asiatische Kunst), desStadtmuseums Berlin und derHumboldt-Universität und soll zugleich als lebendige Begegnungsstätte von Menschen und Weltkulturen dienen. Damit knüpft das Humboldt-Forum auch an die Geschichte des Schlosses als Kultur- und Wissenschaftszentrum nach der Revolution von 1918 an. In derWeimarer Republik war das Schloss das meistbesuchte Museum Berlins.[3]




KurfürstFriedrich II., genannt „Eisenzahn“, wählte im Gegensatz zu seinem VorgängerFriedrich I., bei dem noch diealtmärkischeBurg Tangermünde sowieBrandenburg als Hauptorte eine Rolle spielten, die DoppelstadtKölln undBerlin zu seinerResidenz und zum Sitz des Hofes, da sich diese Ansiedlung an derSpree zu einem wirtschaftlichen und teilweise bereits auch politischen Zentrum derMark Brandenburg entwickelt hatte.[4] Zuvor hatten die brandenburgischen Markgrafen seit Mitte des 13. Jahrhunderts dasHohe Haus in der Klosterstraße für ihre Berliner Aufenthalte benutzt.
Friedrich II. legte am 31. Juli 1443 („wurde der Erste stein gelegt am newen Sloss zu Cöln“)[5] denGrundstein für den ersten Schlossbau, der 1451 fertiggestellt war. Der Kurfürst setzte sich damit gegen heraufbeschworene Proteste der Ratsherren, denBerliner Unwillen, durch; die Doppelstadt büßte infolge ihrer Ablehnung des Schlossbaus politische und ökonomische Freiheiten ein. Wie weit allerdings die Einschränkungen für Kölln und Berlin wirklich gingen, ist umstritten, da alle Informationen hierüber aus einer einzigen Quelle, der etwa 60 Jahre später „in bestem Humanistenstil mit sichtlicherGlorifizierung derpatrizischen Autonomie“[6] verfasstenWandalia des ChronistenAlbertus Cran(t)zius stammen.[7] Dieses an der Stelle des späteren Schlüterhofes und des Hofes III errichtete erste Schlossbauwerk hatte als kurfürstliche Residenz auch die Funktion einer Wehranlage, von der aus die auf der Spreeinsel kreuzenden Handelswege kontrolliert werden sollten. Das Aussehen des damaligen Schlosses ist unbekannt.
Das Schloss ist in mehreren zeitgenössischen Dokumenten ab 1431 benannt, imCodex diplomaticus Brandenburgensis allein zweimal: Zur Abgabe eines Gebiets in Berlin durch dasKloster Lehnin an den Kurfürsten im Jahr 1431 zum Schlossbau „in unser Stat zu Colen [Kölln] by der Mure gein dem Closter darselbst an der Sprewe [Spree] gelegen dar wir denn Nu unser NuweSloß un wonunge meynen zu buwen […]“[8] und zur Grundsteinlegung für das Schloss: „Nach gots geburt Tausend virhundert unnd im dreyunndvirczigstenn Jarenn an Sand Peters abennd ad vincula zu vespertzeyt wurd der Erste stein gelegt am newnnSloß zu Cöln, und tet mein gnediger Herre Marggrave Fridrich kurfürste etc. mit seiner eigenen handt […]“[9][10]
Am 15. Dezember 1451 – anlässlich der Verleihung eines Burglehens – sprach der Kurfürst davon, dass er das Schloss „befestiget“ habe. Der Bau der Jahre 1443–1451 war eine befestigte Burg und Zitadelle gegen die StädteBerlin undKölln mit wahrscheinlich allen zeittypischen Befestigungsanlagen einer Burg. Beim Schlossneubau ab 1537 wurde das zitadellenartige Burgschloss geschleift, um auf seinen Grundmauern ein unbefestigtes Wohnschloss zu errichten.[11] Im Jahr 1465 wurde die Schlossanlage um die bedeutendespätgotischeErasmuskapelle ergänzt.
KurfürstJoachim II. ließ im 16. Jahrhundert diespätmittelalterliche Anlage weitgehend abtragen und an ihrer Stelle einenRenaissancebau nach dem Vorbild desSchlosses in Torgau errichten. Dessen ArchitektKonrad Krebs lieferte die Pläne, die sein SchülerCaspar Theiss verwirklichte. Der Neubau wurde mit der erstenBerliner Domkirche verbunden, die fortan als Schlosskirche diente. Sie war durch Umbauten aus einem schlichten Gotteshaus der BerlinerDominikaner hervorgegangen und stand unmittelbar südlich der kurfürstlichen Residenz, ungefähr an der heutigen Einmündung derBreiten Straße in denSchlossplatz.
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts veranlasste KurfürstJohann Georg durch den HofbaumeisterRochus Graf zu Lynar den Bau des Westflügels und Hofabschluss sowie die nördlich anschließende, 1598 durch die KurfürstinKatharina gestiftete und 1605 neu eingerichteteHof-Apotheke – genannt auch „Schloßapotheke“[12] –, KurfürstFriedrich Wilhelm, derGroße Kurfürst, ließ das nach demDreißigjährigen Krieg ziemlich verfallene Schloss wieder herrichten. In der Spätzeit seiner Herrschaft entstanden bedeutende Innenräume wie die Kugelkammer oder die Braunschweigische Galerie. Letztere wurde in den durchJohann Arnold Nering ausgeführten Galerietrakt an der Spree eingebaut.




Unter Kurfürst Friedrich III. (ab 1701: KönigFriedrich I. in Preußen) kam es zum Ausbau des Schlosses zur Königsresidenz. NachArnold Nering undMartin Grünberg erhieltAndreas Schlüter 1699 die Stelle als Bauleiter am Zeughaus und wurde noch im gleichen Jahr zum Schlossbaumeister ernannt. Schlüter ließ das Schloss zu einem bedeutendenProfanbau des protestantischenBarocks umbauen. Sein Entwurf blieb eher konservativ, wurde vom alten Schloss bestimmt und war stark vonBerninis Entwurf für denLouvre beeinflusst.[13] Zu der von ihm beabsichtigten Vierflügelanlage kam es nicht. Unter Schlüter konnten nur die Flügel zumLustgarten und zur Stadt sowie um den später nach ihm benanntenSchlüterhof fertiggestellt werden. Vorbild der Gestaltung des Baus zum Schlossplatz war die Fassade desPalazzo Madama inRom, die Schlüter um das monumentaleKolossalportal I ergänzte. Die Repräsentations- und Privaträume des Schlosses schmückte er bildhauerisch sowie durchDeckengemälde, unter anderem vonAugustin Terwesten. Wegen seiner hauptsächlich von Andreas Schlüter geschaffenen Fassaden und Innenräume galt das Schloss als ein Hauptwerk des Barock.[14]
Auf Wunsch des Königs sollte derMünzturm[15] genannte Bau an der Nordwestecke des Schlosses, mit einem für 12.000 Gulden in denNiederlanden erworbenenGlockenspiel versehen, bis zu einer Höhe von 94 Meter aufgestockt werden. Dafür erwiesen sich aber die Fundamente des mittelalterlichen Baus als unzureichend, obwohl Schlüter mit damals neuartigenEisenarmierungen sie zu verstärken versuchte. Schließlich musste der unfertige Turm aus statischen Gründen aufwendig abgetragen werden, und Schlüter wurde 1706 als Hofbaumeister abgelöst, blieb aber als Hofbildhauer im Amt.[16] Schlüters Posten übernahm sein KonkurrentJohann Friedrich Eosander, der einen neuen Erweiterungsplan für das Schloss vorlegte. Der Plan konnte nur zum Teil ausgeführt werden, hauptsächlich rund um den späterenEosanderhof und dasEosanderportal (Westportal).
Wegen seiner Verbindung mitJohann Sebastian Bach galt das Schloss auch alsBachort. Im Jahr 1719 lernte der Komponist hier den MarkgrafenChristian Ludwig von Brandenburg kennen und widmete ihm die berühmtenBrandenburgischen Konzerte, die wahrscheinlich 1721 im Schloss aufgeführt wurden.[17]
Nach dem Tod Friedrichs I. brachte dessen NachfolgerFriedrich Wilhelm I. in einem programmatischen Akt das künstlerische Leben am Berliner Hof zum Erliegen. Er ließ das Schloss vom weniger bedeutenden Schüler Schlüters,Martin Heinrich Böhme, äußerlich in vereinfachter Form vollenden, die Repräsentationsräume aber, soweit damit begonnen worden war, prunkvoll ausstatten.[18] Auf die Südecke kam ein kleiner Kuppelturm für dasGeläut derSchlosskapelle hinzu.[19] Anfang des 18. Jahrhunderts war das im Auftrag von Friedrich I. geschaffeneBernsteinzimmer Bestandteil des Schlosses. Friedrich Wilhelm I. schenkte es 1716 dem russischen ZarenPeter dem Großen. Später wurde es imKatharinenpalast inZarskoje Selo naheSankt Petersburg eingebaut.
Friedrich II. bewohnte das Berliner Schloss nur selten, es erinnerte ihn an die schwierige Kindheit, die er hier verbracht hatte. In der ersten Hälfte seiner Regierungszeit befand er sich häufig an den Kriegsfronten, in der zweiten zog er sich zunehmend nach Potsdam zurück, wo er im SommerSchloss Sanssouci bewohnte und im Winter dasPotsdamer Stadtschloss. Dort entfaltete sich allerdings kaum ein Hofleben, da der König zwar seine Amtsgeschäfte mit großer Akribie führte, jedoch „en philosophe“ leben wollte, umgeben nur von einem kleinen Freundeszirkel und ausgewählten Gästen. Das Berliner Schloss suchte er in der Regel lediglich zur Ballsaison in der Karnevalszeit auf. Doch lebte hier seine Gemahlin, KöniginElisabeth Christine, und nahm stellvertretend für ihren Mann die Repräsentationspflichten wahr. Sein Neffe und NachfolgerFriedrich Wilhelm III. kehrte nach Berlin zurück und reanimierte das Hofleben mit festlichen Umzügen sowie abendlichen Oper- und Theaterbesuchen. Er bezog das ehemalige Appartement Friedrich Wilhelms I. im Nordwesttrakt. Die neunundzwanzig Räume des Königs wurden komplett imklassizistischen Stil umgestaltet.[20]
Nach seiner Thronbesteigung im Jahr 1840 bezogFriedrich Wilhelm IV. eine Zimmerflucht im ersten Obergeschoss entlang der Spree und demLustgarten (Ost- und Nordseite). Sein Arbeitszimmer hatte er bereits als Kronprinz im Jahr 1826 in demChor und ehemaligen Gemeinderaum der spätgotischenErasmuskapelle einrichten lassen. Die Bücher- und Zeichenschränke des Raumes wurden vonKarl Friedrich Schinkel entworfen. DasmittelalterlicheSchlingrippengewölbe, dasFriedrich II. überbauen ließ, wurde unter Friedrich Wilhelm IV. wieder freigelegt.[21] Einen Eindruck dieses Ambientes vermittelt das Porträt vonFranz Krüger.[22] Das Arbeitszimmer war der Raum im Berliner Schloss, in dem Friedrich Wilhelm IV. nicht nur die meiste Zeit verbrachte und Gäste empfing, sondern auch seine Regierungsgeschäfte führte und Bauprojekte plante.[23]
Neben dem Arbeitszimmer spielten im Berliner Schloss vor allem drei Räume eine wichtige Rolle: dasSternzimmer als Festsaal, der anschließende Speisesaal und der 100 m² großeTeesalon als Gesellschaftszimmer.[24] Der Teesalon als ehemaliges Konzertzimmer Friedrichs II. wurde nach Plänen von Schinkel und Entwürfen Friedrich Wilhelms im Stil desKlassizismus umgestaltet. Der Raum war mit zwei dutzend Sesseln und Stühlen, zwei nach antiken Vorbildern nachempfundenenKlinen und einer Raum einnehmenden halbrunden Bank ausgestattet. Friedrich Wilhelm und seine Frau luden vor allem Gelehrte und Künstler zum ungezwungenen geistigen Austausch in diesen Raum ein.[25] So soll hier der NaturforscherAlexander von Humboldt dem Kronprinzenpaar den ersten Band seines WerkesKosmos vorgelesen haben.[24]
Mit Ausnahme der zentralen, 70 m[26] hohenKuppel über dem Eosanderportal fanden im 19. und 20. Jahrhundert an der Fassade nur kleinere Änderungen statt. Der ArchitektFriedrich August Stüler und sein BauleiterAlbert Dietrich Schadow errichteten in den Jahren 1845–1853 die Kuppel mitoktogonalem,pilastergeschmücktemTambour. Der Entwurf dazu ging auf Friedrich Wilhelm IV. zurück; vor seiner endgültigen Realisierung wurde er von demklassizistischen Baumeister Karl Friedrich Schinkel überarbeitet.[27] Der von 24 gerade schließenden, hochrechteckigen Fenstern belichtete Kuppelbau beherbergte die Schlosskapelle, die im Januar 1854geweiht wurde. Das Tambouroktogon war von einer Balustrade abgeschlossen, wobei acht Statuen die Eckpunkte des Oktogons akzentuierten. Hinter der Balustrade begann ein weiterer, eingezogener runder Tambourteil. Um diesen eingezogenen Tambourteil lief unterhalb desKranzgesimses einpreußischblaues Schriftband mit dem Text: „Es ist in keinem anderen Heil, es ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn der Name Jesu, zu Ehren des Vaters, dass im Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erden sind.“ Der Text war eine Kombination zweier Bibelverse desNeuen Testaments (Apostelgeschichte 4,12 undPhilipper 2,10–11)[28] durch Friedrich Wilhelm IV.[29] Die Kuppelkonstruktion mit einem metallenen Dachstuhl war durch Wulstrippen vertikal in 24 Felder und horizontal durch zwei Reihen vonOkuli gegliedert. An ihrem höchsten Punkt wurde sie von einerLaterne bekrönt: Acht Engel mit gespreizten Flügeln auf einer runden Balustergalerie trugen eine offene Kuppelkonstruktion aus acht Palmzweigen, oberhalb der sich ein Kreuz über einemKugelknauf zentral erhob.
Auf der Nordseite amLustgarten wurde 1844–1846 die Schlossterrasse erbaut. Sie glich den Höhenunterschied des Geländes aus und schirmte das Schloss vom Straßenverkehr ab. Die Terrasse bestand aus einem kürzeren Ostteil, der von Portal V bis Portal IV reichte, und einem längeren Westteil, der sich von Portal IV bis zur EckeSchloßfreiheit erstreckte. In der Terrassenmitte verlief ein sechs Meter breiter Pflasterweg, den zwei je sechs Meter breite Rasenflächen mit Pflanzen und Blumen säumten. Auf der Balustrade wurden 1846 vor Portal IV dieRossebändiger und an der Ecke Schlossfreiheit dieAdlersäule aufgestellt. DieRossebändiger waren Meisterwerke des inSankt Petersburg tätigendeutsch-baltischen BildhauersPeter Clodt von Jürgensburg. An derAdlersäule wirkte der berühmte französische BildhauerChristophe Fratin mit. 1907 kamen auf der Balustrade noch dieOranierfürsten hinzu.





Wilhelm I. bewohnte auch nach seiner Thronbesteigung als preußischer König 1861 weiterhin dasAlte Palais, das er als Bruder des Königs Friedrich Wilhelm III. jahrzehntelang bewohnt hatte. Das Stadtschloss nutzte er jedoch für offizielle Anlässe, es blieb auch Sitz der Hofämter. Sein Sohn und im Jahr 1888 kurzzeitiger Nachfolger, KaiserFriedrich III., wohnte die längste Zeit imKronprinzenpalais. Als dieses alte Barockpalais für ihn und seine junge GemahlinVictoria von Großbritannien 1856–1857 umgebaut wurde, bezogen sie vorübergehend eine Wohnung im Stadtschloss, das aber inzwischen so restaurierungsbedürftig geworden war, dass der in ihrem Sessel sitzenden Victoria einmal ein großes Stück Stuckdecke vor die Füße fiel. Während Friedrichs nur dreimonatiger Regierungszeit nutzte das Ehepaar hauptsächlich dasSchloss Charlottenburg und dasNeue Palais in Potsdam.
NachdemWilhelm II. 1888 den Thron bestiegen hatte, wählte er das Schloss zu seinem Wohnsitz. Zu diesem Zweck ließ er es technisch modernisieren, Wohnräume für seine Familie einrichten und den Weißen Saal nach Plänen des HofarchitektenErnst von Ihne grundlegend umgestalten. Auf Kosten des Eosanderhofs sollte eine Galerie seinen Besuchern erlauben, im gesamten zweiten Stock zu zirkulieren. Der Bau kam infolge des Kriegsausbruchs 1914 zum Erliegen. Der kleine Kuppelturm des Soldatenkönigs auf der Südecke erhielt ein Pendant als Uhrtürmchen auf der Nordwestecke. Es diente zur Blickverdeckung auf den erhöhten Dachfirst des Weißen Saals.[30] Für die bis dahin frei zugänglichen Schlossportale schufen namhafte Kunstschmiede verglaste Gitter. Es liefertenEduard Puls die Tore für die Portale I, II und III (Eosanderportal),Schulz und Holdefleiß für das Portal IV und die Gebrüder Armbruster für das Portal V.[31]
Auf der Südseite amSchlossplatz wurde 1891 der vom BildhauerReinhold Begas geschaffeneSchlossbrunnen enthüllt. Er war ein Geschenk Berlins an den Kaiser und lag vor Portal II in der Achse derBreiten Straße. Die Idee, an dieser Stelle einen Brunnen zu bauen, stammte schon vonKarl Friedrich Schinkel. 1901 wurde der Schloßplatz zum zeitgenössischen Schmuckplatz mit Teppichbeeten, Mosaikpflaster und Eisenkandelabern umgestaltet. In engem Zusammenhang mit dem Schloss stand auch das 1703 vonAndreas Schlüter geschaffene und als Meisterwerk der Barockkunst geltendeReiterstandbild des Großen Kurfürsten auf derKurfürstenbrücke.
Auf der Westseite an derSchloßfreiheit wurde 1897 das vom BildhauerReinhold Begas geschaffeneKaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal enthüllt. Für den Bau der monumentalen Anlage musste eine ganze Häuserzeile weichen. Die angrenzenden Grünflächen erhielten 1898 eine ähnlich repräsentative Gestaltung wie der Schlossplatz.
1902 wurde das Eosanderportal durch vier monumentale Bronzetafeln ergänzt, die durchOtto Lessing angefertigt wurden und sich auf die Geschichte des Schlosses bezogen. Das Relief auf der linken Seite des Portals zeigte die Grundsteinlegung des Bauwerks im Juli 1443, während die andere Tafel die Präsentation des Schlossmodells durch Andreas Schlüter vor dem Großen Kurfürsten im Jahr 1699 darstellte. Beide Reliefs wurden durch jeweils eine dazugehörige Tafel mit einerInschrift ergänzt, die den Herrschaftsanspruch und die Weltanschauung der jeweiligen Herrscher wiedergab, die auf den Platten dargestellt wurden. Zudem erhielt das Portal eine monumentaleWappenkartusche aus Bronze nach Entwürfen Otto Lessings.
Wenngleich das Berliner Schlossumfeld unvollendet im Sinne der Planungen Schlüters und Eosanders blieb, wo es als Teil einer zu errichtenden größeren städtebaulichen Anlage gedacht war, ergab sich mit den umliegenden Gebäuden in der Mitte Berlins ein repräsentatives städtebaulichesEnsemble. Zumal bezogen sich die Gebäude im direkten Umfeld des Schlosses hinsichtlich Größe, Proportion und Ausrichtung auf das Schloss als maßstabsgebendes Gebäude.
Auch war das Schloss als bedeutsames Barockgebäude und größtes Bauwerk desBerliner Stadtzentrums der Endpunkt der PrachtstraßeUnter den Linden. Mehrere Straßen wurden auf das Schloss ausgerichtet, was auch der städtebaulicheHobrecht-Plan von 1862 berücksichtigt hatte. Zunächst waren nicht alle Fassaden auf Fernwirkung gestaltet, die Westfassade blieb bis 1894 durch dieSchloßfreiheit verdeckt. Ab 1894 wurde die Häuserzeile für den Bau desKaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals abgerissen, wodurch der freie Blick auf die Westfassade und das Eosanderportal des Schlosses entstand. Der zweimalige Neubau desDoms am Lustgarten, 1747 durchBoumann den Älteren und 1905 durchJulius Carl Raschdorff, SchinkelsSchlossbrücke und dasKönigliche Museum von 1824 und 1830 werteten die städtebauliche Situation des Schlosses auf. Weitere neu entstandene Bauwerke, die sich städtebaulich unmittelbar auf das Berliner Schloss bezogen, waren das Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal und derNeptunbrunnen, beide vonReinhold Begas 1891 und 1898, sowie der auf demSchloßplatz 1901 nach Plänen Ernst von Ihnes fertiggestellteNeue Marstall.

Das Schloss war Schauplatz und mitunterSymbol bedeutender Ereignisse in der deutschen Geschichte. Ab 1701 diente es alsköniglich-preußische und ab 1871 alskaiserlich-deutscheWinterresidenz. In dem Gebäude wurdeFriedrich der Große geboren, dessen Politik dendeutschen Dualismus verursachte. DerPreußische Staatsrat tagte von 1817 bis 1848 imStaatsratssaal des Berliner Schlosses. Die vonKarl Friedrich Schinkel zu diesem Zweck gestalteten Räumlichkeiten dienten ab 1910 dem Präsidenten derKaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften. Auslöser derMärzrevolution in Preußen war eine friedliche Demonstration auf dem Schlossplatz am 18. März 1848. KönigFriedrich Wilhelm IV. hatte versucht, durch eine Rede vom Balkon über Portal I (Elisabethportal) durch Zugeständnisse die Massen zu beruhigen, dann aber befohlen, den Platz zu räumen. Dabei entwickelte sich ein spontanerBarrikadenaufstand, der in die Revolution überging.
In der Zeit desdeutschen Kaiserreichs fand die Eröffnung desReichstags stets im Weißen Saal des Berliner Schlosses statt.[32] Die Reichstagseröffnung am 25. Juni 1888 war zugleich der erste öffentliche Auftritt Wilhelms II. als einDeutscher Kaiser.Anton von Werner überlieferte das Ereignis in einem monumentalen Gemälde.
Bei Beginn desErsten Weltkriegs hielt Kaiser Wilhelm II. am 31. Juli 1914 vom Balkon des Portals V[33] die erste seiner zweiBalkonreden an zehntausende im Lustgarten versammelte Berliner. Die Ansprache sollte die Menschen auf den bevorstehenden Krieg einstimmen. Ihr folgte am 1. August eine zweite vom bodentiefen Fenster des Säulensaals über dem Portal IV, in der Wilhelm Deutschlands Eintritt in den Krieg verkündete und dieBurgfriedenspolitik einleitete. Diese Rede, die am 6. August 1914 durch Veröffentlichung imDeutschen Reichsanzeiger und eine im Januar 1918 angefertigteSchallplattenaufnahme große Verbreitung fand, machte das Portal IV zu einem historischen Ort.[34]

Am Anfang derWeimarer Republik stand ein Ereignis derNovemberrevolution im Berliner Schloss.[35] Nachdem am frühen Nachmittag des 9. November 1918Philipp Scheidemann amReichstagsgebäude dieAbdankung Wilhelms II. bekanntgegeben und dieRepublik ausgerufen hatte, verließen, von einer sich ums Schloss ansammelnden Menschenmenge gedrängt, ab 14:30 Uhr die um das Schloss aufgestellten Truppen ihre Posten. Nur wenige Hofbeamte und dieKastellane blieben im Gebäude, das die abziehenden Truppen eine Stunde später den Revolutionären übergaben, und auf dem inzwischen eine rote Fahne wehte. Gegen 16:30 Uhr erschien derSpartakusführerKarl Liebknecht am Schloss und proklamierte die „freie sozialistische Republik Deutschland“. Anschließend ließ er sich ins Schloss führen, um vom großen Fenster des Portals IV, dem Ort der zweiten Ansprache des Kaisers, erneut die „freie sozialistische Republik Deutschland“ auszurufen.[36] Kurz darauf drangen zahlreiche Menschen in das unbewachte Schloss ein und begannen mit einerPlünderung. Liebknechts Ausrufung derRäterepublik blieb folgenlos, ging aber als symbolischer Akt in die Überlieferung derKommunistischen Partei Deutschlands (KPD) ein, zu deren Gründern er wenige Wochen später gehören sollte.
Ab Mitte November war dieVolksmarinedivision im Schloss stationiert. Nachdem den Matrosen aber Plünderungen vorgeworfen worden waren, drängte sie vor allemStadtkommandantOtto Wels, das Schloss zu räumen. An der Räumung des Schlosses entzündeten sich dieWeihnachtskämpfe. Diese führten maßgeblich zum Zerbrechen der sozialistischen Einheitsregierung ausMSPD undUSPD.
In den folgenden Jahren der Weimarer Republik entwickelte sich das Schloss zu einem bedeutenden Kulturzentrum der Stadt. Das 1921 eingerichteteSchlossmuseum vereinte die Repräsentationsräume der untergegangenen Monarchie mit den Sammlungen des staatlichenKunstgewerbemuseums.[37] Darüber hinaus fanden während derBerliner Kunstwochen, die auf Anregung von OberbürgermeisterGustav Böß erstmals 1926 veranstaltet wurden, im Weißen Saal und im Schlüterhof öffentliche Konzerte derBerliner Philharmoniker statt.[38]
Ein Verzeichnis von 1924 zählt gut zwei Dutzend private Mieter sowie zahlreiche öffentliche Einrichtungen, Behörden und Vereine im Schloss, unter anderem: dieKrongutsverwaltung, das Fürsorgeamt für Beamte aus dem Grenzgebiet, die Gewerkschaft Deutscher Verwaltungsbeamter, dieKaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, dieNotgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft, die Österreichische Freundeshilfe, das Psychologische Institut derFriedrich-Wilhelms-Universität, die Schlossbauämter I und II, die Zentrale für Kinderspeisung, die Zentrale für Vermittlung von Heimarbeit an Mittelständische, die Landesanstalt für Gewässerkunde, derDeutsche Verein für Kunstwissenschaft sowie dasPhonogramm-Archiv. In den folgenden Jahren kamen noch das Museum für Leibesübungen, derDeutsche Akademische Austauschdienst, dieDeutsche Akademie, derAtlas der Deutschen Volkskunde, die Deutsche Kunstgemeinschaft, die Mensa desStudentenwerkes, dasHelene-Lange-Tagesheim für Studentinnen, dasJapan-Institut, dieMexiko-Bücherei, die Kaiser-Wilhelm-Institute fürausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht sowie fürausländisches und internationales Privatrecht hinzu.[39]
In derZeit des Nationalsozialismus blieb die kulturelle und wissenschaftliche Nutzung des Schlosses weitgehend erhalten. Mit demMuseum der Preußischen Staatstheater und einem neuen Probensaal für das Staatsballett kamen neue Nutzer hinzu, während andere wie dasMuseum für Leibesübungen, der DAAD und die DFG das Schloss verließen. Die bereits 1932 gestarteten Serenaden-Konzerte derBerliner Philharmoniker und derStaatskapelle Berlin sowie anderer Orchester im Schlüterhof wurden bis in die Kriegsjahre fortgesetzt. Zeitweilig war die Reichskammer der bildenden Künste im Schloss untergebracht, die zuvor von der Deutschen Kunstgemeinschaft genutzte Räume übernahm. Kunstgemeinschaft, aber auch DAAD, Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und die übrigen Organisationen wurden gleichgeschaltet,jüdische Beschäftigte wurden entlassen, so auch die Leiterin der Akademischen Abteilung im DAAD, Ingrid Dybwad, die Kustodin in der Schlösserverwaltung, Elisabeth Henschel-Simon, und die leitende Referentin im Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Marguerite Wolff.[40]
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss bei einemalliierten Luftangriff am 3. Februar 1945 schwer beschädigt und brannte großenteils aus. Teile des Gebäudes blieben allerdings intakt, sodass von 1946 bis 1948 noch vier Ausstellungen vor allem imWeißen Saal gezeigt werden konnten. Die erste Ausstellung zeigte Berliner Stadtbau-Visionen unter dem Titel „Berlin plant“, darauf folgte die SchauModerne französische Malerei, ab Weihnachten 1946 gab es ein „Wiedersehen mit Museumsgut“ (das wegen des Krieges ausgelagert wurde) und 1948 eine große Ausstellung zum Jahrestag der demokratischenMärzrevolution vom 18. März 1848.[41]

Nach derdeutschen Wiedervereinigung und demUmzug der Regierung nach Berlin entstand dasHumboldt Forum an dem Ort des alten Schlosses bis Ende 2020 als Neubau, mit der Fassade und in der Dimension des Berliner Schlosses. Hierzu wurde das BaudenkmalPalast der Republik abgerissen, in dem u. a. dieDDR-Volkskammer getagt hatte und verschiedene Freizeiteinrichtungen für die Bürger untergebracht waren. Durch die museale Nutzung des Gebäudes soll es sich in das Gesamtkonzept derMuseumsinsel einfügen.[42] Hierzu wurden die Sammlungen der außereuropäischen Kunst derStiftung Preußischer Kulturbesitz aus demMuseumszentrum Dahlem in das Schloss verlegt, sodass sie in Kombination mit den Beständen an europäischer Kunst auf derMuseumsinsel einen Ort der Weltkultur bilden. EinAgora genanntes Veranstaltungszentrum soll Kulturen der Welt vereinen,[43] womit an die wissenschaftlich-kulturelle Vergangenheit des Ortes angeknüpft wird. Außerdem ist die AusstellungBerlin global im Auftrag desLandes Berlin als Koproduktion zwischenKulturprojekte Berlin und demStadtmuseum Berlin entstanden.[44] Sie soll die Kulturen der Welt in den Obergeschossen thematisch mit der Stadt Berlin verknüpfen, wobei ein Schwerpunkt auf die internationale Geschichte Berlins gelegt wird.[45] Im April 2015 berief die damalige KulturstaatsministerinMonika Grütters den BritenNeil MacGregor zum Leiter derGründungsintendanz, die bis 2017 inhaltliche Schwerpunkte für das Humboldt Forum herausarbeitete.[46]
Das Berliner Schloss hatte als Residenz derHohenzollern grundsätzlich eine andere Funktion als das Humboldt Forum. Es bildete damals mit demAlten Museum (Kultur),Berliner Dom (Evangelische Kirche),Zeughaus (Militär) ein programmatischesGebäudeensemble im Mittelpunkt der preußischen Hauptstadt.

Das Berliner Schloss umfasste einschließlich des Kellergeschosses, der Nebenräume und des Dachgeschosses zuletzt insgesamt rund 1200 Innenräume, davon etwa 100 Repräsentationsräume derbrandenburgischen Kurfürsten,preußischen Könige unddeutschen Kaiser.
Die Polnischen Kammern lagen im Lustgartenflügel östlich des Portals V und waren nachAugust dem Starken benannt, dem König von Polen. Sie wurden vermutlich um 1700 von Andreas Schlüter erbaut. Zu den wichtigsten Räumen zählten der Korridor und das Schlafzimmer.
Die Mecklenburgischen Kammern lagen im Westflügel nördlich des Portals III (Eosanderportal) und waren nachAlexandrine von Mecklenburg benannt, einer Schwester Wilhelms I. Zu den bedeutendsten Räumen zählten das Schlafzimmer, der Salon, das Schreibzimmer und der Salon derpetits Appartements.
Die Staatsratszimmer lagen im Schlossplatzflügel westlich des Portals II und dienten als Behördensitz. Hervorzuheben waren hier das Arbeitszimmer des Präsidenten derKaiser-Wilhelm-Gesellschaft und der Sitzungssaal desPreußischen Staatsrats.
Die KönigskammernFriedrich Wilhelms II. gehörten zu den Meisterwerken des deutschenKlassizismus. Erbaut 1787–1789 vonFriedrich Wilhelm von Erdmannsdorff undCarl von Gontard, lagen sie im Lustgartenflügel westlich von Portal V. Die gartenseitige Raumabfolge bestand aus dem Garde-du-Corps-Saal über Portal V, der Rotdamastenen Kammer, der Gründamastenen Kammer, dem Thronzimmer, dem Großen Säulensaal über Portal IV, dem Speisesaal, der Grünen Französischen Kammer und der Blauen Französischen Kammer. Die hofseitige Raumabfolge bestand aus dem Bunten Gang, dem Parolesaal (mit derPrinzessinnengruppe vonJohann Gottfried Schadow), dem Weißen Zimmer und dem Konzertzimmer.
Die WohnungKönigin Friederikes war ein weiteres Meisterwerk des deutschen Klassizismus. Sie wurde in den Jahren 1789–1791 nach Plänen vonCarl Gotthard Langhans erbaut und lag im Schlossplatzflügel westlich von Portal II. Zu den wichtigsten Räumen zählten der Pfeilersaal über Portal II, die Rote Marmorkammer, das Gesellschaftszimmer und der Marmorsaal.

Die WohnungFriedrich Wilhelms IV. gehörte ebenfalls zu den Meisterwerken des deutschenKlassizismus. Erbaut in den Jahren 1824–1828 nach Plänen vonKarl Friedrich Schinkel, reichte sie von der Mitte des Ostflügels bis Portal I (Elisabethportal) des Schlossplatzflügels. Zu den bedeutendsten Räumen zählten die als Arbeitszimmer des Königs dienendeErasmuskapelle (ehemalige Schlosskapelle, ursprünglich 1465 angelegt, ab 1538 überarbeitet vonCaspar Theiss), das Schreibzimmer (ehemaliges SchreibzimmerFriedrichs des Großen), das Wohnzimmer, der Teesalon, das Speisezimmer und der Sternsaal über Portal I.
Die Kaiserliche Wohnung lag im Schlossplatzflügel westlich von Portal I und diente als Wohnung KaiserWilhelms II. Sie bestand aus dem Empfangszimmer (ehemaliges Audienzzimmer Friedrichs des Großen), dem Arbeitszimmer (ehemaliges Arbeitszimmer Friedrichs des Großen), dem Vortragszimmer, dem Kleinen Ankleidezimmer, dem Vorzimmer der Kaiserin, der Marmortreppe, dem Speisesaal, der Bibliothek des Kaiserpaars, dem Großen Ankleidezimmer, der Fürstentreppe und dem Joachimsaal, der als einziger Raum der Wohnung im zweiten Obergeschoss über Portal II lag.
Die Hohenzollernwohnung lag im Südteil des Westflügels und diente als WohnungKarl Antons von Hohenzollern, des preußischen Ministerpräsidenten während derNeuen Ära. Zu den wichtigsten Räumen zählten der Salon, das Kabinett und das Wohnzimmer.
Die Wilhelmsche Wohnung lag im Nordteil des Westflügels und diente als Wohnung des PrinzenWilhelm. Zu den bedeutendsten Räumen zählten das Prinz-Wilhelm-Zimmer, das Erste Schlafzimmer, der Salon, das Zweite Schlafzimmer, das Badezimmer und das Gästeschlafzimmer (ehemalige BibliothekFriedrich Wilhelms II.).
Die Hausbibliothek lag im Spreeflügel des Schlosses. Sie war auf mehrere Bibliotheksräume im Turm KurfürstFriedrichs II., in der Galerie desGroßen Kurfürsten, im Herzoginhaus und im Grünen Hut verteilt.


Die ParadekammernFriedrichs I. gehörten zu den Meisterwerken des europäischenBarocks. Erbaut in den Jahren 1698–1713 nach Plänen vonAndreas Schlüter undJohann Friedrich Eosander, reichten sie von der Mitte des Ostflügels über den gesamtenLustgartenflügel bis zur Mitte des Westflügels. Als östlicher Zugang diente das Große Treppenhaus (auch Wendeltreppe oderGigantentreppe genannt) hinter dem Schlüterportal, als westlicher Zugang die Weiße-Saal-Treppe neben dem Eosanderportal. Den Auftakt der Paradekammern bildeten der Schweizersaal, die Erste Paradevorkammer und die Zweite Paradevorkammer im Ostflügel. Im Lustgartenflügel folgten das Königszimmer, die Drap-d’or-Kammer, die Rote-Adler-Kammer, derRittersaal, die Schwarze-Adler-Kammer, die Rote-Samt-Kammer, der Kapitelsaal, die Bildergalerie, der Grüne Salon und das Königinzimmer. Den Abschluss der Paradekammern bildeten der Weiße Saal und die Schlosskapelle im Westflügel.
Höhepunkt der Paradekammern war der besonders prachtvolle Rittersaal über Portal V, der Architektur, Plastik und Malerei als Gesamtkunstwerk vereinte. Er war 17 m lang, 13 m breit, 9,75 m hoch und lag in der SichtachseUnter den Linden. Die Türwand im Süden schmückte derTrompeterchor, die Fensterwand im Norden eine Wappenkartusche mit dem königlichenMonogramm „FR“.

An der Ostwand stand das Silberbuffet, das sich heute imSchloss Köpenick befindet, an der Westwand der Königsthron unter einemBaldachin. DasDeckengemälde vonJohann Friedrich Wentzel stellte die Verherrlichung der Regierung Friedrichs I. dar. Auf denGiebeln derSopraporten befanden sichAllegorien der vier damals bekannten Erdteile Amerika, Asien, Afrika und Europa, die aus weißem Stuck ausgeführt waren. Der zentral aufgehängte Bergkristallleuchter stammte ursprünglich aus dem NürnbergerPellerhaus und wurde 1824 vonFriedrich Wilhelm III erworben.[48]
Der wichtigste Teil der Paradekammern war derWeiße Saal, der seit seiner Fertigstellung 1728 stets zur Repräsentation genutzt wurde. Nach seiner ersten Neugestaltung nach Entwürfen Friedrich August Stülers im Jahr 1845, wurde er auf Veranlassung des Kaisers im Laufe des Jahres 1902 durch Ernst von Ihne erneut maßgeblich umgestaltet. Die zuvor in Eile ausgeführten Reliefs und Statuen ausStuck und die Wände ausSteinpappe waren nun von verschiedenen Bildhauern, darunterErnst Westphal, unter Leitung von Otto Lessing in hochwertigen Materialien wie Marmor und Bronze ausgeführt worden. Zum 28. Dezember 1902 fand für rund 50 geladene Gäste eine Führung im Königsschloss statt, um die neuen baulichen Veränderungen zu präsentieren.[49]
Die Elisabethkammern waren nach KöniginElisabeth Christine benannt und reichten von der Mitte des Ostflügels bis Portal I desSchlossplatzflügels. Sie wurden vermutlich um 1700 von Andreas Schlüter begonnen und umfassten das vom Schweizersaal aus zugängliche Vorzimmer, das Rote Zimmer, das Samtzimmer, das Eckzimmer, das Blaubartzimmer und den Elisabethsaal über Portal I (daher auch Elisabethportal). Der Elisabethsaal befand sich als repräsentativster dieser Säle hinter Portal I und wurde kurz vor 1700 vollendet. Bis zur späteren Errichtung der Paradekammern galt er als Hauptsaal des Schlosses. Den Höhepunkt der künstlerischen Ausgestaltung bildeten 16Atlanten, die auf denLisenen saßen und in komplexen KörperhaltungenBlendbögen undGesimse über sich trugen. Nach Kriegsende wurden unter dokumentarischer Leitung vonGerhard StraussGipsabgüsse der teilzerstörten Atlanten genommen, die sich noch heute im Depot desDeutschen Historischen Museums befinden.
Die Prinzess-Marie-Kammern waren nach einer Großnichte Friedrich Wilhelms IV. benannt und reichten von Portal I bis Portal II des Schlossplatzflügels. Sie folgten auf den Elisabethsaal und bestanden aus dem Kabinett (ehemaliges GeburtszimmerFriedrichs des Großen), dem Östlichen Zimmer, dem Mittelzimmer und dem Westlichen Zimmer (auch ‚Prinzess-Marie-Saal‘ genannt) über Portal II.
Die Kurfürstenzimmer lagen im Nordteil des Spreeflügels und waren nach demGroßen Kurfürsten benannt, unter dessen Herrschaft ihr Bau begann. Zu den wichtigsten Räumen zählten die Kleine Galerie, die Kugelkammer, die Betkammer, die Brautkammer, das Kronkabinett und das Chinesische Kabinett. Sie wurden seitFriedrich Wilhelm I. zum Trauungszeremoniell der preußischen Könige benutzt.
Die Braunschweigischen Kammern lagen im Südteil des Spreeflügels und waren nach denHerzögen von Braunschweig benannt, die sie als Gästezimmer nutzten. Zu den bedeutendsten Räumen zählten die Braunschweigische Galerie und die ehemalige Kapelle der Kurfürstin, die als erster Barockraum Norddeutschlands galt.
Im dritten Obergeschoss lagen vor allem Nebenräume, aber auch geschossübergreifende Innenräume. Dazu gehörten der Elisabethsaal über dem Portal I, der Joachimsaal über dem Portal II, die Schlosskapelle über dem Eosanderportal, der Weiße Saal, die Bildergalerie, der Kapitelsaal, der Rittersaal über dem Portal V und der Schweizersaal der Paradekammern.

Großes Treppenhaus
Das Große Treppenhaus (umgangssprachlich:Gigantentreppe), entworfen von Andreas Schlüter, hatte eine herausragende Bedeutung innerhalb des Schlossbaus. Es bildete ein Gesamtkunstwerk aus Baukunst, Bauplastik und Malerei. Zu betreten war die Prunktreppe über das zentrale Portal des Schlüterhofs. Die Anlage hatte zwei Treppenläufe, wovon nur einer über Stufen verfügte und der andere als Rampe ausgeführt war, damit es dem König möglich war, mit seinem Pferd in seine Gemächer zu gelangen. Die Treppenläufe sowie die Empore wurden vonAtlantenhermen getragen, während die gegenüberliegenden Läufe von den namensgebendenGiganten gestützt wurden. Diese saßen freiplastisch auf demGebälk einerdorischen Säulenordnung. Im darüberliegenden Treppengeschoss lag wiederum eineionische Ordnung sowie eine aufwendige Figurengruppe. Sie zeigte den HimmelsvaterJupiter auf einem Adler reitend, wie er Blitze auf die Giganten schleuderte, die sich auf der gegenüberliegenden Empore befanden. Symbolisch standen diese für den Sieg der Ordnung über dasChaos.
Die künstlerische Ausstattung erfolgte zum großen Teil unter der Regie Andreas Schlüters undJohann Friedrich Eosander von Göthes. Weitere beteiligte Künstler waren:Johann Friedrich Wentzel d. Ä.,Johann Heinrich Strack,Augustin Terwesten, Bernhard Rock,Jacques Vaillant.[50] Viele Ausstattungsgegenstände und Möbelstücke aus dem historischen Berliner Schloss sind bis heute erhalten und aktuell auf verschiedene Standorte und Museen verteilt. So sind die umfassende Tafelsilber-Sammlung und das Schaubuffet des Königshauses imSchloss Köpenick zu besichtigen, weitere Teile imKunstgewerbemuseum Berlin des Kulturforums sowie in der Silberkammer vonSchloss Oranienburg. In Oranienburg sind zudem weitere Möbel,Tapisserien und Gemälde zu sehen. Einzelne Möbel sind auch imPotsdamer Orangerieschloss und imSchloss Charlottenburg zu besichtigen. AmSchloss Paretz im Berliner Umland ist der restaurierte königliche Kutschen-Fuhrpark zu besichtigen, der aus demNeuen Marstall stammt. Im niederländischenHaus Doorn befinden sich zudem viele weitere, bislang öffentlich nicht ausgestellte Gegenstände –Wilhelm II. hatte dort nach der Abdankung ab 1920 sein Exil verbracht und starb 1941 in Doorn.[51]


Während desZweiten Weltkriegs brannte das Schloss bei dem schwerenalliierten Luftangriff vom 3. Februar 1945 auf dasBerliner Stadtzentrum bis auf den Nordwestflügel aus. Das Feuer hatte nahezu alle Prunkräume im Nord- und Südflügel vernichtet. Weitere Schäden an der Schlossplatzfassade entstanden Ende April während derSchlacht um Berlin durch Artilleriebeschuss. Erhalten blieben die Außenmauern mitsamt dem plastischen Schmuck, die tragenden Wände und größtenteils die Haupttreppenhäuser. Der gering beschädigte Flügel mit dem Weißen Saal diente auch nach dem Krieg weiterhin demKunstgewerbemuseum Berlin als Magazin und Verwaltungssitz. In anderen nur gering beschädigten Teilen des Schlosses befanden sich Abteilungen desLandesdenkmalamtes und der vormals preußischenVerwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten. Im unzerstörten Erdgeschoss des Schlossplatzflügels mit SchinkelsStaatsratssaal hatte eine Baufirma ihren Sitz, die Sicherungs- und Bergungsarbeiten im Schloss und seiner Umgebung ausführte.[52]
StadtbauratHans Scharoun beantragte sofort Maßnahmen zur Erhaltung des Schlosses, das er für den „hervorragendsten Bau des norddeutschen Barock“ hielt. Doch dem stimmte derMagistrat Werner, der im Mai 1945 von dersowjetischen Militärregierung eingesetzt worden und von derKPD dominiert war, nur widerwillig und teilweise zu. Deshalb entstanden durch Witterungseinflüsse weitere Schäden, bevor ab 1. Oktober 1945 Sicherungsarbeiten begannen. Im demokratisch gewähltenMagistrat Ostrowski war ab Dezember 1946Karl Bonatz Scharouns Nachfolger. Auch er sah, in seinemBonatzplan für den Wiederaufbau Berlins, die Erhaltung des Schlosses vor.[53] Im Weißen Saal fanden zwischen August 1946 und März 1948 vier gut besuchte Ausstellungen statt, darunter die von Scharoun geleitete Wiederaufbau-SchauBerlin plant — Erster Bericht.[54]
Seit derTeilung Berlins im Sommer und Herbst 1948 verhinderte der nun für das Schloss verantwortliche SED-geführteOst-BerlinerMagistrat nach und nach die weitere Benutzung sowie Sicherungsarbeiten und Beheizung. DieVolkspolizei kündigte im Oktober 1948 den im Schloss untergebrachten Institutionen die Räumung an. Nachdem ihre Proteste nichts bewirkt hatten, verlegten sie ihre Dienstsitze nachWest-Berlin.[55] Im März 1949 sperrte dieBauaufsichtsbehörde das Schloss, obwohl eine Sachverständigenkommission es für nicht einsturzgefährdet erklärt hatte. Im Oktober 1949 zerstörtenSowjetsoldaten bei Dreharbeiten zum sowjetischen FilmDie Schlacht um Berlin mehrere Skulpturen und noch erhaltene Ausstattungsstücke sowie hunderte Glasfenster des Schlosses.[56]


Nachdem die Berliner Öffentlichkeit im Winter 1948/49 die Anzeichen des offenbar bevorstehenden Abrisses des Schlosses diskutiert hatte, streute dieSED-gesteuerte Presse zunächst im Februar 1950Desinformationen aus.[56] Während der Führungszirkel der SED den Wiederaufbau des Schlosses einhellig ablehnte, stellte er zunächst den amtlichen Wiederaufbauplan nicht in Frage und duldete interne Diskussionen desKulturbundes über die Neugestaltung der Mitte Berlins.[57] Mit Gründung derDDR war die Zuständigkeit für den Wiederaufbau des Berliner Stadtzentrums an eine Abteilung desMinisteriums für Aufbau übergegangen. Auf dem III. Parteitag der SED gab am 23. Juli 1950Walter Ulbricht, der neue Generalsekretär des ZK (Zentralkomitee) der SED, den bevorstehenden Abriss des Schlosses bekannt. An der Stelle des Schlosses selbst, wie auch desLustgartens, derSchloßfreiheit und desSchloßplatzes sollte ein Kundgebungsplatz entstehen, „auf dem der Kampfwille und Aufbauwille unseres Volkes Ausdruck finden können“. Dies kündigte Ulbricht an, ohne dass zuvor Diskussionen oder Absprachen im Politbüro, im Ministerrat oder mit dem Oberbürgermeister stattgefunden hatten.[58] In den folgenden Wochen bekamen Ulbrichts Ideen Gesetzesform. Der entsprechendeMinisterratsbeschluss wurde Ende August 1950 veröffentlicht. Er sah vor, am Kundgebungsplatz im Norden dasAlte Museum und denBerliner Dom stehen zu lassen und an der Spreeseite im Osten eine Zuschauertribüne zu errichten, die über eine Brücke mit einem „repräsentativen Hochhaus“ auf der anderen Seite der Spree verbunden werden sollte.
Führende Vertreter des Berliner Kulturlebens verwarfen auf einer Veranstaltung des Aufbauministeriums am 30. August 1950 einhellig den Plan und versuchten angesichts der für den 6. September vorgesehenen Abstimmung derVolkskammer eine öffentliche Diskussion in Gang zu bringen.[59]Walter Hentschel nannte das Schloss „eines der bedeutendsten Baudenkmäler Deutschlands, ja der ganzen Welt“,[60]Walter Friedrich schrieb, es gehöre „zu den bedeutendsten Schöpfungen deutscher Baukunst“,[61] und fürRagnar Josephson war es „in großgeformter, kraftvoller Ganzheit […] ein Denkmal der souveränen Barockkunst in Europa“,[62]Johannes Stroux bezeichnete das Schloss als „eines der bedeutendsten Baudenkmäler nationaler Kunst und des Spätbarock überhaupt“[63] und Horst-Wolf Schubert (1903–1977), Kunsthistoriker und Landeskonservator von Sachsen-Anhalt, als „eine der bedeutendsten Schöpfungen der deutschen Baukunst; es hat Weltgeltung“.[64] Der ehemalige StadtbauratHans Scharoun setzte sich in Briefen anOtto Grotewohl für die Rettung des Schlosses ein und meinte speziell zum Schlüterhof: „von einmaliger Bedeutung [… erlangte] Weltruhm“.[65]
Die verantwortlichen SED-Politiker gingen auf die zahlreichen, kunsthistorisch oder geschichtspolitisch begründeten Proteste nicht ein oder führten Kostenargumente an. Beispielhaft war die Antwort, die Ulbricht einem protestierenden SED-Genossen erteilte. Dessen „Stellungnahme“ sei ihm „bereits ausWestberliner Zeitungen bekannt“, er empfehle ihm, „eine Protestbewegung gegen jene zu organisieren, die das Schloss durch ihren Bombenterror zerstört haben“ und kündigte an, dass „architektonisch wichtige Partien im Innern des Schlosses, soweit sie den amerikanischen Bombenterror überstanden haben“, in ein Museum überführt werden.[66] Am 7. September 1950, dem Tag nach dem Volkskammerbeschluss, begannen die abschnittsweisen Sprengungen des Schlosses.[67] Diese Vernichtung von einzigartigem Kulturgut wurde weltweit kritisiert.[68] Von erfolglosen Protesten begleitet, endeten sie am 30. Dezember 1950 mit der Niederlegung des Eosanderportals.Zerkleinerungssprengungen vonKapitellen, anderen größeren plastischen Teilen und von Kelleranlagen endeten im März 1951. Zuvor hatte jedoch eine Kulturgruppe unter Leitung eines Teams der Universität Greifswald alle kulturhistorisch wertvollen Fassadenelemente festgelegt. Diese wurden sorgsam textlich und fotografisch dokumentiert, danach abgenommen und auf einem Lagerplatz auf der Museumsinsel zwischenabgelegt. Im späteren Verlauf verliert sich ihre Spur jedoch.[69]


Bis zurFeier am 1. Mai 1951 war das Schlossareal abgeräumt, eingeebnet und mit rotem Ziegelsplitt bedeckt. An seiner Ostseite erhob sich mit dem Rücken zur Spree eineTribüne. Der um den bisherigen Schlossplatz und den Lustgarten aufgeweitete Platz erhielt zu Ehren der Theoretiker desKommunismusKarl Marx undFriedrich Engels den NamenMarx-Engels-Platz. Die in den folgenden Jahren ausgearbeiteten Pläne zur Neugestaltung des Marx-Engels-Platzes blieben 20 Jahre unausgeführt oder wurden, wie beimZentralen Regierungshochhaus, verworfen. Abgesehen von gelegentlicher Nutzung durch Demonstrationen, Militärparaden und Massenveranstaltungen blieb der Platz bis in die 1970er Jahre ungenutzt. Das 1963 an seinem südlichen Rand errichteteStaatsratsgebäude erhielt als Eingang das geborgene Portal IV als „wichtige Gedenkstätte der Arbeiterbewegung“.[70] Erst nach der Absetzung Walter Ulbrichts veranlasste sein NachfolgerErich Honecker 1971 als programmatische Geste die Errichtung eines Mehrzweckgebäudes auf dem Marx-Engels-Platz.[71] Infolge dieser Planungen entstand 1973 bis 1976 auf dem östlichen Schlossgelände derPalast der Republik. Unter anderem diente das Gebäude als Sitz derVolkskammer und enthielt zahlreiche öffentliche Einrichtungen.
Kurt Liebknecht (Neffe vonKarl Liebknecht, von 1949 bis 1951 Direktor des Instituts für Städtebau und Hochbau im DDR-Ministerium für Aufbau) berichtete in einem Interview mit derBerliner Zeitung im Jahr 1990, dass der Entschluss zum Abriss des Berliner Schlosses hauptsächlich ein Alleingang von Walter Ulbricht gewesen sei. Liebknecht sei durch die Parteiführung dazu bewogen worden, dem Abriss zuzustimmen. Diesen hielt er für einen großen Fehler.[41]
Ohne ausreichende Planung hatte einwissenschaftliches Aktiv beim Abriss des Schlosses etwa 2000 künstlerisch wertvolle plastische Arbeiten und Architekturteile geborgen und den Bau vor seiner Vernichtung in der Eile nur unsystematisch dokumentieren können. Dies war, wie die Zukunft erwies, lediglich zur Beruhigung der Öffentlichkeit geschehen. Die wissenschaftliche Bearbeitung der Dokumentation kam nicht zustande und die erhaltenen Teile verwahrlosten auf einem Lagerplatz, wo sich ihre Spur nach 1965 verlor.[72] DieSchuttmassen des gesprengten Schlosses gelangten aufTrümmerbahnen und Spreekähnen zuTrümmerbergen am Rand desTierparks Friedrichsfelde und imVolkspark Friedrichshain, in ehemalige Kiesgruben auf dem Gelände desStadtforstes Köpenick unweit desSeddinsees und auf ein Privatgrundstück inBerlin-Schmöckwitz.[73] Obwohl dasZentral-Organ der SEDNeues Deutschland den Abriss im August 1950 unter dem Motto „es soll uns nichts mehr an unrühmlich Vergangenes erinnern“ angekündigt hatte, unterblieb in der DDR eine offizielle Erörterung der historischen und kulturellen Bedeutung des Schlosses. Eine entsprechende Veröffentlichung mit Argumenten für den Abriss wurde 1952 zurückgezogen.[74] In den folgenden Jahrzehnten der SED-Herrschaft in der DDR galt das Thema Berliner Schloss als tabu. Die für die wissenschaftliche Erforschung erforderlichen Akten wurden unter Verschluss gehalten.[75]

Nach derpolitischen Wende erfolgten im unbebauten Bereich des Schlossarealsarchäologische Grabungen, wobei ein Teil der Fundamente und Keller freigelegt wurde. Ein Metallzaun umgab die Ausgrabungsstätte und Erklärungstafeln verdeutlichten etwa das Heizungssystem im Schlosskeller. 1991 erhielt der nördliche Teil des Marx-Engels-Platzes seinen ursprünglichen NamenLustgarten zurück, während es 1994 zur Umbenennung des restlichen Marx-Engels-Platzes inSchloßplatz kam. Von 1997 bis 2002 erfolgte dieAsbestsanierung und 2006–2008 schließlich der Abriss des Palastes der Republik. Zum Ausgleich der entnommenen Baumassen erhielt das Fundament eine Betonwanne, in die entsprechend der abgefahrenen Materialien nasser Kies als Ausgleichsgewicht eingebracht wurde. Mit dieser Maßnahme konnte ein Aufschwimmen der restlichen Fundamente verhindert werden. Zwischen 2009 und 2012 war das Schlossareal nach einem Konzept von relais Landschaftsarchitekten als öffentlicher Freiraum gestaltet. Dabei wurden die Grabungsfelder durch hölzerne Stege erschlossen und diePalastwanne als offener Grünraum inszeniert.[76]
Bereits im Jahr 1992 hatte der Hamburger KaufmannWilhelm von Boddien denFörderverein Berliner Schloss für den Wiederaufbau gegründet. Im November 2000 wurde zunächst eineInternationale Expertenkommission Historische Mitte Berlin eingesetzt. 2002 erfolgte der Beschluss des Deutschen Bundestags zumWiederaufbau des Berliner Schlosses. Über das Projekt und die Geschichte des Bauwerks informierte ein Besucherzentrum amLustgarten.[77]

Aus dem internationalenRealisierungswettbewerb 2008 ging der italienische ArchitektFranco Stella als Sieger für die neu zu entwerfenden Baukörper, Innenräume und modernen Fassaden im Mittelteil, Schlossforum und an der Ostseite hervor. Die Rekonstruktionsplanung für drei der vier Fassaden, mit Eckrondell an der Südostecke, drei von vier Seiten des Schlüterhofs, die Innenseite des Eosanderportals, des Gartenportals und der beiden Stadtportale wurde von Stuhlemmer Architekten erstellt.[78] Um das für die Rekonstruktion fehlende Planmaterial neu erstellen zu können, wurden von Stuhlemmer Architekten in Kooperation mit derTU Berlin Fotografien perfotogrammetrischem Verfahren entzerrt und basierend auf einem Katasterplan von 1880 maßstabsgerecht in eine Ebene gebracht, sodass Einzelmaße herausgerechnet werden konnten. Die Rekonstruktionsplanung für die Kuppel mit Kreuz erfolgte durch Hilmer Sattler Architekten.
Die Innenarchitektur wurde von der Franco Stella Planungsgesellschaft zeitgemäß – hell und rein funktional –, ausgeführt. Dieses betraf ebenso die Ostfassade zur Spree, die Parallelen zum Stil des Rationalismus aufweist. Nicht rekonstruiert wurden die zwei flankierenden Nebenkuppeln über der Westfassade und die historische Burganlage an der Spree. Auch die Innenräume werden vorerst nicht wiederhergestellt. Langfristig ist aber die Rekonstruktion der barockenGigantentreppe am Schlüterhof geplant. Darüber hinaus ist der Lustgartenflügel im Innern so gebaut, dass eine Wiederherstellung einzelner Schlossräume möglich ist.[79] Aufgrund von Haushaltskürzungen der Bundesregierung verschob sich der Start der Baumaßnahmen von 2010 auf 2014. Bereits am 12. Juni 2013 legteBundespräsidentJoachim Gauck denGrundstein.[80] Genau zwei Jahre später, am 12. Juni 2015, wurde dasRichtfest für den vollendeten Rohbau des Schlosses samt Dachstuhl gefeiert.[81]



Die für September 2020 geplante Eröffnung des Humboldt Forums erfolgte am 17. Dezember 2020 zunächst symbolisch virtuell, die eigentliche Eröffnung wurde aufgrund derCOVID-Maßnahmen auf 2021 verschoben.[82] Am 29. Mai 2020 wurde die nach historischen Fotos und Entwürfen vonAndreas Hoferick rekonstruierteLaterne der Schlosskuppel aufgesetzt.[83] Für die Rekonstruktion der Barockfassaden spendeten etwa 45.000 Bürger aus Berlin, dem übrigen Deutschland und der ganzen Welt insgesamt 105 MillionenEuro.[84] Im November 2020 dankten BundespräsidentFrank-Walter Steinmeier und KulturstaatsministerinMonika Grütters den Spendern für das Engagement. Für die Rekonstruktion derBalustradenfiguren und derPortaldurchfahrten werden weitere 13 Millionen Euro Spenden benötigt, wovon bis November 2024 bereits 12,7 Millionen Euro beim Förderverein eingingen.[85]
Anfang April 2023 kam die über vier Tonnen schwere Nachbildung derGroßen Wappenkartusche vonOtto Lessing an ihren Platz über dem Eosanderportal. Unter einer vergoldeten Krone mit Adlern an den Seiten zeigt sie dasWappen Preußens mitZepter undReichsapfel, umgeben von derCollane desSchwarzen Adlerordens.[86] Mitte März 2024 wurden auf derBalustrade der Schlosskuppel die drei Meter hohen Sandstein-Skulpturen der alttestamentlichen ProphetenDaniel,Hesekiel,Hosea,Jeremia,Jesaja,Jona,Sacharja undZefanja aufgestellt. Sie ergänzten die Figuren vonMoses undElias, die sich bereits auf den Außenecken der Balustrade des Eosanderportals befanden.[87] In diesem Zusammenhang erhobene Behauptungen, antidemokratische Kräfte hätten Einfluss auf die Rekonstruktionen genommen, wiesen sowohl die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss als auch der Förderverein Berliner Schloss als falsch zurück.[88][89] Im Jahr 2020 wurde das wiedererrichtete Schloss vonStadtbild Deutschland mit dem Preis „Gebäude des Jahres“ ausgezeichnet.[90]
Die Gesamtkosten für das Bauprojekt beliefen sich auf 677 Millionen Euro. Der Baubeginn erfolgte im Jahr 2012, die Fertigstellung im November 2020. DieBrutto-Grundfläche beträgt rund 93.600 m², die Nutzfläche rund 44.300 m².[91] Einschließlich der Höfe hat das Schloss eine Grundfläche von rund 20.500 m². Bis zum Dach ist es 35 m und bis zur Kuppel 70 m hoch. Der Eosanderhof (Foyer) ist 35 m × 35 m, der Stellahof (Passage) 17 m × 77 m und der Schlüterhof 50 m × 80 m groß.[26] Beim Wiederaufbau wurden dieTragwerke so erstellt, dass sie eine spätere Rekonstruktion der bedeutendsten Innenräume des barocken Schlosses ermöglichen, darunter desGroßen Treppenhauses[92] sowie der königlichen Paradekammern mit dem Schweizersaal, dem Rittersaal und der Bildergalerie.[93] Anstatt der Rekonstruktion der Attikaskulpturen, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts geschaffen wurden, sollen sich neuentworfene Figuren im barocken Stil und „im Geiste Schlüters“ an der Umbauzeit des Schlosses orientieren. Am 24. Juni 2025 wurden die letzten der insgesamt 19 Figuren aufgestellt, womit die Rekonstruktion der historischen Schlossfassade vollendet wurde.[94][95] Darüber hinaus fordern Bürgervereine die Wiederaufstellung derRossebändiger vor das Portal IV, nachdem diese nach dem Abriss des Schlosses vor dasKammergericht versetzt wurden. Auch eine Wiederherstellung der in Fragmenten noch erhaltenenAdlersäule an der Lustgartenseite und die Umsetzung desNeptunbrunnens und desKurfürstendenkmals zur Schloßplatzseite wird gefordert. Zudem befürworten Fachleute die Rekonstruktion des Großen Treppenhauses.[96][97]
„Von eigentlich classischen Gebäuden, die in ihrer ganzen Idee etwas wirklich Eigenthümliches und vorzüglich Großartiges haben, besitzt Berlin nur zwei: das Königliche Schloß und das Zeughaus. Den Kunstwerth beider verdanken wir Schlüter; sie stehen zugleich als Monumente der Kunst da und werden immer wichtiger, je weniger die Zeit im Stande sein wird, sich auf so große und vollkommene neue Werke einzulassen, und zugleich wird von dieser Seite die Pflicht um so dringender, die geerbten Schätze in ihrer ganzen Herrlichkeit zu erhalten, selbst in den ungünstigsten Zeiten sind die hierauf zu verwendenden Mittel nie als eine überflüssige Verschwendung anzusehen, weil der zwar nur indirecte Nutzen, welcher daraus erwächst, zu allgemein und groß ist.“
„Und dann der Schlüterhof! In der ganzen Welt wüsste ich nichts Vergleichbares an eigenwilliger Originalität zu nennen: nicht sehr groß in den Abmessungen, aber voll großartiger Gestaltung in der kraftvollen Gliederung und Dichte seiner in den gewagtesten Gegensätzen aufgebauten und gerade dadurch zu raumbindender Struktur geformten Schauseiten, denen wieder die Portale mit ihren wuchtigen Säulenstellungen und reich durchfensterten Risaliten sowie dem krönenden Schmuck ihrer Figuren rhythmischer Ordnung voll unvergesslicher Feierlichkeit verleihen.“
„Berlin ist arm an Denkmälern der Vergangenheit, aber es besitzt ein Werk, das sich den größten der Vergangenheit würdig anreiht und in allen Kunstgeschichten der Welt genannt und abgebildet ist: das Berliner Schloss. Sein Schöpfer ist der größte Bildhauer und Architekt in Norddeutschland, Andreas Schlüter. Da steht es, von einer faszinierenden Wucht und Monumentalität, ein Repräsentant des spezifisch norddeutschen Barock, der sich Michelangelos St. Peter in Rom, dem Louvre in Paris würdig zur Seite stellt. Es beherrscht das Zentrum Berlins, den Platz, den es bilden hilft, die Straße, die zu ihm führt, das alte Berlin, das für den, der die Vergangenheit Berlins verkörpert sehen möchte, den Begriff Berlin ausmacht.“
„Machtvoller Ernst spricht aus der Stadtseite, während gelöste Feierlichkeit und weltoffene Anmut über der Gartenseite walten. Nach Eosanders Erweiterungsbau wandte das Schloss statt wie bisher nach Süden nun seine Front nach Westen; mit dem ehemaligen Zeughaus und der Oper Unter den Linden bildete das Schloss ein monumentales Zentrum, wie es nur wenige Hauptstädte besitzen.“
„Zerstört man das Berliner Schloss, so vernichtet man eines der gestaltreichsten baulichen Kunstwerke, die unsere Welt nach so vielen Verlusten heute noch ihr Eigen nennen darf. Aus dieser Zeit um die Wende des 17. und 18. Jahrhunderts gibt es in Europa wenig, was diesen Bau in der Kraft und in der eindringlich plastischen Klarheit seiner Fassadengliederung übertreffen könnte.“
„Die Machthaber des östlichen Berlin vernehmen den Ruhm des Schlosses als Misslaute eines längst vergangenen Fürstenkults. Diese haben ihre empfindlichen Trommelfelle irritiert und sollen jetzt zum Verstummen gebracht werden. Sie wollen lieber ihre eigenen Laute hören auf dem Aufmarschplatz, den sie auf dem Grundstück des abgerissenen Schlosses anlegen. Auch dieser öde Platz wird eines Tages wieder ein Denkmal sein, ein Denkmal der Pietätlosigkeit, der Engstirnigkeit und der geistigen Armut.“
„Das Berliner Schloss steht in enger Beziehung zum Stadtbild, und das erweiterte Schloss übernahm es, die beiden Stadtorganismen, das alte Berlin-Cölln und die neuen Gründungen im Westen, miteinander zu verknüpfen. Das Schloss bildete zusammen mit den Monumentalbauten der Linden die städtebaulich bedeutendste Anlage Berlins. So ist das Schloss der Kristallisationspunkt eines Kraftfeldes geworden, den man aus dem Gefüge der Stadt nicht entfernen konnte ohne die Ordnung des Ganzen ins Wanken zu bringen. Es gibt nur eines: den Bau Schlüters und Eosanders an seinem Platze wiederherzustellen und mit ihm die große moralische Kraft, die von der Kunst Andreas Schlüters ausging.“
(chronologisch aufsteigend geordnet)
19. Jahrhundert
20. Jahrhundert
21. Jahrhundert