| Basisdaten | |
|---|---|
| Titel: | Gesetz zur Umsetzung des Beschlusses des Deutschen Bundestages vom 20. Juni 1991 zur Vollendung der Einheit Deutschlands |
| Kurztitel: | Berlin/Bonn-Gesetz |
| Abkürzung: | Berlin/BonnG |
| Art: | Bundesgesetz |
| Geltungsbereich: | Bundesrepublik Deutschland |
| Rechtsmaterie: | Verfassungsrecht |
| Fundstellennachweis: | 105-24 |
| Erlassen am: | 26. April 1994 (BGBl. I S. 918) |
| Inkrafttreten am: | 7. Mai 1994 |
| Letzte Änderung durch: | Art. 57G vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2652, 2721) |
| Inkrafttreten der letzten Änderung: | 1. Januar 2020 (Art. 60 G vom 12. Dezember 2019) |
| GESTA: | G026 |
| Bitte denHinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten. | |
DasBerlin/Bonn-Gesetz regelt unter anderem den Umzug von Parlament und Teilen der Regierung vonBonn nachBerlin sowie den Umzug vonBundesbehörden und anderer Bundeseinrichtungen in dieBundesstadt Bonn. Es ist eine Folge des sogenanntenHauptstadtbeschlusses vom 20. Juni 1991, in dem dieBundeshauptstadt Berlin auch zum Regierungssitz bestimmt wurde. Hauptstadt des vereinigten Deutschlands war Berlin bereits mit demEinigungsvertrag zum 3. Oktober 1990 geworden. Das Berlin/Bonn-Gesetz wurde am 26. April 1994 verabschiedet.
Das Gesetz legte fest, dass sich in beiden StädtenBundesministerien befinden. Die Aufteilung lag in der Kompetenz des Bundeskanzlers. Allerdings gab es für die Stadt Bonn Zusagen über den Erhalt des Politikstandortes Bonn, für den „der größte Teil der Arbeitsplätze der Bundesministerien […] erhalten bleibt.“ (§ 4 Abs. 4) Außerdem darf Bonn seit der Verkündung des Berlin/Bonn-Gesetzes den deutschlandweit einmaligen Namenszusatz „Bundesstadt“ führen. Eine sogenannte „Ausgleichsvereinbarung“, die die weiteren Modalitäten regelt und das Gesetz ergänzt, wurde am 29. Juni 1994 verabschiedet.[1]
Die Umsetzung erfolgte schrittweise. Den Höhepunkt erreichte der Umzug 1999 mit dem Wechsel des Bundestages in dasReichstagsgebäude in Berlin. So transportierten im Juli desselben Jahres 24Züge etwa 50.000 Kubikmeter Umzugsgut, darunter ca. 36.000 Bücher und 11.000 Meter Akten nach Berlin.[2][3] Ebenfalls wechselten zwei der über 20 Bundesbehörden aus Berlin und demRhein-Main-Gebiet in jenem Jahr nach Bonn: derBundesrechnungshof und dasBundeskartellamt.
DasKabinett Merkel IV erklärte sich 2018 dazu bereit, mit der Region Bonn einen „Bonn-Vertrag“ auszuverhandeln.[1] Die Umsetzung obliegt seit demRegierungswechsel 2021 derBundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, die gleichzeitig „Beauftragte der Bundesregierung für den Berlin-Umzug und den Bonn-Ausgleich“ ist.
DerBundesrat als zweites Organ der Gesetzgebung und Vertretung der Länder auf Bundesebene[4] wird von dem Gesetz nicht umfasst, da er 1991 noch dafür gestimmt hatte, in Bonn zu verbleiben und der Beschluss, nach Berlin umzuziehen, erst 1996 nach der Verabschiedung dieses Gesetzes gefällt wurde.[5]
DasBundeskanzleramt sowie dasBundespräsidialamt unterhalten seit dem Umzug nach Berlin einen Zweitsitz in Bonn, das Bundeskanzleramt imPalais Schaumburg, das Bundespräsidialamt in derVilla Hammerschmidt. Sie dienen sowohl der jeweiligen Behörde als Zweitsitz, als auch Bundeskanzler und Bundespräsidenten selbst.
Der Bundestag hat als einzigen Sitz dasReichstagsgebäude in Berlin und keinen Zweitsitz in Bonn.
Gemäß § 4 des Berlin/Bonn-Gesetzes befinden sich Bundesministerien in derBundeshauptstadt Berlin und in der Bundesstadt Bonn. Die in der Bundesstadt verbleibenden Bundesministerien sollen auch einen Dienstsitz in der Bundeshauptstadt erhalten; dementsprechend sollen die ihren Sitz in Berlin nehmenden Bundesministerien auch einen Dienstsitz in Bonn behalten. Derzeit (Kabinett Scholz, Stand 2022) haben neun Ministerien ihren ersten Dienstsitz in Berlin und folgende sechs Ministerien in Bonn:
Diese Bundesbehörden zogen nach Bonn um:
Errichtet wurden in Bonn:
Teilweise verlagert wurden:
Das Berlin/Bonn-Gesetz ist auch Grundlage derVereinbarung über die Ausgleichsmaßnahmen für die Region Bonn vom 29. Juni 1994, die ein Fördervolumen von 1,437 Milliarden Euro im Zeitraum 1995 bis 2004 vorsah. Zur Konkretisierung der in der Ausgleichsvereinbarung festgelegten sowie der noch nicht festgelegten Maßnahmen und zur Koordination des Einsatzes der Fördermittel wurde der sog.Koordinierungsausschuss gebildet. Den Vorsitz in diesem Ausschuss hatte der jeweiligeBundesbauminister inne, der „Beauftragter der Bundesregierung für den Berlin-Umzug und den Bonn-Ausgleich“ ist. Von den zwölf Stimmen in dem Ausschuss entfielen drei auf den Bund, der ein Vetorecht besaß, sowie insgesamt neun auf die LänderNordrhein-Westfalen undRheinland-Pfalz, die Stadt Bonn sowie denRhein-Sieg-Kreis und denLandkreis Ahrweiler. Die konstituierende Sitzung des Ausschusses erfolgte im April 1995, die letzte im Jahre 1999.[6]
Mit der Ausgleichsvereinbarung wurden verschiedene Ausgleichsmaßnahmen und konkrete Aktionspläne wie die Gründung derHochschule Bonn-Rhein-Sieg gefördert, ein Großteil des Geldes entfiel dabei mit 861 Millionen Euro auf den Wissenschaftsbereich. Die restlichen Gelder teilten sich wie folgt auf: der Kulturstandort wurde mit 60 Millionen Euro gefördert, der wirtschaftliche Strukturwandel der Region (u. a. Gewerbegebiete) mit rund 74 Millionen Euro, in den Verkehrsbereich (Bahnanbindung desFlughafens) flossen circa 256 Millionen Euro, an Soforthilfe wurden 97 Millionen Euro gezahlt und auf Grundstücksleistungen entfielen ungefähr 51 Millionen Euro. Das bedeutendste Ausgleichsprojekt, die 2015 weitgehend abgeschlossene Erweiterung desInternationalen Kongresszentrums Bundeshaus Bonn(World Conference Center) wurde mit einer Rücklage von 43,42 Millionen Euro sowie der Überlassung von Grundstücken im Wert von 43,46 Millionen Euro unterstützt.
Im März 2018 erklärte sich die Bundesregierung dazu bereit, mit der Region um Bonn einen das Gesetz und die Ausgleichsvereinbarung ergänzenden „Bonn-Vertrag“ auszuverhandeln, der unter anderem einen weiteren finanziellen Ausgleich Bonns vorsieht.[1] Im Gegenzug könnten Arbeitsplätze der Ministerien allerdings nach Berlin verlagert werden. Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen der Ampel-Koalition 2021 setzten sich die Bonner BundestagsabgeordnetenJessica Rosenthal undAlexander Graf Lambsdorff dafür ein, dieses Vorhaben im Koalitionsvertrag zu verankern.[7][8][9] Mit der Verabschiedung eines ersten Eckpunktepapiers durch BundesbauministerinKlara Geywitz wurde im Sommer 2022 für das Ende desselben Jahres gerechnet.[10] Anfang 2024 stellte die Bundesbauministerin Klara Geywitz die Eckpunkte für den Bonn-Vertrag vor. Darin wird unter anderem eine weitere Stärkung der internationalen Organisationen in Bonn, ein Ausbau der Kompetenzen im Bereich der Cyber-Security sowie eine Unterstützung der Beethoven-Pflege in Bonn festgehalten. Der Bonn-Vertrag soll noch im Jahr 2024 verabschiedet werden.[11]
Die im Berlin/Bonn-Gesetz geregelte Eigenschaft Berlins als Bundeshauptstadt wurde im Rahmen derFöderalismusreform mit Wirkung vom 1. September 2006 in dasGrundgesetz (GG) übernommen. Art. 22 GG lautet nunmehr: „Die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland ist Berlin. Die Repräsentation des Gesamtstaates in der Hauptstadt ist Aufgabe des Bundes. Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.“ Die bisherige Regelung über die Bundesflagge („Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold.“) wurde Art. 22 Abs. 2 GG. Ein Ausführungsgesetz zum neuen Verfassungsartikel existiert bislang nicht.