Assessor

Assessor undAssessorin (vonlateinischassessor bzw.adsessor „Beisitzer, Gehilfe (im Amt)“; Abkürzungen:Ass.,Assess.) sind inDeutschlandBerufs- undDienstbezeichnungen, etwa alsRegierungsassessor,Studienassessor,Rechtsassessor (Assessor iuris),Bergassessor,Brandassessor oderBauassessor.
Die Bezeichnung darf von Akademikern geführt werden, die nach einem Hochschulstudium und der erstenStaatsprüfung (Staatsexamen) sowie der Absolvierung des staatlichenVorbereitungsdienstes (Referendariat) die zweite Staatsprüfung (bei Juristen auchAssessorexamen genannt, veraltet:Akzeß,Akzess, in Bayern vor dem Ersten Weltkrieg auch alsStaatskonkurs bezeichnet) abgelegt haben oder die in Laufbahnen, die kein erstes Staatsexamen erfordern, dieGroße Staatsprüfung für denhöheren Dienst abgelegt haben. Sie haben damit dieLaufbahnbefähigung für den höheren Dienst (höchste Laufbahngruppe der Beamten imöffentlichen Dienst) erworben, Juristen zudem die Befähigung zumRichteramt.
Bezeichnung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]AlsAmtsbezeichnung wird der TitelAssessor vonBeamten des höheren Dienstes vor Verleihung des erstenAmtes, also in der Probezeit (früherAssessorat genannt), geführt (siehe auchRegierungsrat). In den meisten Bundesländern Deutschlands (inBaden-Württemberg nur in denLaufbahnen besonderer Fachrichtung) führen heute jedochBeamte auf Probe die Bezeichnung desEingangsamtes.
DieBerufsbezeichnungAssessor führen auch Personen, die die entsprechenden Laufbahnprüfungen bestanden haben, aber nicht den Beamtenstatus besitzen, sofern die jeweilige Prüfungsordnung dies gestattet, dann aber mit dem Zusatz der Laufbahn (zum BeispielAssessor des Lehramts).
Nach dem Niedersächsischen Beamtengesetz (NBG), das am 1. April 2009 in Kraft getreten ist, erfolgt die Ernennung zum Assessor in Niedersachsen – mit Ausnahme bei Juristen – künftig entweder über den mit einer bestandenen Prüfung (Zweites Staatsexamen) abgeschlossenen Vorbereitungsdienst (Referendariat) oder mit dem Nachweis mindestens dreijähriger Berufserfahrung, die innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes erworben worden sein kann (§ 14 NBG, Zugang zu den Laufbahnen). Die Altersgrenze für die Ernennung zum Assessor liegt in Niedersachsen bei 45 Jahren. Fachliche Voraussetzung für die Ernennung ist der Masterabschluss „oder ein vergleichbarer Hochschulabschluss“ (Magister, Diplom). FürLehrer besteht seit 1. Juli 2010 die NLVO Bildung.[1]
In einigen evangelischen Kirchen, so in derEvangelischen Kirche im Rheinland, sind Assessoren die Stellvertreter derSuperintendenten.
Arten
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Die BezeichnungAssessor wird um einen Bestandteil ergänzt, aus dem die Fachrichtung oder Art der Laufbahn hervorgeht, wobei es im Einzelnen Unterschiede je nach Land geben kann. Die größten Berufsgruppen mit Assessorentiteln sind Juristen und Gymnasiallehrer:
- Zum Führen der BerufsbezeichnungAssessor des Rechts (Ass. iur.) bzw. Rechtsassessor ist, etwa nach § 10 des Niedersächsischen Juristenausbildungsgesetzes (NJAG), nach § 61 des Juristenausbildungsgesetzes Nordrhein-Westfalen (JAG NW) oder § 47 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuordnung der bremischen Juristenausbildung (BremJAPG) befugt, wer diezweite Staatsprüfung bestanden und damit dieBefähigung zum Richteramt erlangt hat. Er wird auch als „Volljurist“ bezeichnet. In der Vergangenheit war auch die BezeichnungAssessor der Rechte üblich, wobei der Plural darauf verweist, dass neben dem weltlichen zusätzlich das kanonische (also das Kirchen-)Recht Ausbildungs- und Prüfungsstoff war. Der Assessorentitel wird häufig vonJustitiaren und Mitarbeitern in wissenschaftlichen Einrichtungen verwendet. Beamte auf Probe mit der AmtsbezeichnungRegierungsassessor (RegAss., RAss.; sieheRegierungsrat) sind im höheren allgemeinen Verwaltungsdienst des Bundes oder der Länder,Verwaltungsassessoren (Assessor des Verwaltungsdienstes;VerwAss.; sieheVerwaltungsrat) bei öffentlichen Einrichtungen, die nicht unmittelbar zur staatlichen Verwaltung gehören, zum Beispiel bei Körperschaften des öffentlichen Rechts wie den Gemeinden, tätig oder haben je nach Land ein spezielles Verwaltungsreferendariat (bspw. für Wirtschafts- und der Verwaltungswissenschaftler) absolviert. Die frühere DienstbezeichnungGerichtsassessor(GerAss.) ist durchRichter rsp.Staatsanwalt (im Dienstverhältnis auf Probe) ersetzt worden.
- Assessor des Lehramts (Ass. d. L., A. d. L.) oder Lehramtsassessor (LAss.) ist die Berufsbezeichnung von Lehrern, die nach (meist) zweijährigemLehramtsreferendariat und bestandenem Zweitem Staatsexamen die Befähigung zumhöheren Schuldienst an Gymnasien oder beruflichen Schulen erworben haben. Der Titel wird von Lehrern im Angestelltenverhältnis und außerhalb des Schulwesens tätigen Lehrern verwendet. Die DienstbezeichnungStudienassessor (StudAss., StudAssess., StAss., Baden-Württ.: StA) tragen Lehrer, wenn sie als Beamte auf Probe in den öffentlichen Schuldienst übernommen wurden. In manchen Ländern (nicht in Baden-Württemberg) wurden diese Lehrkräfte auch Studienrat z. A. (zur Anstellung) genannt. Dieses Beamtenverhältnis ist jedoch abgeschafft worden. Nach drei bis fünf Jahren werden sie Beamte auf Lebenszeit mit der AmtsbezeichnungStudienrat. Für Einstellungen ab 2009 gilt die Regelung für den höheren Schuldienst nicht mehr, dort werden Lehrer bei Einstellung Studienräte.
Weitere Beispiele:
- Assessor des Archivdienstes bzw. vor 1972 Assessor des Archivwesens (Abschluss der Archivarischen Staatsprüfung derArchivschule Marburg) (Archivassessor, AAss)
- Assessor des Landwirtschaftsdienstes (Landwirtschaftsassessor; LandwAss.)
- Assessor im feuerwehrtechnischen Dienst (Brandassessor; BrandAss.)
- Assessor des Forstdienstes (Forstassessor; FrstAss., ForstAss., Forstass., Forstassess.)
- Assessor des Baufachs (Bauassessor – BAss., BauAss., Bauass., Bauassess.; s. a.:Bauwesen undTechnisches Referendariat!), auch: Assessor des Städtebaus (Städtebauassessor) und Assessor der Landespflege (Landespflegeassessor): in Baden-Württemberg und Bayern stattdessen:Regierungsbaumeister
- Assessor des Vermessungs- und Liegenschaftswesens (Vermessungsassessor; VermAss.)
- Assessor des Bergfachs (Bergassessor; BergAss., Bergass., Bergassess.)
- Patentassessor: Personen, die die Prüfung zumPatentanwalt bestanden haben, aber keineselbständige Tätigkeit ausüben, sondern bspw. in der Patentabteilung eines Unternehmens oder beim Patentamt als Prüfer oder Patentrichter tätig sind.
- Assessor des Verwaltungsdienstes (Verwaltungsassessor; VerwAss.)
- Assessor des Bibliotheksdienstes
- Notarassessor (NotAss.)
- In verschiedenen evangelischen Kirchen in Deutschland ist der(Synodal-)Assessor der Stellvertreter desSuperintendenten.
Besonderheit: Die BerufsbezeichnungWürttembergischer Notarassessor ist den ehemaligenWürttembergischen Bezirksnotaren vorbehalten; es handelte sich dabei aber nicht um eine Laufbahn des höheren, sondern desgehobenen Dienstes. Die entsprechenden Amtsbezeichnungen waren Notarvertreter und Bezirksnotar.
Titelschutz
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Nach§ 132a StGB (Missbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen) kann wegen widerrechtlichen Führens von Titeln eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe verhängt werden. Ob der Assessorentitel auch unter diesen Paragraph fällt, ist strittig, weil es sich weder um einen Hochschulabschluss handelt noch um eine geschützte Amtsbezeichnung.[2]
Geschichte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Der TitelAssessor wurde ursprünglich nur von Juristen verwendet. Er entstammt demspätrömischen Recht und wurde von den Beratern des Kaisers bei dessen Rechtsprechung getragen. Seit dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit hießen so Personen, die amReichskammergericht undReichshofrat, bei den Instanzengerichten der Territorien und an den juristischen Fakultäten der Universitäten Recht sprachen.
In derfrühen Neuzeit waren die Assessoren Beisitzer, die in ein Kollegium eines Gerichts oder einer Behörde aufgenommen wurden. Hier wurde zwischen einfachen Assessoren und dem „Assessor cum voto“ unterschieden, letzterer mit Stimmberechtigung im Gremium. Die Funktion, die heute mit „Assessor“ beschrieben wird, wurde damals alsAkzessist bezeichnet.[3]
Hofgerichtsassessoren etwa wurden die Beisitzer an denHofgerichten genannt, die schon im Mittelalter unter dem Vorsitz des Königs oder eines Fürsten bzw. eines Vertreters gebildet wurden; sie bestanden bis 1806.
DerKammergerichtsassessor war Beisitzer des obersten Richters (Kammerrichters) amReichskammergericht, das 1495 eingerichtet wurde und ebenfalls bis 1806 bestand. Als im 16. Jahrhundert mit dem Ziel der Geschäftsverteilung das Senatsprinzip eingeführt wurde, war er Senatsmitglied. Seit dem 16. Jahrhundert mussten die Bewerber um das AssessorenamtProberelationen (vgl.:Relationstechnik) verfassen, um ihre Befähigung für diese Aufgabe nachzuweisen. Die Assessoren an den verschiedenen Gerichten übten oft nur eine zeitlich begrenzte Tätigkeit aus.
Im 18. Jahrhundert wurde zuerst in Preußen und nach dessen Vorbild auch in den meisten anderen deutschen Territorien die Staatsprüfung als Voraussetzung für die Aufnahme in den Justizdienst eingeführt(preußisches Referendariatsmodell). Die Proberelationen als Nachweise für die fachliche Qualifikation der Referendare wurden beibehalten.
Im 19. Jahrhundert (erstmals in Preußen mit dem Gesetz vom 6. Mai 1869) wurden Juristen, die das vierjährige Referendariat bei Gerichten, Staatsanwaltschaften, Rechtsanwälten und Notaren absolviert und die zweite, große Staatsprüfung bestanden hatten, zumGerichtsassessor ernannt, bevor sie in der Regel nach einem Jahr in das Amt des Richters oder Staatsanwalts berufen wurden. Mit dem Gesetz vom 11. März 1879 wurde in Preußen zudem der TitelRegierungsassessor eingeführt, der nach vierjährigem Referendariat bei Gerichts- und Verwaltungsbehörden verliehen wurde. Die Referendarszeit mit dem Status des Beamten auf Widerruf wurde später auf zwei Jahre verkürzt, die Assessorenzeit im Probebeamtenverhältnis ausgedehnt.
In Preußen rangierten Regierungs- und Gerichtsassessoren mit den Räten V. Klasse. Damit waren sie gleichauf mit bspw. den Stadt- oder Kreisrichtern und den Polizeiräten[4] aber auch mit denHauptleuten von der Armee. Die Ernennung zumRegierungs- oder Gerichtsrat (Rat IV. Klasse), und damit die endgültige Anstellung, erfolgte erst mit Vakanz frei werdender Stellen. Entsprechend galt hier eine unbestimmte Wartezeit. Diese währte bei Regierungsassessoren rund sieben Jahre, bei den Gerichtsassessoren aber ganze 15 Jahre. Die hier schlechter gestellten Gerichtsassessoren erhielten den Ratstitel mitunter zunächst ehrenhalber, als sogenannteCharakter-Beförderung. Dem Assessor war damit das Führen des Gerichtsratstitels erlaubt, Besoldung und Pensionsanspruch blieben jedoch unverändert.[5]
Das später eingeführte zweijährigeAnwaltsassessorat bei einem Rechtsanwalt, das für die Zulassung zum Rechtsanwaltsberuf erforderlich war, endete mit dem Inkrafttreten der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) vom 18. Mai 1959.
Im 20. Jahrhundert setzte sich die BezeichnungAssessor mit der Ausbreitung und zunehmenden Differenzierung des Beamtentums auch für andere Arten höherer Beamten durch. Beispielsweise wurden in der Weimarer Republik auch für die höheren Lehrämter die bei den Juristen üblichen Bezeichnungen eingeführt, darunterStudienassessor (bei Verbeamtung) undLehramtsassessor (bei privatrechtlicher Anstellung); das Eingangsamt bei den Lehrern an Gymnasien hieß im Kaiserreich noch „Gymnasialassistent“.
Andere Verwendungsweisen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Assessor nennen sich auch Personen, die im Rahmen einesAssessment-Centers als Beobachtende tätig sind (zum BeispielEFQM-Assessor).
Accessist (seltenerEleve) werden im 19. Jahrhundert junge Musiker in ihrem ersten Anstellungsverhältnis in einer Musik-Kapelle genannt.
InItalien werden die Mitglieder der Regierungen vonRegionen undProvinzen alsAssessoren bezeichnet, ebenso die Mitglieder der Gemeinderegierungen. InSüdtirol sind alternativ dazu abweichende Bezeichnungen üblich: So werden Mitglieder derSüdtiroler Landesregierung analog zu denösterreichischenLandesräte genannt, Mitglieder von Gemeinderegierungen entwederStadträte (in Stadtgemeinden) oderGemeindereferenten (in Landgemeinden).
InDänemark werden beigeordnete Richter als Assessor bezeichnet. Früher war dies die Bezeichnung für einen Richter am obersten Gericht.
In den Vereinigten Staaten werden Assistenten eines Rechtsanwaltes als Assessoren bezeichnet. Ferner ist ein Assessor ein gewählter oder ernannter Beamter auf Bezirksebene, der den Wert von Grundstücken, in der Regel zu Steuerzwecken, feststellt. Privat tätige Schätzer werden entweder alsappraiser oder in der Versicherungswirtschaft alsadjuster bezeichnet.
In Österreich wurden Militärbeamte imLeutnantsrang, wie Medikamenten- respektive Apotheker-, Kassen-, Verpflegungs- und Rechnungsakzessist, alsAkzessist benannt.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Akzeß. In:Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 1, Bibliographisches Institut, Leipzig/Wien 1905, S. 247f.
- Acceß. In:Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 1, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 77.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Thorsten Bludau:Gesetzentwurf zur Modernisierung des Niedersächsischen Beamtenrechts. In:NdsVBl Niedersächsische Verwaltungsblätter. Nr. 1, 2009, S. 1–6
- ↑Leipziger Kommentar zum StGB, § 132a Rn. 13
- ↑Karsten Uhde:Von Accesisten, Probatoren und Zahlmeistern. Bezeichnung für das Verwaltungspersonal inHessen-Kassel um 1800. In: Archivnachrichten 21/1 (2021), S. 40–44 (41).
- ↑Ludwig Moritz Peter von Rönne, Philipp Karl Ludwig Zorn:Das Staats-Recht der Preußischen Monarchie, zweite vermehrte und verbesserte Auflage, Bd. 2, Abteilung 1, Leipzig 1864, S. 364
- ↑(N.N.) Sellow:Rang und Gehalt in Justiz und Verwaltung In: Hans Delbrück (Hrsg.):Preußische Jahrbücher. Oktober bis Dezember 1894, Nr. 78. Hermann Walther Verlag, Berlin 1894, S. 118–13, hier: S. 125