Benedikt X.
Benedikt X., eigentlichJohannes (Mincius), auch alsGiovanni Mincio von Tusculum nach seinem Herkunftsort oderJohannes Mincius von Velletri nach seinem Bistum bezeichnet, († zwischen1073 und1085 inRom) war ein nachträglich als solcher eingestufterGegenpapst vom 5. April 1058 bis zum April 1060. Er ging dennoch in die Zählung der Päpste namens Benedikt ein.
Herkunft
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Benedikt gehörte der Familie der Grafen vonTusculum an, die im 11. Jahrhundert eine mitentscheidende Rolle in der stadtrömischen Politik spielte. Als sein Vater gilt Graf Guido von Tusculum, dessen Bruder der mehrfache PapstBenedikt IX. war, der am 23. Dezember 1046 auf einer Bischofssynode in Rom unter maßgeblicher Leitung von KönigHeinrich III. abgesetzt worden war; die Verwandtschaftsverhältnisse sind allerdings umstritten. Johannes warBischof vonVelletri, der seinem Herkunftsort nächstgelegenenDiözese, und wurde 1050 von PapstLeo IX. zumKardinal erhoben.
Papstwahl und Pontifikat
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Wenige Tage nach dem Tod vonPapstStephan IX. am 29. März 1058 wurde Johannes von Velletri von Gegnern derKirchenreform aus dem römischen Adel zum Papst erhoben, wobei seine Familie in Person von Gregor von Tusculum, Gerhard von Galeria und Ottaviano Crescenzi entscheidende Hilfestellung leistete und das römische Volk der Wahl zustimmte, weil es durch finanzielle Zuwendungen dazu bewogen worden sein soll. Seinen Papstnamen wählte er in Erinnerung an seinen älteren Bruder (bzw. Verwandten) Benedikt IX.
Die mittlerweile sehr starke Reformbewegung unter dem zuerst allerdings abwesenden Archidiakon Hildebrand, dem späteren PapstGregor VII., hatte sich aus Rom zurückgezogen; ihr geistiger Führer war der Kardinalbischof vonOstia,Petrus Damiani, von dessen Hand eine Schilderung der Wahl überliefert ist, in der ein massiver Vorwurf derSimonie erhoben wird. Die allgemeinen politischen Umstände nach dem Tode von Kaiser Heinrich III. im Oktober 1056 hatten zur damaligen unsicheren Situation des Papsttums beigetragen, weil die Regierung des jungenHeinrich IV. völlig ungefestigt war. Da sich Hildebrand im Frühjahr 1058 noch auf einer Gesandtschaftsreise in Deutschland aufhielt, soll Papst Stefan IX. angeordnet haben, es solle nach seinem Tode keine Papstwahl ohne dessen Anwesenheit stattfinden. Daher war es auch ein Vorwurf der Gegner Benedikts X., gegen diese Anordnung verstoßen zu haben. Immerhin scheint die Reformpartei im Zuge eines Treffens mit Heinrich IV. und seiner MutterAgnes zu Pfingsten inAugsburg deren Zustimmung zu einer Papstneuwahl erhalten zu haben.
Die reformfreudigen Kardinäle wählten am 6. Dezember 1058 in Siena den Bischof vonFlorenz, Gerhard vonBurgund, zum neuen PapstNikolaus II. Benedikt wurde im Januar 1059 von dieser Partei auf einerSynode in Sutri abgesetzt und exkommuniziert, obwohl er persönlich ein integrer Mann gewesen sein soll. Er floh aus Rom nach dessen Eroberung am 24. Januar und suchte zuerst Zuflucht in der Burg Passerano südlich vonTivoli und dann in dem nördlich Roms gelegenen OrteGaleria südlich des Lago diBracciano, wo einer seiner Verwandten eine Burg besaß.
Weil sich Nikolaus die Unterstützung des Markgrafen derToskana,Gottfrieds III. des Bärtigen, Herzog von Niederlothringen, und desnormannischen Fürsten vonCapua,Richard von Aversa, gesichert hatte, konnte Benedikt schließlich gefangen genommen werden. Er wurde auf der Lateransynode von April 1060 endgültig für abgesetzt und alle seine Dekrete, zum größten Teil Besitzbestätigungen für diverse Antragsteller, wurden für nichtig erklärt. Bei der Gelegenheit soll er zudem in einem förmlichen Akt der Papstgewänder entkleidet und seines priesterlichen Amtes für verlustig erklärt worden sein. Benedikt starb nach 1073 und vor 1085 imKlosterSant’Agnese fuori le mura in Rom. Er wurde während des Pontifikats von Gregor VII. mit päpstlichen Ehren dort bestattet.
Nikolaus II. erließ am 13. April 1059 auf einer Synode imLateran ein wichtiges Dekret über die Neufassung des Verfahrens zur Papstwahl, das alsPapstwahldekret bezeichnet wird. Damit sollte dem übermäßigen Eingreifen weltlicher Gruppen in den Ablauf der Wahl ein Riegel vorgeschoben werden.
Nachleben
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Obwohl Benedikt X. im Nachhinein als Gegenpapst eingestuft wurde, wurde seine Person in der offiziellen Liste der Päpste weiterhin als der zehnte Benedikt gezählt. Sein spätmittelalterlicher Nachfolger, der das Papstamt von 1303 bis 1304 erstmals wieder mit demPapstnamenBenedikt ausübte, nannte sich dannBenedikt XI.; und die späteren Träger dieses Papstnamens setzten diese Zählung bis hin zuBenedikt XVI. fort.
Die Gestalten der Tuskulanerpäpste Benedikt X. und seines Vorgängers Benedikt IX. waren in der mittelalterlichen Papstgeschichtsschreibung dermaßen negativ besetzt, dass sich lange Zeit kein Papst mehrBenedikt zu nennen wagte (Ähnliches gilt für den PapstnamenJohannes, der ebenfalls für die Tuskulaner stand und lange unbenutzt blieb).
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Hans-Georg Krause:Das Papstwahldekret von 1059 und seine Rolle im Investiturstreit. Rom 1960 (Studi Gregoriani VII).
- Ovidio Capitani:Benedetto X, antipapa. In:Dizionario Biografico degli Italiani 8, Rom 1966.
- Harald Zimmermann:Papstabsetzungen des Mittelalters, Graz (Böhlau) 1968. S. 139–147.
- Friedrich Wilhelm Bautz: BENEDIKT X.. In:Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage. Hamm 1990,ISBN 3-88309-013-1, Sp. 485 (Artikel/Artikelanfang im Internet-Archive).
- Tilmann Schmidt:Alexander II. (1061-1073) und die römische Reformgruppe seiner Zeit. Hiersemann, Stuttgart 1977,ISBN 3-7772-7704-5, S. 72–80.
- Rudolf Schieffer:Benedikt X. In:Lexikon des Mittelalters(LexMA).Band 1. Artemis & Winkler, München/Zürich 1980,ISBN 3-7608-8901-8,Sp. 1860.
- John N.D.Kelly:The Oxford Dictionary of Popes. Oxford/New York (Oxford University Press) 1986,ISBN 0-19-213964-9. S. 150–151.
- Ilari, Annibale:Benedetto X, antipapa, in: Niccolo del Re (Hrsg.):Mondo vaticano. Passato e presente, Vatikanstadt (Libreria Editrice Vaticana) 1995,ISBN 88-209-2003-4. S. 130–131.
- Ovidio Capitani:"Benedetto X, antipapa. In:Enciclopedia dei papi, Rom (Istituto della Enciclopedia Italiana) 2000, Band II, S. 168–171.
- Dieter Hägermann:Das Papsttum am Vorabend des Investiturstreits. Stephan IX., Benedikt X. und Nikolaus II. Päpste und Papsttum Band 136. Hiersemann Verlag, Stuttgart 2008
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Benedikt X. im Katalog derDeutschen Nationalbibliothek
- Mincius, Giovanni. In:Salvador Miranda:The Cardinals of the Holy Roman Church. (Website derFlorida International University, englisch), abgerufen am 21. Juli 2016.
Personendaten | |
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NAME | Benedikt X. |
ALTERNATIVNAMEN | Johannes Mincius (wirklicher Name); Giovanni Mincio von Tusculum; Johannes Mincius von Velletri |
KURZBESCHREIBUNG | Gegenpapst (5. April 1058 – April 1060) |
GEBURTSDATUM | 10. Jahrhundert oder 11. Jahrhundert |
STERBEDATUM | zwischen 1073 und 1085 |
STERBEORT | Rom |