DasBeamtentum bildet eine Gruppe desPersonalkörpers derAdministrative einesGemeinwesens. Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Tätigkeit vonBeamten unterscheiden sich deutlich von denen andererArbeitnehmer, auch denen derArbeitnehmer im öffentlichen Dienst: Der Beamte hat eine besondereTreuepflicht gegenüber seinemDienstherrn, der im Gegenzug im Rahmen derFürsorgepflicht während des aktiven Dienstes, bei Krankheit undInvalidität und imRuhestand für einen angemessenenLebensunterhalt des Beamten zu sorgen hat (Alimentationsprinzip). Aufgrund des besonderenTreueverhältnisses zwischen Dienstherrn und Beamten gehört dieser in der Regel (außer Beamte auf Zeit) lebenslang – also auch im Ruhestand – dem Beamtentum an.
Das WortBeamter (alsoein Beamter bzw.der Beamte) entstand als Substantivierung des veralteten verkürzten Partizipsbeamt, dessen ungekürzte Formbeamtet ist[1] und die „als Beamter bzw. Beamtin angestellt, tätig“ bedeuten.[2] (Das Verbbeamten ist schon lange veraltet und war immer sehr selten.) Im Duden ist die aktuelle Verwendung mitder Beamte/ein Beamter; des/eines Beamten, die Beamten/zwei Beamte dokumentiert.[1]
Die weibliche Form lautet nurdie Beamtin.[3] Die (analog zudie Angestellte gebildete) Formdie Beamte wird vom Duden als falsch bezeichnet und ist so selten, dass sie im Duden online überhaupt nicht erwähnt wird.[3][4] DWDS führt die Form hingegen auf, bezeichnet sie jedoch als „selten“.[5]
Bis in die Zeit derWeimarer Republik wurden in einzelnen Unternehmen der deutschen Industrie die mit Leitungs- und Verwaltungsfunktionen betrauten Gehaltsempfänger ebenfalls als „Beamte“ (AEG, Krupp) bzw. „Privatbeamte“ (Siemens & Halske) bezeichnet. Diese standen in einem besonderen Vertrauensverhältnis zur Firma und waren in ihren Rechten und Pflichten denen der Staatsbeamten angeglichen (siehe auch unterBeamtensiedlung Bliersheim oderGröba-Siedlung), blieben aber faktisch lediglich angestellt und zahlten auch in dieselben Sozialversicherungen ein wie Angestellte. Diese innerbetriebliche und Selbstbezeichnung war gesellschaftlich anerkannt, auch bei einigen Privatbanken und Versicherungen betonte man die wirtschaftliche (Macht)-Stellung ihrer Leitenden Angestellten durch die Bezeichnung „Bankbeamte“ bzw. „Versicherungsbeamte“. Die Bezeichnung „Angestellter“ setzte sich erst in den 1890er Jahren durch, die Bezeichnungen als Beamte hielten sich teils noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg.[6]
Die Ursprünge des Beamtentums liegen im Beginn der Entwicklung desStaatswesens. ImAlten Ägypten, den orientalischen Staaten, im Indien desAltertums, imKaiserreich China und imRömischen Reich gab es bereits Beamte. Sie waren einemabsoluten Herrscher verpflichtet, der sich im Gegenzug für ihre unbedingte Treue verpflichtete, für ihren lebenslangenUnterhalt zu sorgen. Ein wesentliches Merkmal auch des modernen Beamtentums wurde damit wohl bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. entwickelt. Als ein weiteres prägendes Merkmal ist diehierarchische Ordnung des Beamtentums zu nennen, die sich bis heute weitgehend erhalten hat. Nur imantiken Griechenland war bereits die heute verbreitete Verpflichtung der Beamten auf Staat und Gesetz bekannt.
In der Zeit derrömischen Republik können hinsichtlich der staatlichen Entscheidungsgremien drei Bereiche unterschieden werden:
Die römischen Beschlussorgane und die Exekutive bildeten im Kern der Senat und die Magistrate. Beide Institutionen bildeten den Drehpunkt der staatlichen Ordnung. Dabei stellte die Volksversammlung ein hauptsächlich legislatives und zur Beamtenwahl bestimmendes Organ dar.[8] Die Mitglieder der Magistraturen waren allesamt Ehrenämter und folglich ohne Besoldung. Daraus ergab sich, dass die Beamten der Nobilität oder den anderen wohlhabenden Schichten (Eques) angehörten.
Mit dem Ende der Republik und dem Beginn desPrinzipats als Staatsform – sie stellte einen Ausgleich zwischen republikanischer Tradition und den monarchistischen Tendenzen dar, wobei jedoch die reale Macht an der Spitze gebündelt wurde und die anderen staatlichen Gremien weitgehend entmachtet wurden – stand derPrincep bzw.Kaiser, derautokratisch mittels seinerAmtsgewalt und erweiterten Befugnissen das politische und alltäglich gesellschaftliche Handeln bestimmte. Das formal weiterbestehende republikanische System stellte lediglich eine Fassade zur Akzeptanz der neuen Ordnung dar.[9] Die Macht des Kaisers bei der Ernennung von Beamten bzw. der staatlichen Lenkung blieb bestehen und wurde bis in dieSpätantike ausgebaut, wobei das politische Tagesgeschäft vom Verwaltungsapparat erledigt wurde.
Als Vorläufer der Beamten nach heutigem Verständnis können etwa dieMinisterialen imdeutschen Reich desHochmittelalters gelten. Diese unfreien Amtsträger erlangten unter der Herrschaft derSalier neben adeligen Höflingen vermehrt Bedeutung in der Durchsetzung der dieses Königshaus kennzeichnenden strammen Königsmachtpolitik.
Der staufische KaiserFriedrich II. verfügte für dasKönigreich Sizilien 1231 dieKonstitutionen von Melfi und schuf damit eine Form der staatlichen Verwaltung, wie sie im damaligen Europa beispiellos war. So wurderegnum sicilum zunehmend auf eine weltliche Organisation gestützt, deren Beamte bei guter Besoldung und geregelter Altersversorgung (Abschaffung desPanisbriefs alsAlmosen), einer umfassenden Kontrolle und besonderenGehorsamspflichten unterworfen waren. Davor dienten imFeudalismus traditionell meist lokaleKleriker als höhere Beamte demReisekönigtum, was in den betreffenden Ländern bis heute in den Titeln der höchsten Beamten im Staat (Kanzler, Minister, …) erhalten geblieben ist.
Der preußische SoldatenkönigFriedrich Wilhelm I. formalisierte die Ausbildung und gilt als „Vater des Berufsbeamtentums“. Seinaufgeklärt-absolutistischer SohnFriedrich II. (der Große) war es dann, der dasGemeinwohl zum Primärziel erhob und sich selbst als ersten Diener des Staates sah. Er führte den Ausbau des Berufsbeamtentums fort. Die Beamten waren zunächst eine kleine Revolutionstruppe des Monarchen. Sie lösten einen vielfach korrupten und inkompetentenLandadel ab. Zu diesem Zwecke kämpften sie gegen die geburtsständischen Vorrechte desDienstadels, bei dem zum Beispiel der Titel „von“ die Qualifikation ersetzen sollte. An die Stelle des aristokratischen Dünkels setzten die Beamten das bürgerlicheLeistungsprinzip.
Doch erst seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts ist das europäische Beamtentum dem Staat und dem Gesetz verpflichtet. Wesentlich für die Entstehung des modernen Beamtentums waren die Auswirkungen derFranzösischen Revolution. So sprach erstmals das 1794 erlassene „Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten (ALR)“ auch in juristischer Form von „Dienern des Staates“ – und nicht mehr desLandesherrn – und regelte Anstellung und Entlassung. Hierbei wurden auch diehergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums fundamentiert. Die übrigen deutschen Länder folgten dieser Entwicklung alsbald. So fügte dasGroßherzogtum Baden 1818 seiner neuen Verfassung ein „Dieneredikt“ an, das die Unwiderruflichkeit der Anstellung aussprach und eine Entlassung wegenDienstvergehens nur aufgrund richterlichen Erkenntnisses zuließ.
Das Wort „Beamter“ hat sich dann erst im Lauf des 19. Jahrhunderts allmählich eingebürgert. Denn er galt zunächst nur für die preußischen Domänenpächter, während die Zivilbeamten „königliche Diener“ hießen. Auch von landesherrlichen „Dienern“ war noch lange die Rede. Den späteren Beamtengesetzen gingen Dieneredikte voraus undPersonalakten wurden teilweise noch bis ins 20. Jahrhundert hinein „Dienerakten“ genannt. Somit war der Begriff „Diener“ lange sehr verbreitet, woraus die noch heute zumeist umgangssprachlich verwendete Bezeichnung „Staatsdiener“ resultierte.
Die Ausbildung und das Wesen des Beamtentums charakterisierteGeorg Friedrich Knapp in einer Rede am 1. Mai 1891 wie folgt: „Es muss Gelehrte geben, die den Leitern des Staates den geschichtlichen Zusammenhang der Dinge nachweisen, damit sie, die Beamten nicht von den landläufigen Meinungen überwältigt werden.“ „Unsere Beamten […] werden sich nicht mehr das Heft aus der Hand nehmen lassen, auch von parlamentarischen Mehrheiten nicht, die wir ja meisterhaft zu behandeln wissen. Keine Herrschaft wird so leicht ertragen, ja so dankbar empfunden, wie die Herrschaft hochsinniger und hochgebildeter Beamten. Der deutsche Staat ist ein Beamtenstaat – hoffen wir, daß er in diesem Sinne ein Beamtenstaat bleibt.“[10]
Anfang des 20. Jahrhunderts und auch in derWeimarer Republik hatte das deutsche Beamtentum überwiegend einekonservative Grundhaltung. DieStaatsumwälzung vom November 1918 wurde – auch in den Lehrbüchern für Beamte – skeptisch und als Faktum betrachtet, aber nicht innerlich akzeptiert.[11] DerStaatsapparat fühlte sich hauptsächlich dem Staat selbst verpflichtet, viel weniger derdemokratischen Gesellschaft oder demParlamentarismus.
In derWeimarer Reichsverfassung (WRV) waren im Artikel 129 die Grundlagen des Berufsbeamtentums festgelegt. Lehrer an öffentlichen Schulen waren Staatsbeamte (Art. 143 WRV). Die Endphase der Weimarer Republik unter Reichskanzler Brüning war durch eine strikteAusteritäts- undDeflationspolitik geprägt. Auf der Basis von gemäß Art. 48 WRV erlassenenNotverordnungen wurden im öffentlichen Dienst nominelle Einkommenssenkungen von 18 – 23 % durchgeführt [S. 155]. Auch dieRuhegehälter der Beamten wurden gesenkt. Die Betroffenen sahen die Herabsetzung als Eingriffe in die in Art 129 WRV geschützten `wohlerworbenen Rechte´ der Beamten [S. 160].[12]
Unter der Herrschaft des Nationalsozialismus wurden die Beamtenverhältnisse umgestaltet zu einer unbedingten Bindung an die Person Adolf Hitlers, auf den auch vorhandene Beamte einenFührereid ablegen mussten,[13] sowie zu einem Treueverhältnis zur nationalsozialistischen Bewegung,[14] weshalb sie am 8. Mai 1945 erloschen.[15]
Bereits 1933 waren mit demGesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums alle jüdischen Beamten, die nicht vomFrontkämpferprivileg profitieren konnten, sowie politisch missliebige Beamte ihres Amtes enthoben worden. Alle im Beamtenstatus befindlichen Personen mussten von nun an den sogenanntenAriernachweis erbringen, der belegen sollte, dass der Beamte bis zurück zu den Großeltern keine Vorfahren jüdischer Religionszugehörigkeit hatte.
In derZeit des Nationalsozialismus wirkte die herrschende Staatstreue regimeerhaltend, da auch verbrecherische Maßnahmen, wenn sie nurformaljuristisch korrekt waren, von der überwiegenden Mehrzahl der ausführenden Beamten mit getragen oder zumindest geduldet wurden.Robert d’Harcourt, der diese Vorgänge im Auftrag derAlliierten untersuchte, stellte dazu fest: „Das deutsche Beamtentum arbeitet mit beneidenswerterEffizienz, allerdings im Unrecht genauso wie im Recht. Es hat nichts anderes gelernt, als sich einfach einem Räderwerk gleich zu drehen.“
Artikel 33 des Grundgesetzes (GG) garantiert das Berufsbeamtentum als Einrichtung. Zwingend ist das Beamtenverhältnis aber nur in derHoheitsverwaltung und dort als Regelfall. Ansonsten ist der Einsatz den öffentlichen Dienstherren freigestellt und politisch zu entscheiden. Das gilt auch für die Lehrer an öffentlichen Schulen, für die vormals die WRV zwingend das Beamtenverhältnis vorgeschrieben hatte. In Bayern haben allerdings immer noch nachArt. 133 der Verfassung die „Lehrer an öffentlichen Schulen (...) grundsätzlich die Rechte und Pflichten der Staatsbeamten“. Das Beamtenrecht muss durch Gesetz geregelt werden, wobei diehergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zuberücksichtigen, aber nicht unter allen Umständen zubeachten sind.[16] Dem Gesetzgeber verbleibt ein weiter Raum zur Fortentwicklung des Beamtenrechts.[17][18] Einen „Schutz wohlerworbener Rechte“, den die WRV enthielt, kennt das GG nicht.
Das Bundesverfassungsgericht folgert aus Artikel 33 GG, dass das Berufsbeamtentum eine Institution sei „die, gegründet auf Sachwissen, fachliche Leistung und loyale Pflichterfüllung eine stabile Verwaltung sichern und damit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kräften darstellen soll.“[17]
Die Rechtsverhältnisse der ehemaligen Beamten wurden im Jahr 1951 durch dasGesetz zu Artikel 131 des Grundgesetzes geregelt. Es gewährte keinen individuellen Anspruch auf Wiederverwendung, verpflichtete aber die öffentlichen Dienstherren, ehemalige Beamte vorrangig auf 20 Prozent der Planstellen unterzubringen. In der Praxis wurden auch höhere Anteile erreicht.[19] Ausschlusstatbestände wirkten nur begrenzt. Verfassungsbeschwerden ehemaliger Beamter, die weitergehende Ansprüche stellen und dafür den Fortbestand ihrer erloschenen Beamtenverhältnisse behaupten wollten, wies das Bundesverfassungsgericht zurück.[15]
In derSBZ und in derDDR gab es keinen Beamtenstatus, sondern in vergleichbarer Funktion ausschließlich Staatsangestellte. Einige der vormaligen Amtsbezeichnungen existierten jedoch als Ehrentitel weiter, die bei besonderen Verdiensten verliehen wurden, wie z. B.Medizinalrat,Studienrat oderOberstudienrat.
Nach einerPrivatisierung können bei den jeweiligen Nachfolgeunternehmen (zum Beispiel derBundesanstalt für Flugsicherung, derDeutschen Bundespost und derDeutschen Bundesbahn) keine Beamten mehr neu eingestellt werden. Jedoch können Beamte, die bei den Behörden tätig waren, dort verbleiben. Auch können dort arbeitende Beamte in das Angestelltenverhältnis wechseln, insbesondere im Rahmen der sogenanntenInsichbeurlaubung.
Außerdem gibt es die Möglichkeit, Beamten vorübergehend oder dauerhaft eine Tätigkeit bei einem privatrechtlichen Arbeitgeberzuzuweisen (§ 29Bundesbeamtengesetz (BBG),§ 20Beamtenstatusgesetz,§ 4 Abs. 4Postpersonalrechtsgesetz). Hier fehlte aber früher eine Regelung zur Vertretung dieser Beschäftigten im Rahmen desBetriebsverfassungsgesetzes durch einenBetriebsrat, da diese Personen dort kein Wahlrecht besaßen (BAG-Beschluss vom 28. März 2001 – 7 ABR 21/00). Durch Gesetz vom 29. Juli 2009 wurde § 5 Abs. 1 BetrVG um einen Satz 3 erweitert, der folgende Fassung hat: „Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte, Soldaten sowie Arbeitnehmer desöffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrerBerufsausbildung Beschäftigten, die in Betriebenprivatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.“
Der Bund hat gemäßArt. 74 Absatz 1 Nummer 27 GG diekonkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit für die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern und davon mit dem Beamtenstatusgesetz Gebrauch gemacht. Die Zuständigkeit für das Besoldungs- und Versorgungsrecht der Landesbeamten hatte der Bund durch Grundgesetzänderungen in den Jahren 1971[20] und 2006[21] zuerst erlangt und dann wieder verloren. Eine unbegrenzte Auseinanderentwicklung der Bezüge im Bund und in den Ländern wird dadurch aber nicht gedeckt. Das Bundesverfassungsgericht hat eine mehrstufige Prüfung entwickelt, um im Streitfall festzustellen, ob der Gesetzgeber seinen „weiten Entscheidungsspielraum“ bei der Bemessung von Besoldung und Versorgung offensichtlich überschritten und den hergebrachten Grundsatz des amtsangemessenen Unterhalts verletzt hat. Quervergleiche zwischen den Besoldungsregelungen des Bundes und anderer Länder sind dabei einer von fünf Parametern, aus denen sich ein derartiges Indiz ergeben kann.[22]