Basisdemokratie

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DieBasisdemokratie ist eine begrifflich nur als „diffuser Sammelbegriff“[1] definierte Form derdirekten Demokratie. Sie kommt in den meisten basisdemokratischen Konzepten im Gegensatz zurrepräsentativen Demokratie ohneRepräsentanten aus, da alle relevanten Entscheidungen von den Betroffenen selbst durch „unmittelbare Beteiligung“[1] getroffen werden, entweder durch Abstimmung oderdirekte Aktion. Sofern es in manchen Konzepten Amtsträger gibt, sollen diese unter dem Vorbehalt derständigen Abwahlmöglichkeit stehen.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

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Basisdemokratie ist ein kontinuierlicher Prozess zur Willensbildung (Bildung,Information undDiskurs) undEntscheidungsfindung imKonsens-Verfahren (inklusive vorgeschalteter Willensbildung und Behandlung von Widerständen) einer betroffenenGruppe.

Populär wurde der Begriff im Umfeld vonBürgerinitiativen undNeuen Sozialen Bewegungen als basisorientierte Alternative zur repräsentativen Demokratie. Ziel ist in der Tendenz, die Trennung zwischen Regierenden und Regierten aufzuheben und durch umfassende direkte Partizipation an Willensbildungsprozessen zugunsten eines als erkennbar betrachteten Gemeinwillens (siehevolonté générale) zu ersetzen.[2] In diesem Sinne greift die Basisdemokratie auf ältere Vorläufer wie die AusführungenRosa Luxemburgs zur Spontanität der Massen und Konzepte derRätedemokratie zurück.[3]

Eine der grundsätzlichen Schwierigkeiten liegt darin, genau einzugrenzen, wer zur partizipationsberechtigten Basis gehören soll und wer nicht.[1] Gesehen wird ebenso ein erhöhter Schwierigkeitsgrad bei Konsenserreichung und damit auch bei der Entscheidungsfindung.[4] Außerdem gibt es die Befürchtung, dass die Basisdemokratie konfliktfähige Gruppen gegenüber schwächeren Gruppen innerhalb der Basis strukturell bevorzuge.[4] Verschiedene Konzepte der Basisdemokratie sindTeilhabe undPartizipation.

Die zunehmende Verbreitung vonInternetzugängen ermöglicht es theoretisch, basisdemokratische Abstimmungenonline imNetz durchzuführen. Durch sogenannteI-Votings könntenEntscheidungen schnell getroffen und ausgewertet werden.

Deutschland

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Seit Mitte der 1970er sind basisdemokratische Organisationsformen wie dasBezugsgruppenmodell und die Entscheidungsfindung imKonsens-Verfahren[5] wichtige Merkmale vonGewaltfreien Aktionen derGraswurzelbewegung und anderen NeuenSozialen Bewegungen.

EinePartei Deutschlands, die sich in ihrer Gründungsphase explizit zur Basisdemokratie bekannte, sind dieGrünen.[6] Die Wahlerfolge in den späten 1980ern sowie vor allem der Zusammenschluss mit denOst-Grünen und verschiedenen Bürgerrechtsbewegungen, die inBündnis 90 aufgingen, führte jedoch zu einer zunehmenden Professionalisierung und Personalisierung der Grünen, die dadurch nach und nach Teile ihrerGrundsätze, die einerHierarchisierung entgegenstanden, aufgaben.[7] Hinzu kam auch, dass eine feste Führungsspitze aufgrund derMedienwirksamkeit von der breitenBevölkerung eher angenommen wurde als ständig wechselnde Personen, die letztendlich außerhalb der Partei kaum bekannt waren.[8]

Rezeption

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Weil sich das Reinkonzept der identitären Demokratie – dem die Basisdemokratie zugeordnet wird – gegen diekonstitutionelle Verlagerung der Macht von der Masse des Volkes hin zu abstrakten Regeln folgendenInstitutionen richtet, bleibt nach kritischer Meinung fraglich, wie in einer reinen Basisdemokratie die Rechte des Einzelnen (Individualrecht; Mindermeinung, Partikularinteressen) vor dem Zugriff der jeweiligen Mehrheit geschützt werden könnten. Der von der Mehrheit erreichte institutionelleKonsens könnte die die Individualrechte schützenden Gesetze im Prinzip jederzeit abschaffen bzw. ganz ohne Gesetze regieren.

In der bundesdeutschenrepräsentativen Demokratie ist imGrundgesetz ein Verfassungskern vonGrundrechten undrechtsstaatlichen Prinzipien wie dem derGewaltenteilung als vor Veränderung oder gar Aufhebung geschützt festgelegt und könnte nur durch Totalersetzung der Verfassung oder einen Umsturz angetastet werden (sieheEwigkeitsklausel).

Dem Gedanken der Basisdemokratie in seiner Reinform wird aufgrund seiner theoretisch unbegrenzten Zugriffsmacht gegenüber dem Einzelnen deshalb teilweise auch ein potentielltotalitäres Politikverständnis vorgeworfen (sieheCarl Joachim Friedrich), wobei dieser Vorwurf allerdings nicht dazu benutzt werden dürfe, jede Form direktdemokratischer Partizipation zu diffamieren.[9]

Weblinks

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Wiktionary: Basisdemokratie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. abcPetra Bendel:Basisdemokratie. In:Dieter Nohlen,Rainer-Olaf Schultze (Hrsg.):Lexikon der Politikwissenschaft, Band 1:A–M. C.H. Beck, München 2005, S. 63.
  2. Petra Bendel:Basisdemokratie. In: Dieter Nohlen (Hrsg.):Lexikon der Politik. Band 7:Politische Begriffe. C.H. Beck, München 1998, S. 66.Peter Lösche:Direkte Demokratie. In: Dieter Nohlen (Hrsg.), ebda., S. 130.
  3. Ottokar Luban:Rosa Luxemburgs basisdemokratische Sozialismus-Konzeption. In:Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Heft II/2006.Reiner Zilkenat:Historische Forschungen zur Revolution 1918/19 und ihre Rezeption in der Zeit der außerparlamentarischen Opposition.workerscontrol.net.
  4. abPetra Bendel:Basisdemokratie. In: Dieter Nohlen (Hrsg.):Lexikon der Politik. Band 7:Politische Begriffe. C.H. Beck, München 1995, S. 8051.
  5. Wolfgang Hertle: Larzac, Wyhl, Brokdorf, Seabrook, Gorleben... Grenzüberschreitende Lernprozesse Zivilen Ungehorsams. In: Reader „Ziviler Ungehorsam – Traditionen Konzepte Erfahrungen Perspektiven“. Komitee für Grundrechte und Demokratie, Sensbachtal, 1992, abgerufen am 28. Februar 2021. 
  6. Archivlink (Memento vom 6. November 2011 imInternet Archive)
  7. socio.ch
  8. vgl. dazu insgesamt:Dieter Salomon:Grüne Theorie und graue Wirklichkeit: die GRÜNEN und die Basisdemokratie. Arnold-Bergstraesser-Institut, Freiburg im Breisgau 1992.
  9. Rainer-Olaf Schultze:Identitäre Demokratie. In: Dieter Nohlen, Rainer-Olaf Schultze (Hrsg.):Lexikon der Politikwissenschaft. Band 1:A–M. C.H. Beck, München 2005, S. 359.
Normdaten (Sachbegriff):GND:4271257-9(lobid,OGND,AKS)
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