Baryt kristallisiert imorthorhombischen Kristallsystem und entwickelt meist gut ausgebildete, tafelige bis prismatischeKristalle bis etwa 85 cm Größe mit einem harz- bis glasähnlichenGlanz auf den Oberflächen. Er findet sich aber auch in Form von kamm- bis rosettenförmigen Kristall- sowie faserigen, stalaktitischen, körnig-erdigen oder massig-derbenMineral-Aggregaten.
In reiner Form ist Baryt farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund vonGitterfehlern oderpolykristalliner Ausbildung kann er aber auch durchscheinend weiß sein und durchFremdbeimengungen eine graue, gelbliche, bräunliche, rötliche, grünliche oder bläuliche Farbe annehmen, wobei die Transparenz entsprechend abnimmt.
Baryt wurde nachaltgriechischβαρύςbarýs, deutsch‚schwer‘, benannt aufgrund seiner für ein Mineral relativ hohenDichte von 4,5 g/cm³. Auch die Bezeichnung weist auf diese Eigenschaft hin.
Baryt war alsSchwerspat bereits im18. Jahrhundert in derBergmannsprache verbreitet, wurde allerdings für eine schwere Art von Gips angesehen. So ordnet auchAxel Frederic Cronstedt (1722–1765) denSchwerspat als „Gipsspat“ beziehungsweise „Schwerer Spat“ als Marmor metallicum (schwedischTungspat) ein. Die chemische Zusammensetzung konnte erst 1774 unabhängig voneinander durchCarl Wilhelm Scheele undJohan Gottlieb Gahn ermittelt werden. Die chemische Verbindung wurde zu dieser Zeit unter verschiedenen Bezeichnungen bekannt wie unter anderemterra ponderosa (Schwererde) nachTorbern Olof Bergmann (1735–1784) undbaryte in Frankreich.[8]
Den bis heute gültigen Namen Baryt für das Mineral prägte um 1800Dietrich Ludwig Gustav Karsten in der von ihm verfassten, ersten Edition derMineralogischen Tabellen (Berlin, 1800).[9]
Baryt war bereits lange vor der Gründung derInternational Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt. Damit hätte Baryt theoretisch den Status einesgrandfathered Mineral. In der 1971 erfolgten Publikation der IMA:Commission on new minerals and mineral names wurde allerdings die Schreibweise Baryt (englischBaryte) als einzig international gültige festgelegt und die anderen Bezeichnungen wie Barit(e), Barytin(e), Barytit(e) oder Schwerspat(h) als Synonyme diskreditiert.[10] Da dies automatisch eine nachträgliche Ankerkennung für den Baryt bedeutete, wird das Mineral seitdem in der „Liste der Minerale und Mineralnamen“ der IMA unter der Summenanerkennung „1971 s.p.“ (special procedure) geführt.[1]
In der zuletzt 2018 überarbeitetenLapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik vonKarl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und MineralnummerVI/A.09-020. Dies entspricht ebenfalls der Abteilung„Wasserfreie Sulfate [SO4]2−, ohne fremde Anionen“, wo Baryt zusammen mit Anglesit, Coelestin undHashemit die „Barytgruppe“ mit der SystemnummerVI/A.09 bildet.[6]
In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichenSystematik der Minerale nach Dana hat Baryt die System- und Mineralnummer28.03.01.01. Das entspricht der Klasse der „Sulfate, Chromate und Molybdate“ und dort der Abteilung „Sulfate“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie Säuren und Sulfate (A2+)XO4“ in der„Barytgruppe“, in der auch Coelestin und Anglesit eingeordnet sind.
Der Anionenkomplex [SO4]2− bildet dabei einen leicht verzerrtenTetraeder mitSchwefel im Mittelpunkt undSauerstoff an den vier Ecken. Innerhalb des Anionenkomplexes herrschtkovalente Bindung, zwischen dem Barium2+-Ion und den jeweils 12 umgebenden Sauerstoffionen dagegenIonenbindung.
Baryt ist in Wasser nahezu unlöslich und deshalb im Gegensatz zu anderen Bariumverbindungen nicht giftig. Es ist auch chemisch recht beständig und löst sich selbst in heißer, konzentrierterSchwefelsäure nur langsam. Beim Erhitzen neigt das Mineral zur Rissbildung und erzeugt eine gelbgrüne Flammfärbung.
Unter Anregung mit UV-Licht zeigen einige Baryte eine gelbliche, orange oder rosafarbene Fluoreszenz. Hervorgerufen wird diese Emission durch Verunreinigungen mit Elementen wie Mangan oder Chrom. Gelegentlich kann auchPhosphoreszenz beobachtet werden, was auf Defektstellen im Kristallgitter zurückzuführen ist.
Radiobaryt enthält geringe Anteile vonRadium im Promillebereich, die das Barium in der Struktur teilweise ersetzen. Abhängig vom Radiumgehalt kann es das Mineral mit der stärksten natürlichen Radioaktivität sein: In einer Einzelprobe wurden 31,8 MBq/g nachgewiesen. Baryte mit mehr als 70 Bq/g werden im Allgemeinen bereits als Radiobaryte angesprochen.[12]
In wüstenhaftem Klima entstehen als besondere Wachstumsform, bei der zwischen den tafeligen Kristallen Sandkörner eingeschlossen werden, die sogenanntenBarytrosen. Diese ähneln denSandrosen und werden unter ähnlichen Bedingungen gebildet.
AlsHokutolith wird einebleihaltige und gelegentlich auchradiumhaltige Baryt-Varietät bezeichnet.
Die bedeutendsten Lagerstättentypen sindSEDEX-Lagerstätten. Da Bariumsulfat nur sehr schwer löslich ist, findet eine Ausfällung des Minerals häufig an Orten statt, an denen sich barium- und sulfatreiche Lösungen mischen. So bilden sich die submarinen SEDEX-Lagerstätten bei der Mischung aufsteigender bariumreicher Hydrothermallösungen mit sulfathaltigem Meerwasser. Dieser Lagerstättentyp kann einige Millionen bis Milliarden Tonnen Baryt enthalten, die oftmals, aber nicht immer, mit Pb-Zn-Ag-haltigen Massivsulfiden vergesellschaftet sind. Beispiele sind die Lagerstätten in derBrooks Range inAlaska mit etwa zwei Milliarden Tonnen Baryt,[13] der Nevada-Barytgürtel in den USA oder die Lagerstätten Meggen undRammelsberg in Deutschland (beide stillgelegt).
Ganglagerstätten bilden sich auf Spalten in verschiedensten Gesteinen. Die Gänge können mehrere Meter mächtig werden und einige Millionen Tonnen Baryt enthalten. Oftmals kommen auf den Gängen neben Baryt auchFluorit,Quarz,Calcit und verschiedeneSulfide vor.
Die LagerstätteGehren beiIlmenau imThüringer Wald wurde von 2005 bis 2008[15] erschlossen, lag dann lange mangels Absatz still[16] und wird seit 2022 für den Abbau vorbereitet[17].
Die Hauptverwendung für Baryt ist in derTiefbohrtechnik als Zusatz fürBohrspülungen. Der Grund hierfür ist die hohe Dichte des Baryts, mit dem ein hoherSchweredruck in der Flüssigkeit erzielt wird, der das Bohrloch stabilisiert und es ermöglicht, das durch denBohrmeißel zerkleinerte Gestein an die Erdoberfläche zu transportieren.
Des Weiteren wird Baryt zur Herstellung von weißenPigmenten wieLithopone[26][27] und vonfotografischen Papieren verwendet und ist selbst auch imColour Index unter C.I. Pigment White 22 und C.I. 77120 gelistet. Es ist ebenso Bestandteil vonSchwerbeton wie von Kontrastmitteln beiRöntgenuntersuchungen des Magens. Baryt wird außerdem als Rohstoff zur Gewinnung von Barium abgebaut.
In der Automobilindustrie wird Baryt Kunststoffen und Dämmmatten beigemischt, um die Schalldurchlässigkeit zu vermindern.
AlsSchmuckstein wird Baryt nur selten verwendet, da er zu weich (Mohs-Härte 3 bis 3,5) und empfindlich (vollkommene Spaltbarkeit) ist. Er wird von Sammlern bevorzugt in Form eines facettierten Achtecks geschliffen.[28]
Als Zuschlagsstoff wird Schwerspat benutzt, um die Strahlendurchlässigkeit von Beton zu vermindern (Barytbeton). Einsatzgebiet sind beispielsweise Wände in Röntgenräumen im Krankenhaus oder Behandlungsräume in der Strahlentherapie.
Martin Okrusch, Siegfried Matthes:Mineralogie: Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7. Auflage. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 2005,ISBN 3-540-23812-3,S.70.
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↑Johann C. Leuchs:Polytechnisches Wörterbuch, oder Erklärung der in der Chemie, Physik, Mechanik, Technologie, Fabrikwissenschaft, in den Gewerben [et]c. gebräuchlichen Wörter und Ausdrüke. 2. Auflage. Verlag von C. Leuchs & Comp., Nürnberg 1835,S.22 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
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↑abcdefBaryte. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 11. Dezember 2022 (englisch).
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