Baltikum

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Grafikkarte von Europa mit den blau markierten Staaten Estland, Lettland und Litauen.
Lage des Baltikums in Europa – mit den drei baltischen Staaten:Estland,Lettland undLitauen (von Nord nach Süd)

DasBaltikum (lateinischBalticum) ist ein Gebiet inEuropa, zu dem heute die StaatenEstland,Lettland undLitauen gerechnet werden. Diesebaltischen Staaten haben insgesamt eine Bevölkerung von etwa sechs Millionen Menschen auf einer Fläche von etwa 175.000 km². An das Baltikum grenzen östlichRussland,Belarus, südlichPolen und die russischeExklave desKaliningrader Gebiets sowie westlich und nördlich dieOstsee bzw. derFinnische Meerbusen.

Die geographische Zuordnung des Baltikums innerhalb Europas ist umstritten und wird neben geographischen Faktoren auch von historisch-kulturellen und politischen Aspekten beeinflusst.So wird das Baltikum sowohlNordeuropa[1] als auchMitteleuropa,[2]Osteuropa[3] undNordosteuropa zugeordnet.[4]

Der geographische LandschaftsbegriffBaltikum fand im 19. Jahrhundert Eingang in die deutschsprachige Fachliteratur.[5]

Inhaltsverzeichnis

Begriff

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Der BegriffBaltikum erscheint in der Endphase desErsten Weltkriegs als Sammelbezeichnung für das deutsche Okkupationsgebiet auf den Territorien derOstseegouvernements desRussischen Reiches und etwa desGouvernements Kowno. Er ist von der Selbstbezeichnung „Balten“ derDeutsch-Balten abgeleitet, aus denen in den Ostseegouvernements des Russischen Reiches die Führungsschicht bestand. Heute bezeichnen sich die Bewohner der drei Staaten häufig gemeinsam als Balten.[6]

Farbige Zeichnung von einer alten Landkarte mit geographischen Markierungen und Beschriftungen. Auf dem Meer sind Schiffe gemalt und die Grenzen sind mit verschiedenen Farben betont. Am linken unteren Rand befindet sich eine wappenähnliche Verzierung mit dem lateinischen Titel. Darunter ist die Legende für den Maßstab aufgelistet, der sich als Bilderrahmen um die gesamte Karte legt.
Neue Karte Livlands(Livoniae) mit Teil der Ostsee(Pars Maris Baltici)
Karte vonJohannes Janssonius, 1642

Benannt ist das Baltikum nach dermittellateinischen Bezeichnung für die Ostsee alsmare balticum, das „Baltische Meer“.[7] Diese Bezeichnung war seit dem 11. Jahrhundert in Gebrauch und tauchte zuerst beiAdam von Bremen auf.[8] Die Verwendung vonmare balticum ist zurückzuführen auf den Namen einer großen Insel mit reichenBernsteinvorkommen im nördlichen Europa, die derantikerömischeGelehrtePlinius der Ältere alsBaltia oderBalcia, eigentlich vermutlichAbalcia,[9] erwähnt und die imMittelalter mit derpreußischen Küste identifiziert wurde. An anderer Stelle notiert Plinius,Balcia sei identisch mit der vonPytheas von Massilia entdeckten InselBasilia und nur ein anderer Name für die NordseeinselAbalus,[8] bei der es sich umHelgoland handeln könnte. Eine andere These lokalisiertBaltia als diedänischen OstseeinselnFünen oderSeeland (eine oder beide).[10]

Dieetymologische Herkunft des WortesBaltia ist hingegen unklar. Einerseits wird ein Zusammenhang mit demdänischenBælt („Gürtel“) als ursprünglicher Begriff für die MeerengenSkagerrak undKattegat angenommen,[11] andererseits auf dieBalten, das heißt die „Weißen“, als Beschreibung der nichtslawischen Anrainer der Ostsee verwiesen.[12]In seinem BuchDie Deutschen und die Nachbarstämme vertrittJohann Kaspar Zeuß die Ansicht, dass der Name der InselBaltia bei Plinius „weiß“ bedeute und aus der Sprache derÄstier (einem alten Namen für die Balten)[13] stamme.[14]Das Wort „weiß“ lautet in allenbaltischen Sprachen ähnlich, kurischbalt, prußischbaltan, lettischbalts, litauischbaltas. Unter den Sprechern dieser Sprachen waren dieKuren und diePrußen ursprüngliche Anrainer der Ostsee. In deren Sprachen bedeutetmar / mare / marri das Wort fürHaff.

Der Begriff „Baltikum“ bezeichnet im eigentlichen Sinne die geographische Region, die von den Staaten Estland, Lettland und Litauen eingenommen wird. Der Begriff der „baltischen Staaten“ bezeichnet dagegen die politischen Entitäten von Estland, Lettland und Litauen als Gruppe. In der Umgangssprache werden die beiden Begriffe allerdings zumeist synonym verwendet. Keinesfalls deckungsgleich mit der geografischen oder politischen Definition des Baltikums sind die Sprachen. Während dasLitauische und dasLettische zum baltischen Zweig derIndogermanischen Sprachen gehören, zählen dasEstnische und weitere teils vom Aussterben bedrohte Sprachen des Nordbaltikums zu denFinno-Ugrischen Sprachen.

Bevölkerung

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Minderheiten

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Die größte Minderheit stellen in Estland und Lettland mit über 25 % dieRussen dar, gefolgt von kleinen Anteilen vonBelarussen undUkrainern. In Litauen dagegen ist mit über 6 % diepolnische Minderheit etwas größer als die russische.

Sprachen

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In Litauen und Lettland werden mitLitauisch undLettisch zweiindogermanische Sprachen gesprochen, die wegen ihrer nahen Verwandtschaft alsbaltische Sprachen zusammengefasst werden. Dagegen gehört dasEstnische in Estland mit dem nah verwandten Finnischen zur ostseefinnischen Untergruppe derfinno-ugrischen Sprachen.

Russen sind seit dem 9. Jahrhundert als Minderheit im östlichen Teil des Baltikums ansässig. Als Ergebnis der Zugehörigkeit des Baltikums zum Russischen Reich vom Anfang des 18. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg und zur Sowjetunion vom Zweiten Weltkrieg bis 1990 sind rund 25 Prozent der Bevölkerung in Estland, 28 Prozent in Lettland und 6 Prozent in Litauen russischsprachig. Zudem gibt es im Südosten Litauens eine polnischsprachige Minderheit.

Religion

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Im überwiegendrömisch-katholischen Litauen ist derBerg der Kreuze beiŠiauliai von großer spiritueller Bedeutung. Die Bevölkerung Lettlands hingegen ist eherevangelisch-lutherisch, während sich Estlands Einwohner wiederum größtenteils zu keiner oder zurevangelischen bzw.orthodoxen Konfession bekennen.

Geographie

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Paläogeographie

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ImProterozoikum war das Baltikum Bestandteil des (auch als Ureuropa bezeichneten)Urkontinents Baltica. Er entstand durchOzeanbodenspreizung als selbständiger Kontinent und setzte sich aus drei Regionen zusammen:Fennoscandia,Volgo-Uralia undFennosarmatia, das mit seinem westlichen Teil grob dem heutigen Baltikum entspricht.

Balticadriftete vom Südpol zum Äquator und kollidierte durchSubduktion imUnteren Silur mitAvalonia sowie imMittleren Silur mitLaurentia, wodurch der KontinentLaurussia entstand.[15][16][17]

Gegenwart

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Das Baltikum gehört zurkühl-gemäßigten Klimazone. Es herrscht eine waldreiche, vonDünen undMoränen geprägteÖd-Landschaft vor, beispielsweise in derKurischen Nehrung. Die höchste Erhebung ist mit 318 Metern derSuur Munamägi in Estland. Der größte See ist derPeipussee. LängsterStrom ist mit 1020 Kilometern dieDüna und zweitlängster dieMemel. Es gibt insgesamt 14Nationalparks im Baltikum.

Wichtige Zentren des Baltikums sind nach den HauptstädtenTallinn,Riga undVilnius auch die OrteKaunas,Klaipėda,Liepāja undTartu. Außerhalb der städtischen Agglomerationen sind die Länder nur dünn besiedelt.

Geschichte

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Siehe auch:Geschichte Estlands,Geschichte Lettlands undGeschichte Litauens

Ur- und Frühgeschichte

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Erste Spuren der Wiederbesiedlung nach Rückgang der Vereisung liegen bei circa 11 000 v. Chr. Die Bezüge zur westlich gelegenenHamburger Kultur,Ahrensburger Kultur,Bromme-Lyngby-Kultur oder der südlich anschließendenSwidru-Kultur (polnischKultura świderska), dem nordkarpathischen Ausläufer der Federmesser-Gruppen, sind noch nicht hinreichend erforscht.Ab etwa 3100 v. Chr. könnten bereits nordwest-indogermanisch-sprechende Gruppen eingedrungen sein und die Ursprünge der späteren baltischen Sprachen gelegt haben. Um 500 v. Chr. gab es Beutezüge derSkythen und Einfluss derLatène-Kultur.

Zwischen 200 v. Chr. und 500 n. Chr. siedelten Ostgermanische Stämme in das Weichsel-Gebiet im Süden. Es gab Bernsteinhandel mit Rom und Griechenland. Zur Zeit der Völkerwanderung zwischen 500 und 800 n. Chr. drangen verstärkt Slawen ins Baltikum. Aus Schweden kamenWikinger auch insSamland und insMemelland. Nach anfänglichen Feindseligkeiten entwickelte sich ein schwungvoller Handel. Im OrtRuß im Memeldelta fanden die Wikinger einen sicheren Hafen, von dem aus sie über die Flusswege weiter nach Osten vordrangen. Von der Bezeichnung dieses Ortes könnten die Bezeichnungen der dort eindringenden Wikinger und später der Russen ihren Namen erhalten haben.

Hochmittelalter

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Farbige Grafikkarte des Baltikums aus dem Mittelalter mit seinen angrenzenden Ländern. Alle Bistümer und Bischofssitze sind farblich oder mit einem Kreuz markiert. Auch wichtige Schlachten in und um das Baltikum sind mit zwei sich kreuzenden Schwertern und der Jahreszahl markiert.
Livländische Konföderation
Farbige Zeichnung von einer alten Landkarte mit geographischen Markierungen und Beschriftungen. Die Grenzen sind mit verschiedenen Farben markiert und im Südosten des Landes sind grüne Bäume gemalt. Der Titel steht auf einem kleinen Bilderrahmen im linken Bereich und die Legende zum Maßstab, der um die gesamte Karte geht, befindet sich unter dem Titel.
Alte KarteLivlands
Joannes Portantius, 1573

ImHochmittelalter begann dieChristianisierung und UnterwerfungLivlands durch diedeutschen Ordensritter, die seit Anfang des 13. Jahrhunderts zunächst von Riga aus (Schwertbrüderorden) ins Baltikum vordrangen und bis um 1300 weite Gebiete unter ihre Herrschaft bringen konnten. EinzigLitauen undSamogitien blieben unabhängig.

Spätmittelalter

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Innerhalb der Ordensherrschaft konnten sich die Handelsstädte weitreichende Freiheiten sichern und gelangten insbesondere im 15. Jahrhundert zu großem Reichtum, als sie als Mitglieder derHanse denOstseehandel dominierten. Die baltischenHafenstädte wurden daher kulturell stark von Deutschland, Dänemark und Schweden beeinflusst und haben dieses Erbe bis heute in vielen Aspekten erhalten. Die Herrschaft des Ordens über die Gebiete des heutigen Estlands und Lettlands (Alt-Livland) endete Mitte des 16. Jahrhunderts in der Zeit derReformation.

ImLivländischen Krieg misslang zwarRussland die Eroberung Livlands, jedoch geriet das umkämpfte Territorium unter die Herrschaft seiner von Livland zu Hilfe gerufenen Gegner. Livland undKurland kamen unter polnischeLehnshoheit, Estland wurde schwedisch und die InselSaaremaa/Øsel dänisch.

Litauen blieb unabhängig, da es mit Polen 1385 eine ersteAllianz- und Vertrags-Union, dieUnion von Krewo vereinbarte, der weitere folgten und 1569 zur Gründung derAdelsrepublik vomKönigreich Polen und Großfürstentum Litauen führten.

18. und 19. Jahrhundert

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Im 18. Jahrhundert geriet das Baltikum durch denGroßen Nordischen Krieg und diePolnischen Teilungen unter die Herrschaft desrussischen Zarenreichs. Diese Herrschaft dauerte bis zumErsten Weltkrieg, zwei polnisch-litauische Aufstände (Novemberaufstand 1830/31 undJanuaraufstand 1863/64) wurden blutig niedergeschlagen.

20. Jahrhundert

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Unabhängigkeit

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Im Gefolge desFriedensvertrages von Brest-Litowsk entstanden 1918 die unabhängigen Republiken Estland, Lettland und Litauen. Diese mussten sich allerdings umgehend gegen die Machtansprüche der Kommunisten (russischeRote Armee), der Monarchisten (russischeWeiße Armee im Verbund mit den von Teilen des deutschen Adels unterstützten deutschenFreikorps) und der Polen zur Wehr setzen. Mit dem Abschluss dieserBürgerkriegsphase bis 1920 verblieb ein Teil Litauens (sog.Litwa Środkowa) unter polnischer Hoheit.

Zweiter Weltkrieg

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Imdeutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt von 1939 wurden Lettland und Estland als sowjetischeInteressensphäre bezeichnet. Ihr wurde imdeutsch-sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrag vom 28. September 1939 auch Litauen zugeschlagen, wofür die Sowjetunion eine Vergrößerung desdeutschen Besatzungsgebiets in Polen zugestand. Abgesichert durch rasch abgeschlosseneBeistandsverträge besetzte dieRote Armee im Herbst 1939Stützpunkte in Litauen, Estland und Lettland;Finnland weigerte sich, einen entsprechenden Vertrag abzuschließen, und wurde infolgedessen am 30. November 1939 von der Sowjetunion angegriffen. Der sogenannteWinterkrieg endete quasi unentschieden mit einem Friedensabkommen am 13. März 1940; Finnland musste zwar Teile seines Territoriums abtreten, blieb jedoch unabhängig. Deutschland veranlasste 1940/41 die nahezu vollständige Umsiedlung der deutsch-baltischen Bevölkerung in das besetzte Polen (Warthegau,Westpreußen).[18] Angesichts der sowjetischen Besatzung stimmten die im Sommer 1940 neugewählten Parlamente der baltischen Staaten der Eingliederung in die Sowjetunion gezwungenermaßen zu. Die Annexionen der baltischen Staaten standen somit im Zusammenhang mit der großen Westerweiterung der Sowjetunion im ersten Jahr desZweiten Weltkriegs.

  • Litauen, Einmarsch 15. Juni 1940, Zwangseingliederung in die Sowjetunion 3. August 1940
  • Lettland, Einmarsch 17. Juni 1940, Zwangseingliederung in die Sowjetunion 5. August 1940
  • Estland, Einmarsch 17. Juni 1940, Zwangseingliederung in die Sowjetunion 6. August 1940

1941 wurde das Gebiet von Truppen der deutschenWehrmacht besetzt. Es gab tausende Freiwillige, die sich für den Dienst in der15.,19. oder20. Waffen-Grenadier-Division der SS meldeten. Ein anderer Teil der Bevölkerung kämpfte auf Seiten der Roten Armee gegen die deutsche Besatzung.

Im Juli bzw. Oktober 1944 wurden die baltischen Republiken schließlich erneut von der Sowjetarmee besetzt und alsSozialistische Sowjetrepubliken der Sowjetunion einverleibt.[19] Nach der Besetzung durch Deutschland und dem deutschen Rückzug 1944 und 1945 (Kurland-Kessel) flohen viele Balten vor dem Eintreffen der Roten Armee in Richtung Westen und zum Teil später nach Übersee. Die verbliebenen deutschstämmigen Personen wurden ab 1944 bis 1946 zum Großteil vertrieben, teilweise auch ermordet oder in sowjetische Lager desGULAG verbracht.

Nach dem Krieg wurden baltische Kommunisten aus der Sowjetunion an die Machtpositionen gesetzt. Kollaborateure mit den Deutschen sowie Gegner der Sowjet-Besatzung wurden durch Liquidation, Umsiedlung und Gefängnis oderLagerhaft bestraft. Eine massive baltischeWiderstandsbewegung vonPartisanen versuchte noch Jahre nach Kriegsende, die Besatzungsmacht zu destabilisieren. Sie fanden Schutz in den Wäldern, weshalb sie sich alsWaldbrüder bezeichneten, wurden aber letztlich vomNKWD unterwandert und ausgeschaltet.

Die baltischen Bevölkerungen erlebten innerhalb weniger Jahre ab 1940 drei aufeinander folgende gewaltige Liquidations- und Deportationswellen:

Nachkriegszeit

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In den 1950er Jahren befanden sich rund 10 % der erwachsenen männlichen Bevölkerung des Baltikums entweder in den Lagern desGULAG oder in der Verbannung in der Sowjetunion.[20]

Von 1944 bis 1990 gehörten Lettland, Estland und Litauen zur Sowjetunion. In dieser Zeit wurden diese Länder, größtenteils gegen den Willen der Bevölkerung, in das sowjetische System integriert. Diese Zeit war gekennzeichnet von der sowjetischen Ansiedlungspolitik vonRussen, wodurch die angestammten Bevölkerungen zu Minderheiten im eigenen Land gemacht werden sollten.

Litauisch, Lettisch und Estnisch hatten in dieser Zeit neben dem Russischen den Status vonAmtssprachen. Es gab Kindergärten und Schulen in den lokalen Sprachen. Auch Printmedien, Radio und später Fernsehen wurden muttersprachlich angeboten.

Wiedererlangung der Unabhängigkeit

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Am 23. August 1989 bildeten zwei Millionen Menschen denBaltischen Weg, eine Menschenkette über eine Länge von 600 Kilometern vonTallinn überRiga nachVilnius, um für die Unabhängigkeit der baltischen Staaten zu demonstrieren.

Insbesondere in Estland stellte dieSingende Revolution einen starken Beitrag zur Unabhängigkeit dar. Im Frühjahr 1990 erklärten die baltischen Staaten ihre Unabhängigkeit und deklarierten die Erneuerung der Vorkriegsverfassungen. Am 13. Januar 1991 gingen die promoskauischen und prokommunistischen politischen Kräfte zum Angriff über. Mit brutaler Gewalt wurde versucht, die rechtmäßig gewählte Macht zu stürzen. Die Ausführung der Moskauer Pläne wurde durch den vom Volk organisierten gewaltlosen Widerstand vereitelt, der in die Geschichte als „Barrikaden-Tage“ eingegangen ist. Während derJanuarereignisse in Litauen 1991 wurden beim Sturm des litauischen Fernsehturms in Vilnius 14 unbewaffnete und gewaltfreie Litauer ermordet und über 1000 verletzt.

Die Regierungen in Estland und Lettland verfolgten nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit bis Mitte der 1990er Jahre eine restriktive Politik gegenüber den ethnischen Minderheiten im Land, die unter starker Kritik verschiedener Nichtregierungsorganisationen stand. Vorherrschendes Ziel der beiden Länder nach der 50 Jahre währenden Besatzung bestand im Schutz der eigenen Kultur und Sprache. Anders gestaltete sich die Situation in Litauen, wo der Anteil derTitularnation höher und stabiler war und keine tatsächliche oder „gefühlte“ Bedrohung der Nation gegeben war. Die dortige Regierung verfolgte von Anfang an einen inklusiven Ansatz in der Integrationspolitik.

In Estland erfolgte der Wandel zu einer umfassenden Strategie gegenüber den ethnischen Minderheiten ab Ende der 1990er Jahre. Die Regierung in Tallinn verabschiedete 2000 das Staatsprogramm zur Integration. Die lettische Staatsführung änderte ihre Politik einige Monate später. Im Gegensatz zu Estland ist ihr Konzept nicht speziell auf andere Nationalitäten ausgerichtet, sondern schließt alle Mitglieder der Gesellschaft ein, um soziale und regionale Unterschiede auszugleichen.

Das Baltikum gehörte als einziges ehemals sowjetisches Territorium nie zurGemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS).

2000er Jahre

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Am 1. Mai 2004 traten die baltischen Staaten derNATO und derEU bei. Für dasKaliningrader Gebiet und die SonderwirtschaftszoneJantar im ehemals nördlichenOstpreußen, das zu Lande von der EU angehörenden Gebieten eingeschlossen ist, waren besondere Regelungen im Gespräch.

Wirtschaft

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Die Wirtschaft (gemessen amBSP) in den baltischen Ländern wuchs bis 2007 deutlich schneller als die Wirtschaft im Westen Europas. Man bezeichnete sie deshalb auch alsBaltische Tiger. Im Zuge derFinanzkrise ab 2007 erfolgte eine heftige Korrektur. Doch nach den Krisenjahren entspannte sich die ökonomische Lage wieder und so führte Lettland 2014, nach Estland 2011, als zweiter baltischer Staat denEuro ein. Nachdem Litauen dieEU-Konvergenzkriterien erfüllte, hat am 1. Januar 2015 der Euro dieLitas als gesetzliches Zahlungsmittel abgelöst.

Kennzahlen

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StaatEin­wohnerBIP / Kopf inUSD[21]Inflations-
rate
[22]
Staats-
schulden-
quote
[23]
Arbeits-
losen-
quote
[24]
Korruptions­index[25]CO₂-Emission / (Kopf × Jahr)[26]Alkoholkonsum /
(Kopf × Jahr) in Liter[27]
Straßen-
befestigungs-
rate[28]
HDI
2022[29]
Estland Estland1 323 824
(Jan. 2019)[30]
27 9623,5 %1110,9 %7414,44 t15,5717,9 %0,890
Lettland Lettland1 934 379
(Jan. 2019)[31]
20 5460,0 %329,8 %593,38 t12,5020,3 %0,863
Litauen Litauen2 794 000
(Jan. 2019)[32]
23 3861,2 %3912,4 %624,08 t15,0385,9 %0,875

Forschungsinstitute in Deutschland mit Schwerpunkt Baltikum

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Literatur

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Weblinks

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Commons: Baltische Staaten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Baltikum – Reiseführer
Wikibooks: Baltische Länder – Lern- und Lehrmaterialien
Wiktionary: Baltikum – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. United Nations Statistics Division - Standard Country and Area Codes Classifications (M49). In: millenniumindicators.un.org. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 13. Juli 2011; abgerufen am 17. September 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/millenniumindicators.un.org 
  2. Ständiger Ausschuss für Geographische Namen (StAGN): P. Jordan:Großgliederung Europas nach kulturräumlichen Kriterien. Europa Regional 13 (2005), Heft 4, Leibniz-Institut für Länderkunde, Leipzig
  3. Bundeszentrale für Politische Bildung:Europalexikon
  4. Der neueFischer Weltalmanach 2017. S. 278. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2016.
  5. C. Grewingk:Zur Archäologie des Balticum und Russlands. In:Archiv für Anthropologie, Völkerforschung und kolonialen Kulturwandel. Bände 7–8. Verlag Friedrich Vieweg und Sohn, Braunschweig 1874, S. 59 ff.
  6. Für alle drei Informationen: Garleff (siehe Literatur), S. 14.
  7. Wolf D. Gruner, Wichard Woyke (Hrsg.):Europa-Lexikon. Länder, Politik, Institutionen. Beck, München 2004,ISBN 3-406-49425-0, S. 81.
  8. abBaltia. (PDF 2,60 kB) peterhug.ch/lexikon, archiviert vom Original am 18. Januar 2012; abgerufen am 13. Oktober 2011. 
  9. Brockhaus’ Kleines Konversations-Lexikon. In zwei Bänden. 5. Auflage. Erster Band A–K.F. A. Brockhaus, Leipzig 1908,S. 145. 
  10. Dictionary of Greek and Roman Geography. William Smith, 1854, abgerufen am 13. Oktober 2011 (englisch). 
  11. Hugo Kastner:Von Aachen bis Zypern. Geografische Namen und ihre Herkunft. Humboldt Verlag, Baden-Baden 2007,ISBN 978-3-89994-124-1,S. 45. 
  12. Dietmar Urmes:Handbuch der geographischen Namen. Ihre Herkunft, Entwicklung und Bedeutung. Fourier Verlag, Wiesbaden 2003,ISBN 3-932412-32-X,S. 478. 
  13. Das umstürmte Baltenland. www.muenster.org, abgerufen am 13. Oktober 2011. 
  14. Johann Kaspar Zeuß:Die Deutschen und die Nachbarstämme. Carl Winter, Heidelberg 1925,S. 270. 
  15. O. Adrian Pfiffner:Geologie der Alpen. (=UTB-Band. 8416). Haupt Verlag, Bern 2015,ISBN 978-3-8252-8610-1, S. 17.
  16. Giovanni Pinna, Dieter Meischner (Hrsg.):Europäische Fossillagerstätten. Springer Verlag, Berlin 2000,ISBN 3-642-62975-X, S. 17 ff.
  17. Wolfgang Oschmann:Evolution der Erde. (=UTB-Band. 4401). Haupt Verlag, Bern 2016,ISBN 978-3-8252-4401-9, S. 139 ff.
  18. Der Große Ploetz. Freiburg i. B. 2008, S. 1140.
  19. Der Große Ploetz. Freiburg i. B. 2008, S. 1141–1143.
  20. Nicolas Werth:Ein Staat gegen sein Volk. In:Stéphane Courtois et al.:Das Schwarzbuch des Kommunismus. 4. Auflage, S. 262, München 1998. – Siehe auch die Netzseite der litauischen Gedenkstiftung:genocid.lt.
  21. Liste der Länder nach Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, 2013.
  22. Inflationsrate 2013Inflationsrate 2013Inflationsrate 2013
  23. Liste der Länder nach Staatsschuldenquote, 2013.
  24. CIA World Fact Book, 2012 (Memento desOriginals vom 9. Juni 2020 imInternet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cia.gov
  25. Transparency International – Korruption 2013 (Memento desOriginals vom 3. Dezember 2013 im Webarchivarchive.today)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/cpi.transparency.org, abgerufen am 1. Januar 2015.
  26. Liste der Länder nach CO₂-Emission, 2010
  27. [Liste der Länder nach Alkoholkonsum], abgerufen am 1. Januar 2015.
  28. CIA World Factbook (Memento desOriginals vom 4. Juli 2017 imInternet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cia.gov, abgerufen am 1. Januar 2015.
  29. Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP):Bericht über die menschliche Entwicklung 2015. Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e. V. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin (undp.org [PDF;9,3 MB; abgerufen am 1. November 2016]).  Seite 246.
  30. Statistikamt Estland, Datenbankanfrage, 21. Juni 2018
  31. Population, population change, and key vital statistics, Central Statistical Bureau of Latvia, abgerufen am 16. Februar 2019.
  32. Lietuvoje 2,8 mln. (Verslo žinios)

5725Koordinaten:57° N,25° O

Normdaten (Geografikum):GND:4004379-4(lobid,OGND,AKS) |VIAF:235004584
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