Böhmens Fläche beträgt etwa 52.065 km². Es grenzt im Nordosten anSchlesien, im Osten an die historische RegionMähren, im Süden anOber- undNiederösterreich, im Südwesten und Westen anBayern und im Nordwesten anSachsen. Als geometrischer Mittelpunkt wurde derĎábel beiPetrov ermittelt.
Die heutigen Grenzen Böhmens sind weit über 1000 Jahre alt. Nur dasEgerland kam erst im spätenMittelalter dazu. Böhmen wird auf drei Seiten durch Berglandschaften umfasst. Es schließt mit demFichtelgebirge an die mitteldeutschen Terrassenlandschaften an. Böhmen hängt mitMähren so eng zusammen, dass man im Raum zwischenEger,Elbe undDonau einerseits undMarch undNaab andererseits ein gemeinsames böhmisch-mährisches Terrassenland sehen kann.
Die Einzugsgebiete der Donau und derOder betragen nur 6,4 % der Landesfläche (3184 km²), während das Einzugsgebiet der Elbe 48.772 km² einnimmt. Zum Flusssystem der Elbe gehört auch dieMoldau, die beiMělník in die Elbe mündet. Im äußersten Osten gibt es einige Bäche, die zurMarch entwässern, damit geht dieEuropäische Hauptwasserscheide durch Böhmen.
Das Terrassenland Böhmens wird durch Elbe und Eger,Sázava undBerounka und durch die tiefe Meridianfurche der Moldau gegliedert. Die kleinen, rings umschlossenen Tiefebenen sind:
Die sieben Kurfürsten wählen 1308 in Frankfurt am MainHeinrich VII. aus dem Haus Luxemburg zum römisch-deutschen König. Es sind (siehe Wappen über den Köpfen) von links nach rechts die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Brandenburg und der König von Böhmen. Tatsächlich war der König von Böhmen nicht anwesend.
Karl IV. begann in der Mitte des 14. Jahrhunderts, sein Königreich in große Verwaltungseinheiten einzuteilen. Eine solche Verwaltungseinheit hieß in den Urkunden auf DeutschKreis, auf Tschechischkraj und auf Lateinischcirculus. Es gab in Böhmen sieben bis sechzehn Kreise. In Mähren bestanden zwei bis sechs Kreise, inÖsterreichisch-Schlesien waren es zwei.
Die Anzahl der Kreise und somit auch deren Größe änderte sich mehrmals. Diese Kreiseinteilung galt bis 1862, spielte aber schon kurz nach der Revolution von 1848 praktisch keine Rolle mehr für die Verwaltung.
Ab 1850 wurden in allen Gebieten der Monarchie außer Ungarn die alten großen Kreise durch politische Bezirke (Verwaltungsbezirke) ersetzt, von denen jeder aus einem oder mehreren Gerichtsbezirken (der Judikative) bestand. In den österreichischenBundesländern besteht diese Einteilung bis heute. Normalerweise war ein politischer Bezirk (tschechisch:politický okres) kleiner als ein ehemaliger alter Kreis, und ein Gerichtsbezirk (tschechisch:soudní okres) ist kleiner als ein politischer Bezirk. Es gab imKronland Böhmen 104 politische Bezirke und darin 229 Gerichtsbezirke. Mähren hatte 32 und Österreichisch-Schlesien neun politische Bezirke.
Diese Bezirkseinteilung[2] galt in Böhmen abgesehen von kleineren Änderungen bis 1938, also auch in derErsten Tschechoslowakischen Republik. Zur Entwicklung in Mähren und der Slowakei sieheOkres.
Durch dasMünchner Abkommen vom 29. September 1938 wurde der vorwiegend deutschsprachige Teil Böhmens demDeutschen Reich zugeschlagen und inStadt- undLandkreise eingeteilt; übergeordnet warenRegierungsbezirke (die südwestlichen Teile kamen an denReichsgau Oberdonau, die Gebiete im Böhmerwald an Bayern und der große Rest bildete denReichsgau Sudetenland). Im Reichsgau Sudetenland gab es fünf Stadtkreise und 52 Landkreise.
Das übrige Böhmen blieb weiterhin in politische Bezirke und Gerichtsbezirke eingeteilt. Dies änderte sich auch nach derZerschlagung der Tschechoslowakei und der Errichtung desProtektorats Böhmen und Mähren am 15. März 1939 nicht, wobei allerdings über je einer Gruppe von politischen Bezirken noch ein Oberlandratsbezirk eingeführt wurde. Im Protektorat gab es 67 böhmische und 30 mährische politische Bezirke. Diese Verwaltungsgliederung galt bis zum Ende desZweiten Weltkrieges.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand eine alle Disziplinen umfassende tschechische Wissenschafts- und Kulturszene, deren Anspruch sich unter anderem in der Prager Architektur um 1900 ausdrückt. Diedeutschböhmische Minderheit (nach 1945 mehrheitlichvertrieben) war nicht weniger produktiv; sie wetteiferte mit dem gesamten deutschen Sprachraum. DasPrager Tagblatt galt als eine der besten deutschsprachigen Zeitungen ihrer Zeit. Die Industrie Böhmens war inÖsterreich-Ungarn sowie Europa führend. Das Kronland wurde das wohlhabendsteCisleithaniens.
Berühmt sind dieBöhmische Küche, das böhmischeBier und die böhmischeBlasmusik. Typisch für die böhmische Küche sind Knödel, deftige Fleischgerichte und süßeMehlspeisen (in der österreichischen Wortbedeutung) als Nachtisch. Die kulturellen Traditionen Böhmens sind eng mit denen inBayern undÖsterreich verwandt – in derWiener Küche etwa sind böhmische Einflüsse unverkennbar.
Der Begriff „Bohème“ leitet sich von der französischen Bezeichnungbohémien (ab dem 15. Jahrhundert) für die aus Böhmen kommendenRoma ab. Der Charakter der Herkunftsbezeichnung verlor sich im Französischen wie im Deutschen, so dassbohémien zu einer Bezeichnung unordentlicher, liederlicher Sitten bzw. für die unstete Lebensart in Künstlerkreisen wurde und sich nicht mehr auf die ethnische Zugehörigkeit bezog.[3]
Joachim Bahlcke, Winfried Eberhard und Miloslav Polívka (Hrsg.):Handbuch der historischen Stätten Böhmen und Mähren. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1998,ISBN 978-3-520-32901-1.
Joachim Bahlcke:Geschichte Tschechiens. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Beck, München 2014,ISBN 978-3-406-66179-2.
Collegium Carolinum (Hrsg.):Ortslexikon der böhmischen Länder. 1910–1965. Oldenbourg, München/Wien 1983,ISBN 3-486-51761-9.
Jörg K. Hoensch:Geschichte Böhmens. Von der slavischen [sic] Landnahme bis zur Gegenwart (Beck’s historische Bibliothek). 3., aktualisierte und erg. Auflage. Beck, München 1997,ISBN 3-406-41694-2 (wissenschaftliches Standardwerk).
Walter Koschmal,Marek Nekula, Joachim Rogall (Hrsg.):Deutsche und Tschechen. Geschichte – Kultur – Politik (Becksche Reihe, 1414). 2., durchges. Aufl., Beck, München 2003,ISBN 3-406-45954-4.
Jan Křen:Die Konfliktgemeinschaft. Tschechen und Deutsche 1780–1918 (= Veröffentlichungen des Collegium Carolinum, Band 71). Übersetzer Peter Heumos. 2. Auflage. Studienausg. Oldenbourg, München 1999,ISBN 3-486-56449-8 (Standardwerk).
Friedrich Prinz:Böhmen im mittelalterlichen Europa. Frühzeit, Hochmittelalter, Kolonisationsepoche. Beck, München 1984,ISBN 3-406-30228-9 (wissenschaftliches Standardwerk zur mittelalterlichen Geschichte Böhmens).
Friedrich Prinz:Geschichte Böhmens 1848–1948. Langen Müller, München 1988,ISBN 3-7844-2190-3 (Standardwerk).
Friedrich Prinz:Böhmen und Mähren (= Deutsche Geschichte im Osten Europas). Siedler, Berlin 1993,ISBN 3-88680-202-7 (populärwissenschaftlich, aber auf breitem wissenschaftlichem Fundament).
Bernd Rill:Böhmen und Mähren – Geschichte im Herzen Mitteleuropas. Zwei Bände. Katz, Gernsbach 2006,ISBN 3-938047-17-8 (ausführlich, populärwissenschaftlich).
Ferdinand Seibt:Deutschland und die Tschechen. Geschichte einer Nachbarschaft in der Mitte Europas (= Serie Piper, 1632). 3., aktualisierte Auflage. Piper, München/Zürich 1997,ISBN 3-492-21632-3 (Standardwerk zu den nachbarschaftlichen Beziehungen).
Hugo Rokyta:Die böhmischen Länder. Handbuch der Denkmäler und Gedenkstätten europäischer Kulturbeziehungen in den böhmischen Ländern. Drei Bände. Bd. 1:Prag. 2., überarb. und erw. Auflage. Vitalis, Prag 1995,ISBN 80-901621-7-7; Bd. 2:Böhmen. 2., überarb. und erw. Auflage. Vitalis, Prag 1997,ISBN 80-85938-23-5.
Lillian Schacherl:Böhmen. Kulturbild einer Landschaft. Prestel, München 1966.
Ferdinand Seibt (Hrsg.):Böhmen im 19. Jahrhundert. Vom Klassizismus zur Moderne. Propyläen, Berlin/Frankfurt am Main 1995,ISBN 3-549-05448-3.
Ferdinand Seibt,Božena Borgesa-Kormundová u. a. (Hrsg.):Renaissance in Böhmen. Geschichte, Wissenschaft, Architektur, Plastik, Malerei, Kunsthandwerk. Prestel, München 1985,ISBN 3-7913-0737-1.
Jürgen Serke:Böhmische Dörfer. Wanderungen durch eine verlassene literarische Landschaft. Zsolnay, Wien/Hamburg 1987,ISBN 3-552-03926-0 (populärwissenschaftliches Standardwerk zur deutschsprachigen Literatur der böhmischen Länder).
Karl Maria Swoboda (Hrsg.):Gotik in Böhmen. Geschichte, Gesellschaftsgeschichte, Architektur, Plastik und Malerei. Prestel, München 1969.
Ivonna Balgova (Übers.):Böhmische Dörfer …? Fragen an die deutsch-tschechische Geschichte. Dokumentation des Potsdamer Forums vom 2. Oktober 2002 im Alten Rathaus Potsdam.Deutsches Kulturforum östliches Europa e. V., 2. Auflage, Potsdam 2006,ISBN 978-3-936168-39-6.
F. C. Watterich v. Watterichsburg:Handwörterbuch der Landeskunde des Königreichs Böhmen. Prag/Leitmeritz 1862, Neue Ausgabe (Volltext).