Avignon[aviˈɲɔ̃] ⓘ (okzitanischAvinhon bzw.Avignoun [aviˈɲũn]) ist eine Stadt undGemeinde in derProvence in Südfrankreich am östlichen Ufer derRhône mit 91.760 Einwohnern (Stand 1. Januar 2022), von denen etwa 15.000 innerhalb der Stadtmauern ("intra muros") wohnen. Avignon ist Sitz derPräfektur und die größte Stadt des DépartementsVaucluse.
Avignon befindet sich am Zusammenfluss der Rhône und derDurance, die im Süden der Gemeinde entlang fließt und auch die Grenze zumDépartement Bouches-du-Rhône bildet. Die Rhône befindet sich westlich der Gemeinde und bildet die Grenze zumDépartement Gard.
Die Region, in der sich Avignon befindet, ist sehr reich anKalkstein. Besonders häufig kommt die „molasse burdigalienne“ vor, aus der zum Beispiel die heutige Stadtmauer von Avignon gebaut wurde.[1]
Eine andere Erhebung von Avignon ist der bewaldete Hügel vonMontfavet im Osten der Gemeinde.[1]
Das Rhônetal weist alteAlluvialböden auf: Ein Großteil des Erdbodens wird dort von einer lockeren Ablagerung bedeckt, die sich aus sandigemSchluff zusammensetzt. Dieser ist mehr oder weniger durch Kieselsteine gefärbt, die hauptsächlich ausSilikatgestein stammen. Die Inseln der Rhône, darunter dieÎle de la Barthelasse, sind durch Anhäufung von angeschwemmten Ablagerungen und durch Eingreifen des Menschen entstanden. Das Relief ist nicht sehr stark ausgeprägt, doch sind die bestehenden Erdhügel in der Lage, bei Hochwasser die Inseln ausreichend zu schützen.[1]
AlsBöden findet man in der Umgebung der Stadt vor allem Lehm, Schlick, Sand und Kalk.[1]
Schiefer Glockenturm der Augustinerkirche
Wie das Auftreten von Spalten im kalkhaltigenSubstrat zeigt, gab es in den verschiedenengeologischen Zeitalterntektonische Aktivitäten, dieErdbeben ausgelöst haben. Die letzte Erderschütterung von bedeutendem Ausmaß fand am 11. Juni 1909 statt.[2] Spuren davon sind noch im Stadtzentrum und am deutlichsten am Glockenturm der Augustinerkirche in derRue Carreterie sichtbar, der als Folge der Erderschütterung leicht geneigt steht.
Die Rhône führt am westlichen Stadtrand vorbei, ist aber in zwei Arme geteilt: man spricht von der „kleinen Rhône“ oder dem „toten Arm“ für den Teil, der Avignon berührt und von der „großen Rhône“ oder „lebendigem Arm“ für den westlichen Teil, der Villeneuve-lès-Avignon im Département Gard streift. Dazwischen befindet sich eine Reihe von Inseln, darunter dieÎle de la Barthelasse als größte. Parallel zur Rhône wurde einKanal angelegt.
DieDurance, die an der Südgrenze der Gemeinde entlang fließt, mündet in die Rhône und markiert die Grenze zum Département Bouches-du-Rhône.
Die Ufer der Rhône und die Insel von Barthelasse können während des Herbstes und Mitte März vonHochwasser betroffen sein. Maurice Champion erwähnte 1861 einige davon.[3] Das Hochwasser von 1856, das einen Teil der Stadtmauern zerstörte, war eines der verheerendsten. Weitere traten 1935[4] und im Januar 1955[5] auf. Die Hochwasser stellen auch heute noch ein ernstzunehmendes Problem dar, wie zuletzt die Überschwemmung vom 2. Dezember 2003[6] gezeigt hat. Aus diesem Grund wurde auch eine neuecartographie du risque[7] erstellt.
Die Stadt verfügt über zahlreiche Kanäle, die stellenweise ein komplexes Kanalsystem bilden.[8] Diese Kanäle dienten einst der Bewässerung derAckerflächen sowie der Versorgung derWassergräben, die Avignon umgaben.
Im 10. Jahrhundert wurde ein Teil des Wassers derSorgue d’Entraigues umgeleitet, das heute unter den Stadtmauern bis zur Innenstadt fließt. Die Wasserläufe wurden „Canal de Vaucluse“ genannt, aber die Einwohner nennen sie immer noch „la Sorgue“ oder „Sorguette“. Sie ist in der Innenstadt entlang der Rue des Teinturiers (Tuchfärbergasse) sichtbar. Sie versorgte die Wassergräben der ersten Stadtmauern, danach die neuen östlichen Stadtmauern des 14. Jahrhunderts. Im 13. Jahrhundert (Urkunde von 1229) wurde ein Teil des Wassers der Durance abgezweigt, um die Versorgungsanlagen der Wassergräben zu verstärken und um dann nach Bonpas geleitet zu werden. Diese Wasserläufe wurden später „la Durançole“ genannt. Die Durançole versorgte die westlichen Wassergräben der Stadt. Sie wurden auch genutzt, um das Ackerland vonMontfavet zu bewässern. In der Innenstadt sind diese Wasserläufe meistens unter den Straßen oder den Wohnhäusern versteckt und dienen heute alsAbwasserkanäle.
Daneben wurden derCanal de l’Hôpital (der sich mit der Durançole vereinigt) und derCanal de Crillon (1775) gegraben, die die Gebiete von Montfavet,Le Pontet undVedène bewässerten.[9] Die beiden Kanäle teilen sich in zahlreiche „Phiolen“ auf (provenzalischfilhòlas oderfiolo). Auf gleiche Art und Weise wurde derCanal Puy (1808) angelegt, der die ehemaligen Gärten im Süden von Avignon bewässerte. All diese Kanäle leiten das Wasser der Durance ab und wurden anfangs genutzt, um die einst sehr steinigen Böden zu überschwemmen und mit den Kalksteinablagerungen zu düngen.
Die Kanäle dienten außerdem zum Antrieb zahlreicherMühlen.
In der Gemeinde Avignon gibt es mehrere natürliche oder künstliche Wasserflächen wie denlac de Saint-Chamond im Osten der Stadt.
Avignon steht unter Einfluss desMittelmeerklimas. Niederschlag gibt es in einem Rhythmus von vier Phasen: zwei trockene Jahreszeiten (eine kurze amWinterende und eine sehr lange und stark ausgeprägte imSommer) und zwei regenreiche (eine imHerbst mit ergiebigem Regen bis hin zu Wolkenbrüchen und eine imFrühling). Der Sommer ist unter Einfluss vonsubtropischenHochdruckgebieten warm und trocken, wird aber von teilweise heftigenGewitterstürmen unterbrochen. Der Winter ist mild mit wenigNiederschlägen und nur seltenem Schneefall.[10]
LautMétéo-France gibt es im Jahr durchschnittlich 45 Tage mit mehr als 2,5 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Insgesamt beträgt die jährliche Niederschlagsmenge durchschnittlich 660 l/m². Die Durchschnittstemperaturen liegen je nach Jahreszeit zwischen 0 °C und 30 °C. Die Rekordtemperaturen seit den Aufzeichnungen der Station desINRA liegen bei 40,5 °C während der europäischenHitzewelle 2003 am 5. August 2003 (und 39,8 °C am 18. August 2009) und bei −12,8 °C am 5. Januar 1985. Die meteorologischen Werte wurden imAgroparc d’Avignon gemessen.
Der Hauptwind ist derMistral, der mitunter Windgeschwindigkeiten von 110 km/h erreichen kann. Er weht zwischen 120 und 160 Tage im Jahr, mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 90 km/h proBö.[11]
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Avignon
Avignon hat sich aus historischen und strategischen Gründen zwischen der Rhône, die als erster natürlicher Schutzwall diente, und demRocher des Doms entwickelt, der einen weiten Ausblick ermöglicht (oder einen Blick auf den Papstpalast). Die Stadt hat eine größtenteils runde Form, die an mehreren Stellen ausgeweitet ist. Die ersten Stadtmauern tauchten im ersten Jahrhundert auf und wurden den Erfordernissen entsprechend nach und nach modernisiert.
Die Gemeinde von Avignon besitzt eine Fläche von64,78 km² und eine Bevölkerungszahl von 91.657 (2010) und lässt sich damit folgendermaßen einordnen:[13]
Die Innenstadt bezeichnet den Teil der Stadt, der sich innerhalb der Stadtmauern befindet und wird imFranzösischen alsIntra-muros bezeichnet. Die Gebäude sind dementsprechend mehrheitlich sehr alt, dennoch wurden mehrere Stadtviertel im Laufe der Jahre stark verändert (Durchschlag der Rue de la République während desZweiten Kaiserreiches, Bau „haussmannisierter“Fassaden, Umgestaltung desPlace de l’Horloge und des heutigen Rathauses imneoklassizistischen Stils, sowie des Theaters und desquartier de la Balance) und verschiedene Gebäude (Postamt,Lycée Frédéric-Mistral) neu errichtet.[14]
In den 1960er Jahren wurde Avignon, zur Zeit der Errichtung derSecteurs sauvegardés (städtebauliche Schutzzonen), Gegenstand einer wichtigen Debatte. Der damalige Bürgermeister schlug eine radikale Renovierung desquartier de la Balance vor, bei dem ungefähr zwei Drittel der Bauten ohne Rücksicht auf den Denkmalschutz abgerissen werden sollten. Man fand schließlich eine Kompromisslösung, bei der tatsächlich ein Teil des Viertels ganz neu aufgebaut wurde. Nur das Gebiet nahe dem Papstpalast wurde verschont und erfuhr eine echteRestaurierung.[15]
Im Gegensatz zum Stadtzentrum mit seinen engen Gassen und großem Altbaubestand sind die Außenbezirke(Extra-muros) von moderner Architektur geprägt. Es gibt folgende Viertel:
im Norden: Saint Jean Grange d’Orel, Reine Jeanne, Neuf Peyre
im Süden: Saint Chamand, la Rocade Charles de Gaulle, La Croix des oiseaux, Les Sources
Die Besiedlung des Gebietes um Avignon geht bis in dieJungsteinzeit, ins vierte Jahrtausend vor Christus zurück. Erste Besiedlungsspuren konnten auf dem steilen FelshügelRocher des Doms nachgewiesen werden, der die Bewohner sowohl vor Feinden als auch vor regelmäßigen Hochwassern der Rhône schützte.
Etwas später gründete daskeltoligurische Krieger- und Fischervolk derKavaren eine erste befestigte Ansiedlung mit dem NamenAouenion, was so viel wie „Herr der Wasser“ bedeutet.[16]
Dank der günstigen strategischen Lage legten im sechsten oder fünften Jahrhundert vor Christus diePhokäer vonMarseille einen befestigten Flusshafen und einen Warenumschlagplatz (Emporion) namensAvenio an, der vor allem flussabwärts verschiffte Waren aufnehmen sollte. Der neue Name bedeutete so viel wie „Stadt der gewaltigen Winde“[16] und findet sich auch auf Münzen geprägt.[17]
Unter der ab48 v. Chr. beginnenden[16]römischen Herrschaft kommt es zum Ausbau des Flusshafens[18] und zur Umbenennung der Stadt inColonia Iulia Augusta Avenionesium. Die Stadt entwickelte sich zu einem florierenden Gemeinwesen. KaiserHadrian verlieh ihr den Status einer römischenKolonie.[16]
Von der römischen Zeit sind nur wenige Überreste erhalten: Lediglich Teile einer Säulenhalle und einesForums zeugen von der antiken Architektur. Die meisten antiken Bauten wurden vermutlich zur Zeit der Päpste zerstört und überbaut.[17]
Die Christianisierung wurde möglicherweise Ende des dritten Jahrhunderts vollzogen.[19] Außerhalb der Stadtmauern existierte eine kleine christliche Gemeinde, die als Vorläuferin derAbtei Saint-Ruf gilt.
Während derVölkerwanderung verlor Avignon an Bedeutung. Kriege undEpidemien sorgten für einen Rückgang der Bevölkerungszahl, sodass nur noch ein kleiner Bezirk um denRocher des Doms besiedelt war. 737 verbündete sich die Stadt mit den in die Provence einfallendenSarazenen. Als Vergeltung kam es in derSchlacht bei Avignon zur Eroberung durch die TruppenKarl Martells, die die Stadt bis auf die Grundmauern niederbrannten.[20]
Danach setzten die Entwicklung desFeudalwesens und eine lange Periode des Friedens ein. Die Herrschaft über die Stadt war zwischen dem Bischof, der einen Palast neben der Kathedrale besaß, und dem Grafen der Provence, der auf dem Rocher des Doms residierte, geteilt.[21]
Karte des Königreichs von Arles, das 1032 ans Heilige Römische Reich angegliedert wurde
Im Jahr 932 bildete sich aus den Königreichen von Provence undHochburgund dasKönigreich Arelat, in dem Avignon eine der wichtigsten Städte war. Mit Angliederung des Königreiches von Arles an dasHeilige Römische Reich 1032 unterstanden Avignon und die Provence demdeutschen Kaiser. Die Rhône bildete zum Königreich Frankreich von nun an die neue westliche Grenze des Kaiserreiches und konnte nur über eine alte Holzbrücke bei Avignon überquert werden.
Im 12. Jahrhundert errang Avignon den Status einer sich selbst verwaltendenStadtrepublik nach italienischem Vorbild. In dieser Zeit entstanden ein erster Mauerring und die St.-Bénézet-Brücke, mit der sich die Stadt zu einem bedeutsamen Durchreisepunkt im Süden des heutigen Frankreichs entwickelte.
Zur Zeit derAlbigenserkriege kämpfte die Stadt auf Seiten derAlbigenser und verweigerte KönigLudwig VIII. 1226 die Durchreise, was zurBelagerung von Avignon führte. Avignon wurde drei Wochen lang ausgehungert und musste schließlich kapitulieren. Es kam zur Zerstörung der Festungsanlagen und einer schweren Beschädigung der St.-Bénézet-Brücke.[22]
Anfang des vierzehnten Jahrhunderts führten Machtkämpfe inRom dazu, dass Avignon für siebzig Jahre lang zum Sitz der Päpste und damit zur Hauptstadt desChristentums wurde. Nach dem kurzenPontifikat des bereits 1304 verstorbenenBenedikt XI. ließ sich sein NachfolgerClemens V. mit Unterstützung des französischen KönigsPhilipp der Schöne als erster Papst auf französischem Boden krönen. Nach der Krönung inLyon wurde die päpstliche Residenz zunächst in dieGrafschaft Venaissin verlegt,[18] die seit dem Ende desAlbigenserkreuzzugs päpstliches Eigentum war.[23] Im Jahr 1309 erfolgte der Umzug nach Avignon. Clemens’ NachfolgerJohannes XXII., vorherBischof von Avignon, nahm zunächst seinen dauerhaften Sitz im Bischofspalast ein.Benedikt XII., ein hochgebildeterZisterzienser, ließ den ersten Teil des Papstpalastes (Alter Palast) bauen.Clemens VI., der als prunk- und kunstliebend galt, errichtete den Neuen Palast. Außerdem kaufte er 1348 die Stadt für 80.000 Goldgulden vonJohanna I. ausNeapel und verleibte Avignon somit dem Kirchenstaat ein.Innozenz VI., der von 1352 bis 1362 amtierte, ist die heutige Stadtmauer zu verdanken.[25]
SchonUrban V. versuchte, wieder nach Italien zurückzukehren, doch erst PapstGregor XI. gelang es, sich gegen den französischen König durchzusetzen und 1377 den Sitz zurück nach Rom zu verlegen. Dabei bekam er moralische Unterstützung vonKatharina von Siena, die ihm half, das Exil zu beenden.[25] Da die französischenKardinäle mit der Wahl seines NachfolgersUrban VI. unzufrieden waren, wählten sieClemens VII. zumGegenpapst, der erneut von Avignon aus sein Amt ausübte. Mit dieser Wahl setzte dasGroße Abendländisches Schisma ein, das zur Spaltung derkatholischen Kirche führte und erst wieder mit demKonzil von Konstanz 1414 beendet wurde. Als letzter Papst übteBenedikt XIII. von 1394 bis 1417 sein Pontifikat in Avignon aus.[25] Insgesamt residierten sieben römische Päpste in der Stadt, außerdem zwei Gegenpäpste, die nicht von der katholischen Kirche anerkannt wurden.
Die Verlegung des Papstsitzes nach Avignon sollte sich nachhaltig auf das Stadtbild auswirken. Der mächtige Papstpalast entstand und um die Stadt herum ein Verteidigungswall. Hinzu kamen gotische Kirchen, Klöster und Türme sowie eindrucksvolle Kardinalslivrées. Der neue Papsthof wurde zu einem der glanzvollsten Höfe desMittelalters. Mit dem Papsttum begann gleichzeitig der Aufschwung der Stadt. Avignon wurde zu einem intellektuellen, künstlerischen und kulturellen Zentrum. Im Gefolge der Päpste strömten viele Menschen in die Stadt, darunter Kardinäle, Kleriker, Adlige, Handwerker und Kaufleute. Aber auch Architekten, Bildhauer und Künstler wurden angezogen, wie etwa die italienischen MalerMatteo Giovanetti undSimone Martini oder der DichterFrancesco Petrarca. Zu der Zeit sollen etwa 30.000 Menschen in der Stadt gelebt haben, womit Avignon zu den großen Städten Westeuropas zählte.[25]
Jedoch konnten nicht alle Menschen gleichermaßen vom neuen Reichtum profitieren. Während innerhalb der Stadtmauern vor allem die Kardinäle und Adligen in Prunk und Wohlstand lebten, wurden die äußeren armen Stadtviertel von immer mehrBettlern,Tagelöhnern undProstituierten bewohnt. Die schlechten hygienischen Zustände begünstigten 1349 den Ausbruch derPest, die ungefähr 11.000 Menschen das Leben kostete.[22] Darüber hinaus litt die Bevölkerung unter Dürreperioden, Hungersnöten und umherstreifenden plündernden Soldaten desHundertjährigen Krieges.[23]
Nach dem Weggang des letzten Gegenpapstes Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts blieben Avignon und die Grafschaft Venaissin unter Verwaltung einespäpstlichen Gesandten. Als 1481 die Provence an dasKönigreich Frankreich fiel, hatte die Stadt sogar den Status einer päpstlichenEnklave auf französischem Boden.
Von den in Frankreich wütendenHugenottenkriegen blieb auch Avignon nicht verschont. Nachdem es inOrange zur Zerstörung zahlreicher kirchlicher Güter durchProtestanten gekommen war, wurden von Avignon aus päpstliche Truppen in die Stadt entsandt, die dort ein Massaker veranstalteten. Als Vergeltungsmaßnahme wurde Avignon 1562 durch denBaron des Adrets belagert.[26]
In den darauffolgenden Jahrhunderten bis zurFranzösischen Revolution erlebte Avignon eine friedliche Zeit, in der es zum Bau neuer Häuser, Kirchen, Monumente undHôtels kam. Eine Ausnahme bildete der Ausbruch derGroßen Pest im Jahr 1721, der die zuvor 24.000 Einwohner zählende Stadt auf ein Viertel ihrer Bevölkerung dezimierte.[27]
Die Französische Revolution spielte sich in der Provence vor allem in den großen Städten Marseille, Aix, Arles und Avignon ab. 1790 kam es in der Provence zur Verwaltungsaufteilung in Départements. Für die Bildung des Départements Vaucluse wurde im Zuge der einsetzendenEntchristianisierung eine rasche Angliederung der päpstlichen Gebiete an Frankreich gefordert, was in Avignon zu einer papsttreuen Konterrevolution führte.[28] Diese blieb jedoch ohne Erfolg. Revolutionäre Truppen annektierten 1791 Avignon und die Grafschaft Venaissin, die damit ihren Sonderstatus verloren. 1793 wurde Avignon Hauptstadt des neu geschaffenen Départements Vaucluse. Bei den revolutionären Kämpfen kam es in der Stadt zur Zerstörung vieler Bau- und Kunstdenkmäler.
Zur Zeit desZweiten Kaiserreiches (1852–1870) wurde das Stadtbild weiter verändert. Es kam zur Verbreiterung der Rue de la République, zur Vergrößerung desPlace Pie und zur Anlage von Lustgärten am Rocher des Doms.[29] Bei einem amerikanischen Luftangriff am 27. Mai 1944 starben 300 Menschen.[30] Ende 1955 rebellierten für denAlgerienkrieg eingezogene Männer in der Kaserne, brachen aus dem Militärgelände aus und demonstrierten in der Stadt.[31]
Avignon ist mit 91.760 Einwohnern (Stand 1. Januar 2022) die größte Stadt im Département Vaucluse[32] und die 44-größte Stadt in Frankreich. Bei einer Landfläche von64,78 km² entspricht dies einerBevölkerungsdichte von 1416 Einwohnern je km². Das jährlicheBevölkerungswachstum beträgt 0.3 % (Durchschnitt 1999–2022). Die städtische Siedlungszone(Unité urbaine) von Avignon hatte im Jahr 2008 440.770 Einwohner,[33] das Gemeindegebiet(Aire urbaine) 507.626 Einwohner.[34]
Von 1793 bis 1911 stieg die Bevölkerungszahl stetig von 24.000 auf 49.304 an. Der Erste Weltkrieg sorgte für einen ersten leichten Bevölkerungsrückgang. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte ein Zuwachs der Bevölkerung beobachtet werden, der vor allem auf dem Zuzug vieler europäischer Siedler aus Algerien (Pieds-noirs) beruhte. Außerdem prägen dieEinwanderung zunächst vor allem ausItalien, in den letzten Jahrzehnten ausNordafrika, v. a.Marokko und derTürkei. Zwischen 1975 und 2000 setzte eine Stagnation ein. Verschiedenste Ursachen (Dienstleistungsangebote, Lebensqualität, Steuerbelastungen …) könnten den Attraktivitätsverlust der Gemeinde, die Abwanderung ihrer Einwohner und die Niederlassung in umliegende Gemeinden erklären. Die Stadt, deren Haupteinnahmequelle der Tourismus ist, zählt zu den ärmeren und strukturschwächeren unter den französischen Städten; die Arbeitslosigkeit liegt bei fast 22 %. Zuletzt konnte der Abwanderung durch eine Verbesserung der Infrastruktur wie etwa dem Bau des TGV-Bahnhofes oder durch innerstädtische Rehabilitations- und Entwicklungsprojekte teilweise entgegengewirkt werden.
Die Kathedrale Notre-Dame-des-DomsInnenansicht derSynagoge
Aufgrund der starkenkatholischen Präsenz in den vergangenen Jahrhunderten ist die Anzahl der aus architektonischer Sicht interessanten Sakralbauten hoch. Es gibt eine Kathedrale, dieCathédrale Notre-Dame-des-Doms, und zahlreiche Kirchen:
In derSynagoge von Avignon wird bereits seit mehreren Jahrhunderten diejüdische Religion praktiziert. Die Synagoge wurde nach einem Großbrand 1845 zerstört und ein Jahr später durch den Architekten Joseph-Auguste Joffroy vollständig rekonstruiert.
Historisch recht jung ist dieMoschee de la Rocade, die Moschee von Monclar als auch eine türkische Moschee. Während sich die katholischen Gebäude größtenteils innerhalb der Stadtmauern befinden, liegen die Moscheen ausschließlich in den Außenbezirken.
der Friedhof Saint-Véran, angelegt 1820, erstreckt sich auf zwölf Hektar und beherbergt 12000 Grabstätten.[39] Auf dem Friedhof steht seit 1999 einKolumbarium, das dazu bestimmt istBestattungsurnen aufzunehmen. Im Herzen des Friedhofs steht ein Denkmal für gefalleneHarkis.[40]
der Friedhof vonMontfavet erstreckt sich auf sieben Hektar und beherbergt 4000 Grabstätten, darunter die vonCamille Claudel. Der Friedhof nimmt auch andere religiöse Gemeinden auf (Juden, Moslems).[41]
der Friedhof von Saint-Roch (12. Jahrhundert) ist der älteste. Er erstreckt sich auf einer Fläche von ungefähr2000 m². Der Ort gehört zu den Ländereien der jüdischen Gemeinde und ist nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.[42]
Das politische Leben von Avignon ist überwiegend konservativ geprägt. Bei denParlamentswahlen von 2007 erreichte die Kandidatin der konservativen UMP,Marie-Josée Roig, die auch bis 2014 Bürgermeisterin der Stadt war, 55,52 % der Stimmen (gegenüber 56,71 % im gesamten Wahlkreis, dem ersten Wahlbezirk von Vaucluse).[43] In denPräsidentschaftswahlen von 2007 vereinigteNicolas Sarkozy im zweiten Wahlgang 52,02 % der Stimmen, während er im ersten Wahlgang 30,44 % der Stimmen erreichen konnte (gegenüber 28,68 % fürSégolène Royal).[44]
Bei den Kommunalwahlen in Frankreich 2014 konnten die Sozialdemokraten gegen den landesweiten Trend das Rathaus von Avignon zurückerobern: Die Liste der Parti socialiste unter Führung vonCécile Helle erreichte im zweiten Wahlgang 47,5 % der Stimmen (40 Sitze), die Liste der Front National vonPhilippe Lottiaux erreichte mit 35 % den zweiten Platz (9 Sitze), während die UMP vonBernard Chaussegros nur noch auf 17,5 % kam (4 Sitze).
Avignon ist diePräfektur von Vaucluse und besitzt daher zahlreiche Verwaltungsgebäude, vor allem dieArchives départementales von Vaucluse, die wie alle departementalen Archive 1796 erschaffen wurden, oder auch dasCentre départemental de documentation pédagogique du Vaucluse.
2007 lagen die durchschnittlichen Steuereinnahmen pro Haushalt bei 13545 Euro, womit Avignon auf Platz 28.198 unter den 30.714 französischen Gemeinden mit mehr als 50 Haushalten rangierte.[50]
DieBudgetierung vom 15. Februar 2007 für das Jahr 2007[51] plante mit einer Gesamtsumme von218,7 Millionen Euro.
Bei einer Betriebssumme von150,4 Millionen € dachte die Gemeinde an eine Selbstfinanzierung von19,7 Millionen Euro.
Die Nettoeinnahmen setzten sich folgendermaßen zusammen:[51]
53,9 Mio. € Steuereinnahmen und Gebühren
44,5 Mio. € Grand Avignon
43,4 Mio. € staatliche Zuwendungen
08,2 Mio. € restliche Einnahmen
Seit 1996 sanken die Wohnungssteuer[52] (von 22,41 auf 19,24) und die Grundsteuer[53] für nicht bebaute Flächen (von 62,36 auf 55,18). Die Grundsteuer für bebaute Flächen blieb gleich (25,64).
Die Betriebsausgaben setzten sich folgendermaßen zusammen:[51]
67,3 Mio. € Personal und damit zusammenhängende Kosten
2002 stand Avignon mit 173,35 Straftaten pro 1000 Einwohner an der Spitze der Kriminalitätsstatistik bei französischen Städten mit mehr als 25.000 Einwohnern. Lediglich in einigen kleineren Orten wieSaint-Tropez gab es noch mehr Straftaten pro Kopf.[55] 2009 war Avignon mit 120 Straftaten pro 1000 Einwohner noch auf Platz 2 unter den Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern (hinterSaint-Denis).[56]
2005 griffen die sozialen Unruhen in den französischen Vorstädten, die im Pariser Raum begonnen hatten, auch auf Avignon über.[57] Im Oktober 2010 wurden in Frankreich zwölf Islamisten festgenommen, darunter auch welche in Avignon. Sie planten, Dschihadisten nach Frankreich einzuschleusen.[58]
In seiner Ausgabe vom Januar 2003 veröffentlichte das MagazinÇa m’intéresse eine Rangliste bezüglich der Müllsortierung in den größten Städten Frankreichs, bei der Avignon den ersten Platz einnahm.[60] In sieben Jahren vervielfachte die Stadt die Menge an gesammeltem Trennmüll um mehr als das Dreifache, von ungefähr 1000 Tonnen 1996 auf 3190 Tonnen im Jahr 2003.[60]
Zehn Müllsammelstellen stehen den Avignonesen zur Verfügung, davon vier in der Innenstadt und sechs in den Außenbezirken.[60]
Seit Mai 2003 ist eine „Umwelttruppe“ der Gemeindepolizei damit beauftragt, illegale Müllablagerungen, Graffitisprayer und Lärmbelästiger zu verfolgen.[61]
Für die Behandlung und Entsorgung von Hausmüll ist dieCommunauté d’agglomération du Grand Avignon zuständig. Es gibt auch eine entsprechende Einrichtung für Abfälle, die von der Industrie und dem Handel im Großraum Avignon stammen.
Avignon ist mit einer Station zur Überwachung der Luftradioaktivität ausgestattet, da sie sich im Süden von zwei anfälligen Anlagen befindet, die flussaufwärts an der Rhône liegen: in70 km Entfernung liegt dieNuklearanlage Tricastin und dieUrananreicherungsanlage vonPierrelatte und ungefähr30 km entfernt befindet sich das stillgelegteKernkraftwerk Marcoule. Die Stadt ist gleichermaßen mit einer Wasserbalise zur Überwachung der Wasserradioaktivität in der Rhône ausgerüstet.[62]
Tagtäglich wird ein Indikator für die Luftqualität („ATMO“) über der Stadt gemessen. Im Durchschnitt wird die Luft in60 Prozent der Fälle als „gut“ oder „sehr gut“ bewertet, zu38 Prozent „mittel“ oder „unzureichend“ und nur zu2 Prozent als „schlecht“. Diese Ergebnisse werden durch denMistral begünstigt, der als Zerstreuer fungiert.[63]
In der Stadtgemeinde von Avignon sind zur Bekämpfung des Lärms die Behörden desService environnement hygiène santé (Umweltservice für Hygiene und Gesundheit) und die Gemeindepolizei beauftragt.[64] Zur Lärmbekämpfung wurden bisher mehrere Maßnahmen ergriffen: Verabschiedung einer Gemeindeverordnung, gebührenpflichtige Verwarnungen, Errichtung vonLärmschutzwänden, Einkauf von Elektrofahrzeugen usw.[64] Hauptverursacher für die Geräuschbelastung ist der Flugplatz von Avignon-Caumont, besonders durch seinenKunstflugbetrieb.[65] Die Vereinigung ADRAC(association de défense des riverains de l’aérodrome de Châteaublanc)[66] unterzeichnete im Oktober 2001, nach sechs Verhandlungsjahren, mit anderen Partnern (Aéroclub Vauclusien, Stadt von Avignon usw.) eine „Charta für gutes Verhalten“. Während derTage der offenen Tür des Flugvereins im Frühling 2009 führte jedoch die Anwesenheit einesTucano[67] dazu, dass sich eine Anwohnervereinigung erneut über die Flugzeuge beschwerte, darunter über die Kunstflieger, die bis dahin im Flugverein seit drei Jahren nicht mehr geflogen sind.[68]
Im Januar 2005 wurde in Avignon die vierte Tagung für diequalité de l’environnement sonore(Qualität des Umweltlärms) durchgeführt.[64]
Blasonierung: „In Zinnoberrot dreipfahlweise waagerecht mit dem Bart nachrechts unten zeigende goldeneSchlüssel mit einem Kreuzeinschnitt im Bart und einerVierpassreite. DieSchildhalter sind zweiGerfalken, die jeweils eine Schelle an der Pfote tragen, und von einer Krone in Form einer gezinnten Stadtmauer überragt.“[69]
Die Devise istUnguibus et rostro[70] und bedeutet wortwörtlich „Schnabel und Klauen“(à bec et à griffes), ähnlich zur französischen Redewendungà bec et ongles.
Das Logo der Stadt zeigt einen Teil desPont Saint-Bénézet über der in GroßbuchstabenAVIGNON steht. Es handelt sich um eine unscharfe, verfälschte Fotografie der Brücke, deren Brückenbogen ungewöhnlich in die Länge gezogen wurde. Die gelbe Ockerfarbe steht im Kontrast zum Himmel und zum Wasser derRhone, die Brücke ist anhand ihrerKapelle identifizierbar. Es existieren mehrere Ausführungen. Am unteren Rand kann unter der Brücke der Slogan „VILLE D’ESPRIT“ stehen.
Im Laufe ihrer Geschichte hat die Stadt Avignon mehrere Schutzheilige erhalten.[71] Im achtzehnten Jahrhundert wurden bei der Umgestaltung des Rhôneufers Statuen dieser Heiligen aufgestellt.
Saint Ruf: gilt als Gründer der Kirche von Avignon.[72]
Peter von Luxemburg: Seit 1432 Patron von Avignon, 1527 seliggesprochen. Die Kirche Saint-Didier besitzt Reliquien seines Körpers.[74]
Saint Agricol: 627 als Sohn vonSaint Magne in Avignon geboren, Bischof der Stadt. Er wurde 1647 durch den ErzbischofCésar Argelli zum Patron der Stadt erklärt.[75]
Blick nach Nordosten mit dem Mont Ventoux im Hintergrund
Die Stadt Avignon ist nicht nur ein Verwaltungszentrum, sondern vordergründig ein künstlerischer und kultureller Schauplatz und eine Stadt mit einem reichen Kulturerbe. Sie trug lange Zeit den Titel „Stadt der Kunst“, der 2005 abgeschafft und durch den Titel „Städte und Länder der Kunst und Geschichte“ ersetzt wurde. Die Stadtgemeinde beschloss jedoch, sich dieser neuen Bezeichnung nicht weiter anzuschließen.
Die hoheStadtmauer aus dem14. Jahrhundert fällt einem als erstes auf, wenn man sich dem Stadtzentrum nähert. Sie ist ungefährvier Kilometer lang und wird von 39 Türmen und sieben Haupttoren flankiert, die sich um die Altstadt herum verteilen. Die ehemaligen Wassergräben wurden zugeschüttet und inParkplätze umgewandelt, die Mauer hat jedoch immer noch ihre einstige Höhe erhalten, mit der sie den Einwohnern von Avignon einen guten und sicheren Schutz bot.[78]
In der Altstadt findet man viele Kirchen, eine davon ist diePfarrkircheSt-Pierre d’Avignon, eine um 1356 im Südwesten des Papstpalastes errichtete ehemaligeKollegiatkirche mit einer sehenswertenspätgotischen Fassade aus dem frühen 16. Jahrhundert. Die schönenFlamboyantornamente stammen von dem damals in Avignon ansässigen Glasmaler Philippe Garcin und sind der Fassade als flaches Relief aufgeblendet. Das Portal schmücken kostbare hölzerneRenaissance-Türflügel, die der burgundische Bildhauer Antoine Volard im Jahr 1551 schuf.
Weitere sehenswerte Gebäude sind dieKardinalspaläste, die Stadthäuser mit Fassaden aus dem 16., 17. und18. Jahrhundert, die Klöster (Kapuzinerkloster), eineOper, mehrere kleine Plätze(place de l’Horloge) und Museen (Lapidarium, Requien-Museum,Musée Calvet, Louis-Voulant-Museum,Musée du Petit Palais,Maison Jean Vilar, ein Nebengebäude derFranzösischen Nationalbibliothek), eine denkmalgeschützte Bibliothek, eine denkmalgeschützteHutmacherei (die einzige in Frankreich), die Chapellerie Mouret, eine „grüne Mauer“, die auf der Nordseite der Markthallen aufgehängt ist und natürlich derPapstpalast mitsamt seinemcour d’honneur und seinen vielen Nebengebäuden.
Der Papstpalast war von 1309 bis 1417 Sitz des sogenanntenavignonesischen Papsttums und Residenz der Päpste. Der französische König Philipp IV. hatte im Jahr 1309 durch machtpolitische Ränkespiele die Wahl eines französischstämmigen Papstes durchgesetzt, der nicht in Rom, sondern in Avignon residierte. Philipp umstieß somit das fundamentale Selbstverständnis der katholischen Kirche, nämlich dass ihr Oberhaupt in Rom residieren soll, weil der erstePapst, der ApostelPetrus, traditionell als ersterBischof von Rom gilt. Freilich dienten auchViterbo undAnagni im Laufe der Papstgeschichte als langfristige Papstresidenzen, aber eher aus praktischen Gründen. Avignon wurde zu einem Stein des Anstoßes, um französische Macht zu betonen: Beginnend mitClemens V. nahmen sieben aus Frankreich stammende Päpste ihren Sitz in Avignon. Im Jahr 1377 verlegteGregor XI. seine Residenz wieder nach Rom, was jedoch die französischen Kardinäle nicht anerkannten, die im Folgejahr einenGegenpapst wählten und damit das Schisma einleiteten, das der katholischen Kirche bis zum Ende desKonzils von Konstanz (1417) zwei Päpste bescherte, die sich gegenseitig nicht anerkannten.
Der Papstpalast wurde hauptsächlich vonBenedikt XII. undClemens VI. gebaut, dem dritten und vierten französischen Papst. Clemens VI. kaufte außerdem die Stadt Avignon von KöniginJohanna von Neapel. Bis zur Französischen Revolution blieb die Stadt somit Teil desKirchenstaates.
Jean Froissart beschrieb den Palast als „das schönste und überwältigendste Anwesen der Welt“. Der Palast wurde auf demRocher des Doms errichtet, der einzigen Anhöhe, die sich nahe genug an derRhone befand und auf der auch die KathedraleNotre-Dame des Doms steht.[78]
Wenn man die Altstadt verlässt und sich den Uferböschungen zuwendet, gelangt man zur berühmten steinernenBrücke von Avignon, dem Pont Saint-Bénézet. Von ihren zweiundzwanzig Brückenbogen, die im14. Jahrhundert über die Rhône gebaut wurden, hielten der Flut von 1668 nur vier Bogen stand, so dass die Brücke heute im Fluss endet. Das Bauwerk, das eine erstmals im12. Jahrhundert errichtete und mehrfach erneuerte Holzkonstruktion ersetzte, ist durch das VolksliedSur le pont d’Avignon (dt. Auf der Brück’ von Avignon) bekannt geworden. Der Ursprung dieses Liedes, das ursprünglichSous (dt. unter) le pont d’Avignon hieß, liegt in der Zeit, als die Brücke noch bis auf die Île de la Barthelasse führte: Damals gab es dort ein Volksfest, das u. a. unter den Brückenbögen stattfand.[79]
Der Papstpalast aus dem14. Jahrhundert und die Brücke Saint-Bénézet aus dem12. Jahrhundert gehören zumUNESCO-Weltkulturerbe.
Avignon besitzt mehrere Kinos, darunter zweiUtopia-Kinos und zweiIndependent-Kinos (Art et Essai,Cinéma de recherche). Das erste besteht aus vier Sälen und befindet sich beiLa Manutention, das zweite hat nur einen Saal und liegt in derRue de la République.
Die Stadt besitzt außerdem zahlreiche Theater, eine Oper und mehrere Kunstgalerien.
Avignon hat 12 Bibliotheken mit insgesamt mehr als 500.000 Büchern. Die bedeutendste davon ist die Mediathek Ceccano, die im Kardinalspalast vonCeccano eingerichtet wurde und mehr als 250.000 Medieneinheiten (Bücher, Handschriften, Drucke) beherbergt. Bedeutsam sind vor allem kostbare Handschriften aus dem fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert sowie eine Sammlung religiöserIkonographie.[81]
Weitere Museen sind das Musée de l’Œuvre, Musée du Mont-de-piété,Palais du Roure,Maison Jean-Vilar (gehört zur Nationalbibliothek von Frankreich),Musée Angladon und das Musée Louis-Vouland
Im 14. Jahrhundert fand die große Premiere einesMysterienspiels statt, das in einer einheimischen Sprache aufgeführt wurde. Am 27. November 1372 ließPhilippe de Mézières, unter Absprache mit PapstGregor XI., eine Aufführung mit dem TitelLegenda Presentationis Beate Maria in derfranziskanischen Cordelierskirche von Avignon spielen. Vor der Messe fanden Festspiele und Prozessionen statt, mit als Engel verkleideten Musikern und singenden Schauspielern, die einprovenzalisches Stück namensad exitandum populum ad devotionem aufführten.[82]
Die Theateraufführungen hatten im Laufe der Zeit ihren Stil gewechselt und sollten von nun an auch im Inneren gespielt werden. Sie wurden in derJeu-de-Paume-Halle von Sieur Daniel Herbouillet in der Rue de la Bouquerie aufgenommen. Diese wurde daraufhin anNicolas Mignard verkauft, der dort zwischen 1655 und 1658Molière zu Besuch hatte.[83]
Operntheater
DasKomödientheater von Avignon war das erste Gebäude in der Stadt, das speziell für die Aufführung von Theaterstücken konstruiert wurde. Es wurde von 1734 bis 1824 in Betrieb genommen, konstruiert nach den Plänen vonThomas Lainée. Einer der Direktoren warFabre d’Églantine. Nach Aussage des EngländersJames Butler, dem damaligenDuke of Ormonde, war es das schönste Theater von Frankreich:
„Um die Stadt noch angenehmer zu gestalten, habe ich dazu beigetragen eine Theaterhalle zu bauen, die gewiss die lustigste von Frankreich ist. Sie zieht Theatertruppen vom Lande an und wir haben dann für mehr als sechs Monate im Jahr Komödienaufführungen.“
Es wurde durch ein neues Theater ersetzt, das auf demPlace de l’Horloge anstelle des stillgelegtenBenediktinerklosters von Saint-Laurent errichtet wurde. Die erste Vorstellung wurde am 30. Oktober 1825 gegeben.[85] Zerstört durch einen Brand am 30. Januar 1846 wurde es an derselben Stelle wiederaufgebaut und 1847 fertiggestellt.Joseph Girard,Konservator desMusée Calvet, hielt es für das herausragendste Gebäude des 19. Jahrhunderts in Avignon.[86]
Seit 1947 findet jedes Jahr im Juli dasFestival von Avignon mit zahlreichen Theater-, Tanz- und Gesangsvorführungen statt. Neben den „In“-Aufführungen, die von öffentlichen Einrichtungen gefördert werden, gibt es auch hunderte „Off“-Aufführungen privater Theatergruppen. Während des Festivals herrscht ein reges Treiben in den Straßen, besonders in der Rue des Terniers, auf dem Place d'Horloge und dem Platz am Palais des Papes.
Nach Absprache mit der Stadtgemeinde wurde der Ehrenhof des Papstpalastes Schauplatz für die VeranstaltungUne semaine d'Art en Avignon, die vom4. bis 10. September 1947 stattfand und aus der sich dann das Festival entwickelte. 4800 Zuschauer erlebten anfangs sieben Veranstaltungen an drei verschiedenen Orten (Ehrenhof des Papstpalastes, Stadttheater, Obstgarten von PapstUrban V.).[88]
Neben dem großen Festival bietet die Stadt noch zahlreiche weitere Veranstaltungen:
Sport in Avignon findet in organisierter Form alsBreitensport in rund 120 Vereinen statt.[89]
Avignon besitzt, wie alle größeren französischen Städte, zahlreiche Sportstätten (mehrere Stadien und Stadtbäder, Eisbahnen, Bowling-Center, Golfplätze,Dōjōs usw.). Auf den Anlagen lässt sich, egal ob öffentlich oder privat, eine Vielzahl von Sportarten ausüben. Die größten Sportstätten der Stadt sind derParc des Sports, dasStade de Saint-Ruf, derCosec Moretti, derPalais Omnisports Champfleury, derPalais de la Glace (Eispalast) und dasHippodrome Roberty.[90]
Jedes Jahr werden zahlreiche Sportevents wie dieTour des Remparts oder die10 km de la Cité des Papes organisiert, aber auch Fußballturniere sowie Veranstaltungen imBoule-Spiel, Boxen, Gymnastik, Rugby,Rock ’n’ Roll (Tanz), Inlineskating usw.[89]
Als Mitte des vierzehnten Jahrhunderts der Papstpalast gebaut wurde, kamen italienische Künstler, wieSimone Martini undMateo Giovanetti, nach Avignon. Zur Ausbildung junger französischer Maler gründeten sie die Schule von Avignon, die als Ausgangspunkt derRenaissance-Malerei in Frankreich gilt und Maler wie z. B.Enguerrand Quarton hervorbrachte. Zu den bedeutendsten Werken zählt diePietà von Villeneuve-lès-Avignon, die heute imLouvre hängt.
Avignon galt als Zentrum derFélibrige-Bewegung, die sich zum Ziel setzte, dieprovenzalische Literatur wiederzubeleben.[91] In der Stadt wohntenThéodore Aubanel undJoseph Roumanille.Frédéric Mistral studierte hier und gab seinen berühmtes Gedicht''Mirèio'' heraus.[92] Aus diesem Grund wird Avignon oft als „Gehirn des Félibrige“ bezeichnet.[93]Félix Gras wohnte in derrue Sainte-Praxède, die heute seinen Namen trägt, nahe der Bibliothek seines Schwagers in derrue Saint Agricol, und galt als „unbestrittener Chef der zweiten Félibrige-Generation“.[94] Bei der Gründungssitzung der Bewegung inFont-Ségugne beschlossen die Mitglieder, eine Zeitschrift herauszugeben, deren erste Ausgabel’Armana prouvençau pèr lou bèl an de Diéu 1855, adouba e publica de la man di felibre hieß. Die Zeitschriften wurden zunächst bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts in Avignon gedruckt, später imDépartement Bouches-du-Rhône. Von 1891 bis 1899 veröffentlichte die Bewegung zudem die wöchentliche ZeitungL’Aïoli, journal hebdomadaire, édité à Avignon, Palais du Roure.[95]
Die „echte“ avignonesische Gastronomie ist typischmediterran und zeichnet sich besonders durch die Verwendung vonOlivenöl,Zwiebeln und einer großen Auswahl an Gewürzkräutern aus.[96] Die Verwendung von Oliven- oder anderem Öl ist auch typisch für dieokzitanische Küche, im Gegensatz zur nordfranzösischen, in der hauptsächlich mit Butter gearbeitet wird.[96]
Mit sehr vielfältigen Rezepten ist Avignon ebenso innerhalb derprovenzalischen Küche vertreten.[96] Es wird viel Gemüse verwendet, vor allem Hülsenfrüchte wie Linsen, Bohnen,Kichererbsen, aber auch Tomaten,Artischocken,Auberginen undZucchini. Charakteristisch für dieProvence ist die Verwendung von Getreide wieDinkel, aber auch Gewürze wieKnoblauch undThymian. Das typisch provenzalische findet sich in zahlreichen einheimischen Gerichten wieder, die heutzutage immer noch von den Avignonesen zubereitet werden:Daube,Aioli,Ratatouille, Dinkelsuppe etc.
Es gibt mindestens fünf typische avignonesische Spezialitäten, die, auch wenn sie sich nicht ausschließlich auf das Gebiet von Avignon beschränken lassen, doch eine eindeutige avignonesische Identität aufweisen. Zu den traditionellen Spezialitäten zählenGedünsteter Maifisch,Avignonesische Daube,Papeton d’aubergine, dasCrespeou und dieberlingots. Moderne Spezialitäten sind dasnavarin en avignonaise (Lammragout mit Orangen, Oliven und Gemüse) und diePapaline d’Avignon (Süßspeise, bestehend aus Oregano-Likör, der in Schokoladenmäntel eingehüllt ist).
Weinberg amRocher des DomsInnerstädtische Weinreben am Fuße desJardin des Doms
Während der Papstzeit von Avignon war derVinea Vespalis („Bischofsweinberg“) auf dem Plain-de-Lunel eines der berühmtesten Weinbaugebiete innerhalb der Stadtmauern. Er gehörte bis zum 11. Juli 1364 denKanonikern von Avignon. An diesem Datum erlaubte PapstUrban V. seinen BruderAnglic Grimoard über den Weinberg nach eigenem Willen zu verfügen. In einerBulle autorisierte der Papst ihn, seineVasallen auf demVinea Vespalis von allen steuerlichen Lasten zu befreien und enteignete dasDomkapitel seiner Weinreben, um sie seinem jüngsten Bruder zu bewilligen.[97][98] Die anderen Weinberge befinden sich im östlichen Stadtviertel „Grands Jardins“, einem nicht bebauten Gebiet zwischen den Stadtmauern, und im südlichen Champfleury, das 1348 alsPestfriedhof gedient hat.
Zurzeit erhebt Avignon Anspruch auf den Titel „Hauptstadt der Côtes du Rhône“, da die Stadt den Firmensitz derInter Rhône imHôtel de Rochegude innehat, die als Dachverband die Weinverbände derCôtes du Rhône und desAOC de la vallée du Rhône zusammenschließt.[100]
In Avignon befinden sich rund 7000 Unternehmen, 1500 Verbände, 1700 Geschäfte und 1300 Dienstleistungsbetriebe, die mehr als 35.000 Personen beschäftigten.[101] Von 1999 bis 2010 lag dieArbeitslosenquote bei rund 22 %. Etwas weniger als ein Drittel aller Beschäftigten sind Angestellte, Arbeiter und Beschäftigte in nichttechnischen Berufen stellen jeweils rund 25 %. Rund 10 % sind Führungskräfte oder sind dem Bildungsbereich zuzuordnen. Handwerker, Händler und Geschäftsführer sind ungefähr 6 %, weniger als 1 % arbeitet in der Landwirtschaft.[102] Es gibt nur zwei Industrieunternehmen mit mehr als 100 Angestellten:EDF (Grand Delta) mit ungefähr 850 Angestellten und Onet Propreté[103] mit etwas mehr als 300 Mitarbeitern.[104] Dertertiäre Sektor ist der weitaus dynamischste im Département.[105]
In Avignon gibt es neun großeGewerbegebiete (Zone d’activité).[105] Das wichtigste Gewerbegebiet liegt in Courtine und beherbergt fast 300 Betriebe (davon sind die Hälfte Dienstleistungsunternehmen, ein Drittel Handelsunternehmen, und der Rest Industrie) mit 3600 Angestellten.[105] Das Gebiet bedeckt eine Fläche von 300 Hektar und befindet sich südöstlich der Gemeinde, auf der Höhe desTGV-Bahnhofs. Dahinter folgt das Gewerbegebiet von Courtine mit ungefähr 100 Betrieben und 1000 Angestellten. Das Gebiet ist jedoch im Vergleich zu Courtine hauptsächlich auf Handelsunternehmen ausgerichtet.[105]Das Gewerbegebiet desMarché d’intérêt national (MIN), der Agroparc (oder „Technopole Agroparc“) und das Gewerbegebiet von Christole liegen nebeneinander und beherbergen jeweils etwas weniger als 100 Betriebe.[105] Auf dem Gebiet befindet sich einINRA-Zentrum, das seit 1953 wissenschaftliche Forschungen für Wald- und Anbauflächen betreibt und sich auf Umweltingenieurwesen und Umweltprojektplanung spezialisiert hat.Die Gebiete von Castelette, von Croix de Noves, von Realpanier und desFlughafens zählen jeweils weniger als 25 Betriebe, die sich auf Dienstleistungen und Handel verteilen.[105]
Südlich von Avignon wurde einefreie Wirtschaftszone eingerichtet, in der die dort ansässigen Unternehmen weniger Steuer- und Sozialabgaben zahlen müssen.[106] Sie befindet sich zwischen den Stadtmauern und derDurance, in den Vierteln von Croix Rouge, Monclar, Saint-Chamand und Rocade.[107]
Bezogen auf den Anbau von Frischgemüse imDépartement Vaucluse drängte der Marché d’intérêt national die lokalen Märkte des Départements in den Hintergrund und wurde für das Handelsgewerbe zum Strukturpol. In den Jahren 1980–1990 verstärkte die Entwicklung des Warenverkehrs zwischen Nord- und Südeuropa die Stellung Avignons als logistische Drehscheibe und begünstigte die Entstehung von Transport- und Logistikunternehmen.
In Avignon sind mehrere Zeitungsagenturen ansässig:La Provence,Vaucluse Matin,Hebdo Vaucluse,Midi Libre,La Marseillaise,Petites affiches de Vaucluse,Actualités Avignon,Vu sur le pont, aber auch die kostenlosen ZeitschriftenBonjour 84 undPlus Hebdo.[108]
Vier Millionen Besucher halten sich jährlich in Avignon auf, um die Stadt, die Region oder dasFestival zu besuchen.[110] Damit gehört die Stadt, neben dem Luberon und dem Mont Ventoux, zu einem der Haupttouristikzentren im Department Vaucluse. 2010 wurden fast die Hälfte aller Hotelübernachtungen in Avignon gebucht. Zur Festivalzeit im Monat Juli sind fast alle Hotels ausgebucht.[111]
Seit 1976 nimmt dasInternationale Kongresszentrum zwei Flügel desPapstpalastes ein. Für die Veranstaltungen stehen zehn Empfangs- und Arbeitssäle zur Verfügung. Die großen PrestigesäleGrand Tinel undGrande Audience im Besucherbereich des Palastes werden ergänzend zu den Versammlungsräumen für die Organisation von Cocktailpartys, Galadiners, Ausstellungen etc. genutzt.
DieStraßenbahn in Avignon verlässt die Station "Gare Centre" und fährt in Richtung Saint-Roch
Dank ihrer Lage an der Rhône und ihrer Nähe zu größeren Städten wie Marseille oder Nîmes ist Avignon verkehrsmäßig gut erschlossen. Sie hat Anschluss an die AutobahnenAutoroute A7 (E714) (auchAutoroute du soleil genannt), mit den beiden Anschlussstellen: „Avignon nord“ und „Avignon sud“, und dieAutoroute A9 (E15) mit der AnschlussstelleRemoulins.
Die Stadt bietet sieben gebührenpflichtige überwachteParkplätze an und stellt zwei kostenlose überwachtePark-and-ride-Parkplätze mit einer Kapazität von 1200 Plätzen zur Verfügung, mit kostenlosen Pendelbussen, die ins Zentrum der Stadt fahren.
Seit Oktober 2019 verfügt Avignon wieder über eineStraßenbahnlinie. Eine zweite Linie soll 2025 in Betrieb genommen werden.[112] Schon von 1889 bis 1932 verkehrte eine meterspurige Straßenbahn im Großraum Avignon.
Acht Kilometer südöstlich der Stadt befindet sich derFlughafen Avignon, der von verschiedenen britischen Flughäfen aus angeflogen wird. Der Flughafen befördert ungefähr 80.000 Passagiere pro Jahr. 80 km südlich liegt derFlughafen Marseille, 90 km südwestlich derFlughafen Montpellier.
Die Rhône fungiert seit Jahrhunderten als wichtiger Transportweg für die Stadt. Der Wasserverkehr in Avignon profitiert von zwei Handelshäfen, von Anlegestellen fürKreuzfahrtschiffe. Auch ein kostenlosesWassertaxi kommt vor Ort zum Einsatz.
Eine Vélopop-Station vor den Mauern der Stadt
Avignon verfügt über 145 Kilometer anRadwegen[101][114] und hat sich im Juli 2009 mit einem Fahrradsystem ausgerüstet, demVélopop.[115] Das Vélopop wird vomTCRA(Les Transports en Commun de la Région d’Avignon), dem Transportnetz der Gemeinden im Großraum von Avignon, verwaltet.[116]
Die größten Arbeitgeber der Gemeinde sind mit jeweils 2000 Angestellten das Krankenhauszentrum Henri Duffaut, das Rathaus von Avignon und das Klinikum Montfavet. Danach kommt derGeneralrat von Vaucluse mit ungefähr 1300 Angestellten.[104]
Avignon profitiert von 27 öffentlichenKindergärten, 34 öffentlichenGrundschulen, sowie fünf privaten Kindergärten und Grundschulen.[117] DieSchulkantinen verteilen ungefähr 4000 Mahlzeiten pro Tag. Auf dem Gemeindegebiet existieren insgesamt neun öffentliche und vier privateGesamtschulen, sowie acht öffentliche und vier privateGymnasien, darunter dasLycée Frédéric-Mistral.[118]
An Berufsschulen gibt es in Avignon neunCFA mit unterschiedlicher Herkunft (Lebensmittelindustrie, Industrie- und Handelskammer von Avignon und Vaucluse, Handwerkskammer von Vaucluse, Bauindustrie,Centre de ressources de techniques avancées (CRTA)) und breit gefächerten Angeboten, zu denen 24 Schulen und Einrichtungen für Aus- und Weiterbildung hinzukommen.[118]
DasConservatoire de danse du Grande Avignon[118] bietet Ausbildungen in Tanz, Musik und Schauspielkunst an. Die städtische KunsthochschuleÉcole d’art d’Avignon[119] ist nur über eineAufnahmeprüfung zugänglich und unterrichtet verschiedene Gebiete der Bildenden Kunst (Zeichnen, Malerei,Räumliche Inszenierung, Fotografie, Video, Multimedia), Kulturgeschichte, zeitgenössische Kunstgeschichte und wissenschaftliche Kunstannäherung (Wissenschaft und Kunst, Physik und Chemie).
Klassische Fassade des Hauptgebäudes der Universität Avignon (Ehemaliges Krankenhaus Sainte Marthe)
Die Universität Avignon unterrichtet ungefähr 7600 Studenten. Sie vereinigt vierUFR, einIUT und einIUP und bietet vor allem akademische Lehrgänge in den Bereichen Kultur,Agrarwissenschaft und Informatik.
1303 durch PapstBonifatius VIII. gegründet,[120] wurde sie danach vonKarl II. gefördert, dem König von Sizilien und Grafen der Provence. Die Universität behauptete sich fast 500 Jahre lang und wurde am 15. September 1793 per Dekret geschlossen. Avignon wurde 1963 mit der Eröffnung eines wissenschaftlichen Hochschulzentrums wieder akademisch. Ein Jahr darauf eröffnete ein Hochschulzentrum fürPhilologie.
Die beiden Einrichtungen gehörten ursprünglich zurUniversität von Aix-Marseille und fusionierten 1972 zu einem akademischen Zentrum, das am 17. Juli 1984 unter dem NamenUniversité d’Avignon et des Pays de Vaucluse zu einerVolluniversität wurde (unabhängig von der Universität Aix-Marseille). Zu dieser Zeit teilten sich drei UFR (Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften, Angewandte Natur- und Sprachenwissenschaften) 2000 Studenten. Die Rechtswissenschaften als vierter Zweig gingen aus einer Rechtswissenschaftlichen Fakultät hervor, die in einem Nebengebäude derUniversität Aix-Marseille III untergebracht war. 1990 folgte eine Fachhochschule (IUT) und 1992 ein IUP.
Um eine allzu weite Verteilung der Studenten zu vermeiden (zehn Standorte im Jahr 1991) und das Stadtzentrum zu beleben, beschloss man die verschiedenen Bildungsinstitutionen an einem Standort zu vereinen und dort auch die Gemeinschaftseinrichtungen unterzubringen (besonders die Bibliotheken und Mensen). Als neuer Standort diente das ehemalige Krankenhaus Sainte-Marthe, wo 1997 die ersten Vorlesungen gehalten wurden.
In Avignon befinden sich die wichtigsten Gesundheitseinrichtungen von Vaucluse, darunter die einzige Kindernotaufnahme im Département. Die beiden größten Kliniken in der Gemeinde sind dasKrankenhauszentrum von Avignon „Henri Duffaut“[121] und dasKrankenhauszentrum von Montfavet.
Das Klinikum von Avignon versteht sich als Einrichtung mit Pflegeauftrag (Bereitstellung medizinischer Notfallhilfe, Durchführung öffentlicher Gesundheitsmaßnahmen) und ist darüber hinaus für Forschung, Lehre und Ausbildung zuständig. Das Klinikum Montfavet[122] ist in erster Linie einepsychiatrische Klinik und besitzt Abteilungen für Erwachsenen-, Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie einMaison d’accueil spécialisée (MAS) und eine Abteilung für Arbeitshilfe. Das Zentrum befindet sich fünf Kilometer östlich von Avignon im Stadtteil Montfavet, auf dem Hügel vonMontdevergues.
Weiterhin ist Avignon Sitz einer Notarkammer und einer Handelskammer.
Die ehemalige Haftanstalt in der Rue Banasterie 55bis wurde geschlossen und nachPontet verlegt. Der Gefängnisbau wird derzeit saniert und in ein Wohnprojekt mit dem NamenCour des Doms umgewandelt.[123]
DerJesuiten-VaterÉtienne Martellange fertigte eine Zeichnung an, die Avignon um 1617 zeigt. Er wird auch in Verbindung mit derCarte aux personnages aus demselben Jahr und mit der Kartenzeichnung aus demAtlas van Loon gebracht.
In der autobiographischen DokumentationDie Strände von Agnès vonAgnès Varda (2008) sieht man die Fotoausstellung von Varda beim Festival in der Kapelle Saint-Charles.
Avignon und der Papstpalast dienten schon häufig als Schauplatz literarischer Handlungen, insbesondere in der französischen Literatur. Zu den bekanntesten Werken zählen wahrscheinlichGargantua und Pantagruel vonRabelais oder dieBriefe aus meiner Mühle vonAlphonse Daudet, die auf die Zeit der Päpste Bezug nehmen. Zahlreich sind auch die Erwähnungen bekannter Reisender wie etwaFrancesco Petrarca,Anne Marguerite Petit Du Noyer oderStendhal, deren Eindrücke und Ansichten jedoch recht unterschiedlich ausfallen. So wird Avignon von den einen als friedvolle, idyllische Stadt beschrieben, in der es sich gut leben lässt. Andere wie etwaProsper Mérimée zeigen sich erstaunt über den imposanten Papstpalast, der aufgrund seines festungsartigen Charakters zuweilen auch auf Abneigung stößt. Am unwohlsten in Avignon fühlte sich wohl Petrarca, der sich von der großen Stadt regelrecht abgestoßen fühlte und lieber inFontaine-de-Vaucluse lebte.
Am 20. Juni 1938 gab die französische Post eine vonAndré Spitz gezeichnete und vonJules Piel geprägte Briefmarke des Papstpalastes mit einem Nennwert von drei Francs heraus.[126]
Seit 1960 wird von derSociété philatélique Vauclusienne et Provençale Jahr für Jahr eineJournée du Timbre nach Avignon organisiert, für die illustrierte Karten mit einem Blick auf den Pont Saint-Bénézet und dem Papstpalast herausgebracht werden.
1997 widmete die Postverwaltung der InselnWallis und Futuna eine ihrer Ausgaben dem fünfzigsten Jubiläum des Avignon-Festivals. Das Postwertzeichen mit einem Nennwert von 160 Francs zeigt in der Mitte Symbole für Theater, Musik und Tanz, sowie den von einem Feuerwerk erhellten Papstpalast.[128]
In Andenken an Jean Vilar gab die Post am 8. Juni 2001 eine Briefmarke mit doppeltem Nennwert (drei Francs und 0,46 Euro) mit dem Papstpalast im Hintergrund heraus.[129]
2009 verausgabte die französische Postverwaltung eine Briefmarke mit einem Nennwert von 0,70 Euro. Sie zeigt den gesamten Papstpalast einschließlich derKathedrale von Avignon aus westlicher Blickrichtung und wurde vonMartin Mörck entworfen.[130]
Otto Berthold (Hrsg.):Kaiser, Volk und Avignon. Ausgewählte Quellen zur antikurialen Bewegung in Deutschland in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. WBG, Darmstadt 1960.
Michel Albarède, Michel Arnaud, Gilles Cotin, Valérie Jacq:Vaucluse (= Encyclopédies du Voyage). Gallimard Loisirs, Paris 2007,ISBN 2-7424-1900-4,S.136–175.
Sophie Cassagnes-Brouquet:Sur les pas des papes d’Avignon. Ouest France éditions,ISBN 2-7373-3414-4.
Dominique Vingtain:Avignon le Palais des papes. Editions Zodiaque,ISBN 2-7369-0240-8.
↑Benjamin Stora:Appelés en guerre d’Algérie (= Pierre Marchand, Elisabeth de Farcy [Hrsg.]:Collection Découvertes Gallimard.Nr.316). Éditions Gallimard, Paris 1997,ISBN 2-07-053404-9,S.22.
↑La ville d'Avignon. In: Info-Mairie.com. Abgerufen am 17. März 2024 (französisch).
↑Dominique Iogna-Prat, Éric Palazzo, Daniel Russo:Marie. Le culte de la Vierge dans la société médiévale. Beauchesne, Paris 1996,ISBN 2-7010-1338-0, S. 75.
↑Fernand Benoît:La Provence et le Comtat Venaissin. Avignon, 1992,S. 337.
↑abcBernard Ely, La cuisine des provençaux – Saveur, santé, art de vivre. Edisud. 1997.
↑Chanoine Albanès, Ulysse Chevalier,Gallia Christiana Novissima, T. I à VII, Montbéliard-Valence, 1899 – 1920.
↑Joseph Girard,Évocation du vieil Avignon, S. 247.
↑Jean-Pierre Saltarelli,Les vins des papes d’Avignon,Bulletin de la Société scientifique, historique et archéologique de la Corrèze, t. 127, 2007, S. 73–78.