Protolyse
DieProtolyse (vonProton undaltgriechisch λύσιςlýsis „Lösung, Auflösung, Beendigung“) (oder auchprotolytische Reaktion) ist einechemische Reaktion, bei der ein Proton (H+-Ion)zwischen zwei Reaktionspartnern übertragen wird.[1] Der Begriff Protolyse bedeutet jedoch sinngemäß die Abspaltung von Protonen. Wegen dieser missverständlichen begrifflichen Ähnlichkeit mit derHydrolyse oderPhotolyse empfiehlt die IUPAC, auf den Begriff zu verzichten[1], stattdessen sollte besser vonProtonen-Übertragungen gesprochen werden.
Die Protolyse ist der entscheidende Vorgang nach der wichtigenBrønstedschen Säure-Base-Theorie. Danach überträgt eine Säure ein Proton (H+) an einen Reaktionspartner. Die als Säure bezeichnete Verbindung wirkt als Protonenspender (Protonendonator), dieBase (häufigWasser) nimmt die Protonen auf und wird daher alsProtonenakzeptor bezeichnet. Zwischen den Reaktionspartnern stellt sich einchemisches Gleichgewicht ein.
Protolytische Reaktionen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Wird das GasChlorwasserstoff (HCl) in Wasser eingebracht, bildet sich unter Protolyse dieSalzsäure. In dieserGleichgewichtsreaktion sind das Molekül HCl und das Ion H3O+ Protonendonatoren, also nach BrønstedSäuren. H2O und Cl− wirken als Protonenakzeptoren, sie sind nach Brønsted alsoBasen.
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Wird beispielsweise reineEssigsäure (H3C–COOH) in Wasser gegeben, bilden sich unter Protolyse H3O+ und dasAcetat-Anion (H3C–COO−). Hier sind CH3COOH und H3O+ Protonendonatoren, während H3C–COO− und H2O Protonenakzeptoren sind.
Protolyse der zweiprotonigen VerbindungSchwefelsäure in Wasser:
In dieserReaktionsgleichung sind die Moleküle H2SO4 und das Ion H3O+ Protonendonatoren, also nach BrønstedSäuren. H2O und SO42− wirken als Protonenakzeptoren, sie sind nach Brønsted alsoBasen. Eine besondere Rolle spielt HSO4−, das je nachReaktionsrichtung als Protonenakzeptor oder Protonendonator reagieren kann. Man bezeichnet Substanzen mit solchen Eigenschaften alsAmpholyte.
Wird das GasAmmoniak (NH3) in Wasser eingeleitet, bilden sich Ammonium-Ionen (NH4+) undHydroxid-Ionen (OH−). Protonendonatoren sind hier NH4+ und H2O, während OH− und NH3 Protonenakzeptoren sind.
Autoprotolyse
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]ReinesWasser unterliegt einer sogenanntenAutoprotolyse (auchAutodissoziation).[2] Hierbei entstehenOxoniumionen (H3O+) undHydroxidionen (OH−). H2O kann sowohl als Protonendonator (als Säure) oder als Protonenakzeptor (als Base) reagieren. Man spricht daher auch hier von einemAmpholyten.
Das Gleichgewicht liegt sehr stark auf Seite des Wassers. DasIonenprodukt für diese Reaktion beträgt bei 298 K (25 °C) etwa 10−14 mol2 l−2. Die Autoprotolyse des Wassers ist der Grund dafür, dass auch chemisch reines Wasser eine zumindest geringeelektrische Leitfähigkeit besitzt. Eine Anwendung der Autoprotolyse zur elektrischen Ladungstrennung findet sich beimKelvin-Generator, wenn dieser mit chemisch reinem Wasser betrieben wird.
Die Autoprotolyse (und damit derpH-Wert) ist stark temperaturabhängig. So betragen dieIonenprodukte Kw von Wasser (inᴍ2 = mol2 l−2):
Tempe- ratur | Kw/10−14ᴍ2 [3][4] | pKw [3][4] | neutraler pH |
---|---|---|---|
000 °C | 00,11 | 14,94 | 7,47 |
010 °C | 00,29 | 14,53 | 7,27 |
020 °C | 00,68 | 14,17 | 7,09 |
025 °C | 01,01 | 14,00 | 7,00 |
030 °C | 01,47 | 13,83 | 6,92 |
040 °C | 02,92 | 13,53 | 6,77 |
050 °C | 05,47 | 13,26 | 6,63 |
060 °C | 09,6 | 13,02 | 6,51 |
070 °C | 16 | 12,80 | 6,40 |
080 °C | 25 | 12,60 | 6,30 |
090 °C | 37 | 12,43 | 6,22 |
100 °C | 54 | 12,27 | 6,14 |
Modell der Autoprotolyse des Wassers
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Wird die Autoprotolyse des Wassers in folgender Form betrachtet:
ergibt sich für die Hinreaktion, also dieDissoziation, formal eineReaktion 0. Ordnung. Für die Rückreaktion folgt so formal eineReaktion 2. Ordnung.
Autoprotolyse in nichtwässrigen Lösungen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In Brønstedschen Säure-Base-Reaktionen können neben Wasser auch andere hinreichend polareLösungsmittel als Reaktionspartner dienen, zum BeispielMethanol oderEthanol. Ein gutes Beispiel ist die Autoprotolyse des flüssigenAmmoniaks. Es bilden sich die Ionen Ammonium und Amid.
Ionenprodukt = 10−32
Auch in konzentrierter Schwefelsäure sind analoge Reaktionen bekannt:
Ionenprodukt = 10−4
Ebenso vonFluorwasserstoff:
Ionenprodukt = 10−10,7 (0 °C)
(Weitere Beispiele unterAmpholyt#Beispiele für Ampholyte.)
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑abThe International Union of Pure and Applied Chemistry (IUPAC): IUPAC - protolysis (P04905). Abgerufen am 8. Juni 2022.
- ↑Siegfried Ebel undHermann J. Roth (Herausgeber):Lexikon der Pharmazie, Georg Thieme Verlag, 1987, S. 75,ISBN 3-13-672201-9.
- ↑abKüster, Thiel:Rechentafeln für die Chemische Analytik, 105. Auflage, Berlin / New York 2003,ISBN 3-11-017566-5.
- ↑abD'Ans – LaxTaschenbuch für Chemiker und Physiker Band 1, Springer-Verlag 1967, S. 626.