Autogamie

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Autogamie (gr. αὐτόautó „selbst“, γάμοςgamos „Ehe“), auchSelbstbefruchtung genannt, ist eine Form dersexuellen Fortpflanzung, bei der nur einElternteil vorhanden ist oder genetisch zur Fortpflanzung beiträgt. Das bedeutet, dass einIndividuum in der Lage ist, sowohl weibliche als auch männlicheGameten zu bilden. Durch Autogamie entstehengenetisch nahe verwandteNachkommen, die aber – anders als beiungeschlechtlicher Vermehrung – keinen identischenGenotyp haben. Das liegt an den Teilungsschritten bei der Bildung der Eizellen (Oogenese) und Spermienzellen (Spermatogenese). Die Gameten werden durch diemeiotischen Teilungen vom Erbgut her verschieden. Dadurch entstehen bei den Befruchtungen in denZygoten unterschiedliche Genkombinationen. Die Möglichkeiten der genetischen Rekombination sind allerdings deutlich geringer als bei aus verschiedenen Individuen hervorgehenden Nachkommen.

Inhaltsverzeichnis

Autogamie bei Pflanzen

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Erdnussblüten

Bei Blütenpflanzen führt dieSelbstbestäubung vielfach auch zur Selbstbefruchtung. DieFremdbestäubung ist allerdings bei den meisten Pflanzenarten die durchEigenheiten der Blüten begünstigte Form der Bestäubung. BeiBlütenpflanzen wird der Begriff Selbstbefruchtung nur für dieBefruchtung innerhalb derselbenBlüte benutzt. Voraussetzung hierfür ist, dass es sich um eineZwitterblüte handelt.

Innerhalb der Art regelmäßig stattfindende Selbstbefruchtung ist relativ selten, sie tritt zum Beispiel in derErdnussblüte auf. Bleibt bei einer Pflanzenart die Blüte dabei geschlossen, so spricht man vonKleistogamie. Die Befruchtung von anderen Blüten desselben Individuums oder von Blüten vonKlonen bezeichnet man alsGeitonogamie.

Viele Pflanzenarten haben aufgrund menschlicher Aktivitäten selbsterhaltende Populationen außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets etabliert. Pflanzen mit der Fähigkeit zur Selbstbefruchtung können sich von einem einzigen Individuum ausgehend fortpflanzen und vermehren. Die Fähigkeit zur Selbstbefruchtung korreliert daher positiv mit der Wahrscheinlichkeit der Einbürgerung in einem Gebiet außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets.[1]

Zahlreiche Pflanzensippen sind fakultativ autogam. Ihre Blüten öffnen sich zuerst, um Fremdbestäubung zu ermöglichen. Falls keine Fremdbestäubung stattfindet oder auch bei ungünstigen Bedingungen erfolgt gegen Ende derAnthese (Blütezeit) eine Selbstbestäubung. BeiOxalis acetosella werden offene (chasmogame) und geschlossene, knospenartige kleistogame Blüten am gleichen Individuum gebildet. In mehrerenAngiospermenfamilien ist eine fakultative und schließlich eine obligate Autogamie sekundär entstanden, so beiBrassicaceen,Violaceen,Boraginaceen undAsteraceen (z. B.Senecio vulgaris). Sie ist insbesondere beiTherophyten ausgebildet und hier vor allem beiUnkräutern, beiPionierpflanzen und bei Sippen in extremen Lebensräumen, in denen die Bestäuber weitgehend fehlen. InWüsten, subarktischen und alpinen Regionen ist Autogamie vielfach die einzige Möglichkeit, um eineFruchtbildung zu gewährleisten. Auch in zeitlich begrenzt zur Verfügung stehenden Habitaten ist es von Vorteil, wenn unabhängig von Blütenbesuchern aus Einzelpflanzen rasch Populationen aufgebaut werden können. Dabei wird die relative genetische Einheitlichkeit durchmodifikatorische Plastizität kompensiert. Trotz negativer Folgen wie Inzucht, gesenkte Rekombinationsrate und eingeschränkte Variationsbreite, scheint die Autogamie für einen gewissen Zeitraum vorteilhaft zu sein, um sich in einem Habitat auch unter ungünstigen Bedingungen behaupten zukönnen.[2]

Autogamie bei Tieren

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Hellbraune Wegschnecke mit Fähigkeit zur fakultativen Autogamie

Autogamie tritt außer bei Pflanzen auch bei verschiedenen Tiergruppen auf (z. B.Echte Bandwürmer oderTellerschnecken), allerdings findet sie sich insgesamt eher seltener als bei Pflanzen.

VieleNacktschnecken sindZwitter, die sich bei der Kopulation gegenseitig befruchten. Manche Arten, beispielsweise dieHellbraune Wegschnecke, besitzen darüber hinaus die Fähigkeit zur Selbstbefruchtung in Abhängigkeit von den Bedingungen und der Stabilität des Habitats.[3][4]

Regenwurm (Lumbricus terrestris)

Regenwürmer sind ebenfalls „echte Zwitter“, die sowohl weibliche als auch männliche Geschlechtsorgane besitzen (Hermaphroditismus). In Ausnahmefällen sind sie dazu in der Lage, ihreEizellen mit eigenenSpermien zu befruchten. Normalerweise suchen sie sich aber einen Partner, mit dem sie ihre Spermien austauschen.[5]

Autogamie bei Pilzen

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Selbstbefruchtung kommt auch beiPilzarten vor, wenn sie in ihrenPilzhyphen verschiedengeschlechtlicheGametangien besitzen, beispielsweise bei manchenAscomycota.

Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. Mialy Razanajatovo, Noëlie Maurel, Wayne Dawson et al.:Plants capable of selfing are more likely to become naturalized. In:Nature communications. Bd. 7, 2016.
  2. Wolfgang Frey,Rainer Lösch:Grundlagen der Ökologie von Populationen und Pflanzengesellschaften. In:Geobotanik. S. 321–357.
  3. Arion subfuscus. Reproduction (auf engl.) Animal Diversity Web, abgerufen am 9. September 2021
  4. David W. Foltz, Howard Ochman et al.:Genetic population structure and breeding systems in arionid slugs (Mollusca: Pulmonata). In:Biological Journal of the Linnean Society. Band 17/3, Mai 1982, S. 225–241
  5. Regenwürmer; Fortpflanzung und Entwicklung Uni Münster. Abgerufen am 22. Juni 2021.
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