Dieatlantischen Sprachen (vonJoseph Greenberg ursprünglich „westatlantisch“ genannt) sind eine Gruppeafrikanischer Sprachen innerhalb derNiger-Kongo-Sprachen. Während sie lange Zeit alsein Primärzweig des Niger-Kongo angesehen worden sind, handelt es sich neueren Erkenntnissen zufolge eher um eine hauptsächlich geografisch undsprachtypologisch begründete Zusammenfassung von mehreren Primärzweigen des Niger-Kongo.
Die etwa 50 atlantischen Sprachen werden von der Mündung desSenegal-Flusses entlang der afrikanischenAtlantikküste bisLiberia vor allem in den heutigen StaatenSenegal,Gambia,Guinea,Guinea-Bissau,Sierra Leone,Mali,Niger,Nigeria,Ghana undBurkina Faso von etwa 27 Millionen Menschen gesprochen.
Die mit Abstand bedeutendste atlantische Sprache ist dasFulfulde (auch Ful, Fula, Fulani, Pulaar oder Peul genannt), dessen Dialekte von 18 Millionen Muttersprachlern und von mindestens weiteren vier Millionen Zweitsprechern gesprochen werden (siehe unten die Gliederung der Ful-Dialekte). DieFulani sind ein altes westafrikanisches Hirtenvolk, das in einem großen Bereich im subsaharanischen westlichen Afrika siedelt bzw. nomadisiert, Schwerpunkte sind heute die StaatenNiger,Burkina Faso,Nigeria,Kamerun,Benin,Togo,Mali,Guinea,Senegal,Mauretanien undGambia.Weitere nordatlantische Hauptsprachen sind das dem Fulfulde nah verwandteWolof (8 Millionen mit Zweitsprechern, die Hauptsprache des Senegal), dasSerer-Sine mit 1,2 Millionen Sprechern und das südatlantischeTemne (1,5 Mio. Sprecher, Sierra Leone).
Das Atlantische zerfällt in drei Hauptzweige:Nord-Atlantisch mit 24,5 Millionen Sprechern der größte Zweig,Süd-Atlantisch (2,5 Millionen Sprecher) und die isolierte SpracheBijago oderBissagao, die auf demGuinea-Bissau vorgelagertenBissagos-Archipel gesprochen wird und keinem der beiden großen Zweige zugeordnet werden kann. Das Atlantische hat sich schon früh – etwa gleichzeitig mit denMande-Sprachen – von der Hauptlinie des Niger-Kongo abgespalten. Die Klassifikation des Atlantischen folgt dem unten angegebenen Weblink, sämtliche Sprachen sind aufgeführt.
Klassifikation des Atlantischen
Die atlantischen Sprachen besaßen ursprünglich ein voll ausgebildetesNominalklassensystem, das durchPräfixe undAugmente (Prä-Präfixe) markiert wurde und überKonkordanz auf den gesamten Satz wirkte. Die Klassenpräfixe wurden später häufig abgeschliffen und durchSuffixe oder Augmente ersetzt. Der Wechsel desAnlautkonsonanten hat grammatische Bedeutung, häufig kennzeichnet er diePluralbildung. Die übliche Satzstellung ist SVO (Subjekt-Verb-Objekt), es werden in der RegelPräpositionen (keinePostpositionen) verwendet. In derNominalphrase steht das bestimmte Nomen vorn, alsoNomen + Genitiv,Nomen + Numerale,Nomen + Demonstrativum. Die genaue Ausprägung ist sprachabhängig.
Die Nominalklassensysteme der atlantischen Sprachen sind oft sehr komplex und in ihrer Struktur durchaus unterschiedlich. Das Ful hat 20 bis 25 Nominalklassen mit den dazugehörigen Konkordanzzeichen, das Serer unterscheidet 16 Nominalklassen durch Präfixe und Suffixe, das Wolof hat ein Konkordanzsystem, aber keine Klassenzeichen am Nomen. Von den Cangin-Sprachen (Saafi, Noon, Lehar; Ndut, Falor) haben die ersten drei ein sehr reduziertes Klassensystem, gekennzeichnet durch Suffixe, Ndut und Falor haben keine Konkordanz mehr. Die Bak-Sprachen besitzen bis zu 19 Nominalklassen, Konsonantenwechsel kommt nur im Mandjak und Papel vor. Diese kleine Auflistung (nach De Wolf 1981) zeigt die große Vielfalt der grammatischen Ausprägungen atlantischer Sprachen, die bei einigen Forschern auch dazu geführt hat, die südatlantische Gruppe als einen selbständigen Primärzweig des Niger-Kongo zu betrachten. Für die Einbettung des Atlantischen in das Niger-Kongo spricht insbesondere die Ähnlichkeit mancher atlantischer Klassenpräfixe mit denen des Bantu:
ZumAnlautwechsel und seiner Funktion folgen einige Beispiele aus dem Fulfulde (siehe ausführlicher im ArtikelFulfulde). Die Nomina des Fulfulde sind zunächst in die Klassenhuman (Personenklasse) undnicht-human (Sachklasse) einzuteilen. Der Plural wird bei den Nomina der Personenklasse durch folgenden Anlautwechsel gebildet:
Bei der Pluralbildung für Nomina der Sachklasse erfolgt genau die umgekehrte Veränderung:
Nasalierte Anlautkonsonanten (/mb/, /nd/, /ng/) ändern sich nicht, Nomina der Personenklasse mit Singular auf /-o/ bilden den Plural zusätzlich zur Anlautveränderung durch das Suffix /-mpe/ oder /-en/. Dazu einige Beispiele:
Diese Beispiele zeigen, dass außer dem Anlautwechsel in der Regel weitere Lautänderungen erfolgen, die Bildung der Pluralform also letztlich nur lexikalisch zu fassen ist.
Weitere Informationen über die sprachlichen Eigenschaften im ArtikelNiger-Kongo-Sprachen.