Armenbibel

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Seite einer Biblia Pauperum aus dem 15. Jahrhundert: Mittelbild Verkündigung, linksEva, rechtsGideon

AlsArmenbibel (lateinischBiblia pauperum, „Bibel für die Armen“) wird diemittelalterliche Sammlung einer bestimmten Anzahl von Blättern bezeichnet, auf denen bildlich meistens jeweils eine Szene aus demNeuen Testament oder einer ihm zugeordneten Überlieferung umrahmt wird von Szenen und Texten aus demAlten Testament.

In derRomanik wurde diese Kunstform bisweilen in Kirchen alsFreskenzyklus angewendet, etwa in der Vorhalle desGurker Doms und im Schiff derKirche Sogn Gieri (deutsch Heiliger Jöri oder Georg) vonRhäzüns.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau und Inhalt

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Biblia pauperum, um 1455: Blockdruck mit teils eingedrucktem, überwiegend aber handschriftlich ergänztem Text

Für gewöhnlich ist eine Seite einer Biblia Pauperum in neun Teile aufgeteilt: Im Mittelpunkt (1) wird entweder eine Szene aus dem LebenJesu Christi dargestellt, dievon der Geburt, der Kindheit, dem öffentlichen Wirken oder derPassion Jesu erzählt oder von denAnfängen der Christenheit, demEnde der Weltgeschichte und demBeginn des ewigen Friedensreiches Christi. Über und unter der zentralen Szene sind vier Abbildungen (2–5) angeordnet, wahlweise die von biblischen Propheten, Dichtern und Personen, versehen mit einer entsprechenden Textpassage. Häufig wird das Leitmotiv rechts (6) und links (7) von je einer Szene aus dem Alten Testament (incl.Apokryphen) gerahmt, die beide knapp in eigenen Textfeldern (8–9) erklärt und ins Verhältnis zum Hauptbild gebracht werden. Bei der Auswahl der beiden Flügelbilder (6 und 7) wird gerne eine Geschichte gewählt, die sichvor, und eine, die sichnach demBundesschluss am Sinai ereignet hat.

Die Biblia Pauperum ist also eine ArtKonkordanz, die Stellen aus dem Alten und aus demNeuen Testament als Typus und Antitypus (Typologie) miteinander in Verbindung bringt. Das zeigen auch die Bezeichnungen „Figuræ typicæ Veteris Testamenti atque antitypicæ Novi Testamenti“(Figürliche Bilder des alten und neuen Testaments) oder „Historia Christi in Figuris“(Geschichte Christi in Bildern). Typische spätmittelalterliche Armenbibeln bestehen aus rund vierzig solcher Szenen, die chronologisch geordnet sind, womit eine Harmonie der zeitlichen Abfolge entsteht, die in den überlieferten Texten so nicht gegeben ist. Die Armenbibeln wurden alsBlockbuch entweder imHolzdruckverfahren hergestellt, wobei jede Seite einzeln einseitig bedruckt und dann jeweils zwei Seiten zusammengeklebt wurden oder die einzelnen Blätter wurden einseitig handgemalt; das ganze wurde als Buch gebunden.

Eine solche Bibelausgabe war, weil sie nur einen Teil der biblischen Geschichten enthielt, wesentlich preiswerter und handhabbarer als dasManuskript eines umfangreichen Volltextes, und die Armenbibeln fanden so als eines der ersten Blockbücher weite Verbreitung. Außerdem beinhaltete die Zuordnung von oft acht vorneutestamentlichen Texten eine Art Kommentar zumNeuen Testament, den Anfängen derKirchengeschichte und deren Zukunft, die das Verstehen und die Vermittlung der Kerngeschichte erleichterten.

Inhaltsverzeichnis für ein Exemplar von 1518

Geschichte und Rezeption

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Die Erfindung der Biblia Pauperum wirdAnsgar von Bremen zugeschrieben. Dafür spricht eine handschriftliche Notiz auf einer Armenbibel in Hannover und dazu passende Überreste von Bildern, die in der Kathedrale von Bremen gefunden wurden. Die BezeichnungArmenbibel für diese Art der Darstellung kommt jedoch erstmals in einem Bibliothekskatalog derHerzog August Bibliothek inWolfenbüttel vor.

Der genaue Zweck der Armenbibeln ist nicht bekannt. Sie hatte jedoch einigen Einfluss bei der Verbreitung von Glaubensmysterien und die Motive wurden von Predigern und Künstlern benutzt. Die Auswahl von Geschichten erinnert an die der mittelalterlichenFastentücher, die Verbindung von Bild und einem darunter befindlichen, zweiteiligen, knappenReimvers an dasGroße Zittauer Fastentuch.

Eine Sonderrolle nimmt der Umstand ein, dass eine Erzählung aus demPseudo-Matthäus-Evangelium Eingang in den Kernbestand der ansonstenkanonischen Texte fand: Die Erzählung vom Sturz der Götter in Ägypten beim Einritt des Kleinkindes Jesu in die Stadt Sotinen.

Mit der Verbreitung von gedruckten Vollbibeln im 16. Jahrhundert verloren die Armenbibeln an Bedeutung und gerieten fast in Vergessenheit.

Literatur

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  • Heinrich Th. Musper:Die Urausgaben der holländischen Apokalypse und Biblia pauperum. 3 Bde. München 1961.
  • Gerhard Schmidt:Die Armenbibeln des XIV. Jahrhunderts. Graz 1959.

Siehe auch

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Weblinks

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Commons: Armenbibel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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