Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unterArabeske (Begriffsklärung) aufgeführt.
Antikes Rankenornament von derAra Pacis, Rom, 13 – 9 v. Chr.Arabeske aus einer Groteskenfolge des Niederländers Nicasius Rousseel. Kupferstich 1623.
DieArabeske, aus italienischarabesco („maurisch, orientalisch“), ist ein aus spätantiken, hellenistischen Vorbildern entwickeltes Rankenornament. Mit dem Begriff werden sowohl die flächenfüllenden, naturnahenAkanthusranken derRenaissance als auch die stilisierteren Blattrankenornamente in der islamischen Kunst benannt. Beide stehen nicht in direkter Abhängigkeit zueinander, haben aber ähnliche Wurzeln.
Abgrenzung und Gebrauch des BegriffsArabeske sind widersprüchlich und uneinheitlich. Missverständlich ist schon die anachronistische Anwendung auf die spätantiken Dekorformen. Primär handelt es sich um einen 1530 erstmals alsrabesci belegbaren[1] Begriff, mit dem man dann auchAkanthusornamente auf den Frontfeldern vonPilastern bezeichnete. Die Begriffswahl hat man damit erklärt, dass die vorbildhafte hellenistisch-römische Ornamentik den Renaissancekünstlern überByzanz bekannt wurde, das seit 1453 zumOsmanischen Reich gehörte.Seit dem 17. Jahrhundert wurden die BezeichnungenArabeske,Groteske undMaureske oft gleichbedeutend benutzt. Spätestens seit 1851[2] wirdarabesque auch für orientalische Ornamente angewendet, vor allem, seitAlois Riegl[3] den Begriff auf die stilisierte Gabelblattranke der islamischen Kunst einschränkte.[4]Die Unsicherheit hält bis heute an,[5] ihr kann durch eine konkretere, anschaulichere Wortwahl (z. B.Akanthusranke) entgangen werden.[6]
Wesentliche Kennzeichen der Renaissance-Arabeske sind: eine im Vergleich zu anderen Ornamenten relativ organische, naturnahe Wiedergabe, eine nicht immer symmetrische Anordnung, die Gegenläufigkeit der feingliedrigenVolutenranken, die gleichmäßige Flächenfüllung und der in der Regel rechteckige Rahmen.Diese Elemente charakterisierten schon den Ornamentstil der römischen Kaiserzeit, wo die Akanthusranke als Reliefdekor von Architekturteilen beliebt war. So wurde das Ornament auch in der italienischen Renaissance an Bauten und von Malern bei der Architekturdarstellung sowie im Buchschmuck viel verwendet.
Die Arabeske unterscheidet sich von der gleichzeitigenMaureske, von der sie nicht immer eindeutig auseinandergehalten wird, durch größere Naturnähe und geringeren Abstraktionsgrad. Während die Arabeske aus antiken Vorbildern ableitbar ist, kam die Maureske durch den Import kunsthandwerklicher Waren aus denmaurisch dominierten Gebieten Spaniens über Italien auch nach Deutschland und die Niederlande, wo sie, noch stärker vereinfacht und stilisiert, eine eigene Variante innerhalb des reichen Spektrums derGroteskenornamentik darstellte.
Das Mittelmotiv in Philipp Otto Runges GemäldeDer Morgen (1808) wird von arabeskenartig angeordneten Allegorien gerahmt.
Die Arabeske kennzeichnet keine zeitlich eng begrenzbare Dekorationsweise (wie etwaKnorpelwerk oderRocaille), sondern bleibt ein wiederholt in verschiedenen Stilen bis über die Barockzeit hinaus aufgegriffenes Motiv.
Die Kultur der deutschenRomantik widmete der Arabeske eine ganz eigene Aufmerksamkeit.Friedrich Schlegel hatte schon ihre Bedeutung als Strukturprinzip aller Dichtung hervorgehoben (siehe den HauptartikelArabeske (Literatur)). Auch in der Bildenden Kunst diente sie nunmehr nicht mehr nur als Dekoration, sondern wurde selbst zum Bedeutungsträger. Angeregt weniger von der oben besprochenen Renaissance-Ornamentik Italiens, sondern vor allem von den RandzeichnungenAlbrecht Dürers imGebetbuch Maximilians I., wurde sie häufig als umlaufendes Ornament im Buchschmuck der Zeit verwendet. Aber auch auf Gemälden, z. B. vonPhilipp Otto Runge wird das Gestaltungsprinzip der rahmenden Arabeske zu einem häufig wiederholten Grundmuster. Die ihr einbeschriebenen allegorischen und symbolischen Motive scheinen spielerisch und gehen doch über das Dekorative weit hinaus.Peter Cornelius,Eugen Napoleon Neureuther,Moritz von Schwind, sogar nochAdolph von Menzel haben diese Gestaltungsform in ihren Kompositionen benutzt.
Wohl mitbedingt durch dasislamische Bilderverbot entwickelte sich im vorderen Orient unter spätantikem Einfluss die für die islamische Kunst typische, flächig stilisierte Ranke aus sich gabelnden Blättern, die in schwingender Bewegung ein Feld gleichmäßig füllen.Besonders eindrucksvolle Arabesken befinden sich in vielen Sälen derAlhambra inGranada.Verwendung findet das Muster in Architekturornamentik, Kunsthandwerk und Buchkunst.
↑Jüngere Fachautoren zur europäischen Ornamentgeschichte wie Carsten-Peter Warncke:Die Ornamentale Groteske in Deutschland Berlin 1979 oder Günter Irmscher:Ornament in Europa, Köln 2005, verzichten in diesem Zusammenhang ganz auf den BegriffArabeske.