Anus


DerAnus (lateinischanus‚(Fuß)ring‘,[1]altgriechischπρωκτόςprōktós[2]),deutschAfter (mittelhochdeutsch after,althochdeutsch aftero, eigentlich „Hinterer“; substantiviert von „hinter, nachfolgend“[3]), umgangssprachlich auch dasPoloch,[4] dieRosette[5] oderPoperze genannt, ist die Austrittsöffnung desDarmkanals vonMenschen sowievielzelliger Tiere. Durch den Anus verlässt derKot den Darm.
Entstehung des Anus

Der Anus entstandevolutiv gemeinsam mit dem Darm als dessen Austrittsöffnung und trat erstmals bei denBilateria auf, die aus dreiKeimblättern bestehen. Im Gegensatz dazu besitzen phylogenetisch ursprünglichere Organismen wie etwa dieNesseltiere (Cnidaria) und dieRippenquallen (Ctenophora) zwar einenGastralraum mit einer Mundöffnung, jedoch keinen von dieser getrennten After. Durch den Anus wird dabei ein gerichteter Nahrungstransport ermöglicht, bei dem unverdauliche Nahrungsreste getrennt von der Mundöffnung ausgeschieden werden können. Innerhalb der Bilateria besitzen nur sehr wenige Gruppen keinen After, etwa diePlattwürmer (Plathelminthes) und dieKiefermündchen (Gnathostomulida).[6]
Gebildet wird der Anus anders als der Darm nicht vomEntoderm, das mit der Einstülpung einesUrmundes (Blastoporus) in dieBlastula eine so genannteGastrula bildet, sondern durch dasEktoderm. Die bei derGastrulation entstehende Höhle (Blastocoel) entwickelt sich zum Darm, der am anderen Körperende eine weitere Öffnung bildet, die ektodermal ausgekleidet wird. Auf diese Weise entsteht ein Darmkanal mit einer Eintritts- und einer Austrittsöffnung, die zum späteren Mund und After werden. Dabei wird bei denUrmündern (Protostomia) der Urmund zum endgültigen Mund und der Durchbruch zum After. Die konkrete Bildung des Darms kann dabei sehr unterschiedlich verlaufen, bei denRingelwürmern (Annelida) entsteht der Blastoporus als schlitzartige Einstülpung, die bauchseitig geschlossen wird und aus dem damit ohne neuen Durchbruch die Mund- und die Afteröffnung hervorgehen.[7]
Bei denNeumündern (Deuterostomia), zu denen auch dieWirbeltiere und damit auch der Mensch gehört, wird dagegen der Urmund zum späteren After und der sekundäre Durchbruch an der Vorderseite desEmbryo zur Mundöffnung.[7]
Genereller Aufbau
Der Anus stellt in seiner einfachsten Form eine einfache Öffnung des Darmes nach außen dar, durch den der unverdaubare Nahrungsrest diesen verlassen kann. In der Regel ist er von Muskulatur umgeben, die dieDarmperistaltik fortsetzt und so den Kot hinausbefördert. Bei Wirbeltieren befinden sich am Darmausgang zudemSchließmuskel, durch die die Darmentleerung kontrolliert stattfinden kann.
Bei zahlreichen wirbellosen Tieren und deren Larven erfüllt der Anus neben der Darmentleerung weitere Aufgaben. So befindet sich etwa im After derGroßlibellenlarven ein stark durchblutetes Gewebe, das derDarmatmung dient. Bei Insekten ist der Analbereich von einemchitingen Endring, demPeriprokt, sowie denAnalklappen bestehend aus einem unpaarenEpiprokt und den paarigenParaprokten umgeben.
In der Analgegend vieler Säugetierarten sindAnaldrüsen ausgebildet. Bei denAmphibien, den zu denReptilien zusammengefassten und denVögeln existiert mit derKloake ein gemeinsamer Körperausgang für die Verdauungs-, Geschlechts- und Exkretionsorgane. Es handelt sich um einen Abschnitt desEnddarms, in den die Ausführgänge der Geschlechtsorgane (Gonodukte) und dieHarnleiter münden, deren Produkte (Spermien undEizellen) undExkrete wie dieExkremente über den Anus abgegeben werden.[8]
Anus der Säugetiere
Aufbau
1 = Speiseröhre, 2 = Magen, 3 = Zwölffingerdarm, 4 = Dünndarm, 5 = Blinddarm, 6 = Appendix, 7 = Grimmdarm, 8 = Mastdarm, 9 = Anus –Musculus sphincter internum undMusculus sphincter externum
DerAnalkanal(Canalis analis) geht an derJunctio anorectalis (Syn.Linea anorectalis) aus dem Mastdarm hervor. Er kann in drei Abschnitte untergliedert werden, die durch einen allmählichen Übergang von derSchleimhaut des Darmes zuräußeren Haut gekennzeichnet sind:
- Zona columnalis: mit Längsfalten(Columnae anales) und dazwischen liegenden Einsenkungen(Analkrypten) mit den Mündungen derProktodealdrüsen(Glandulae anales)
- Zona intermedia: mit einem mehrschichtigen Plattenepithel
- Zona cutanea: mit verhorntem mehrschichtigen Plattenepithel,Schweiß- undTalgdrüsen sowieHaaren.
DieLinea dentata markiert die Grenze zwischen dem Plattenepithel des Analkanals und dem Epithel des Rektums.
- Lage des Anus
- Lage des Anus
bei einem Mann - Lage des Anus (21)
bei einer Frau

Um die Öffnung des Anus sind unter der Haut bzw. Schleimhaut zweiSchließmuskeln angeordnet, die gemeinsam mit weiteren Strukturen des Enddarms dasKontinenzorgan bilden:
- Musculus sphincter ani internus (innerer Afterschließmuskel): Er stellt eine Verstärkung derglatten Muskulatur der Darmwand dar.
- Musculus sphincter ani externus (äußerer Afterschließmuskel): Er besteht ausquergestreifter Muskulatur, ist also willkürlich beeinflussbar.
Innervation
DiePeristaltik des Analkanals wird überparasympathischeNervenfasern aus dem Kreuzabschnitt des Rückenmarks(Nervi pelvini) angeregt. Diese bewirken auch eine Erschlaffung des inneren Afterschließmuskels. Im Zusammenspiel mit denBauchmuskeln (Bauchpresse) führt dies über denDefäkationsreflex zu einer Entleerung des Mastdarms (Kotabsatz,Defäkation). Dabei schiebt sich die Kotsäule aus dem Darm. Wenn die Bauchmuskulatur zur Ausscheidung nicht verwendet wird, dauert die Defäkation länger.
Diesympathischen Nervenfasern desNervus hypogastricus reduzieren die Peristaltik und erhöhen den Tonus des inneren Afterschließmuskels. Dadurch wird die Stuhlverhaltung(Continentia alvi) ermöglicht. Durch willkürliche Beeinflussung des äußeren Afterschließmuskels kann der Kotabsatz unterdrückt werden. Er wird durch denNervus pudendus (bzw. dessenNervus rectalis caudalis)innerviert.
Die sensible Innervation des Afters erfolgt über dieNervi anococcygei und denNervus perinealis superficialis („oberflächlicher Dammnerv“) des Nervus pudendus. Da am After eine Vielzahl vonNervenendigungen liegen, ist er sehr empfindsam und wird auch alserogene Zone betrachtet, insbesondere derMusculus sphincter ani externus und die sich davon absetzende Dammmuskulatur (siehe auchAnalreflex,Analverkehr).
Untersuchung und Erkrankungen des Anus
Der Anus undEnddarm werden vomProktologen untersucht und behandelt:
- Äußere Inspektion
- Rektal-digitale Untersuchung (als eine der wichtigsten und kostengünstigsten Methoden)
- Proktoskopie als eine sogenannte „Spiegelung“ des Enddarms mit einem besonderenEndoskop oder einem starren Proktoskop; eventuell erweiterte Untersuchung alsRektoskopie oder Rektosigmoidoskopie
- Endosonographie
- Manometrie
- Defäkogramm
Dabei kann der Anus verschiedene Fehlbildungen und Erkrankungen aufweisen, etwa
- Atresia ani, eine angeborene Fehlbildung mit verschlossenem Anus (infolge fehlender Öffnung derAnalmembran)
- Analekzem, akute oder chronischeIntertrigo im Analbereich
- Analfissur, schmerzhafter Einriss der Haut im Analkanal
- Analfistel, meist als Folge von Entzündungen
- Analkarzinom, eineKrebserkrankung mit oft frühzeitigerMetastasierung
- Analpolyp, krankhaft vergrößerteAnalpapille
- Analprolaps, ein Vorfall der Analschleimhaut
- Dammriss, Einreißen des Gewebes zwischen After und Scheide bzw. Hodensack. In schweren Fällen (DR III°) kann auch der Afterschließmuskel reißen.
- Hämorrhoidalleiden, eine knotenförmige Erweiterung desCorpus plexus cavernosum
- Kryptitis, Entzündung der Drüsenkrypten des Analkanals
- perianaler Abszess, einAbszess im Bereich oder der Umgebung des Anus
- Periproktitis, Entzündung des Gewebes nahe, aber außerhalb des von Schleimhaut ausgekleideten Lumens des Rektums.
- Perianalvenenthrombosen
- Pruritus ani, einJuckreiz im Analbereich infolge unterschiedlicher Erkrankungen
- Proctalgia fugax, anfallsweise auftretende, krampfartige Schmerzen des inneren Schließmuskels
AuchFremdkörper in Anus und Rektum können auftreten.
Einoperativ künstlich angelegter Anus wird alsAnus praeter (verkürzend fürAnus praeternaturalis, lat. für „Darmausgang vor dem natürlichen Ende“) bezeichnet.
Sexualität
In derSexualität wird mit dem AnusAnalverkehr verbunden.
Literatur
- A. Benninghoff, D. Drenckhahn (Hrsg.):Anatomie. 16. Auflage. Urban & Fischer, München 2004,ISBN 3-437-42350-9.
- Alexander Neiger (Hrsg.):Erkrankungen des Anus und des Rektums (= Gastroenterologische Fortbildungskurse für die Praxis.Band 3). Krager, Basel 1973,ISBN 3-8055-1544-8.
- Franz-Viktor Salomon:Verdauungsapparat, Apparatus digestorius. In: Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer, Uwe Gille (Hrsg.):Anatomie für die Tiermedizin. Enke, Stuttgart 2004,ISBN 3-8304-1007-7, S. 235–323.
Weblinks
- Literatur von und über Anus im Katalog derDeutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- ↑Joseph Maria Stowasser, M. Petschenig, F. Skutsch, R. Pichl, H. Reitterer, E. Sattmann, J. Semmler, K. Smolak, W. Winkler:Der Kleine Stowasser. Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch. 2. Auflage. Hölder-Pichler-Tempsky, Wien 1987,ISBN 3-209-00225-8.
- ↑Wilhelm Pape:Handwörterbuch der griechischen Sprache.Band 2. Vieweg, Braunschweig 1914,S. 803 (Stichwort „πρωκτός“ beiZeno.org.).
- ↑After, der Auf:duden.de, abgerufen am 11. Juli 2017.
- ↑Poloch, das Auf Duden.de
- ↑Rosette, die Auf:duden.de, abgerufen am 26. April 2023.
- ↑Reinhard Rieger:Triploblastische Eumetazoa, Bilateria. In:Wilfried Westheide,Reinhard Rieger (Hrsg.):Spezielle Zoologie. Teil 1. Einzeller und Wirbellose Tiere. G. Fischer, Stuttgart/Jena 1997,ISBN 3-8274-1482-2; S. 195.
- ↑abReinhard Rieger:Triploblastische Eumetazoa, Bilateria. In:Wilfried Westheide,Reinhard Rieger (Hrsg.):Spezielle Zoologie. Teil 1. Einzeller und Wirbellose Tiere. G. Fischer, Stuttgart/Jena 1997,ISBN 3-8274-1482-2; S. 190.
- ↑Herder-Lexikon der Biologie. CD-ROM. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2003,ISBN 3-8274-0354-5, Stichwort „Kloake“.