Anorthit
Anorthit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Symbol | An[1] |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) | Silikate und Germanate - Gerüstsilikat, Feldspat |
System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana | VIII/F.03c VIII/J.07-070 9.FA.35 76.01.03.06 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | triklin |
Kristallklasse;Symbol | triklin-pinakoidal;1[4] |
Raumgruppe | P1 (Nr. 2)Vorlage:Raumgruppe/2[3] |
Gitterparameter | a = 8,18 Å;b = 12,88 Å;c = 14,17 Å α = 93,2°; β = 115,8°;γ = 91,2°[3] |
Formeleinheiten | Z = 8[3] |
Zwillingsbildung | überwiegend verzwillingt nachAlbit-Gesetz |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 6 bis 6,5 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,74 bis 2,76; berechnet: 2,760 |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {001}, undeutlich nach {010}, unvollkommen nach {110} |
Bruch;Tenazität | uneben bis muschelig, spröde |
Farbe | farblos bis weiß, grau, rötlich |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,573 bis 1,577[5] nβ = 1,580 bis 1,585[5] nγ = 1,585 bis 1,590[5] |
Doppelbrechung | δ = 0,012 bis 0,013[5] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Pleochroismus | farblos |
DasMineralAnorthit ist ein häufig vorkommendesGerüstsilikat aus der Gruppe derFeldspate innerhalb derMineralklasse der „Silikate undGermanate“.
Anorthit kristallisiert imtriklinen Kristallsystem mit der idealisiertenchemischen Zusammensetzung Ca(Al2Si2O8)[2] und ist damit chemisch gesehen einCalcium-Alumosilikat. Das Mineral entwickelt meist kurzprismatischeKristalle mit einem glasähnlichenGlanz auf den Oberflächen, kommt aber auch in Form lamellenförmiger, körniger oder massigerMineral-Aggregate vor. In reiner Form ist Anorthit farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund vonGitterfehlern oderpolykristalliner Ausbildung kann er aber auch durchscheinend weiß sein und durchFremdbeimengungen eine graue oder rötliche Farbe annehmen.
Anorthit ist Mitglied derPlagioklas-Mischreihe bestehend aus den Mineralen:
- Albit: Na(AlSi3O8)[2] (0–10 % Anorthit)
- (Oligoklas): (Na,Ca)(Si,Al)4O8[3] (10–30 % Anorthit)
- (Andesin): (Na,Ca)[(Si,Al)4O8][3] (30–50 % Anorthit)
- (Labradorit): (Ca,Na)[(Si,Al)4O8][3] (50–70 % Anorthit)
- (Bytownit): (Ca,Na)[(Si,Al)4O8][3] (70–90 % Anorthit)
- Anorthit: Ca(Al2Si2O8) (90–100 % Anorthit)
Die Zusammensetzung der einzelnen Zwischenglieder wurde willkürlich festgelegt, da sich die Einzelminerale nur durch chemische Analysen unterscheiden lassen. Daher sind nur die Endglieder Albit und Anorthit von derInternational Mineralogical Association (IMA) als eigenständige Minerale anerkannt.
Etymologie und Geschichte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Erstmals entdeckt wurde Anorthit amMonte Somma in Italien und beschrieben 1823 vonGustav Rose, der das Mineral nachaltgriechischἄ(ν)-á(n)-, deutsch‚un-, ent-, -los‘, undὀρθόςorthós, deutsch‚aufrecht, gerade, richtig‘, also „nicht aufrecht“ oder „nicht (auf)richtig“ in Anlehnung an die schiefe Form der triklinen Anorthitkristalle benannte.[6]
Klassifikation
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Bereits in der veralteten8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Anorthit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Gerüstsilikate (Tektosilikate)“, wo er zusammen mitAlbit,Andesin,Bytownit,Labradorit undOligoklas sowie im Anhang mitReedmergnerit die Gruppe der „Plagioklase“ mit der System-Nr.VIII/F.03c bildete.
Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisiertenLapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik vonKarl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr.VIII/J.07-70. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Gerüstsilikate“, wo Anorthit zusammen mit Albit,Anorthoklas,Banalsit,Dmisteinbergit,Filatovit,Kumdykolit,Liebermannit,Lingunit, Oligoklas,Stöfflerit,Stronalsit undSvyatoslavit sowie den Zwischengliedern Andesin, Bytownit und Labradorit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[7]
Die seit 2001 gültige und von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[8]9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Anorthit ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die neu definierte Abteilung der „Gerüstsilikate (Tektosilikate) ohne zeolithisches H2O“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit weitererAnionen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Gerüstsilikate (Tektosilikate) ohne zusätzliche Anionen“ zu finden ist, wo es zusammen mit den anerkannten Mineralen Albit und Reedmergnerit sowie den Zwischengliedern Andesin, Bytownit, Labradorit und Oligoklas ebenfalls die Gruppe der „Plagioklase“ mit der System-Nr.9.FA.35 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlicheSystematik der Minerale nach Dana ordnet den Anorthit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Gerüstsilikate: Al-Si-Gitter“ ein. Hier ist er in der „Plagioklas-Reihe“ mit der System-Nr.76.01.03 innerhalb der Unterabteilung „Gerüstsilikate mit Al-Si-Gitter“ zu finden.
Kristallstruktur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Anorthit kristallisiert triklin in derRaumgruppeP1 (Raumgruppen-Nr. 2)Vorlage:Raumgruppe/2 mit denGitterparameterna = 8,18 Å;b = 12,88 Å;c = 14,17 Å; α = 93,2°; β = 115,8° und γ = 91,2° sowie 8Formeleinheiten proElementarzelle.[3]
Bildung und Fundorte
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Anorthit bildet sich entwedermagmatisch inGabbro,Basalt undAnorthosit oder inmetamorphen Gesteinen. Das Gestein Anorthosit, welches bedeutende Teile derMondkruste bildet, besteht praktisch vollständig aus Anorthit.
Unter extrem hohen Druck von ~29 GPa (~290 kBar), wie er bei derImpaktmetamorphose als Folge einesMeteoriteneinschlages auftreten kann, wird anorthitreicher Plagioklas zuMaskelynit, einemdiaplektischen Glas, umgewandelt. Bei nachlassendem Druck kann bei 6–8 GPa und 1350 - 1000 °C Maskelyit zuTissintit kristallisieren, einemPyroxen mit der Zusammensetzung von Anorthit, der Leerstellen auf einer Gitterposition aufweist.[9][10]
Als häufige Mineralbildung ist Anorthit an vielen Orten anzutreffen, wobei weltweit bisher knapp 1900 Fundorte dokumentiert sind (Stand: 2021).[11] Neben seinerTyplokalität Monte Somma wurde das Mineral in Italien noch am ebenfalls in Kampanien liegendenVesuv, beiOsilo in der sardinischen ProvinzSassari, beiSpoleto in Umbrien sowie an mehreren Orten der RegionenLatium,Lombardei,Piemont,Sizilien,Trentino-Südtirol undToskana gefunden.
Erwähnenswert aufgrund hervorragender Kristallfunde ist auch die InselMiyake-jima in der japanischen Präfektur Tokyo, auf der Anorthitkristalle mit bis zu 5 cm Durchmesser gefunden wurden.[12]
In Deutschland fand sich das Mineral unter anderem beiSchollach (Eisenbach) in Baden-Württemberg;Maroldsweisach,Röhrnbach undWiesau in Bayern;Eschwege,Gießen undHanau in Hessen; beiBad Harzburg in Niedersachsen; an mehreren Orten derEifel in Rheinland-Pfalz; beiChemnitz undSchneeberg in Sachsen; beiPlön in Schleswig-Holstein; sowie beiGera undSchmalkalden in Thüringen.
In Österreich trat Anorthit vor allem inKärnten,Niederösterreich und derSteiermark auf und in der Schweiz fand er sich bisher nur beiVicosoprano im Kanton Graubünden und imTessin.
Weitere Fundorte liegen unter anderem inAlgerien,Angola, amMount Erebus in der Antarktis,Australien,Bolivien,Brasilien,Chile, derVolksrepublik China,Costa Rica,El Salvador,Finnland,Frankreich und die Französische AntilleninselGuadeloupe,Griechenland,Grönland,Indien,Indonesien,Irland,Israel,Japan,Kamerun,Kanada,Kirgisistan,Nord- undSüdkorea,Libyen,Madagaskar,Marokko,Mexiko,Namibia,Neuseeland,Norwegen, derOman,Pakistan,Palästina,Papua-Neuguinea,Paraguay,Peru,Polen,Portugal, dieRepublik Kongo,Rumänien,Russland,Schweden, dieSlowakei,Spanien,St. Kitts und Nevis,St. Lucia,Südafrika,Tansania,Tschechien, dieTürkei, dieUkraine,Ungarn, imVereinigten Königreich (Großbritannien), dieVereinigten Staaten von Amerika (USA) und dieZentralafrikanische Republik.
Auch in Gesteinsproben desMittelatlantischen Rückens und desOstpazifischen Rückens sowie außerhalb der Erde neben dem Mond noch im Schweifmaterial des KometenWild 2 konnte Anorthit nachgewiesen werden.[13]
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Anorthite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.):Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch,handbookofmineralogy.org [PDF;85 kB; abgerufen am 13. Juli 2021]).
- Friedrich Klockmann:Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.:Paul Ramdohr,Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978,ISBN 3-432-82986-8,S. 783 (Erstausgabe: 1891).
- Petr Korbel, Milan Novák:Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002,ISBN 978-3-89555-076-8,S. 266.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Anorthit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung; abgerufen am 13. Juli 2021
- Anorthite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF); abgerufen am 13. Juli 2021 (englisch).
- American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Anorthite. In: rruff.geo.arizona.edu. Abgerufen am 13. Juli 2021 (englisch).
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Laurence N. Warr:IMA–CNMNC approved mineral symbols. In:Mineralogical Magazine.Band 85, 2021,S. 291–320,doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch,cambridge.org [PDF;320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
- ↑abcMalcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
- ↑abcdefghHugo Strunz,Ernest H. Nickel:Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001,ISBN 3-510-65188-X,S. 695 (englisch).
- ↑David Barthelmy: Anorthite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 13. Juli 2021 (englisch).
- ↑abcdAnorthite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 13. Juli 2021 (englisch).
- ↑Gustav Rose:Ueber den Feldspath, Albit, Labrador und Anorthit. In:Annalen der Physik.Band 73,Nr. 2, 1823,S. 173–208,doi:10.1002/andp.18230730208 (rruff.info [PDF;2,0 MB; abgerufen am 13. Juli 2021]).
- ↑Stefan Weiß:Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018,ISBN 978-3-921656-83-9.
- ↑Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
- ↑M. J. Rucks, M. L. Whitaker, T. D. Glotch, J. B. Parise:Tissintite: An Experimental Investigation into an Impact-Induced, Defective Clinopyroxene. In:Acta Crystallographica. A73, 2017,S. 245 (journals.iucr.org [PDF;593 kB; abgerufen am 16. Januar 2019]).
- ↑Melinda J. Rucks, Matthew L. Whitaker, Timothy D. Glotch, John B. Parise, Steven J. Jaret, Tristan Catalano, M. Darby Dyar:Making tissintite: Mimicking meteorites in the multi-anvil. In:American Mineralogist.Band 103, 2018,S. 1516–1519 (aram.ess.sunysb.edu [PDF;1,1 MB; abgerufen am 16. Januar 2019]).
- ↑Localities for Anorthite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 13. Juli 2021 (englisch).
- ↑Petr Korbel, Milan Novák:Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002,ISBN 978-3-89555-076-8,S. 266.
- ↑Fundortliste für Anorthit beimMineralienatlas und beiMindat, abgerufen am 13. Juli 2021.