Anomalie
DasFremdwortAnomalie (Plural:die Anomalien) bedeutet „Unregelmäßigkeit, Regelwidrigkeit, Krankhaftigkeit“, das zugehörige Adjektiv heißt im Deutschenanomal. UnterAbnormität versteht man „Regelwidrigkeit, Missgestalt, Ungeheuerlichkeit“.
Etymologie
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Anomalie ist nachlateinischem Vorbildentlehnt ausaltgriechischἀνωμαλίαanomalia („regelwidrig, von der Regel abweichend“)[1], das aus dem Adjektivaltgriechischἀνώμαλοςanómalos („uneben, unregelmäßig“), das heißt aus der Negation (αν-, „an-“) vonaltgriechischὁμαλόςhomalós („gleich, eben, glatt“), abgeleitet ist. Das Wort ist folglich lautlich nicht verwandt mitaltgriechischνόμοςnómos („Brauch, Sitte, Gesetz“), wurde aber früh darauf bezogen.[2]
Etymologisch besteht auch keine Verwandtschaft mit dem Wort für „Richtschnur, Regel“ (lateinischnorma) und „von der Regel abweichend“ (lateinischabnormis), dessen über dasFranzösische vermittelte deutsche Entlehnungabnorm eigentlich die stärkere Bedeutung „unnatürlich, auffällig (bzw. infolge einer Störung) von der Norm abweichend“ hat. Im Deutschen haben sich jedochanomal undabnorm vermischt: die unterschiedliche Nuancierung der Bedeutungen vonanomal undabnorm wurde durch häufige austauschbare Verwendung weitgehend eingeebnet und es entstanden die Mischwörteranormal undabnormal.
DerDuden übersetzt sie als „Abweichung vom Normalen“.[3]
Verwendung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In folgendenFachgebieten kommt die Anomalie vor:
- In derAstronomie ist die Anomalie derWinkel zur mathematischen Beschreibung der Stellung einesPlaneten in seinerUmlaufbahn um dieSonne.[4]
- In derMedizin eine angeborene oder später entstandene Fehlentwicklung einesOrgans, oder z. B.chromosomale Anomalien
- in derEntwicklungspsychologie: z. B. Widerstands-, IQ-Anomalie.
- In derPhysik und denGeowissenschaften die zahlenmäßige Abweichung gemessener (allenfalls topografisch korrigierter) Werte einesPotentialfeldes von einem mathematisch definierten Wert imBezugssystem:
- Schwereanomalie, eine lokale Anomalie derSchwerebeschleunigung
- magnetische Anomalie imMagnetfeld der Erde und von Testkörpern
- elektrische Anomalie bei Erd- und anderen Strömen.
- ImSoftwaretest ist eine Anomalie ein Zustand, der vom Erwarteten abweicht. Diese Abweichung kann von der Dokumentation her stammen oder von der Sichtweise/Wahrnehmung oder Erfahrung einer Person. Eine Anomalie ist nicht notwendigerweise ein Problem in der Software. Es kann z. B. bei korrekter Funktion auch auf eine Verbesserung imTestobjekt hindeuten – z. B.Benutzerfreundlichkeit. Eine Anomalie kann auch von etwas anderem als der Software verursacht werden, z. B. ein Testfall wird falsch ausgeführt: in dem Fall wäre die Software laut Spezifikation korrekt, aber der Test wäre dann falsch ausgeführt worden.[5]
- In derWirtschaft ist es unter anderem Aufgabe derWirtschaftsprüfer, Unregelmäßigkeiten während derJahresabschlussprüfung aufzudecken.[6] Diese können auch jederzeit zuSonderprüfungen beiAktiengesellschaften und beiKreditinstituten (Sonderprüfung (KWG)) führen.
- In derWissenschaftsphilosophie vonThomas S. Kuhn ein Phänomen, das von einem wissenschaftlichenParadigma nicht erklärt werden kann.[7] „Eine Anomalie ist ein Phänomen, […] auf welches das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatte“.[8]
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Ursula Hermann:Knaurs etymologisches Lexikon. 1983,ISBN 3-426-26074-3, S. 41.
- ↑Friedrich Kluge:Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, bearbeitet von Elmar Seebold, 23., erw. Auflage. De Gruyter, Berlin / New York 1995, S. 42 („anomal“), vgl. S. 7 („abnorm“), S. 22 („enorm“), S. 591 („enorm“);ISBN 978-3-11-022364-4.
- ↑Bibliographisches Institut (Hrsg.):Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 2019, S. 160.
- ↑Bibliographisches Institut (Hrsg.):Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 2019, S. 160.
- ↑IEEE:IEEE 1044-1993: Standard Classification for Software Anomalies. The Institute of Electrical and Electronics Engineers, Inc., New York 1994,ISBN 1-55937-383-0, S. 1.
- ↑IDW PS 210
- ↑Thomas S. Kuhn,Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, 1962, S. 79
- ↑Thomas S. Kuhn:Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, 1979, S. 70.