Wissenschaftskolleg zu Berlin
DasWissenschaftskolleg zu Berlin (englisch:Institute for Advanced Study) ist eininterdisziplinäresForschungsinstitut. Es wurde 1981 als Verein mitSitz imBerliner OrtsteilGrunewald gegründet und beruft jeweils auf ein Jahr 40 „Fellows“ von hohemakademischen Rang aus denNatur-,Geistes- undSozialwissenschaften zu von diesen frei gewählten Forschungen – dazu auch stets ein bis zwei Komponisten, ausübende Musiker (z. B. Pianisten) bzw. Schriftsteller. Das Berliner Wissenschaftskolleg wird seit September 2018 von der HistorikerinBarbara Stollberg-Rilinger alsRektorin geleitet.
Charakterisierung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Das Wissenschaftskolleg will Wissenschaftlern die Möglichkeit bieten, sich frei von Verpflichtungen für ein akademisches Jahr auf ein selbstgewähltes Arbeitsvorhaben zu konzentrieren. Die Auswahl der Forscher wird mithilfe eines internationalen Beirats getroffen, wobei Wert auf Interdisziplinarität und Heterogenität in der Herkunft der Eingeladenen gelegt wird.
Fellows haben lediglich Residenzpflicht und sollen sich einmal täglich beim Essen und einmal wöchentlich zu einemKolloquium treffen, bei dem ein Fellow den anderen seine Arbeit vorstellt und zur Diskussion stellt. Zusätzlich werden in jedem Jahrgang einzelne herausragende Künstler und Intellektuelle eingeladen.
Die Fellows werden bis zu einer gewissen Obergrenze materiell so unterstützt, dass sie durch ihren Aufenthalt in Berlin finanziell keine wesentlichen Nachteile haben. Damit dies bei beschränkten Mitteln möglich ist, werden alle Fellows gebeten, zur Finanzierung ihres Aufenthaltes auf eine Beteiligung ihrer Heimateinrichtung hinzuwirken. Bei Fortzahlung des Gehalts kann das Wissenschaftskolleg Vertretungskosten übernehmen.[1][2]
Geschichte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Im Jahr 1980 wurden die institutionellen Voraussetzungen für die Errichtung des Wissenschaftskollegs geschaffen und derMediävist und Professor der LiteraturwissenschaftPeter Wapnewski zum ersten Rektor des Wissenschaftskollegs berufen. Es zählt damit zu den akademischen Einrichtungen, die ihr Vorbild in einer Institution sehen, deren Name zum Gattungsbegriff wurde: dem 1930 gegründetenInstitute for Advanced Study Princeton. Mit dem akademischen Jahr 1981/1982 begann die wissenschaftliche Arbeit mit den ersten Fellows.[3] Gründungsrektor war bis 1986 Peter Wapnewski. Ihm folgten bis 2001 der SoziologeWolf Lepenies und der VerfassungsrechtlerDieter Grimm. 2007 wurde der ArchäologeLuca Giuliani zum Rektor gewählt. Er übergab das Amt im September 2018 der HistorikerinBarbara Stollberg-Rilinger.
Vereinszweck
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Zweck ist es, Wissenschaftlern die Chance zu bieten, sich auf ihre selbstgewählten Forschungsarbeiten zu konzentrieren und Anregungen aus anderen Disziplinen und unterschiedlichen nationalen Wissenschaftstraditionen aufzunehmen.
- Es dient der Wissenschaft, indem es anerkannten Gelehrten die Ausführung selbstgewählter Forschungsarbeiten in Berlin ermöglicht. Es fördert die Zusammenarbeit zwischen den Forschenden, insbesondere auch zwischen jenen aus verschiedenen Ländern und Disziplinen, sowie zwischen ihnen und anderen Persönlichkeiten des geistigen Lebens. Es widmet besondere Aufmerksamkeit der Förderung jüngerer Forscher.
- Das Kolleg pflegt die Beziehungen zu den früheren Fellows und fördert zeitlich befristet Projekte, wenn sie mit ehemaligen Fellows in Verbindung stehen oder der Gewinnung zukünftiger Fellows dienen.
Ordentliche Mitglieder
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Ordentliche Mitglieder sind die Präsidenten bzw. Vorsitzenden
- derAlexander-von-Humboldt-Stiftung in Bonn-Bad Godesberg,
- desDeutschen Akademischen Austauschdienstes e. V. in Bonn-Bad Godesberg,
- derDeutschen Forschungsgemeinschaft e. V. in Bonn-Bad Godesberg,
- derFreien Universität Berlin,
- derHumboldt-Universität zu Berlin,
- derHochschulrektorenkonferenz,
- derMax-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V. in Berlin und München,
- derStiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin,
- derTechnischen Universität Berlin,
- desWissenschaftsrates.
Weitere ordentliche Mitglieder können durch Beschluss derMitgliederversammlung aufgenommen werden.
Rechtsform / Vereinssitz / Publikationen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Das Wissenschaftskolleg zu Berlin ist rechtlich ein gemeinnützigereingetragener Verein. Der Vereinssitz ist in derWallotstraße 19 in Berlin-Grunewald. Das Wissenschaftskolleg veröffentlicht ein Jahrbuch mit Texten aller Fellows, das zu Beginn im Berliner Nicolai-Verlag erschien.[4]
Wissenschaftsstiftung Ernst Reuter
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Ebenso wie das Wissenschaftskolleg selbst wurde 1980 dieWissenschaftsstiftung Ernst Reuter errichtet, deren Aufgabe es ist, die für den Betrieb des Wissenschaftskollegs erforderlichen Mittel aufzubringen.[5][6]
Anna-Krüger-Preis
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Am Kolleg ist die Anna-Krüger-Stiftung angesiedelt, die den Anna-Krüger-Preis des Wissenschaftskollegs zu Berlin an einen Wissenschaftler verleiht, der ein hervorragendes Werk in einer guten und verständlichen Wissenschaftssprache geschrieben hat. Der Preis ist nachAnna Krüger benannt, dieDidaktik der deutschen Literatur amPädagogischen InstitutWeilburg und an derJustus-Liebig-Universität Gießen gelehrt hat. Anna Krüger hat ihr Vermögen auf die Anna Krüger Stiftung übertragen und das Wissenschaftskolleg zum Erben und Sitz der Stiftung ernannt. Das Preisgeld für den Preis beträgt 20.000 Euro (Stand: 2020).[7]
Die Preisträger sind:
- 1993:Jens Reich
- 1996:Ulrich Raulff
- 1999:Karl Schlögel
- 2001:Jürgen Osterhammel
- 2005:Wolfgang Wieser
- 2009:Martin von Koppenfels
- 2011:Albrecht Wellmer
- 2014:Martin Mulsow
- 2020:Hedwig Richter
Fellows
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Zu denFellows des Wissenschaftskollegs Berlin zählen unter anderem:[8]
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Dieter Grimm (Hrsg.):25 Jahre Wissenschaftskolleg zu Berlin 1981–2006. Akademie Verlag, Berlin 2006,ISBN 3-05-004053-X.
- Nicolaus Sombart:Journal intime 1982/83. Rückkehr nach Berlin. Elfenbein, Berlin 2003,ISBN 3-932245-60-1.[9]
- Peter Wapnewski:Mit dem anderen Auge, Erinnerungen 1959–2000. Berlin Verlag, Berlin 2006,ISBN 3-8270-0657-0.
- Uwe Pörksen:Camelot in Grunewald. Szenen aus dem intellektuellen Leben der achtziger Jahre. C. H. Beck, München 2014,ISBN 978-3-406-66958-3.
- Thomas Etzemüller:„Mein Gott, das war das glücklichste Jahr in meinem Leben“. Das Wissenschaftskolleg zu Berlin als Milieu und Offenbarung. Zur Ethnografie einer anti-universitären Institution, in: Daniel Meyer/Oliver Berli/Julia Reuter (Hrsg.):Ethnografie der Hochschule. Zur Erforschung universitärer Praxis. Transcript-Verlag, Bielefeld 2022, S. 251–273,ISBN 978-3-8376-5776-0.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Wissenschaftskolleg zu Berlin
- Ein Experiment im Verstehen – Das Wissenschaftskolleg zu Berlin
- Die Gelehrtenrepublik. 25 Jahre Wissenschaftskolleg zu Berlin: Internat der großen Geister. In:Der Tagesspiegel, 29. September 2006
- Harfensolo aus der Stille. In:Der Tagesspiegel. 9. September 2009 (archive.org).
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Satzung des Wissenschaftskollegs
- ↑Leben und Arbeiten am Wissenschaftskolleg
- ↑Die Fellows des ersten Jahrganges, abgerufen am 22. Januar 2015.
- ↑Siehe Bestand der Jahrbücher in der Deutschen Nationalbibliothek:hier undhier
- ↑Siehe Satzung der Stiftung
- ↑Siehe Stiftungsrat der Stiftung
- ↑Anna Krüger Stiftung bei wiko-berlin.de; abgerufen am 3. Juli 2021.
- ↑Heidi Tagliavini, Drs. h.c. In: www.wiko-berlin.de. Abgerufen am 26. Oktober 2023.
- ↑Richard Schroetter:Herr der Namen. Nicolaus Sombart führt Tagebuch. In:Deutschlandfunk, 2. Februar 2004, Besprechung vonJournal intime 1982/83
52.49152213.276505Koordinaten:52° 29′ 29,5″ N,13° 16′ 35,4″ O