Anachoret

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springenZur Suche springen
Anachoretenzelle inSkipton

EinAnachoret (zualtgriechischἀναχωρεῖνanachōreín „sich zurückziehen, ins Land [außerhalb der befestigten Stadt] ausziehen“)[1] war im altgriechischen Sprachgebrauch ein Mensch, der sich aus persönlichen Gründen aus der Gemeinschaft zurückzog. Bereits imhellenistisch-römischen Ägypten wurden in vorchristlicher ZeitEinsiedler, die in die Wüste oder unzugängliche Sumpfgebiete im Nildelta flüchteten, um sich z. B. der Besteuerung oder der Wehrpflicht zu entziehen, Anachoreten genannt. Später ging der Begriff auf die frühchristlichenMönche über. Die Zuordnung eines Mönchs zum Anachoretentum bedeutet also erst einmal nur dessen Rückzug aus der Gesellschaft. Er konnte entweder in klösterlicher Gemeinschaft mit anderen Anachoreten leben oder alsEremit ein abgeschiedenes Dasein führen. AlsLawra wurde eine anachoretische Siedlungsform bezeichnet, die sich wohl inPalästina herausbildete. In ihrem Mittelpunkt befand sich eine Kirche. Darum gruppierten sich Bauten zur gemeinschaftlichen Nutzung, um die sich wiederum die einzelnen Anachoretenzellen gruppierten.[2]

Als frühester Vertreter der christlichen Anachoreten gilt der heiligeAntonius der Große (auch Antonius der Einsiedler) (251?–356). In seinem Umfeld bildeten sich erste Anachoretengemeinschaften, lose Zusammenschlüsse von mehr oder weniger getrennt lebenden Eremiten als Übergang zumKoinobitentum.

Eine extreme Form der Anachoreten waren ab dem 5. Jahrhundert dieSäulenheiligen, deren berühmtester, der heiligeSymeon, inSyrien eine große Zahl von Nachahmern dazu bewog, ihr Leben auf einer hohen Säule zuzubringen.Dendriten zogen sich stattdessen auf einen Baum zurück. Den vollständigen Rückzug von der Umwelt praktizierten jene Anachoreten, die sich in Zellen einmauern ließen und nur durch eine kleine Öffnung Nahrung gereicht bekamen. Ein solcher archäologisch belegter Ort istSayala inNubien; für die wenigen Fälle inÄgypten liegen keine Grabungsbefunde, aber zeitgenössische Quellen vor.[3]

Auch aus dem mittelalterlichen England sind an Kirchen angebauteKlosterzellen bekannt, deren Eingangstür zugemauert war. Die alsInklusen bezeichneten Anachoreten konnten durch ein kleines, sich zum Altar der Kirche hin öffnendes Fenster dieHeilige Messe hören und dieKommunion empfangen, während sie durch eine zur Straße hin gelegene Öffnung mit dem Lebensnotwendigen versorgt werden konnten. Im spätmittelalterlichen Westeuropa waren diese Anachoreten in der Mehrzahl Frauen. A. K. Warren (1985)[4] schätzt das Geschlechterverhältnis auf fünf zu eins.[5]

Siehe auch

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Weblinks

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
Commons: Anachoret – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Anachoret – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
  1. Griechisch ἀναχωρεῖν ist als Verstärkung von χωρεῖν „sich zurückziehen, weichen, räumen“ zu verstehen, einer Verbalableitung vom Substantiv χώρα „Raum, Landschaft, Gegend“, und zwar zu deren Grundbedeutung, also eigentlich „Raum geben, räumen“.
  2. Konstantin M. Klein:Von Hesychie zu Ökonomie: Zur Finanzierung der Wüstenklöster Palästinas (5.–6. Jh.). In:Millennium, Band 15, Heft 1, Oktober 2018, S. 37–67, hier S. 39 (Abstract)
  3. Peter Grossmann:Christliche Architektur in Ägypten. (Handbook of Oriental Studies, Teil 1:The Near and Middle East, Band 62) Brill, Leiden 2002, S. 258.
  4. A. K. Warren:Anchorites and Their Patrons in Medieval England. University of California Press, Berkeley 1985
  5. Liz Herbert McAvoy:Introduction. In: Ders. (Hrsg.):Anchoritic Traditions of Medieval Europe. Boydell Press, Suffolk 2010, S. 11
Abgerufen von „https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Anachoret&oldid=251002465
Kategorien: