
EinAmtsgericht (AbkürzungAG) ist inDeutschland neben denLandgerichten (und selten denOberlandesgerichten) die Eingangsinstanz derordentlichen Gerichtsbarkeit. Die Bezeichnung rührt vonÄmtern her, den früheren Verwaltungs- und Gerichtsbezirken vieler Territorien imHeiligen Römischen Reich.
Die Organisation der Amtsgerichte unterliegt in Deutschland den Ländern (Art. 92 desGrundgesetzes). Sie errichten Amtsgerichte durch Landesgesetz und weisen diesen Gerichtsbezirke zu. Die Gerichtsbezirke orientieren sich dabei meist an Verwaltungsgrenzen. Mehrere Amtsgerichte haben etwa die StädteBerlin (11),Hamburg (8),Essen undDuisburg (je 3) sowieBremen,Herne,Mönchengladbach,Karlsruhe undStuttgart (je 2). Durch Landesgesetz können die Länder auch bestimmte Aufgaben bei bestimmten Amtsgerichten bezirksübergreifend bündeln. Durch Staatsvertrag ist eine Konzentration sogar länderübergreifend möglich. Diese Regelung kommt vor allem bei denMahngerichten zum Tragen.
Um die staatliche Rechtspflege demBürger möglichst nah und direkt anbieten zu können, gibt es in Deutschland sehr viele Amtsgerichte über die Fläche verteilt. Als erste Anlaufstelle können auch Erklärungen zu Protokoll der Geschäftsstelle aufgenommen werden, die für andere Gerichte bestimmt sind. Sie werden dann vom aufnehmenden Amtsgericht aus weitergeleitet.
Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Zahl der in Deutschland bestehenden Amtsgerichte (Zweigstellen werden nicht gezählt):
| Land | Anzahl Amtsgerichte |
|---|---|
| Baden-Württemberg | 108[1] |
| Bayern | 073[2] |
| Berlin | 011[3] |
| Brandenburg | 023[4] |
| Bremen | 003[5] |
| Hamburg | 008[6] |
| Hessen | 041[7] |
| Mecklenburg-Vorpommern | 010[8] |
| Niedersachsen | 080[9] |
| Nordrhein-Westfalen | 129[10] |
| Rheinland-Pfalz | 046[11] |
| Saarland | 010[12] |
| Sachsen | 025[13] |
| Sachsen-Anhalt | 025[14] |
| Schleswig-Holstein | 022[15] |
| Thüringen | 023[16] |
| Gesamt | 637 |
Amtsgerichte müssen mit mindestens einemRichter besetzt sein (§ 22b Absatz 1 GVG). In diesem Fall bestimmt das Präsidium des übergeordneten Landgerichts einen Richter seines Bezirks zum ständigen Vertreter. In Deutschland gibt es 23 Amtsgerichte, die mit nur einem Richter besetzt sind.[17]
Die meisten Amtsgerichte werden von einem Direktor (Direktor des Amtsgerichts,Besoldungsgruppe R 2, bei ganz kleinen Amtsgerichten auch R 1 mit Amtszulage) geleitet. Die allgemeine Dienstaufsicht ist dann von derLandesjustizverwaltung dem Präsidenten des übergeordneten Landgerichts übertragen worden (§ 22 Absatz 3 Satz 1 GVG).
Große Amtsgerichte mit vielen Richterplanstellen werden indessen von einem durch die Landesjustizverwaltung ernannten Präsidenten (Präsident des Amtsgerichts, Besoldungsgruppen R 3 bis R 6) geleitet und Präsidial(amts)gerichte genannt (§ 22 Absatz 3 Satz 2 GVG). Beispiele hierfür sind dasAmtsgericht München, dasAmtsgericht Dortmund, dasAmtsgericht Frankfurt am Main und dasAmtsgericht Leipzig.
Ob der Leiter eines Amtsgerichts Direktor oder Präsident ist, bestimmt das Landesrecht. In Nordrhein-Westfalen ist er gemäß§ 4 JustG NRW grundsätzlich Direktor, soweit das Justizministerium nicht anders entscheidet.
Die Amtsgerichte werden inZivil- undStrafsachen tätig (§ 13GVG). Sie sind mit Einzelrichtern besetzt (§ 22 Absatz 1 GVG).
Unter anderem fürMahnverfahren (vergleiche auchZentrales Mahngericht) ist es ausschließlich zuständig. Ferner werden bei den Amtsgerichten unter anderem dasHandelsregister, dasGenossenschaftsregister, dasVereinsregister und dasGüterrechtsregister geführt. Es ist daherRegistergericht. Zum Amtsgericht gehört auch dasGrundbuchamt. Die öffentlichen Register und das Grundbuch werden nach den Vorschriften über diefreiwillige Gerichtsbarkeit geführt. Entscheidungsbefugt sind je nach Sache derEinzelrichter, derRechtspfleger oder derUrkundsbeamte der Geschäftsstelle.
Inbürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ist das Amtsgericht zuständig bei einemStreitwert bis einschließlich 5.000 Euro (§ 23 Nr. 1GVG). Unabhängig vom Streitwert ist es unter anderem inMietsachen betreffend Wohnraum undKindschafts-,Unterhalts- undFamiliensachen zuständig. Das Amtsgericht wird auch alsVollstreckungsgericht, in Verfahren derZwangsversteigerung oderZwangsverwaltung, alsInsolvenzgericht inInsolvenzverfahren sowie alsNachlassgericht und alsBetreuungsgericht tätig, ebenso inWohnungseigentumssachen und inFreiheitsentziehungssachen (zum BeispielAbschiebehaft). FürStaatshaftungsfälle ist das Amtsgericht allerdings selbst dann nicht zuständig, wenn der Streitwert unter 5.000 Euro liegt (§ 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG).
Beim Amtsgericht sind Gerichtsvollzieher-Verteilerstellen eingerichtet, über die man den zuständigenGerichtsvollzieher beauftragen kann.
Nach§ 24 Absatz 1 Nummer 2 GVG ist das Amtsgericht inStrafsachen zuständig, wenn eineFreiheitsstrafe nicht über vier Jahre zu erwarten und nicht mit einer Unterbringung des Beschuldigten in einempsychiatrischen Krankenhaus oder in derSicherungsverwahrung zu rechnen ist. Abweichend davon obliegt die Entscheidung über die in§ 74 Absatz 2 (Schwurgerichtssachen) und§ 74a sowie§ 120 GVG genannten Straftaten (letzteres sind im Wesentlichen die politischen Straftaten) nach § 24 Absatz 1 Nummer 1 GVG stets demLandgericht bzw. demOberlandesgericht. Außerdem kann dieStaatsanwaltschaft gemäß § 24 Absatz 1 Nummer 3 GVG wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles Klage beim Landgericht erheben.
Ist das Amtsgericht zuständig, besteht gemäß§ 25 GVG die Zuständigkeit desStrafrichters (Einzelrichter), wenn einVergehen angeklagt ist und keine höhere Strafe als zwei Jahre Freiheitsstrafe zu erwarten ist; er kann dann aber den ganzen Strafrahmen des Amtsgerichts ausschöpfen, also auch Freiheitsstrafen bis zu vier Jahren verhängen. Das bei den Amtsgerichten gebildeteSchöffengericht nach§ 28,§ 29 GVG ist bei den übrigen Strafsachen des Amtsgerichts zuständig, also wenn einVerbrechen angeklagt oder eine Freiheitsstrafe zwischen zwei und vier Jahren zu erwarten ist. Das Schöffengericht besteht aus dem Richter beim Amtsgericht als Vorsitzendem und zweiSchöffen (§ 29 Absatz 1 GVG). Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann ein weiterer Richter beim Amtsgericht hinzugezogen werden, das sogenannte erweiterte Schöffengericht (§ 29 Absatz 2 GVG). Stellt sich heraus, dass eine längere Strafe oder Sicherungsverwahrung oder die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus doch erforderlich ist, muss das Verfahren an das Landgericht verwiesen werden.
Zu den Strafsachen im weiteren Sinne zählen auchBußgeldverfahren nach demGesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG).
Das Amtsgericht kann je nach Verfahrensgegenstand die erste Instanz sein, sonst ist es am konkreten Gerichtsverfahren unbeteiligt. Im Instanzenzug dem Amtsgericht übergeordnete Gerichte sind das Landgericht, das Oberlandesgericht und derBundesgerichtshof. Das Nähere regeln die jeweiligen Prozessordnungen und dasGerichtsverfassungsgesetz.