

DieAmöben (Mehrzahl vonAmöbe, vongriechischἀμοιβήamoibḗ ‚Wechsel‘),[1] wörtlich übersetzt die „Wechselnden“, oderWechseltierchen sind eine große, vielgestaltige Gruppe vonEinzellern, die keine feste Körperform besitzen, sondern durch Ausbildung vonScheinfüßchen (Pseudopodien) ihre Gestalt laufend ändern. Amöben sind eine Lebensform, keine Verwandtschaftsgruppe (Taxon).
Amöben sind zwischen 0,1 und 1 mm groß. Die meisten Arten sind nackt; es gibt auch beschalte Formen (Testate Amöben oder Schalenamöben). Neben denheterotrophen Arten, die sich durchPhagocytose ernähren, gibt es amöboid bewegliche Einzeller, dieChloroplasten enthalten undPhotosynthese betreiben. Am bekanntesten sind die „Riesenamöben“ der GattungenAmoeba undChaos.
Amöbenartige Lebensformen haben sich getrennt voneinander in verschiedenstenTaxa entwickelt. Sie bilden daher eine Lebensform oderOrganisationsstufe, aber keine taxonomische Gruppe.
Die heterotrophen, also keine Photosynthese betreibenden Amöben (mit Ausnahme derSchleimpilze) wurden traditionell zu denWurzelfüßern (Rhizopoda) gerechnet. Nach heutiger Systematik verteilt sich der Großteil auf dieAmoebozoa (einschließlich Schleimpilzen), dieRhizaria (zusammen mit den anderen Gruppen der Wurzelfüßer wieForaminiferen,Strahlentierchen und einem Großteil derSonnentierchen) und dieHeterolobosea innerhalb derExcavata (z. B. dieFließamöben,Vahlkampfia). Hinzu kommen verschiedeneautotrophe (Photosynthese treibende), traditionell zu denAlgen gezählte Vertreter derChromalveolata.[2] Bemerkenswert sind dieChlorarachniophyta, Vertreter der Rhizaria, die früher wegen ihrer Chloroplasten zu denGrünalgen gestellt wurden.
Amöben sind fast überall zu finden. Manche Gattungen sind global von der Arktis bis zur Antarktis verbreitet, und viele können sogar aus der Luft isoliert werden, wobei es sich zumeist um Dauerstadien (Zysten) handelt. Besonders zahlreich sind sie in feuchten Böden und Schlamm vorhanden, viele Gattungen sind im Süßwasser und im Meerwasser verbreitet.[3]
Amöben sind meist durchsichtig und können ihre Form ständig verändern. Im Zellinneren sieht man das körnigeEndoplasma (auch: Entoplasma) pulsieren, das viele kleine Bläschen enthält. Weiter außen liegt das strukturlos wirkendeEktoplasma. DerZellkern ist meistens schlecht erkennbar.
Zur Fortbewegung bilden Amöben Plasmafortsätze, dieScheinfüßchen oderPseudopodien, aus. Dies geschieht durch lokale Kontraktion desCytoskeletts, durch die das dortige Cytoplasma unter Druck gesetzt wird. Es entsteht eine Cytoplasmaströmung zu Bereichen niedrigeren Drucks, was dort zur Ausbildung von Pseudopodien führt. Durch Anheftungspunkte(Adhäsions-Plaques) der Pseudopodien besteht ein Kontakt zum Untergrund.
Im Grunde verläuft die Fortbewegung in drei Schritten:
Diese Fortbewegung unter laufender Gestaltänderung bezeichnet man als „amöboid“.
Amöben fangen ihre Beute,Bakterien und kleinere eukaryotische Einzeller, indem sie diese mit ihren Scheinfüßchen umfließen und dann in ihrem Körper innerhalb vonNahrungsvakuolen einschließen und verdauen. Diese Art der Aufnahme fester Nahrungspartikel nennt manPhagozytose. Im Inneren der Nahrungsvakuole wird die Nahrung durch Verdauungsenzyme zerkleinert und in eine wasserlösliche Form gebracht. Verwertbares wird durch die Vakuolenmembran in dasCytoplasma übernommen; diesen Vorgang nennt manResorption.
Daneben gibt es auch die Aufnahme von Flüssigkeiten und darin gelösten Substanzen in Form derPinozytose. Oft bilden die Amöben dafür einen längeren Pinozytosekanal aus, an dessen Ende ein flüssigkeitsgefülltes Bläschen ins Zellinnere abgeschnürt wird.
Süßwasser-Amöben verfügen über einekontraktile Vakuole, die den Wasserhaushalt regelt. Da Amöben durch die Nahrung ständigIonen aufnehmen, kommt es in ihrem Innern zur Erhöhung desosmotischen Drucks, weil Wasser aus der hypotonischen Umgebung in das höher konzentrierteCytoplasma diffundiert. Dies muss die Amöbe unter Energieeinsatz ausgleichen, um nicht zu platzen. Dazu pumpt die pulsierende Vakuole Wasser aus der Zelle.
Die Fortpflanzung der Amöben erfolgt grundsätzlichasexuell durch simpleTeilung. Verbreitet scheinen jedoch auchparasexuelle Aktivitäten vorzukommen, und vereinzelt gibt es Hinweise auf echteSexualität, die bislang aber in keinem Fall gesichert sind.[4] Etliche Arten bilden außerdembegeißelte Schwärmer (Zoosporen).
Viele Amöben sindpathogen, einige von ihnen können beim Menschen schwereKrankheiten verursachen. So ruft die Magna-Form vonEntamoeba histolytica dieAmöbenruhr, eine schwere Magen-Darm-Erkrankung, hervor. Darüber hinaus beherbergen viele Amöben-Arten pathogene Bakterien wie etwaLegionellen.[5] Einige amöbenähnliche Einzeller führen beim Menschen zu einer schwerenMeningoenzephalitis. Dazu gehören die GattungenNaegleria,Balamuthia undSappinia.Naegleria fowleri findet sich meist in warmen stehenden Süßwasser-Gewässern und dringt in den meisten Fällen beim Schwimmen entlang der Nasenschleimhaut zum Gehirn und löst die eitrige PAME (Primäre Amöben-Meningoenzephalitis) aus, die in 95 % der Fälle tödlich endet.[6][7][8] Die GattungAcanthamoeba findet sich in Süß-, Salz-, Brackwasser und in Böden und führt typischerweise bei Kontaktlinsen-Trägern (80 % der Krankheitsfälle) zu einer schweren „Acanthamöba-Keratitis“. Auch sie kann entlang der Nasenschleimhaut zum Gehirn gelangen und dort eine zumeist tödliche Meningoenzephalitis auslösen.[9] Bei hartnäckigenZahnfleischentzündungen undParodontitis ist häufigEntamoeba gingivalis anzutreffen.[10]