Allegorie

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Jan Vermeer,Die Malkunst, Allegorie auf die Malerei
Jan Brueghel der Jüngere,Allegorie derTulipomanie

DieAllegorie (altgriechischἀλληγορίαallegoría ‚andere Sprache‘; vonἄλλοςállos ‚anders‘, ‚verschieden‘, ‚auf andere Weise‘ undἀγορεύωagoreúo ‚eindringlich sprechen‘, ‚eine öffentliche Aussage machen‘, zuἀγοράagora ‚Versammlung‘) ist eine Form indirekter Aussage, bei der eine Sache (Ding, Person, Vorgang) aufgrund vonÄhnlichkeits- oder Verwandtschaftsbeziehungen alsZeichen einer anderen Sache (Ding, Person, Vorgang, abstrakter Begriff) eingesetzt wird.

In derRhetorik wird die Allegorie alsStilfigur unter denTropen (Formen uneigentlichen Sprechens) eingeordnet und gilt dort als fortgesetzte, das heißt über ein Einzelwort hinausgehende,Metapher. In derbildenden Kunst und in weiten Teilen der mittelalterlichen und barockenLiteratur tritt die Allegorie besonders in der Sonderform derPersonifikation auf, in der eine Person durchAttribute, Handlungsweisen und Reden als Veranschaulichung eines abstrakten Begriffs, zum Beispiel einer Tugend oder eines Lasters, agiert.

UnterAllegorese(allegorische Deutung)[1] versteht man die Deutung von Allegorien jeder Art, so etwa spricht man von Buchstaben-, Edelstein-, Farb-, Kleider- und Blumenallegorese.[2] In derLiteraturwissenschaft bezeichnetAllegorese die historische Auslegung eines Textes nach einem über den wörtlichen hinausgehenden Sinn.

In der mathematischenKategorientheorie ist eine Allegorie nachFreyd und Sceodrov die Kategoriezweistelliger Relationen zwischen unterschiedlichen Mengen (im Gegensatz zurRelationsalgebra homogener zweistelliger Relationen).[3][4]

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

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Zu Funktion und Bedeutung

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In der Auslegungmythologischer und heiliger Texte hat die Annahme von Allegorien eine besondere Rolle bei dem Anliegen gespielt, den überlieferten, in seiner wörtlichen Aussage teilweise unglaubwürdig oder unverständlich gewordenen Text auf eine verborgene Weisheit oder Wahrheit hin auszulegen und so das Denken und Glauben der eigenen Zeit und Kultur als bereits in der Vergangenheit vorausgeahnt und beglaubigt auszuweisen.

Als sprachlicher oder künstlerischer Ausdruck ist eine Allegorie von vorneherein auf ihreDeutung hin konstruiert. Vom Hörer oder Betrachter erfordert die Allegorie einen Gedankensprung (Assoziation = eine bewusste oderunbewusste Verknüpfung von Gedanken) vom Gesagten oder bildlich Dargestellten zurgemeinten Bedeutung. Wenn der Betrachter nicht vertraut ist mit den geistigen oder historischen Zusammenhängen, aus denen die Allegorie heraus konstruiert wurde, bleibt ihm ihr Sinn oft verborgen. Realistische Allegorien – bei ihnen wirkt schon diewörtliche oder unmittelbare Bedeutung an sich selber lehrreich oder unterhaltsam – lassen oft übersehen, dass es weiter(gehend)e allegorische Intentionen gibt.

Allegorie und Symbol

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Justitia, die Gerechtigkeit, mit Darstellung derUnschuld (links) und desLasters (rechts)

Die seit dem 18. Jahrhundert aufgekommenen Versuche, Allegorie und Symbol voneinander abzugrenzen, zeichnen sich oft durch philosophischen Tiefsinn aus, sind aber literatur- undzeichentheoretisch wenigkonsistent und führen bei der Anwendung auf dieantike, mittelalterliche und auchbarocke Allegorie zu historischen Verkürzungen. EinSymbol wird manchmal verstanden als einZeichen, das die gesagte Sache auch um ihrer selbst und ihrer Besonderheit willen, und nicht nur um der Verallgemeinerbarkeit der übertragenen Aussage willen ausspreche, ihren tieferen Sinn außerdem lediglich andeute, ihn aber weniger bestimmt als die Allegorie festlege, und darum schließlich eherintuitiv zu verstehen als intellektuell zu enträtseln sei. Vor allem soll das Dargestellte im Symbol noch anwesend sein, wodurch eine innere und äußere Einheit von Zeichen und Bedeutung gewahrt wird.

Der Allegorie fehlt diese Einheit, sie ist gebrochen und steht in einem Spannungsverhältnis zur dahinter stehenden Idee. Ästhetisch wurde während desKlassizismus darum dem alspoetischer empfundenen Symbol meist der Vorzug gegeben vor der verstandesbetont nüchternen, als Gedankenspiel geringgeschätzten Allegorie, die im Rahmen einer auf Unmittelbarkeit, Gefühl und Individualität ausgerichteten Literatur- und Kunstauffassung als die minderwertigere oder sogar unpoetische Ausdrucksform geringgeschätzt wurde. DurchWalter Benjamin erfuhr die Allegorie in derModerne eine Aufwertung: „Das Symbol ist dieIdentität von Besonderem und Allgemeinem, die Allegorie markiert ihreDifferenz.“[5] Sie wurde als Kunstform gegen dieidealistischeÄsthetikparadigmatisch für die Moderne.

Geschichtliche Entwicklung und Beispiele

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Im antiken Griechenland wurden zahlreiche Kräfte und Zustände, sofern sie dauerhaft wirkten, vergöttlicht. Der griechische Götterhimmel war daher so vielfältig, dass es der Allegorie nur selten bedurfte. Soweit bekannt, nutzten die griechischen Maler jedoch personifizierte Abstrakta für innere Vorgänge und Zustände wie Empörung oder Neid, die sie noch nicht durch Mimik oder Gebärden darstellen konnten, und stellten sie neben die handelnden Figuren, um deren Motive zu zeigen. In hellenistischer und römischer Zeit änderte sich das: An die Stelle der Gottheit trat immer öfter die Allegorie. Nicht nur natürliche Vorgänge wurden nun allegorisiert, sondern auch staatliche und politische Verhältnisse.

Einen frühen Höhepunkt erreichte die Verwendung der Allegorie in der bildenden Kunst derFrührenaissance, in der vor allem Abstrakta wie geistige Qualitäten personifiziert wurden. Zum besseren Verständnis mussten Allegorien oft mit Beischriften oder Attributen versehen werden (z. B. wurde Feigheit durch einen Mann repräsentiert, der vor einem Hasen flieht).Häufig diente seit dem Hochmittelalter die Allegorie moralisch-theologischen Zwecken, z. B. zur Darstellung von Tugenden und Sünden. Die mittelalterliche Kirchenmalerei, Plastik (Straßburger Münster) und Goldschmiedekunst (Verduner Altar inKlosterneuburg) und die barocke Malerei (z. B.Rubens) bedienten sich reichlich der belehrenden Allegorie und schufen zahlreiche Figuren, die das Gute oder Böse repräsentieren.

Seit derFranzösischen Revolution verkörpern Allegorien auch politische Ideen wie die Freiheit oder die Volkssouveränität.

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts – unter dem Einfluss der in London ausgestellten Giebelfiguren desParthenon, der sog.Elgin Marbles – wurden vermehrt skulpturale Allegorien (oft weibliche Figuren) als Schmuck- oder Stützfiguren verwendet, um den Zweck und die Bestimmung von öffentlichen Gebäuden anzuzeigen (zuvor schon z. B. am PariserPanthéon).[6]

Dürer:Melencolia I

Die Allegorie kann auch als bildhaftePersonifikation eines Staates verwendet werden. In der Form einerNationalallegorie findet man beispielsweise für dasDeutsche Reich dieGermania, für Österreich dieAustria, fürPreußen die Borussia, für dieSchweiz dieHelvetia, fürFrankreich dieMarianne, fürGroßbritannien dieBritannia oder für dieUSA dieLady Liberty oderUncle Sam.

  • DerTod als Gerippe (das Fleisch vergeht) und mit derSense (er trifft alle).
  • DieGerechtigkeit als Frau (Justitia;iustitia ist imLateinischen weiblich) mit verbundenen Augen (ohne Ansehen der Person), in der einen Hand eine Waage (genau abwägend) und in der anderen ein Schwert (urteilend).
  • Albrecht DürersMelencolia I kann entgegen der vorherrschenden Deutung als Melancholie durchaus als eine Allegorie des Trostes durchMeditation[7] verstanden werden (siehe:Jakobsleiter des Gebets mit sieben Sprossen – vgl. auch: Melencolias Pi-Theta-Gürtel entsprechend den Säumen des Kleides von Philosophia bei Boetius’ Trost der Philosophie, 524) als auch der Wissenschaften (Quadrivium: Arithmetik, Geometrie, Astronomie & Musik) sowie Dürers künstlerischer Kreativität undKunsttheorie.

Da dieAllegorie ein indirektes Zeichen des Dargestellten ist, wird sie nicht direkt verstanden, sondern erst durchAbstraktion – oderKonvention.

Sprachliche Allegorie

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Allegorie in der Literatur

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In der Literatur sind bekannt:Allegorie undAllegorese, Formen, die Inhalte von Texten erklären, wobei die Allegorese die Interpretationsform ist, die Allegorie die Textform. Dashermeneutische Verfahren einer allegorischen Interpretation von Texten wurde zuerst in der Antike für das Deuten derEpenHomers und derTheogonieHesiods angewendet. Die verschiedenen philosophischen Schulen versuchten dadurch, die Texte nicht nur wörtlich zu verstehen, sondern einen verborgenen Sinn in ihnen zu entdecken. Die in der klassischen Zeit als skandalös empfundenen Göttergeschichten der vorklassischen Zeit, wie etwa von Homer oder Hesiod überliefert, konnten auf diese Weise gerechtfertigt werden.

In Rom wurde die von den Griechen praktizierte allegorische Interpretation vonGöttermythen übernommen. Allegorische Figuren wurden u. a. vonLukan (Roma),Vergil (Fama),Lukrez undOvid erfunden. Aus spätrömischer Zeit stammtBoethius’ BuchTröstungen der Philosophie, in dem neben denMusen der Dichtkunst auch die Philosophie als Person zum Autor spricht. Von weitreichendem Einfluss auf Literatur und Kunst des Mittelalters warPrudentiusPsychomachia aus dem 4. Jahrhundert n. Chr., eine allegorische Schilderung des Kampfes zwischen den christlichenTugenden und den heidnischenLastern.

Bis zum ausgehendenMittelalter entstanden zahlreiche phantastisch-allegorische Werke, so derAnticlaudian desAlanus ab Insulis im 12. Jahrhundert, der sich im Vorwort zu seinem Buch ausdrücklich eine nur buchstäbliche Lektüre des Textes verbat, oder der überaus populäre und weit verbreiteteRosenroman vonGuillaume de Lorris undJean de Meung. Auch die Bibel erschien in allegorischer Form, so imhochmittelalterlichenEupolemius, in dem dieHeilsgeschichte vomSündenfall bis zurAuferstehung Christi nacherzählt wird. In der Übergangszeit zwischen Mittelalter undRenaissance schriebPetrarca seine in vielen illustrierten Handschriften überliefertenDe remediis utriusque fortunae, eine allegorische Anleitung für den Menschen über seinen Umgang mit Glück und Unglück, und schließlichDante dieGöttliche Komödie.

In derBarockzeit erlebten Allegorien eine Blüte in allen Bereichen der Literatur, sei es in Gedichten, Reden aller Art, Predigten, Grabinschriften usw. Sie treten auch heute noch im Christi-Leiden-Spiel und in derPassionsprozession auf.

Der Klassizismus verwirft die in der christlichen Mystik begründete allegorische Kunstauffassung, die im Symbolismus und der Moderne eine säkularisierte Wiedergeburt erlebt.[8]

In derRomantik hatE. T. A. Hoffmann, der auch Zeichner war, mit seiner Titelvignette zu denFantasiestücke in Callots Manier (1814/1815) einen intermedialen Ansatz zwischen Literatur und Bild gefunden. Es

lässt sich feststellen, dass dieVignette ein komplexes und vielschichtiges Werk ist, das Hoffmanns künstlerische Philosophie widerspiegelt und heterogene Elemente in einem einheitlichen, rätselhaften Bild vereint, das seine literarischen Werke einleitet.[9]

Allegorese in der Bibel

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Bezüglich derBibel gibt es zwei grundsätzliche Hauptrichtungen der Allegorese, als Interpretationsform zur Erklärung der Inhalte der jeweiligen heiligen Schriften, für dasChristentum diechristliche Bibel, für dasJudentum hauptsächlichTora,Hebräische Bibel,Talmud,Responsen undRabbinische Literatur.

Christentum

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In der christlichen Tradition hat sich die Vorstellung vommehrfachen biblischen Schriftsinn entwickelt, wonach der biblische Text einerseits einen historisch wahren oder als fiktional (Parabel) einzustufendenwörtlichen Sinn besitzt (sensus litteralis) und andererseits in mehrfach gestufter Bedeutung auf historisch nachzeitige (typologischer Sinn), moralische (tropologischer Sinn) odereschatologische Dinge (anagogischer Sinn) auszulegen ist.

Allegorese wurde schon früh auch für diechristliche Bibel praktiziert. So deutet der ApostelPaulusHagar „bildlich“ oder eben allegorisch auf den Alten undSarah auf den NeuenBund:[10]

„Das hat einen bildlichen Sinn: Dies sind nämlich die zwei Bündnisse“. (Gal 4,21–31 SLT)

Origenes bezieht dasHohelied des Alten Testaments auf die Liebe zwischen Christus und der Seele des Gläubigen.Augustinus prägte über dasMittelalter hinaus die christliche Allegorese. Zur allegorischen Deutung der Heiligen Schrift forderte er vom Interpreten Kenntnisse inGrammatik,Rhetorik,Linguistik sowie umfassendes Wissen über die Dinge derNatur, über Zahlen und Musik, nicht aber überheidnische Mythen und heidnischeMantik oderAstrologie.[11]

Luther schätzte allegorische Deutungen von Bibeltexten nicht und machte sich über Origenes lustig. Andererseits verwendete er Allegorien in seinen Tischreden und Predigten, da sie zwar dem Zuhörer nicht „rationale Erkenntnis des historisch geschehenenMysteriums ermöglichten, aber doch sein Anspiel (allusio) und natürliches Ergriffensein“.[12]

Judentum

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Das Judentum kennt mit der Pardes-Klassifikation vier verschiedene Ansätze für dieExegese der Jüdischen Bibel, desTanach und der heiligen Texte in der Tradition desrabbinischen Judentums.PaRDeS ist einAkronym für die klassischejüdischeInterpretation von Texten beim Studium derTora.

Über klassische Lesarten hinaus lassen sich mit Hilfe dieses Systems Bibelstellen immer wieder in einem neuen, nicht wortwörtlichen Sinn interpretieren. Ein Beispiel dafür ist3. Buch Mose 20,10EU, wo für Ehebrecher und Ehebrecherin der Tod gefordert wird. Insbesondere imliberalen Judentum wird diese Forderung heute allegorisch gedeutet. Ehebruch kann hier als Abwendung von Gott als der Quelle allen Lebens verstanden werden. UnterDrasch sind persönliche Ansichten zur Bedeutung der Ehe denkbar, und die letzte EbeneSod kann alsmystische Verbundenheit zwischen Mensch und Gott verstanden werden.

Die allegorische Auslegung der Tora wurde schon in der Antike vonPhilo von Alexandrien ausgiebig gebraucht.

Allegorie in der Rhetorik

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In derRhetorik istAllegorie ein Fachbegriff. Die sprachliche Form der Allegorie wird in der Rhetorik als rhetorischerTropus verstanden. Wie alle Tropen erfordert sie einen Gedankensprung vom Gesagten zum Gemeinten. Durch die semantischen Formensimilitudo (Vergleich) undcontrarium (Gegensatz) ist sie verwandt mit derMetapher, demexemplum (Beispiel), demAenigma (Rätsel), demproverbium (Sprichwort), derIronie, demEuphemismus usw. In der Rhetorik kann sie auf vielfältige Weise angewendet werden, so in Lob- und Preisreden, zum Argumentieren, für das Belehren, für Satiren, Witze und dergleichen.

Cicero schrieb in seinem BuchDe oratore der Allegorie verschiedene Anwendungsmöglichkeiten zu: Sie diene zur Verdeutlichung des Redegegenstandes bzw. zu dessen Verbergen, der Kürze der Darstellung und der Unterhaltung des Publikums. In seinem bis ins Mittelalter maßgebenden Buch über die RedekunstDe institutione oratoria lieferteQuintilian eine rhetorische Theorie der Allegorie.

Bildliche Allegorie

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Da die Allegorie abstrakte Sachverhalte durch Bilder darstellt,[13] ist sie besonders in derbildenden Kunst eine Möglichkeit, Konventionen in Bildern deutlich zu machen, und somit eine Möglichkeit, diese Bilder zu deuten. Sie ist damit auch eine Möglichkeit, abstrakte Sachverhalte anschaulicher und dadurch verständlicher zu machen.

Antike

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In der bildenden Kunst sind allegorische Darstellungen seit der Antike üblich. In der griechischen Antike finden sich Allegorien unter anderem als Marmorreliefs an Altären und auf Giebelfeldern der Tempelanlagen, oder als umlaufenden Fries ebenda. Bedeutende vielgestaltige Darstellungen allegorischer Szenerien finden sich auch auf den Vasenmalereien inHellas.

In der römischen Kunst ist die Allegorie eine übliche Darstellungsform aufGemmen,Münzen,Sarkophagen oderTriumphbögen. Personifizierungen abstrakter Ideen und Vorstellungen – wie „Glück“, „Frieden“, „Eintracht“, „Jahreszeiten“, „Geld“ oder bestimmter Städte oder Staatswesen – wurden benutzt zur bildlichen Erinnerung an einen bestimmten Menschen auf Sarkophagen, zur Verherrlichung bestimmter historischer Ereignisse auf Triumphbögen oder zur Verbildlichung religiöser oderkosmologischer Vorstellungen.

Berühmt ist das verschollene BildDie Verleumdung des MalersApelles mit seinem Aufmarsch allegorischer Figuren wieGerücht,Neid oder dernackten Wahrheit, das in der Renaissance nach einerEkphrasis desLukian von Samosata als Gemälde vonSandro Botticelli mit dem TitelDie Verleumdung des Apelles neu geschaffen wurde, sowie das nur in einer römischen Kopie erhalteneRelief desKairos, eine Allegorie dergünstigen Gelegenheit, des hellenistischen BildhauersLysipp.

Mittelalter

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Philosophia et septem artes liberales, Illustration aus demHortus Deliciarum derHerrad von Landsberg (12. Jahrhundert)

Antike allegorische Bildformeln wurden auch in der frühchristlichen Kunst verwendet und umgedeutet. Von besonderer Wichtigkeit für die Herstellung allegorischer Bilder in der christlichen Kunst sind Thesen desIsidor von Sevilla zur Verwendung allegorischer Texte, die im Zuge desBilderstreits auch als Argumente für das Bild im Kontext christlicher Religion benutzt wurden. Im Laufe des Mittelalters entwickelten sich im Zusammenhang mit der christlichenDogmatik neue Allegorien, die in unzähligen Varianten in der Malerei, der Skulptur und sogar in der Architektur erscheinen. Typische Beispiele sind die vierKardinaltugenden, die SiebenTodsünden, dieSieben Freien Künste, Frau Welt,Ecclesia und Synagoge und Zahlenallegorien.

Eine eigene Ausprägung allegorischer Interpretation von Texten, die sich in den Bildkünsten widerspiegelt, ist dieKlassifikation, in der jeweils Ereignisse des Alten und des Neuen Testaments alsTypus und Antitypus miteinander in Zusammenhang gebracht wurden. Die einzelnen Textstellen der Bibel bzw. ihre bildliche Darstellung konnten verschiedenen Interpretationsmodi unterzogen werden, bei denen der buchstäbliche(sensus litteralis) und der geistige(sensus spiritualis) Sinn zu unterscheiden war. Zu beachten war bei diesem die allegorische Bedeutung(sensus allegoricus), die moralische Bedeutung(sensus tropologicus) und dieeschatologische Bedeutung(sensus anagogicus).

Renaissance und Barock

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Agnolo Bronzino, dieAllegorie der Liebe in derNational Gallery,London

Neue Impulse bekamen die Allegorien durch das wachsende Interesse humanistischer Gelehrter amNeuplatonismus. Alle Erscheinungen der Welt können als Abbilder göttlicher Schönheit gesehen werden. Niederschlag fanden zum Beispiel Ideen neuplatonischer Gelehrter am Hofe der Medici in Florenz in den BildernBotticellis.

Auchpagane Quellen können „Spiegel göttlicher Schönheit und Weisheit“ sein. Beispielhaft für die Neubewertung nichtchristlicher Quellen ist das Interesse anägyptischen Hieroglyphen, etwa an der 1419 entdeckten Schrift über Hieroglyphen desHorapollon. 1499 erschien der allegorische RomanHypnerotomachia Poliphili desFrancesco Colonna, mit dem das Spiel der Künstler und Dichter von Renaissance und Barock mit derEmblematik eröffnet wurde.Andrea AlciatosEmblematum liber von 1531 erlebte viele Auflagen und diente in der Folge den Künstlern wie dieIconologia desCesare Ripa, 1593, als allgemein anerkannte und viel benutztes Buch für allegorische Darstellungen. Zu den aus dem Mittelalter bekannten Allegorisierungen traten neue, wie z. B. die desHerkules als Verkörperung des tugendhaften Menschen bzw. des vollkommenen Herrschers.

Die Tendenz zum Dunklen und Unverständlichen in Allegorien, die schon Cicero bemerkt hatte, nimmt in der Renaissance zu, beispielhaft zu erkennen in den Bildern fürIsabella d’Estesstudiolo, und zeigt sich in schwer zu deutenden Bildern des Manierismus, wie derAllegorie der Liebe desBronzino.

Eine Blüte erlebte die allegorische Malerei[14] im Zuge derGegenreformation in der Ausmalung katholischer Kirchen und gleichzeitig in der Ausgestaltung barocker Schloss- und Parkanlagen.

Romantik und Klassizismus bis zur Gegenwart

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Delacroix:Die Freiheit führt das Volk, 1830

In der folgenden Zeit ließ die Lust an der Allegorie bei Künstlern und Auftraggebern nach. Der Allegorie wurden vermehrt trockene und gefühlsarme Gedankenkonstruktionen nachgesagt. Kunsttheoretiker des 18. Jahrhunderts wieGotthold Ephraim Lessing,Moses Mendelssohn und später auchEdgar Allan Poe stellten den Sinn allegorischer Darstellungen in Frage, währendJohann Joachim Winckelmann,Johann Wolfgang Goethe und vor allemNathaniel Hawthorne – einer der bekanntesten Allegoriker der Weltliteratur – der Allegorie positiver gegenüberstanden. Trotzdem gab es nach wie vor allegorische Gemälde wie die Allegorie der Freiheit vonEugène Delacroix oder die Tageszeitenbilder vonPhilipp Otto Runge. Während derWilhelminischen Zeit spielten allegorische Skulpturen eine bedeutende Rolle bei der Dekoration von repräsentativen Bauten oderDenkmälern wie beispielsweise demDeutschen Reichstag oder demNiederwalddenkmal beiBingen am Rhein.

Auch Künstler des 20. Jahrhunderts, wie z. B.Max Beckmann, arbeiten gelegentlich mit allegorischen Darstellungen.

Beispiele

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Triumph der Medici in den Wolken des Olymp,Fresken in der Galerie desPalazzo Medici Riccardi inFlorenz,Luca Giordano, 1684–1686

Beispiel (sprachliche Allegorie)

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Zitat

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„Die Allegorie verwandelt die Erscheinung in einen Begriff, den Begriff in ein Bild, doch so, dass der Begriff im Bilde immer noch begrenzt und vollständig zu halten und zu haben und an denselben auszusprechen ist.
Die Symbolik verwandelt die Erscheinung in Idee, die Idee in ein Bild, und so, dass die Idee im Bild immer unendlich bleibt und, selbst in allen Sprachen ausgesprochen, doch unaussprechlich bliebe.“

Goethe:Maximen und Reflexionen, Nr. 1112 und 1113

„Allegorien sind im Reiche der Gedanken, was Ruinen im Reiche der Dinge.“

Walter Benjamin:Ursprung des deutschen Trauerspiels.[15]

Siehe auch

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Literatur

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  • Walter Benjamin:Ursprung des deutschen Trauerspiels. Rowohlt, Berlin 1928.
  • Reinhart Hahn:Die Allegorie in der antiken Rhetorik. Dissertation, Tübingen 1967.
  • Cäcilia Rentmeister:Berufsverbot für die Musen. Warum sind so viele Allegorien weiblich? In:Ästhetik und Kommunikation, Nr. 25, 1976, S. 92–112. Langfassung in:Frauen und Wissenschaft. Beiträge zur Berliner Sommeruniversität für Frauen, Juli 1976. Berlin 1977, S. 258–297Cillie Rentmeister Kunstgeschichte Allegorie Sphinx Ödipus | Cillie (Cäcilia) Rentmeister: Publikationen.
  • Christel Meier:Gemma spiritalis. Methode und Gebrauch der Edelsteinallegorese vom frühen Christentum bis ins 18. Jahrhundert. Fink, München 1977, S. 29–44,ISBN 3-7705-1251-0. Volltext:Digi20.
  • Christel Meier:Zwei Modelle von Allegorie im 12. Jahrhundert: Das allegorische Verfahren Hildegards von Bingen und Alans von Lille. In:Walter Haug (Hrsg.):Formen und Funktionen der Allegorie, Symposion Wolfenbüttel 1978. Stuttgart 1979, S. 70–89.
  • Hennig Brinkmann:Mittelalterliche Hermeneutik. Niemeyer, Tübingen 1980,ISBN 3-484-10365-5.
  • Wolfgang Harms,Heimo Reinitzer (Hrsg.):Naturkunde und allegorische Naturdeutung. Aspekte der Weltbetrachtung zwischen 13. und 19. Jahrhundert. Bern/Frankfurt am Main 1980 (=Mikrokosmos. Band 7).
  • Rudolf Wittkower:Allegorie und der Wandel der Symbole in Antike und Renaissance. Köln 1984.
  • Heinz Meyer:Zum Verhältnis von Enzyklopädik und Allegorese im Mittelalter. In:Frühmittelalterliche Studien. Band 24, 1990, S. 290–313.
  • Heinz J. Drügh:Anders-Rede. Zur Struktur und historischen Systematik des Allegorischen. Freiburg 2000.
  • Gerhard Kurz:Metapher, Allegorie, Symbol. (=Kleine Vandenhoeck-Reihe. Band 4032). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 6. Aufl. 2009,ISBN 3-525-34032-X (Standardwerk).
  • Meinolf Schumacher:Einführung in die deutsche Literatur des Mittelalters. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010; S. 35–42: „Gott und die Natur: Hermeneutik der Schrift und der Natur“.
  • Alfred Meurer:Industrie- und Technikallegorien der Kaiserzeit, Ikonographie und Typologie. Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften (VDG), Weimar 2014,ISBN 978-3-89739-808-5.

Weblinks

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Commons: Allegorie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Allegorese – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Allegorie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Duden | Allegorese | Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Herkunft. Abgerufen am 15. Dezember 2024. 
  2. Tilo Brandes:‚Von den Buchstaben‘. In:Burghart Wachinger u. a. (Hrsg.):Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. 2., völlig neu bearbeitete Auflage, Band 1(‘A solis ortus cardine’ – Colmarer Dominikanerchronist). De Gruyter, Berlin/New York 1978,ISBN 3-11-007264-5, Sp. 1111.
  3. Yohji Akama, Yasuo Kawahara, Hitoshi Furusawa:Constructing Allegory from Relation Algebra and Representation Theorems (Memento vom 13. Juli 1998 imInternet Archive). University of Tokyo
  4. Peter J. Freyd, André Scedrov:Categories, Allegories (= North-Holland Mathematical Library, Vol. 39). North-Holland, 1990.
  5. Walter Benjamin:Gesammelte Schriften. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1987, Bd. 1, S. 352.
  6. Jacob Burckardt:Die Allegorie in den Künsten. (1897) In: Ders.:Kulturgeschichtliche Vorträge. Hrsg. Rudolf Marx, Stuttgart 1959, S. 322 ff., 333 ff.
  7. Meditation ist, mit Mose an den Stein (um Lebenswasser) anklopfen „Meditari est pulsare cum Mose hanc petram“ (Luther WA 3. Bd. 1885, 21)
  8. Rosario Assunto:Theorie der Literatur bei Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. rororo, Reinbek 1975, S. 158 ff.
  9. Jörg Petzel,Bernd Hesse:Die isisköpfige Sphinx. E.T.A. Hoffmanns allegorische Titelvignette zu den Fantasiestücken in Callot’s Manier. In: Claudia Liebrand, Harald Neumeyer und Thomas Wortmann (Hrsg.):E.T.A. Hoffmann-Jahrbuch, Band 32, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2024,ISBN 978-3-503-23917-7, S. 90.
  10. Daniel Lanzinger:Ein „unerträgliches philologisches Possenspiel“? Paulinische Schriftverwendung im Kontext antiker Allegorese. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2016,ISBN 978-3-525-59370-7. 
  11. Die allegorische Auslegung desGleichnisses vomBarmherzigen Samariter bei Augustinus (Quaestionum Evangeliorum 11,19, zu Lk 10,30-37), findet sich hier:uni-due.de, Archivlink abgerufen am 15. Dezember 2024
  12. Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Band 1, S. 359.
  13. J. Dominik Harjung:Lexikon der Sprachkunst. C. H. Beck, München 2000.
  14. Vgl. auchGerd Unverfehrt:Christliches Exempel und profane Allegorie. Zum Verhältnis von Wort und Bild in der Graphik der Boschnachfolge. In: H. Vekeman,Justus Müller Hofstede (Hrsg.):Wort und Bild in der niederländischen Kunst und Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts. Erftstadt 1984, S. 220–242.
  15. Frankfurt 1963, S. 197.
Normdaten (Sachbegriff):GND:4001236-0(lobid,OGND,AKS)
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