Alexander Conze

Alexander Christoph Leopold Conze[1] oderAlexander Christian Leopold Conze (geboren10. Dezember1831 inHannover; gestorben19. Juli1914[2] inBerlin-Grunewald)[3] war ein deutscherKlassischer Archäologe. Bekannt wurde er als Direktor derAntikensammlung Berlin.
Leben
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Familie
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Alexander Conzes Vater war der aus Celle stammende Stabsrittmeister bei den Gardehusaren in Hannover Georg Conze (Johann Georg Leopold Conze junior; 1791–1832), dieser wiederum Sohn des gleichnamigen, am Oberappellationsgericht Celle tätigen Juristen Georg Conze senior (1753–1834) und der Margarethe Sophie Roerup (1754–1831). Seine Mutter war Sophie (Sophie Margarethe Dorothea Helwing; 1808–1862), Tochter des in Hannover tätigen Hofbuchhändlers[2] Diedrich Helwing (Christian Richard Diedrich Helwing; 1764–1832) von derHelwingschen Hofbuchhandlung[4] und der Friederike Ramberg,[2] Tochter des Hof- und Kommerzienrates und als Geheimer Justizrat an der Kriegskanzlei in Hannover tätigenJohann Daniel Ramberg (1732–1820) und der Sophie Margarethe Dorothee Gerstenberg (1742–1811).[4]
Er heiratete am 24. September 1861 Elise Erdmann (Elise Constanze Caroline Mathilde Erdmann; 1839–1920), Tochter des Apothekenbesitzers in Hannover[4] Johann Friedrich Erdmann[2] beziehungsweise Adolf Erdmann (Adolf Johann Friedrich Erdmann; 1801–1866).[4] Aus der Ehe gingen 4 Söhne und 2 Töchter hervor.[2]
Werdegang
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Ein kunstverständiger Verwandter (Romberg) hatte in Conze beizeiten das Interesse an Kunstwerken im Allgemeinen und die Neigung an Klassischer Altertumswissenschaft geweckt.[5]Conze studierte ab 1851 an derUniversität Göttingen zunächst Rechtswissenschaft, wandte sich aber unter dem EinflussFriedrich Wieselers derKlassischen Philologie zu.[5] 1852 wurde er imCorps Brunsviga Göttingenrecipiert. Er zeichnete sich auf allen dreiChargen aus.[6] Als Inaktiver wechselte er an dieUniversität Berlin. Als einflussreiche Lehrer bezeichnete Conze selbstEduard Gerhard,August Boeckh,Ernst Curtius,Wilhelm Heinrich Waagen,Karl Haupt,Karl Bötticher,Adolf Trendelenburg,Karl Ferdinand Ranke,Carl Ritter undKarl Richard Lepsius. An der Berliner Kunstakademie hörte er zusätzlich Vorlesungen beiHubert Stier überArchäologie undArchitektur. Er beteiligte sich ananatomischen Übungen unter Leitung vonEmil du Bois-Reymond.[5]
Mit einer Dissertation über bildliche Darstellungen der Seele wurde er 1855 in Berlin beiEduard Gerhard zumDr. phil. promoviert.[7] Im Sommer desselben Jahres leitete er denordentlichen Kösener Congress (oKC) desKösener Senioren-Convents-Verbandes. Von Berlin aus übersiedelte Conze nach London, um die Altertumsschätze desBritish Museums „sich zu eigen“ zu machen. Damit bereitete er sich auch auf seine weiteren Ziele, die Erforschung von Fundstätten in Griechenland und denthrakischen Inseln vor.[5] Bei dieser ersten Forschungsreise begleitete ihn der Straßburger ArchäologeAdolf Michaelis. Im Ergebnis veröffentlichten sie den BerichtEine Reise auf die Inseln des thrakischen Meeres in den Schriften desInstituts für Archäologische Korrespondenz.[5] 1861 erfolgte seineHabilitation in Göttingen. 1863 erhielt Conze als GöttingerPrivatdozent einen Ruf an dieUniversität Halle.
Im Jahr 1869 ging er alsOrdinarius fürArchäologie an dieUniversität Wien, an der er bis 1877 die neugeschaffeneLehrkanzel leitete.

Conze organisierte von Wien aus die Ausgrabungen aufSamothrake (1873, 1875).[8] Er begründete in Wien auch die ZeitschriftEpigraphisch-archäologische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn als zentrales Organ für archäologische Studien aus Österreich.[8]

1877 wurde Conze Professor an derUniversität Berlin und Direktor derSammlung für antike Skulpturen und Gipsabdrücke der Berliner Museen. In dieser Eigenschaft konnte sich Conze der Erforschung der antiken StadtPergamon mit demPergamonaltar ganz zuwenden. Mit dem IngenieurCarl Humann begann Conze 1878 mit der Ausgrabung Pergamons im NordwestenKleinasiens (bis 1894), die später vonWilhelm Dörpfeld undTheodor Wiegand. Es gelang ihm, denpreußischen Staat mit Unterstützung bekannter Forscher und des Kronprinzen zur Ausrüstung von Expeditionen zu bewegen. Im Mittelpunkt seiner Arbeiten standen also organisatorische Aufgaben in Berlin und vor Ort, um unmittelbar auf die Grabungen Einfluss zu nehmen.[8]Darüber hinaus leitete er ab 1887 als Generalsekretär dasArchäologischen Instituts des Deutschen Reiches.[5]
Conze starb 1914 in seiner Grunewalder Villa in der Wangenheimstraße 17 und wurde auf demFriedhof Grunewald beigesetzt.[3]
Nachkommen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Alexander Conze ist der Vater der FrauenrechtlerinElsbeth Krukenberg-Conze und des ReichsgerichtsratsHans Conze. Damit ist er Großvater des SozialhistorikersWerner Conze[9] und der Großvater desSS-Brigadeführers und Generalmajors der Waffen-SSGustav Krukenberg.
Mitgliedschaften (Auswahl)
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- 1860 ordentliches Mitglied des Kaiserlich-Deutschen Archäologischen Instituts
- 1875 korrespondierendes, 1890 auswärtiges Mitglied derAkademie der Wissenschaften zu Göttingen
- 1877 ordentliches Mitglied derKöniglich-Preußischen Akademie der Wissenschaften
- 1878 auswärtiges Mitglied derBayerischen Akademie der Wissenschaften
Erinnerung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Im Jahr 1877 gab die deutsche Münzanstalt eine Medaille auf Alexander Conze heraus. Sie war anlässlich seines Wechsels von Wien nach Berlin von Freunden und Schülern in Auftrag gegeben und vom Wiener MedailleurJosef Tautenhayn gestaltet worden.[10]Das Porträtrelief Alexander Conzes schufAdolf Brütt 1905 in einer Marmorversion für den Sitzungssaal des Deutschen Archäologischen Institutes und in einer kleineren Bronzeversion als Gegenstück zu dem Porträt des gleichzeitig pensioniertenEugen Petersen. Dieses Relief wurde auch kommerziell als Plakette vertrieben. 1912 entwarfFritz Klimsch eine Bronzebüste, die bis vor einigen Jahren unter dem Pergamonaltar neben der von Humann stand.
- Medaille (1877)
- Plakette vonAdolf Brütt (1905)
Schriften (Auswahl)
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Reise auf den Inseln des Thrakischen Meeres. Rümpler, Hannover 1860 (Digitalisat).
- als Herausgeber:Melische Thongefäße. Breitkopf und Härtel, Leipzig 1862 (Digitalisat).
- Reise auf der Insel Lesbos. Rümpler, Hannover 1865 (Digitalisat).
- Die Familie des Augustus. Ein Relief in S. Vitale zu Ravenna. Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1867 (Digitalisat).
- Ueber die Bedeutung der classischen Archaeologie. Eine Antrittsvorlesung, gehalten an der Universität zu Wien am 15. April 1869. Gerold, Wien 1869.
- Beiträge zur Geschichte der griechischen Plastik. Mit XI Tafeln, meistens nach Abgüssen des archäologischen Museums der kgl. Universität Halle–Wittenberg gezeichnet und lithographiert von Hermann Schenck. Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1869 (Digitalisat).
- als Herausgeber:Vorlegeblätter für archäologische Uebungen. Serie 1–6, 1869–1874.
- Zur Geschichte der Anfänge griechischen Kunst. 1870–;
- (Teil 1): In:Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Classe. Bd. 64, 1870,ISSN 1012-487X,S. 505–534
- (Teil 2): In:Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Classe. Bd. 73, 1873,S. 221–250.
- als Herausgeber:Römische Bildwerke einheimischen Fundorts in Österreich. 3 Hefte. Gerold in Commission, Wien 1872–1877 (Digitalisat der drei Hefte).
- Heft 1:Drei Sarkophage aus Salona. 1872.
- Heft 2:Sculpturen in Pettau und St. Martin am Pacher. 1875.
- Heft 3:Sculpturen in Cilli, Pettau und Seckau. 1877.
- Heroen- und Götter-Gestalten der griechischen Kunst. 2 Lieferungen = 2 Abtheilungen. Waldheim, Wien 1874–1875.
- mitAlois Hauser undGeorge Niemann:Archäologische Untersuchungen auf Samothrake. Band 1, Carl Gerold’s Sohn, Wien 1875 (Digitalisat).
- Theseus und Minotaurus (=Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin. Band 38). Archäologische Gesellschaft u. a., Berlin 1878 (Digitalisat).
- mit Alois Hauser undOtto Benndorf:Archäologische Untersuchungen auf Samothrake. Band 2, Carl Gerold’s Sohn, Wien 1880 (Digitalisat).
In seiner Eigenschaft als Direktor der Berliner Antikensammlung hatte er wichtigen Anteil an der Durchführung der pergamenischen Expeditionen zur Wiedergewinnung des großen Altarfrieses und beteiligte sich an den darüber erschienenen Berichten (Die Ergebnisse der Ausgrabungen zu Pergamon. Vorläufiger Bericht. Berlin 1880 und 1882;Digitalisat),Attische Grabreliefs.[8]
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Georg Karo:Alexander Conze. In:Mitteilungen des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung 39, 1914, S. I-XV.
- Hans Dragendorff:Alexander Conze. Gedächtnisrede gehalten am Winckelmannstage, 1914, in der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin. Reimer, Berlin 1915 (Digitalisat).
- Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff:Alexander Conze (1831–1914). In:Sitzungsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1916, S. 754–759.
- Friedrich Goethert: Conze, Alexander Christian Leopold. In:Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957,ISBN 3-428-00184-2, S. 348 (Digitalisat).
- Adolf Borbein:Alexander Conze 1831–1914. In:Archäologenbildnisse. Porträts und Kurzbiographien von Klassischen Archäologen deutscher Sprache. Zabern, Mainz 1988,ISBN 3-8053-0971-6, S. 59–60.
- Julia Kopf:Alexander Conze und der Beginn der Klassischen und Provinzialrömischen Archäologie in Wien (1869 bis 1877). In: Günther Schörner, Julia Kopf (Hrsg.):1869–2019. 150 Jahre Klassische Archäologie an der Universität Wien. Phoibos, Wien 2021,ISBN 978-3-85161-247-9, S. 35–42.
- Karl R. Krierer: „Ich schwamm in ein Meer aus dem hallischen kleinen Gewässer“. Alexander Conze in Wien, 1869–1877. In: Günther Schörner, Julia Kopf (Hrsg.):1869–2019. 150 Jahre Klassische Archäologie an der Universität Wien. Phoibos, Wien 2021,ISBN 978-3-85161-247-9, S. 149–161.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Alexander Conze im Katalog derDeutschen Nationalbibliothek
- Propylaeum Vitae
- Verena Gassner,Zur Geschichte des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Wien
Anmerkungen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Jens Schmidt-Clausen:Conze, Alexander Christoph Leopold, in:Hannoversches Biographisches Lexikon, S. 86.
- ↑abcdeFriedrich Goethert: Conze, Alexander Christian Leopold. In:Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957,ISBN 3-428-00184-2, S. 348 (Digitalisat).
- ↑abStadtarchiv Grunewald, Sterbeurkunde Nr. 29/1914.
- ↑abcdFriedrich Conze:Ahnentafel, Bogen 1 und 2, in ders.:Die Familie Conze aus Elze, Neudruck der Erstausgabe von 1941, Berlin: De Gruyter, 2020,ISBN 978-3-11-233507-9 undISBN 3-11-233507-4, S. 171–172
- ↑abcdefZum 50-jährigen Doktorjubiläum von Alexander Conze, in:Vossische Zeitung, 11. August 1905.
- ↑Kösener Korpslisten 1910, 94/266
- ↑Dissertation:De Psyches imaginibus quibusdam.
- ↑abcd(oben links): Fortsetzung zur Biografie von Alexander Conze, in:Vossische Zeitung, 11. August 1905.
- ↑Vgl. den Werner Conze alsGedenkartikel gewidmeten Aufsatz: Bernhard vom Brocke:„Von des attischen Reiches Herrlichkeit“ oder die „Modernisierung“ der Antike im Zeitalter des Nationalstaats. Mit einem Exkurs über die Zerschlagung der Wilamowitz-Schule durch den Nationalsozialismus.In:Historische Zeitschrift Bd. 243, 1986, S. 101–136, hier S. 101.
- ↑Stefan Krmnicek, Marius Gaidys:Gelehrtenbilder. Altertumswissenschaftler auf Medaillen des 19. Jahrhunderts. Begleitband zur online-Ausstellung im Digitalen Münzkabinett des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Tübingen (=Von Krösus bis zu König Wilhelm. Neue Serie, Band 3). Universitätsbibliothek Tübingen, Tübingen 2020, S. 52–55 (Digitalisat).
Personendaten | |
---|---|
NAME | Conze, Alexander |
ALTERNATIVNAMEN | Conze, Alexander Christian Leopold (vollständiger Name); Conze, Alexander Christoph Leopold |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Klassischer Archäologe |
GEBURTSDATUM | 10. Dezember 1831 |
GEBURTSORT | Hannover |
STERBEDATUM | 19. Juli 1914 |
STERBEORT | Berlin-Grunewald |
- Klassischer Archäologe
- Hochschullehrer (Humboldt-Universität zu Berlin)
- Hochschullehrer (Georg-August-Universität Göttingen)
- Hochschullehrer (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg)
- Hochschullehrer (Universität Wien)
- Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Antikensammlung Berlin
- Mitglied der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen
- Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin
- Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Museums Robertinum
- Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts
- Corpsstudent (19. Jahrhundert)
- Ehrenmitglied eines Corps
- Deutscher
- Geboren 1831
- Gestorben 1914
- Mann