Acrolein
Strukturformel | |||||||||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
![]() | |||||||||||||||||||
Allgemeines | |||||||||||||||||||
Name | Acrolein | ||||||||||||||||||
Andere Namen | |||||||||||||||||||
Summenformel | C3H4O | ||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung | farblose bis gelbliche, leichtbewegliche Flüssigkeit mit stechendem Geruch[2] | ||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | |||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||
Eigenschaften | |||||||||||||||||||
Molare Masse | 56,06 g·mol−1 | ||||||||||||||||||
Aggregatzustand | flüssig | ||||||||||||||||||
Dichte | 0,84 g·cm−3[3] | ||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | |||||||||||||||||||
Siedepunkt | 52 °C[3] | ||||||||||||||||||
Dampfdruck | |||||||||||||||||||
Löslichkeit | gut in Wasser (267 g·l−1 bei 20 °C)[3] | ||||||||||||||||||
Brechungsindex | 1,4017 (20 °C)[4] | ||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | |||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||
MAK | |||||||||||||||||||
Toxikologische Daten | |||||||||||||||||||
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten beiStandardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex:Na-D-Linie, 20 °C |
Acrolein (IPA: [akroleˈiːn],anhörenⓘ/?; auchPropenal,Acrylaldehyd,2-Propenal bzw.Prop-2-enal oderAqualin) ist eine Chemikalie und alsAldehyd derorganischen Chemie zuzuordnen. Es ist ein klarer flüssiger Stoff, der dieSummenformel C3H4O besitzt. Acrolein entsteht insbesondere bei der Zersetzung von Fetten aus dem Glycerolteil und zeigt sich durch einen stechenden Geruch.
Geschichte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Der österreichische ChemikerJosef Redtenbacher entdeckte 1843 das Acrolein als stechend riechendes Zersetzungsprodukt desGlycerins, als er in denLiebigschen Laboratorien Untersuchungen an Fettsäuren durchführte. Er konnte die Verbindung isolieren und mit der richtigen Summenformel charakterisieren.[7][8]
Gewinnung und Darstellung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Acrolein (3) kann durch partielleOxidation vonPropen oder durch Reaktion vonAcetaldehyd (2) mitFormaldehyd (1) gewonnen werden (Aldolkondensation):

Diese Methode ist heute durch dasSohio-Verfahren abgelöst worden.[2]

Die technische Herstellung in der chemischen Industrie erfolgt weitestgehend über die Gasphasenoxidation von Propan oder Propen in Gegenwart geeigneter heterogenerKatalysatoren. Diese Partialoxidation am festen Kontakt (synonym zu „heterogener Katalysator“) erfolgt mit Luft alsOxidationsmittel bei Temperaturen um 330–390 °C, wobei Rohrbündelreaktoren eingesetzt werden, in denen die stark exotherme Reaktion mit Salzbädern gekühlt wird. Es wird nur eine relativ verdünnte Mischung von Propen mit Luft (meist noch in Gegenwart von Wasserdampf) eingesetzt, um die Bildung explosionsfähiger Gemische zu vermeiden. Die mit modernen Katalysatoren erzielbaren Ausbeuten betragen bis über 80 % bezüglich Propen, als Nebenprodukte entstehen um 5 %Acrylsäure undKohlenstoffmonoxid undKohlenstoffdioxid neben nicht umgesetztem Propen. Problematisch ist dieQuenchung und Isolierung des Acroleins vor der weiteren Verwendung als Rohstoff für die Synthese vonMethionin,Glutaraldehyd oder diversen Riechstoffen. Bei der Isolierung kommt es zurPolymerisation von Acrolein und anderen aktiven Nebenkomponenten (im Besonderen Acrylsäureester), die zum Abstellen der Anlage zwingen.[9][10]
Zudem ist Acrolein ein unerwünschtes Produkt vieler Verbrennungs- und Oxidationsreaktionen diverser organischer Verbindungen. Beim Verbrennen verschiedener organischer Substanzen (Druckertinte, Pflanzenöle, Biodiesel, Wachs, Tabak,E-Zigaretten Liquids uvm.) entstehen Acroleindämpfe, zum Beispiel in der Industrie, bei Autoabgasen und beim Zigarettenrauch (bis 140 μg/Zigarette). So tritt der typische Acroleingeruch unmittelbar nach dem Erlöschen einer Kerze auf. Es entsteht auch beim Überhitzen pflanzlicher und tierischer Fette, zum Beispiel beimFrittieren.[2] Dieser Prozess wird durch das Vorhandensein von Wasser und Säuren deutlich erleichtert. Dabei wird das Fett (Triglycerid) zunächst in seine BestandteileGlycerin undFettsäuren zerlegt (Hydrolyse). Das Glycerin wird dann durch Wasserabspaltung zu Acrolein umgesetzt (Dehydratisierung).
In zunehmendem Maße wird versucht, Acrolein nicht mehr ausPropan oder Propen herzustellen. Propan und Propen sind Produkte der Petrochemie, basieren also aufErdgas oderErdöl. Diese fossilen Rohstoffe werden in der Zukunft zunehmend knapp. Deshalb versuchen viele Firmen, Acrolein durch Dehydratisierung vonGlycerin zu gewinnen. Dieses fällt als billiges Nebenprodukt bei der Herstellung vonBiodiesel aus natürlichen Fetten und Ölen an.[11]
Eigenschaften
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die geringe Größe von Acrolein, dieAldehydgruppe sowie die vorhandene Doppelbindung sorgen für eine hohe Reaktivität des Moleküls. In reiner Form ist Acrolein kaum stabil.
Aufgrund der vorhandenenC=C-Doppelbindung kann Acrolein leicht polymerisieren. Acrolein wird auch durch Addition von Wasser zuGlycerin umgesetzt.
Die Aldehydgruppe kann anProteine binden. Daher wird Acrolein, ähnlich wieFormalin, in derElektronenmikroskopie zurFixierung eingesetzt. Der Vorteil liegt in der im Vergleich mit anderen Aldehyden besonders kurzen Reaktionszeit.
Acrolein reagiert mit elementaremBrom zur entsprechenden 2,3-Dibromverbindung, die mitDimethylsulfoxid selektiv zum 2-Bromacroleindehydrohalogeniert werden kann.[12]

Gefahren
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Acrolein ist sehr giftig und zudem auch ein starkesUmweltgift. Es ist ein starker Wasser- und Meeresschadstoff und sehr schädlich für Fische. DieMAK-Kommission der DFG stuft Acrolein alskrebserzeugend in die Kategorie 3 ein.[13] Unter diese Kategorie fallen Stoffe, die mit Verdacht auf krebserzeugender Wirkung Anlass zur Besorgnis geben.Acrolein ist sehr leicht entzündlich (Flammpunkt −26 °C,Zündtemperatur 215 °C) und kann mit der Luft explosionsfähige Gemische bilden (untereExplosionsgrenze 2,8 Vol-%, obere Explosionsgrenze 31 Vol.-%).[3]
Metabolische Bildung aus dem Zytostatikum Cyclophosphamid
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]DasZytostatikumCyclophosphamid wird in der Leber metabolisiert, wobei es zu einer nichtenzymatischen Spaltung in den eigentlichen Wirkstoff Chlorethylphosphorsäureamid und dem Nebenprodukt Acrolein kommt. Acrolein hat urotoxische Wirkung.
Verwendung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Acrolein wird als Zwischenprodukt in der großtechnischen Herstellung der synthetischenAminosäureDL-Methionin[14] und dessen HydroxyanalogonDL-2-Hydroxy-4-methylmercaptobuttersäure eingesetzt, die erhebliche wirtschaftliche Bedeutung als Mischfutterbestandteil in derTierernährung besitzen.
Acrolein wird hauptsächlich als Zwischenprodukt bei der Synthese von chemischen Verbindungen (wie zum BeispielAcrylsäure und β-Hydroxypropionaldehyd[15]) und alsBiozid verwendet. Es entsteht auch beim Abbau bestimmter Schadstoffe in der Außenluft oder bei der Verbrennung von organischen Stoffen einschließlich Tabak oder Kraftstoffen wie Benzin oder Öl.[16] Die Messung Acrolein-haltigerEmissionen kann mittels2-HMP-Verfahren erfolgen.[17]
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Eintrag zuAcrolein. In: P. J. Linstrom, W. G. Mallard (Hrsg.):NIST Chemistry WebBook, NIST Standard Reference Database Number 69.National Institute of Standards and Technology, Gaithersburg MD.
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Eintrag zuACROLEIN in derCosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 1. Oktober 2021.
- ↑abcEintrag zuAcrolein. In:Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 25. Dezember 2014.
- ↑abcdefghijklmEintrag zuAcrylaldehyd in derGESTIS-Stoffdatenbank desIFA, abgerufen am 4. Januar 2022. (JavaScript erforderlich)
- ↑David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL,Physical Constants of Organic Compounds, S. 3-8.
- ↑Eintrag zuAcrylaldehyde imClassification and Labelling Inventory derEuropäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw.Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnungerweitern.
- ↑Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva):Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach107-02-8 bzw. Acrolein), abgerufen am 2. November 2015.
- ↑J. Redtenbacher:Über die Zerlegungsprodukte des Glyceryloxydes durch trockene Destillation inAnn. Chem. Pharm. 47 (1843) 113–125.
- ↑Rolf Werner Soukup:Chemiegeschichtliche Daten organischer Substanzen, Version 2020, S. 8pdf.
- ↑Patentanmeldung DE4023239A1: Verfahren zur katalytischen Gasphasenoxidation von Propen oder Iso-Buten zu Acrolein oder Methacrolein. Angemeldet am 21. Juli 1990, veröffentlicht am 23. Januar 1992, Anmelder: BASF AG, Erfinder: Hans Martan et al.
- ↑Houben-Weyl Methods of Organic Chemistry Vol. E 3, 4th Edition Supplement Aldehydes. Georg Thieme Verlag, 2014,ISBN 978-3-13-181134-9,S. 234 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑Dissertation Vanessa Lehr:Dehydratisierung von Glycerol zu Acrolein, Technischen Universität Darmstadt, 2008.
- ↑W. Li, J. Li, Z.-K. Wan, J. Wu, W. Massewski:Preparation of α-Haloacrylate Derivatives via Dimethyl Sulfoxide-Mediated Selective Dehydrohalogenation. InOrg. Lett. 2007, Bd. 9, S. 4607–4610.doi:10.1021/ol7021142.
- ↑Ständige Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe:MAK- und BAT-Werte-Liste 2021. 57. Mitteilung. In: Deutsche Forschungsgemeinschaft (Hrsg.):Maximale Arbeitsplatzkonzentrationen und Biologische Arbeitsstofftoleranzwerte.PUBLISSO, 2021,ISBN 978-3-9822007-1-2,doi:10.34865/mbwl_2021_deu.
- ↑Eintrag zuMethionin. In:Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 21. Juni 2016.
- ↑DatenblattAcrolein beiSigma-Aldrich, abgerufen am 7. März 2011 (PDF).Vorlage:Sigma-Aldrich/Name nicht angegeben
- ↑US EPA:Acrolein, abgerufen am 16. April 2015.
- ↑VDI 3862 Blatt 5:2008-06Messen gasförmiger Emissionen; Messen niederer Aldehyde insbesondere Acrolein nach dem 2-HMP-Verfahren - GC-Methode (Gaseous emission measurement; Measurement of lower aldehydes especially acrolein with the 2-HMP-method - GC-method). Beuth Verlag, Berlin, S. 4.
- Gefährlicher Stoff mit harmonisierter Einstufung (CLP-Verordnung)
- Feuergefährlicher Stoff
- Beschränkter Stoff nach REACH-Anhang XVII, Eintrag 40
- Giftiger Stoff bei Verschlucken
- Giftiger Stoff bei Einatmen
- Giftiger Stoff bei Hautkontakt
- Ätzender Stoff
- Umweltgefährlicher Stoff (chronisch wassergefährdend)
- Alkenal