Acqua altaⓘ/? (italienischfürhohes Wasser) ist das jährlichewinterlicheHochwasser inVenedig. Es entsteht, wenn bei besonders starkerFlut und niedrigem Luftdruck derScirocco das Wasser landeinwärts in dieLagune von Venedig drückt. Von denGezeiten abhängend, dauert es mehrere Stunden an.
Bei normaler Flut steigt der Wasserspiegel bis zu 90 cm über den Normalstand. Dabei kommt es zu keinen Überschwemmungen. Wenn er höher steigt, ist „Acqua alta“. Die „Acqua-alta“-Saison geht typischerweise von September bis in den April, gelegentlich auch darüber hinaus. Um den November herum ist ihr Höhepunkt.
Am 4. November 1966 setzte der Rekordwasserstand von 194 cm fast ganz Venedig unter Wasser.
In den 1960er Jahren hatte sich die Gefahr dadurch verschärft, dass durch Grundwasserentnahmen Venedig recht schnell um mehrere Zentimeter gesunken war.
In den letzten Jahren hat die Zahl der „Acque alte“ erkennbar zugenommen. Der Bürgermeister Venedigs führt dies auf denKlimawandel zurück.[1]
Bis 2007 warnte ein einfaches Sirenensystem vor Hochwasser. Seit Dezember 2007 ist ein differenziertes Signalsystem im Betrieb. Hierbei ist je nach zu erwartender Wasserstandshöhe mehrfach ein Sirenenton von den insgesamt acht Sirenen im Stadtgebiet zu hören. Bei einer Höhe von mehr als 110 cm über dem Normalstand hört man einen einfachen Ton, bei 120 cm zusätzlich mit einem höheren, bei 130 cm mit zwei jeweils höhere und bei 140 cm mit drei jeweils höhere Töne.[2]
Die aktuelle Acqua alta-Vorhersage für die nächsten Tage kann man auf der Webseite des von der Stadtgemeinde Venedig betriebenen Amtes zur Vorhersage der Gezeiten (italienischCentro Previsioni e Segnalazioni Maree)[3] einsehen.
Insgesamt sind seit 1872 über 300 Acque alte mit einer Höhe von mindestens 110 cm erfasst worden. Die für 1872 bis 1922 gesammelten Daten stammten aus verschiedenen Quellen. Seit 1923 werden die Daten vom städtischen Amt für die Gezeiten-Vorhersage einheitlich erfasst.
Liste von Acque alte ab einer Höhe von 140 cm seit 1923:[4]
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Am 12. November 2019 kurz vor Mitternacht stieg der Pegel auf 187 cm über demMeeresspiegel.[5] Ausgelöst durch von Wind aus Richtung Süden angetriebene Flutwellen zu Vollmond am 12. November blieb das Hochwasser durch die Wetterlage (Tiefs Detlef) bedingt länger anhaltend bestehen; das Hochwasser floss dann zunächst ab und erreichte am Freitag, dem 15. November mit 154 cm erneut hohe Werte, wobei 80 Prozent von Venedig überschwemmt wurden unddie amtierende Regierung Italiens für das Stadtgebiet den Notstand erklärte. Neben der Altstadt von Venedig waren – wie 1966 – ebenfalls die NachbarinselnPellestrina und etwas weniger schwerBurano vom Hochwasser betroffen.[6] Angetrieben von Ausläufern desMittelmeertiefs Ingmar erreichte den Markusplatz eine weitere Hochwasserspitze mit 150 cm über Normal am 17. November, zeitgleich mit Unwettern in Italien und Schneefällen mit Lawinengefahr am südlichen Alpenrand.[7]
EindringendesSalzwasser in Verbindung mitWasserschäden ist eines der Folgeprobleme.[8] Restauratoren rechnen in Folge der aufsteigenden Feuchte zudem mitAusblühungen durch auskristallisierendes Salz anFresken desWeltkulturerbes und am Mauerwerk.[9]
Als Schutz gegen das Hochwasser wurde ein Flutsperrwerk gebaut (MO.S.E-Projekt).Es besteht aus beweglichen Fluttoren. Diese können an drei Einfahrten zur Lagune hochgefahren werden. Die Anlage wurde erstmals im Oktober 2020 getestet. Seine Feuertaufe bestand das System vom 1. bis 3. November 2021, als eine mittelschwere Sturmflut angesagt war. Durch das Hochfahren der Barrieren konnte Venedig damals vor größeren Zerstörungen bewahrt werden.
Der KriminalromanDonna Leon – Acqua Alta vonDonna Leon spielt in Venedig zur Zeit des Hochwassers. Er wurdeunter gleichem Titel verfilmt.
2016 wurde in Erinnerung an das Hochwasser von 1966 imTeatro La Fenice die OperAquagranda des KomponistenFilippo Perocco uraufgeführt.
Weiter istAcqua alta der Name der jährlich abgehaltenen InternationalenFachmesse fürHochwasserschutz,Klimafolgen undKatastrophenmanagement. Sie fand erstmals 2003 auf demMünchner Messegelände statt und wurde dort auch 2005 ausgerichtet. Im Jahre 2006 zog sie um ins CCH –Congress Center Hamburg und fand dort auch 2008 wieder statt. Seitdem wurde sie im 2-jährigen Wechsel mit der alpinen Version, derAcqua alta alpina, ausgerichtet, die 2007 erstmals inSalzburg stattfand. Seit November 2014 wurde die Fachmesse inEssen ausgerichtet. Außerdem gibt es eineAcqua alta inSingapur, die denKüstenschutz in denTsunamigebieten zum Thema hat.