Abschlussdeich

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Abschlussdeich
Karte der Niederlande ohne Deiche mit potenziell überfluteten Gebieten
Satellitenbild des Abschlussdeichs

DerAbschlussdeich (niederländischAfsluitdijk,westfriesischOfslútdyk) ist ein 32 Kilometer langer Damm in denNiederlanden zwischen den ProvinzenNoord-Holland undFriesland. Er gilt als das wichtigste Einzelbauwerk derZuiderzeewerke zurLandgewinnung und zumKüstenschutz in den Niederlanden und riegelt die ehemaligeZuiderzee (Südersee) gegenüber derNordsee ab. Sein Bau wurde 1932 vollendet und beinhaltete auch die Errichtung von zwei großenTidesperrwerken, die der Abfuhr des zufließenden Süßwassers dienen. Auf dem Damm verlaufen eine Autobahn (dieA 7) und ein Rad- und Gehweg. Durch den Sperrdamm entstand aus demgezeitenabhängigenÄstuar Zuiderzee („die Südersee“) das BinnengewässerIJsselmeer („der IJsselsee“).

Der Abschlussdeich ist genau genommen kein Deich, sondern ein Damm, daDeiche ein Hinterland haben, das durch den Deich geschützt wird. Das westliche Ende liegt beiDen Oever (GemeindeHollands Kroon, Provinz Noord-Holland) und das östliche Ende inZurich beiHarlingen (GemeindeSúdwest-Fryslân, Provinz Fryslân). Auf die Gemeinde Súdwest-Fryslân entfallen rund 20 Kilometer des Abschlussdeichs, mit den auf künstlichen Inseln liegenden OrtenKornwerderzand undBreezanddijk. Die restlichen 12 Kilometer gehören zu der Gemeinde Hollands Kroon.

Inhaltsverzeichnis

Bau und Geschichte

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Schließen der letzten Lücke beim Dammbau

Rund ein Viertel der Niederlande liegt unter demMeeresspiegel, sodass ohne die umfangreichen Deichbaumaßnahmen die Hälfte des Landes von Überflutungen bedroht wären.[1] Die vielen Deiche konnten aber nicht verhindern, dass immer wieder verheerendeSturmfluten das Land überschwemmten. Schon im 17. Jahrhundert gab es daher Pläne für eine Abdämmung der Zuiderzee, die aber mit den damaligen technischen Mitteln nicht umzusetzen waren.

Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte der IngenieurCornelis Lely den Plan für den heutigen Damm.[2] Aber in der Bevölkerung gab es Widerstand und auch die Finanzierung wurde stark angezweifelt. Erst nach der erneutenFlutkatastrophe im Jahr 1916 fand sich in der Bevölkerung mehr Zustimmung für die Pläne. Lely war inzwischen zuständiger Verkehrsminister geworden und schuf 1918 mit dem Zuiderzee-Gesetz die gesetzliche Grundlage für die offiziellen Planungsarbeiten.[3] Für den Bau des Abschlussdeichs und zur Errichtung derPolder für die Landgewinnung wurden die Zuiderzeewerke gegründet.

Baubeginn war im Jahr 1927. Um den Dammbau von vier Stellen aus gleichzeitig beginnen zu können, wurden zunächst die zwei künstlichen ArbeitsinselnKornwerderzand undBreezand geschaffen. Zwei parallele Dämme ausGeschiebelehm bildeten die seitlichen Dammfüße. Dazwischen wurde Sand eingebaut und der Damm bis auf Höhe des Wasserspiegels gebracht. Am 28. Mai 1932 um 13:02 Uhr konnte der Grunddeich am Vlieter feierlich geschlossen werden. Anschließend erfolgte noch der Ausbau auf die geplante Höhe, sodass am 25. September 1933 der Abschlussdeich offiziell eröffnet werden konnte.

Mit der Schließung der Nordseebucht Zuiderzee entstand über die Jahre ein großer Süßwassersee, der im Niederländischen als „Meer“ bezeichnet wird. Dementsprechend erfolgte im September 1932 eine offizielle Umbenennung zum IJsselmeer. Durch den Bau des Abschlussdeichs konnte die niederländische Deichlinie um mehr als 200 km verkürzt werden. Er erspart dadurch dem Land umfangreiche Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen an den Deichen der ehemaligen Zuiderzee und schützt das Kernland mit der HauptstadtAmsterdam vor den Fluten der Nordsee.

DurchWindstau verursachteÜberschwemmungen in Amsterdam zeugten 1960 von der Gefahr, die vom IJsselmeer noch immer ausging. Um die Windeinwirkfläche (Fetch) zu verringern, beschloss man, einen weiteren Damm zwischenEnkhuizen undLelystad zu errichten. Zwischen 1963 und 1975 entstand derHoutribdijk (auch Markerwaarddijk), der seit seiner Vollendung eine wichtige Straßenverbindung zwischen Nordholland,Flevoland undGelderland darstellt.

Zweiter Weltkrieg

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Kasematten Kornwerderzand

Auf der ehemaligen Arbeitsinsel Kornwerderzand wurden 1931Kasematten errichtet und später zu einem militärischen Stützpunkt ausgebaut. Er war so gut und stark ausgebaut, dass die zahlenmäßig stark unterlegene niederländische Armee die aufrückenden deutschen Truppen stoppen konnte, bis am 14. Mai 1940 dieKapitulation des Königreichs erfolgte. An jener Stelle befindet sich heute einKriegerdenkmal.

Sturmflut 1953

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DieFlutkatastrophe von 1953, die inZeeland,Belgien undEngland verheerende Folgen hatte, war die Bewährungsprobe für den Deich. Der Abschlussdeich wurde zwar durch Wellen stark in Anspruch genommen und teilweise überströmt, aber er hielt den Wellen stand und konnte Überschwemmungen rund ums IJsselmeer verhindern. „In dieser Nacht hat der Abschlussdeich sein Geld zurückbezahlt“, war die Aussage eines Politikers.[4]

Deichbauwerk

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Der Deich ist 32 km lang und 90 Meter breit. Seine Höhe betrug anfangs 7,25 Meter überAmsterdamer Pegel (NAP=Normaal Amsterdams Peil) und beträgt heute ca. 10 Meter über NAP. An der ehemaligen Nahtstelle der Fertigstellung (ca. auf dem westlichen Drittelspunkt) steht das Vlietermonument mitAussichtsturm, Parkplatz und Gastronomie. Der Vlieter war die ehemalige Fahrrinne zwischen Zuiderzee undWattenmeer. Seit dem 50. Jahrestag der Deichfertigstellung erinnert hier die Skulptur eines Steinsetzers an die 5.000 Arbeiter, die den Damm errichtet haben. Eine Fußgängerbrücke erlaubt hier den sicheren Weg über die Autobahn zur Wattenmeerseite. Seit 2007 steht an dieser Stelle auch das Standbild von Cornelis Lely, das vorher in Den Oever aufgestellt war. Es musste dort dem Autobahnbau weichen.

  • Standbild Cornelis Lely
    Standbild Cornelis Lely
  • Denkmal des Steinsetzers
    Denkmal des Steinsetzers
  • Vlietermonument mit Aussichtsturm
    Vlietermonument mit Aussichtsturm
  • Aussichtsturm
    Aussichtsturm

Tidesperrwerke

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An jedem Ende des Deichs befindet sich einTidesperrwerk, jedes auf Niederländisch mitsluizen bezeichnet, dem Plural vonsluis, was sowohlSchleuse als auchSiel bedeuten kann. Die Siele (niederländischspuisluis) führen das dem IJsselmeer zufließendeSüßwasser ab und werden dazu bei Niedrigwasser (Ebbe) in der Nordsee geöffnet. Dadurch erfolgt die Regulierung des Wasserstands im IJsselmeer. Neben diesen Sluizen befinden sich jeweils Schleusen (schutsluis) für die Schifffahrt.

Das westliche Sperrwerk bei Den Oever heißtStevinsluizen. Das Sielbauwerk besteht aus drei Gruppen mit jeweils fünf Sielöffnungen von 12 Meter Breite. Daneben befindet sich eine 120 Meter lange und 13 Meter breite Schachtschleuse mit den notwendigen Vorhäfen. Um zu verhindern, dass Salzwasser ins IJsselmeer eindringt, wird ein Schleier aus Luftblasen in derSchleusenkammer eingebracht.

Das östliche Sperrwerk beiKornwerderzand heißtLorentzsluizen, benannt nach dem PhysikerHendrik Lorentz, der mehrere Jahre an der Berechnung der durch den Damm verändertenGezeitenströmung arbeitete. Es liegt aus strömungstechnischen Gründen ca. vier Kilometer vom friesischen Festland entfernt. Als Sielbauwerk sind hier zwei Gruppen mit jeweils fünf Sielöffnungen errichtet worden. Neben einer 137 Meter langen und 14 Meter breiten Schachtschleuse entstand eine kleinere 67 Meter lange und 9 Meter breite Schleuse.

  • Lorentzschleuse Kornwerderzand (2007)
    Lorentzschleuse Kornwerderzand (2007)
  • Kleine Schleuse Kornwerderzand – dahinter große Schleuse (2008)
    Kleine Schleuse Kornwerderzand – dahinter große Schleuse (2008)
  • Vorhafen Kornwerderzand – IJsselmeerseite (2015)
    Vorhafen Kornwerderzand – IJsselmeerseite (2015)
  • Luftbild Stevinsschleuse Den Oever (2013)
    Luftbild Stevinsschleuse Den Oever (2013)

Verkehrswege

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Neben dem Deich wurde auf dem Damm eine Straße angelegt, die in den 1970er Jahren zur vierspurigen AutobahnRijksweg 7 ausgebaut wurde. Bei Schiffsdurchfahrten an den Schleusen müssen dieDrehbrücken geöffnet werden und der gesamte Autoverkehr auf dem Damm wird durch Schranken unterbrochen. Täglich fahren mehr als 9500 Fahrzeuge über den Abschlussdeich (Stand: 2009). Auf der Arbeitsinsel Breezand besteht eine Halte-, Tank- und Wendemöglichkeit. Dort befindet sich zudem auf beiden Seiten des Abschlussdeichs je einNothafen für die Schifffahrt. Zusätzlich besteht auch die Möglichkeit, den Abschlussdeich per Fahrrad auf einem eigenen Radweg zu überqueren.

Die ursprüngliche Planung sah auch eine Eisenbahnstrecke über dem Damm vor. Dies wurde aber nicht als wirtschaftlich angesehen. Die freigehaltene Trasse konnte für den doppelspurigen Ausbau zur Autobahn verwendet werden.

  • Luftbild Schleusenkomplex Den Oever
    Luftbild Schleusenkomplex Den Oever
  • Abschlussdeich – Blickrichtung Nordost: links Wattenmeer, rechts IJsselmeer (2016)
    Abschlussdeich – Blickrichtung Nordost: links Wattenmeer, rechts IJsselmeer (2016)
  • Abschlussdeich – Blickrichtung Südwest: links IJsselmeer, rechts Wattenmeer (2007)
    Abschlussdeich – Blickrichtung Südwest: links IJsselmeer, rechts Wattenmeer (2007)
  • Knick im Abschlussdeich bei Kornwerderzand – Blickrichtung Westen (2013)
    Knick im Abschlussdeich bei Kornwerderzand – Blickrichtung Westen (2013)

Project Afsluitdijk

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Die weltweit zu beobachtendenKlimaveränderungen lassen ein Ansteigen der Meeresspiegel befürchten.[5] Darauf aufbauende Berechnungen führten zu dem Ergebnis, dass an den Sielbauwerken nicht mehr ausreichend Zeit zur Verfügung stehen würde, um das Wasser aus dem IJsselmeer ins Wattenmeer abzuführen. Als Lösung wurde ein drittes Sielbauwerk erachtet. Der Plan scheiterte aber an den fehlenden finanziellen Mitteln.

Im Jahr 2006 verkündete die damalige Verkehrsministerin Karla Peijs, den Damm nach 75 Jahren einer größerenRenovierung zu unterziehen. Der Deich sei mit 10 Meter über NAP eigentlich zu niedrig, da derzeit die Deichhöhen an der Nordseeküste auf 11,5 Meter über NAP angelegt sind. Auch könne die Krone und der innere Aufbau nicht ausreichend derErosion standhalten. Darüber hinaus entsprächen die Schleusenanlagen für die Schifffahrt nicht mehr den aktuellenStandards.

Nach 10 Jahren Planungsarbeit hat im November 2016Rijkswaterstaat, die ausführende Behörde des niederländischen Ministeriums für Infrastruktur und Umwelt zum Bau und Unterhalt von Straßen und Wasserwegen, die Ausschreibung für das Projekt zur Verstärkung und Modernisierung des Abschlussdeichs gestartet.[6]Die Arbeiten sollten 2018 beginnen und bis 2022 abgeschlossen sein und den Abschlussdeich bis zum Jahr 2050 gegen ein10.000-jährliches Hochwasserereignis (z. B. extremeSpringflut in Kombination mit heftigem Nordweststurm) sichern.

Bauarbeiten am Abschlussdeich im August 2019. Der Fahrradweg ist deswegen bis 2025 gesperrt.[7]

Der Deich wird grundsätzlich auf der bestehenden Höhe belassen, um ihn nicht verbreitern zu müssen. Nur an einigen Stellen wird er um 2 Meter erhöht. Gegen die ansteigenden Fluten und die höheren Wellen wird der Deich auf der kompletten Seeseite stärker befestigt und gleichzeitig gegen ein Überströmen gesichert. Die Schleusen auf beiden Seiten des Abschlussdeichs erhalten zusätzliche Sturmflutsperrwerke, die im Normalfall geöffnet bleiben. Die Sielkonstruktionen werden verstärkt und die Verschlüsse in allen 25 Durchlässen erneuert. Zusätzlich wird in Kornwerderzand eine dritte größere Schifffahrtsschleuse mit 25 Meter Breite und 150 Meter Länge gebaut und die Fahrrinne ins IJsselmeer vertieft.[8]

Anstelle eines dritten Sielkomplexes ist in Den Oever einPumpwerk mit einer Leistung von mehr als 400 m³/s vorgesehen. Dies entspricht einem Volumen von 10 olympischen Schwimmbecken pro Minute. Die Ausrüstung mit Pumpen wird sukzessiv nach Bedarf erfolgen, um immer die neueste Technologie einsetzen zu können. Dabei wird weiterer Platz vorgehalten für eine zukünftige Erweiterung des Pumpwerks.

Der Abschlussdeich bildet eine Barriere für Fische, die aus der Nordsee zurück ins IJsselmeer wollen. Deshalb wurde im Jahr 2015 ein erstes Durchlassbauwerk für Fische bei Den Oever gebaut. Im Rahmen des Projekts wird nun ein innovativer Fischdurchgang neben dem Sielkomplex in Kornwerderzand errichtet. Durch Sandaufspülungen wird ein eigenesÖkosystem angelegt, um einen sanften Übergang vom Salz- zum Süßwasser zu erreichen. Es wird geschätzt, dass pro Jahr 250.000 Fische die neue Passage benutzen werden, um die Laichgebiete im Einzugsgebiet derIJssel zu erreichen.

Im Rahmen des Projekts wird auch das Zusammenwirken und die Speicherung verschiedenerregenerativer Energieformen untersucht, um den Deich energieneutral betreiben zu können. Dazu wurden in einer SielgruppeTurbinen installiert sowie eineWindkraftanlage undSonnenkollektoren aufgestellt. Ein Forschungsprojekt untersucht die Möglichkeit aus den unterschiedlichen Salzgehalten von IJsselmeer und Wattenmeer Energie zu gewinnen. In dem Projekt wurde ein Kraftwerk installiert, das mitumgekehrter Elektrodialyse Energie erzeugt.

Daneben wird der Tourismus gefördert und ausgebaut z. B. durch den Bau eines neuen Radwegs auf der Seeseite (Wattenmeer) oder den Waddenpark Fryslân. Alle Arbeiten erfolgen in enger Abstimmung mit den anliegenden Regionen (Provinzen) und deren Behörden und Wasserverbänden.

Siehe auch

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Weblinks

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Commons: Abschlussdeich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Jede Menge Wasser, Fahrräder – und Rinder, FAZ, 20. November 2023
  2. Hans Vandermissen:Maritiem. Nederlanders en de zee. Uniboek, Bussum 1983,ISBN 90-228-1874-8, S. 23.
  3. Hans Vandermissen:Maritiem. Nederlanders en de zee. Uniboek, Bussum 1983,ISBN 90-228-1874-8, S. 24.
  4. Zuiderzee-provincies, de Volkskrant, 7. Februar 1953, S. 3
  5. Andreas Gebbing: Klimaschutzpolitik in den Niederlanden. Westf. Wilhelms-Universität Münster, September 2010, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 19. September 2016; abgerufen am 20. Februar 2017. 
  6. Projektübersicht Abschlussdeich. Abgerufen am 4. Februar 2017 (niederländisch). 
  7. Holland-Cycling.com - Afsluitdijk closed for cyclists. Abgerufen am 23. September 2024. 
  8. Die einzelnen Projekte zum neuen Abschlussdeich. Abgerufen am 4. Februar 2017 (niederländisch). 

535.1666666666667Koordinaten:53° 0′ N,5° 10′ O

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