Das ursprüngliche Ziel war die Verbesserung der wirtschaftlichen, politischen und sozialen Zusammenarbeit. Später erweiterte sich das Betätigungsfeld um Sicherheits-, Kultur- und Umweltfragen. Im September 2009 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der ASEAN-Mitglieder, einengemeinsamen Wirtschaftsraum nach dem Vorbild der EU zu schaffen.[6]
Im Laufe der Jahre wurden weitere Organisationen gegründet: dasASEAN-Regionalforum (ARF) für Sicherheitsfragen, dieASEAN-Freihandelszone (AFTA) zur Förderung des Handels, dieASEAN Investment Area (AIA) zur Förderung gegenseitiger Direktinvestitionen und andere mehr.
Vorläufer der Organisationsgemeinschaft war derVerband Südostasiens ASA (1961–1967). Dieser erlebte nach einer Stagnationsphase und dem SturzSukarnos im September 1965 zwar eine Wiedererweckung, ging aber auf indonesische Initiative hin sowie unter Beibehaltung der Strukturen und des Sicherheitskonzepts schließlich in das intensivere Bündnis der ASEAN über.
Der ASEAN wurde 1967 vonThailand,Indonesien,Malaysia, denPhilippinen undSingapur gegründet. Ziel war die Förderung des konjunkturellen Aufschwungs, des sozialen Fortschritts und der politischen Stabilität. Erfolge der wirtschaftlichen Öffnungspolitik zeigten sich bald und so zählen einige Mitgliedsländer heute zu den sogenanntenTiger- bzw.Pantherstaaten.
Seit 1984 ist auch das SultanatBrunei Mitglied undPapua-Neuguinea fungiert seitdem als Beobachter. In den 1990er Jahren tratenVietnam (1995),Myanmar undLaos (1997) sowieKambodscha (1999) bei.Osttimor (Timor-Leste) stellte 2006 einen Antrag auf Mitgliedschaft und wurde am 26. Oktober 2025 elfter ASEAN-Mitgliedstaat.[7]
Heute umfasst der ASEAN elf Mitgliedstaaten mit mehr als 685 Millionen Einwohnern (circa 8,5 % derWeltbevölkerung) und einer Fläche von etwa 4,5 Millionen km² (etwa 1 % derErdoberfläche). Damit ist seine Fläche etwas größer als die derEU, bei einer um die Hälfte größeren Bevölkerung.
Wirtschaftlich gibt es sehr große Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten. Singapur gilt alsglobale Finanzmetropole sowie aufgrund seines hohenWohlstandsniveaus teilweise bereits alsIndustrienation.[8] Indonesien bildet mit einem Bevölkerungsanteil von etwa 40 % und einem BIP-Anteil von circa 70 % am Gesamtumfang ein Schwergewicht im ASEAN, während Laos – der einzigeBinnenstaat der Gemeinschaft, Kambodscha, Myanmar und Osttimor in vielerlei Hinsicht eher Schlusslichter darstellen. 2013 lag das Bruttoregionalprodukt (gemeinsamesBIP) bei rund 2,4 BillionenUS-Dollar, welches in der EU allerdings um ein Vielfaches höher ausfiel. Die durchschnittliche Zuwachsrate des BIPs liegt bei etwa 5,3 % jährlich.
In den ersten Jahren war der ASEAN eher ein Ort des informellen Austausches, erst später kam ihr ein aktiverer Charakter zu. So erfüllte die 1954 gegründeteSEATO (englischSoutheast Asia Treaty Organization), ein Militärbündnis für den südostasiatischen Raum, die von den USA gehegten Erwartungen unzureichend und führte bald nur noch eine Scheinexistenz, bis sie 1977 aufgelöst wurde.[9]
Der 1966 gegründete ASPAC (englischAsian and Pacific Council) mit südost- und ostasiatischen Ländern sowieAustralien undNeuseeland hatte kaum Wirkungskraft und wurde 1973 ebenfalls wieder aufgelöst.
Die Gründung am 8. August 1967 inBangkok war der erste außenpolitische Erfolg des damals neuen indonesischen StaatspräsidentenSuharto. Der ASEAN war eine Reaktion auf denVietnamkrieg (1964–1975) und von Anfang an klar gegen denOstblock und die kommunistischeVolksrepublik China angelegt. DiePräambel der Bangkoker Erklärung kann folgendermaßen zusammengefasst werden:
“[…] die Staaten Südostasiens teilen eine grundlegende Verantwortung für die Stärkung der wirtschaftlichen und sozialen Stabilität der Region und für die Sicherung friedlicher Entwicklung der Länder, und sie sind entschlossen, ihre Stabilität und Sicherheit gegen äußere Einflüsse jeder Art oder Propaganda zu sichern.”
–Michael Leifer:Dictionary of the modern politics of South-Asia[10]
BundesaußenministerJohann Wadephul und ASEAN-Generalsekretär Kao Kim Hourn im August 2025 in der ASEAN-Zentrale inJakarta
1971 wurde schließlich die „Zone des Friedens, der Freiheit und der Neutralität“ (ZOPFAN) errichtet. Der erste Bali-Gipfel stand unter dem Eindruck des Erfolges kommunistischer Gruppen in Südostasien. Es war daher wichtig, Solidarität und kollektives Bewusstsein zu zeigen, gerade nachdem ASEAN es über zehn Jahre nicht über wenig überzeugende Forderungen nach wirtschaftlicher und sozialpolitischer Zusammenarbeit hinausgebracht hatte. Auf dem Gipfel wurde dasASEAN-Sekretariat (inJakarta) ins Leben gerufen und der „Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit“ (TAC) geschlossen, der gegenseitige Konsultationen in Streitfragen vorsah und eine gewisse Öffnung für weitere Staaten der Region bedeutete. Dies stellte ein Angebot für revolutionäre Staaten wieVietnam dar, sich gemäß dem Völkerrecht zu verhalten. Anfangs fand der Vertrag wenig Interesse, aber nach der Überwindung desKalten Krieges bekundeten Staaten wie Vietnam undLaos Interesse an einer Zusammenarbeit. In einerErklärung zur Eintracht von ASEAN wurde als Ziel festgehalten, die Stabilität in den Mitgliedsländern und in Südostasien zu fördern, womit ZOPFAN erneut bestätigt wurde.[11]
Ab 1986 führte Vietnamwirtschaftliche Reformen ein und mit dem Zusammenbruch des Ostblocks löste sich die Entwicklungsstarre auch im übrigenSüdostasien.
Nachdem mehrere Mitgliedsstaaten von etwa 1980 an ihre Beziehungen zu China verbessert und Investitionen von inländischen Unternehmen dort gefördert hatten, setzte auch eine Entspannung zwischen ASEAN und China ein. Diese mündete 1992 in ersten Freihandelsvereinbarungen und 2010, trotz inzwischen wieder stärker belasteter Beziehungen, imASEAN-China-Freihandelsabkommen.[12]
1994 wurde das ASEAN-Regionalforum (ARF) eingerichtet, in dem Sicherheitsfragen diskutiert werden sollten. Auf dem Bangkok-Gipfel im Dezember 1995 wurde beschlossen, bis 2003 dieASEAN-Freihandelszone (AFTA) einzurichten.
Am 15. Dezember 1995 wurde der „Vertrag über eine Atomwaffenfreie Zone in Südostasien“ (SEANWFZ) unterzeichnet. 2001 trat er nach der Unterschrift der Philippinen endgültig in Kraft.[13]
1995 bis 1999 wurden Vietnam, Myanmar, Laos und Kambodscha in den ASEAN aufgenommen. Danach wurde eine überarbeitete gemeinsameFlagge eingeführt, die mit zehn Reisrispen symbolträchtig für die Mitgliedsländer steht.
1997 wurden die ASEAN-Staaten schwer von derasiatischen Wirtschafts- und Finanzkrise getroffen. Die Bewältigung dieser Krise war Hauptthema des 6. Gipfels am 15. und 16. Dezember 1998 inHanoi (Vietnam), auf dem auch festgehalten wurde, die Errichtung der Freihandelszone zu beschleunigen.
2002 verständigte man sich auf eine „Kontrolle der Luftverschmutzung in Südostasien“.[14] In den Jahren darauf kam es 2005 in Malaysia und 2006 in ganz Südostasien zum Ausbruch ausgedehnter Waldbrände mit enormerLuftverschmutzung.
2003 betonte der ASEAN bei ihrem Treffen in Bali, dass die Demokratie Frieden und Stabilität in der Region stärke. Auch die nicht-demokratisch geführten Regierungen stimmten zu.[15]
Der 10. Gipfel am 29. und 30. November 2004 inVientiane (Laos) beschäftigte sich mit dem steigendenÖlpreis und den Gefahren desTerrorismus. Die Bedeutung der „Vision 2020“ wurde bekräftigt, die eine tiefer greifende Entwicklung der ASEAN bis 2020 nach Vorbild derEU vorsieht.
2005 richtete der ASEAN einNetzwerk zum Schutz von Wildtieren ein[16] und eine Asien-Pazifik-Partnerschaft für saubere Entwicklung und Klima (Asia-Pacific Partnership on Clean Development and Climate).
2006 erhielt der ASEAN den Beobachterstatus bei der Vollversammlung derVereinten Nationen (UN).[17]
Im November 2007 einigte man sich auf den Entwurf einer grundlegendenCharta, die die einzelnen Mitgliederstaaten zur Wahrung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten verpflichtet.Atomwaffen sind demnach im ASEAN-Gebiet verboten. Am Prinzip der Nichteinmischung in die Angelegenheiten anderer Mitglieder wird festgehalten. Diese Neutralität wurde im Fall von blutig niedergeschlagenenDemonstrationen in Myanmar jedoch heftig kritisiert.[18] Am 20. November 2007 wurde die Charta auf dem ASEAN-Gipfel inSingapur verabschiedet.[19]
2012 verabschiedete der ASEAN auf dem Gipfeltreffen inPhnom Penh am 18. November eine umstrittene Menschenrechtserklärung. Sie sieht unter anderem vor, bei Gefährdung nationaler Sicherheit (vor allem inMyanmar,Kambodscha oderVietnam) eingreifen zu können.[20]
Am 22. November 2015 beschlossen die Mitgliedsstaaten die Gründung der WirtschaftsgemeinschaftAsean Economic Community (AEC). Diese Gründung wird voraussichtlich zunächst kaum konkrete Folgen nach sich ziehen; sie gilt als ein vorwiegend symbolischer Schritt auf dem Weg zu einemBinnenmarkt mit freiem Waren- und Kapitalverkehr und einer Arbeitnehmerfreizügigkeit. Dieser Binnenmarkt sollte bereits Ende 2015 erreicht werden.[21]
Am 15. November 2020 Unterzeichnung des FreihandelsabkommensRCEP.
BIP (KKP) Vergleich (IWF, 2021, Top 10, ungeordnet)
ASEAN ist eine Interessengemeinschaft, die Entscheidungen im Konsens trifft. Das höchsteGremium ist die jährliche Gipfelkonferenz(ASEAN Summit). Der Vorsitz des ASEAN-Gipfels und der Ministerkonferenzen wechselt jährlich unter den Mitgliedsstaaten in alphabetischer Reihenfolge.
Das wichtigste Organ ist dasASEAN-Sekretariat in Jakarta, geleitet von einemGeneralsekretär.[34]
Mittlerweile werden 19 verschiedene Ministertreffen abgehalten, auf denen gemeinsame Strategien erarbeitet werden. Bedeutende Treffen sind die der Wirtschaftsminister (AEM), Außenminister (AMM) und Finanzminister (AFMM). Diese nationalen Akteure werden unterstützt durch 29 Komitees vonsenior officials sowie durch 122 Arbeitsgruppen zu den verschiedenen Politikfeldern, in denenNichtregierungsorganisationen vertreten sind. Somit ist die Anzahl der Akteure erweitert worden, die Entscheidungen zumindest marginal beeinflussen können. Neue Politikfelder sind im Begriff, durch der ASEAN besser interregional koordiniert zu werden (z. B. Bildungswesen).
Auch regional unterstützt der ASEANKooperation, jedoch ist dies eher durch einen Abwärtsprozess gekennzeichnet als durch eine regionale Beteiligung. Das ASEAN-Sekretariat soll dabei eine moderierende Rolle der Agendabestimmung vergleichbar mit der Aufgabe derEuropäischen Kommission wahrnehmen, jedoch sind die Kompetenzen beschränkt. Es wird weiterhin aufintergouvernementaler Ebene verhandelt. Die Abgabe vonSouveränität ist aufgrund kolonialer Vergangenheit problematisch, stattdessen wird das Prinzip desASEAN Way verfolgt: Entscheidungsfindung im Konsens und strikteNeutralität gegenüber inneren Angelegenheiten eines anderen Staates.[35]
Ein Ansatz zuMultilevel Governance (wie bei der EU) ist in den letzten Jahren erkennbar: die Ausweitung der Kompetenzen und Akteure sowie die Schaffung neuer Kooperationsmöglichkeiten. Grundsätzlich fehlt aber einesupranationale Entscheidungsfindung und eine stärkere Beteiligung nichtstaatlicher Akteure an politischen, ebenenübergreifenden Entscheidungsprozessen.
Unter dem Namen „ASEAN Economic Community“(ASEAN Wirtschaftsgemeinschaft), abgekürzt AEC, sind eine Reihe von Abkommen und Initiativen zusammengefasst, mit deren Hilfe starkewirtschaftliche Integration und Reduktion der Handelsbarrieren zwischen den Mitgliedsstaaten gefördert werden sollen, um den Wohlstand der Region zu fördern. Die Grundlinien sind im „Aktionsplan von Hanoi“(Ha Noi Action Plan) von 1998 zusammengefasst.[36]
Die Bandbreite der integrativ geförderten Kultur reicht von Sport über Bildung bis zu Literaturpreisen.
Dazu gehören:
ASEAN-Universitäts-Netzwerk (engl. ASEAN University Network, AUN) wurde 1995 von 11 Universitäten der ASEAN-Staaten gegründet[37] und umfasste 2007 21 Universitäten.[38]
ASAIHL (engl. Association of Southeast Asian Institutions of Higher Learning) ist eine 1956 gegründete Nichtregierungs-Organisation zur Förderung der Hochschulbildung
ASEAN Preis für herausragende Wissenschaftler und Techniker (englisch: ASEAN Outstanding Scientist and Technologist Award)
ASEAN Stipendium (englischASEAN Scholarship), von Singapur gesponsert[39]
ASEAN Zentrum für Biodiversität[40] (englisch:ASEAN Centre for Biodiversity)
ASEAN Naturparks (engl.Heritage Parks)[41] ist eine Liste wichtiger Naturparks, die 1984 zum ersten Mal erstellt und 2004 aktualisiert wurde. Sie beinhaltet 35 Parks.[42]
Nach neunjähriger Gründungs- und Etablierungsphase fand vom 23. bis 24. Februar 1976 das erste Gipfeltreffen aufBali statt.[44] Die Atmosphäre war getragen von Solidarität und einem gemeinsamen Verständnis angesichts der Erfolge des regionalen revolutionärenKommunismus inIndochina. Die bis dahin wenig überzeugenden Erklärungen zur wirtschaftlichen und sozialen Zusammenarbeit wurden in einerErklärung zur Übereinstimmung in ASEAN (Declaration of ASEAN Concord) weiterentwickelt zu Zielen wie politischer Stabilität der Mitgliedsstaaten und in Südostasien insgesamt. Mit derZOPFAN schufen die Teilnehmer eine Möglichkeit zur friedlichen Beilegung regionaler Konflikte. Man öffnete sich auch gegenüber kommunistisch regierten Staaten der Region, was zunächst nur auf wenig Gegeninteresse stieß, aber nach Ende desKalten Krieges zu Fortschritten führte.Auf dem dritten Gipfel wurde ein fünfjährlicher Turnus vereinbart.[45] Beim nächsten Treffen (dem vierten) wurde ein dreijährlicher Turnus eingeführt. Seit 2001 gilt der jährliche Turnus. Seit 2009 findet der ASEAN Summit zweimal im Jahr statt. Die gastgebenden Länder wechseln in alphabetischer Reihenfolge. Die Gastgeberländer haben zugleich auch den Vorsitz der ASEAN. Die alphabetische Reihenfolge wurde 2010 geändert. So tauschte Brunei, eigentlich Gastgeber 2011, mit Indonesien. Grund hierfür waren geplante Wahlen in Indonesien 2013. 2014 sollte Myanmar entgegen der alphabetischen Reihenfolge Gastgeber und Vorsitzender der ASEAN Summits werden.
Ein formeller ASEAN-Gipfel dauert drei Tage und hat folgenden Ablauf:
die Staatschefs besprechen interne ASEAN-Angelegenheiten,
die Staatschefs treffen sich mit den Außenministern des ASEAN Regional Forums,
die Staatschefs der ASEAN und der Dialogpartner Australien und Neuseeland treffen sich (ASEAN-CER).
Zwischen den formellen Gipfeln wurden seit 1997 bedarfsweise informelle Treffen abgehalten. Anfang April 2009 musste der Gipfel im thailändischen Pattaya abgebrochen werden, nachdem hunderte regierungskritische Demonstranten den Tagungsort stürmten. Der thailändische RegierungschefAbhisit Vejjajiva rief daraufhin in Teilen des Landes den Notstand aus.[46]
Ein Plakat in Jakarta begrüßt die Delegierten des ASEAN-Gipfels im Mai 2011.
Nachdem der 14. Gipfel imApril 2009 inPattaya wegen heftiger Demonstrationen abgebrochen werden musste – viele Spitzenpolitiker hatten den Tagungsort fluchtartig verlassen –, wurde im Herbst ein Ersatztermin des Jahresgipfels für das Wochenende 23.–25. Oktober 2009 angesetzt. Getagt wurde daraufhin im StrandortCha-am 180 km südlich vonBangkok, der diesmal von rund 18.000 Polizei- und Militärkräften abgesichert wurde. Eingeladen waren neben den zehn ASEAN-Mitgliedstaaten, wie zuletzt üblich, auch die Regierungschefs der Dialogpartner China, Indien, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland.[49]
Ein Thema der Jahrestagung 2009 war die globaleFinanzkrise. Hauptthema blieb jedoch der künftige Zusammenschluss zu einer Union nach demVorbild der europäischen. Schon 2015 sollten in SüdostasienZollhürden fallen, was politische Beobachter allerdings als viel zu optimistisch ansahen. Weder die Wirtschaft noch manche Regierungen scheinen für die nötigen Kompromisse und Gesetzesreformen bereit zu sein. Die Bildung vonFreihandelszonen mit den Dialogpartnern war für 2013 geplant,[50] doch gibt es noch zahlreiche Problemkreise.
Einer Integration hinderlich ist unter anderem das selbst auferlegte Prinzip der Nichteinmischung. Zur Menschenrechtsfrage Chinas wird geschwiegen, ebenso zuMyanmars Militärdiktatur und demPutsch 2006 in Thailand. Kontroverse Debatten werden tunlichst vermieden, und die 1996 mit der EU vereinbarten, zweijährlichen Asien-Europa-GipfelASEM gelten als „Schönwetter-Veranstaltungen“. Die einst stolzen „Pantherstaaten“ haben den Schwung der 1990er-Jahre verloren, und so versuchen die ASEAN-Führer, durch Einbeziehung bedeutender Mächte wie China, Indien oder Japan an Gewicht zu gewinnen und ihr Profil „volksnäher“ zu gestalten. Der Wegfall des traditionellenGolfturniers der Staatschefs während des Treffens ist ein erstes Zeichen dafür.[51]
Die Kontakte zu denUSA,Japan undAustralien dienten zunächst als Gegengewicht zurRegionalmachtChina, inzwischen aber – unter EinbeziehungKanadas undNeuseelands – auch einer großräumigerenpazifischen Kooperation. Die EU wiederum ist der prestigeträchtigste Vorreiter für die geplante Integration der ASEAN-Staaten. Regionalpolitisch motiviert sind hingegen die verstärkten Beziehungen zu China,Indien undSüdkorea. Sie mündeten 1997 nach dem Scheitern der ASEAN-APEC-Gespräche in die Gründung vonASEAN+3 und sollen auch spätereFreihandelszonen vorbereiten.
Seit 1996 finden im Rahmen des Asien-Europa-Treffens (ASEM) außerdem regelmäßig Sitzungen mit den Staatschefs derEU-Staaten, Chinas,Japans,Südkoreas und der ASEAN-Staaten statt. Die großen Unternehmen Japans und Südkoreas haben mit ihren Investitionen zum starken Wirtschaftswachstum in den ASEAN-Ländern beigetragen, daher äußern sie mehrheitlich immer wieder den Wunsch, Japan und Südkorea dem Bund beitreten zu lassen. Bisher zeigen Japan und Korea selbst jedoch keine Initiative in diese Richtung.
2005 fand inKuala Lumpur der ersteOstasiengipfel statt, an dem neben denASEAN+3-Staaten auchIndien,Australien undNeuseeland teilnahmen. Eine Weiterentwicklung zu einerOstasien-Gemeinschaft ist in Planung. Am 26. August 2007 gab der ASEAN bekannt, die Freihandelsverträge mit China,Japan,Südkorea, Indien, Australien und Neuseeland bis 2013 abschließen und bis 2015 die ASEAN-Wirtschaftsgemeinschaft verwirklichen zu wollen.[53][50]Für ein Freihandelsabkommen mit Südkorea und Japan war vor allem der Agrarsektor ein Streitthema. Südkorea stimmte bereits vorab einem Freihandelsabkommen zu, das die wichtigstenAgrargüter ausnimmt,Japan verfolgte die Strategie, zunächst mit einzelnen ASEAN-Mitgliedsstaaten bilaterale Abkommen abzuschließen.[54]
Am 1. Januar 2010 wurde die erste der mit den ASEAN+3-Staaten geplantenFreihandelszonen zwischen der Volksrepublik China und der ASEAN eingerichtet, die nach derEFTA und derNAFTA die drittgrößte der Welt darstellt.[55] Bis 2012 waren weitere Freihandelszonen mit Japan und Südkorea geplant.[53]
Die meisten ASEAN-Mitgliedstaaten beteiligen sich auch an der 1989 gegründeten „Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftlichen Zusammenarbeit“ (APEC) und dem 1999 gegründeten „East Asia-Latin America Forum“ (EALAF).[56]
Als einer der markantesten Unterschiede zur EU gestaltet sich die Großgliedrigkeit der Mitgliedsstaaten, indem allein die Hälfte unter ihnen eine Bevölkerungszahl von über 50 Mio. besitzt, was eine gegenseitige Angleichung denkbar hemmen kann. Ein weiteres Hauptproblem fürintegrative Maßnahmen ist dieDisparität der Staaten untereinander, zum einen hinsichtlich Wirtschaft und soziokultureller Gegebenheiten, zum anderen bezüglich unterschiedlicherpolitischer Systeme.
Zur ASEAN gehören sowohl Staaten, die ein relativ hohesPro-Kopf-Einkommen aufweisen, wie der Stadtstaat Singapur oder Brunei, als auch infrastrukturell schwache Nationen wie die später aufgenommenen „CLMV“ (sozusagen konträr zu denPantherstaaten). Eine weitere teils große Divergenz existiert innerhalb der heterogenen Länder. Diese ist besonders groß zwischen den Ballungs- und den ländlichen Räumen.
Politisch betrachtet umfasst das Spektrum an Staatsführungen die jungen Demokratien Indonesien, Malaysia und die Philippinen, die konstitutionellen Monarchien Kambodscha und Thailand, den autoritären Staat Singapur, die kommunistischen Einparteien-Systeme Vietnam und Laos sowie die absolute Monarchie Brunei und dieMilitär-Junta in Myanmar.[57] Die Innenpolitik der Länder zeigt immer wieder Konflikte auf. So zum Beispiel dieProteste der Mönche 2007 in Myanmar oder die Proteste und Ausschreitungen 2008 und 2010 in Thailand.
Es herrscht ebenso eine große Vielfalt an Religionen. Thailand, Myanmar, Vietnam, Kambodscha und Laos sind überwiegend buddhistisch (Theravada) geprägt, wobei Vietnam auch einen großen Bevölkerungsanteil an Atheisten besitzt. Indonesien, Brunei und Malaysia sind überwiegend islamisch geprägt – Indonesien ist weltweit der Staat mit der größten muslimischen Bevölkerung. Eher abseits davon sind die Philippinen überwiegend katholisch beziehungsweise christlich geprägt.
Darüber hinaus gibt es in allen Ländern bedeutende religiöse und ethnische Minderheiten, die sehr unterschiedlich integriert sind. Unter muslimischen Bevölkerungsteilen im Süden der Philippinen kommt es durch islamistische Gruppierungen und Entführungen zu Unruhen. Auch unter Muslimen im Süden Thailands begehren immer wieder Gruppierungen auf. Die festländischen „Bergvölker“ in Laos, Kambodscha, Thailand und Myanmar wurden staatlich zumeist ignoriert oder vernachlässigt. In Thailand wird ihre Kultur inzwischen gefördert, in Vietnam gibt es dagegen immer noch Aufstände. Indonesien hat mehrere Minderheitenkonflikte.Osttimor erklärte 2002 endgültig seine Unabhängigkeit, seit 2006 brechen dort dennoch immer wieder Unruhen aus. Im Norden Sumatras strebt die ProvinzAceh zunehmend nach Autonomie, im Osten der Inselkette fühlen sich auf dem indonesischen TeilNeuguineas die Angehörigen derPapua unterdrückt. In Singapur lebt eine Mehrheit von Chinesen nicht zuletzt wegen strenger Gesetze und eines Minderheitenschutzes friedlich mit Malayen und Indern zusammen.
Die Verankerung des Menschenrechtsschutzes in der ASEAN-Charta 2007 kam nach harten Verhandlungen vor allem auf Betreiben der Philippinen, Indonesiens und Thailand zustande. Auch Malaysia ist nach dem Rücktritt des PremierministersMahatir in das Lager der Menschenrechtsbefürworter übergewechselt. Mit der Ratifizierung als letzte Staaten wollten Indonesien und die Philippinen bewusst Druck auf Birma ausüben, die NobelpreisträgerinAung San Suu Kyi freizulassen. Die einzige Gegenstimme im Philippinischen Senat wurde damit begründet.[57]
Nach dem Ende desZweiten Weltkriegs versuchten Frankreich in Vietnam (1946–1954) und die Niederlande in Indonesien erfolglos ihre Herrschaft mit Gewalt wieder zu errichten. In denVietnamkrieg (1964–1975) wurden neben Vietnam auch Laos, Kambodscha und (als US-Basis) Thailand verwickelt. 1979 marschierte Vietnam in Kambodscha ein, um dasPol-Pot-Regime zu zerschlagen. Als Folge erklärte China im gleichen JahrVietnam den Krieg, weitere Zwischenfälle gab es bis 1987. 1989 zog sich Vietnam aus Kambodscha zurück.
Noch in der Gegenwart brechen zwischen Mitgliedsländern Konflikte aus. Mehrmals kam es an derGrenze zwischen Thailand und Kambodscha zu Schießereien, zuletzt2025. ASEAN ist noch nicht mit derartigen Kompetenzen ausgestattet, dass sie die Eskalation derartiger Grenzstreitigkeiten verhindern könnte. Es ist umgekehrt aber sehr wahrscheinlich, dass die Existenz von ASEAN zu einer rascheren Eindämmung der Gewalt geführt hat.[57]
Seit dem Erstarken Chinas sehen sich die Anrainer dessüdchinesischen Meeres einem zunehmend selbstbewusst auftretenden Nachbarn gegenüber. China beansprucht dieSpratly-Inseln, auf die auch verschiedene ASEAN-Länder – sich teilweise überlappende – Ansprüche anmelden. Im Juni 2020 wurde anlässlich des 36. ASEAN-Gipfels folgende Erklärung veröffentlicht: Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen sei „die Grundlage für die Bestimmung der maritimen Ansprüche, der Hoheitsrechte, der Gerichtsbarkeit und der berechtigten Interessen über Seezonen, und das UNCLOS von 1982 legt den rechtlichen Rahmen fest, innerhalb dessen alle Aktivitäten in den Ozeanen und Meere durchgeführt werden müssen.“[58]
Amitav Acharya:Constructing a Security Community in Southeast Asia: ASEAN and the Problem of Regional Order. Routledge, London/New York 2001,ISBN 0-415-15763-3.
Mely Caballero-Anthony:Regional Security in Southeast Asia: Beyond the ASEAN Way. Institute of Southeast Asian Studies, Singapur 2005,ISBN 981-230-261-1.
Jörn Dosch, Christian Wagner:ASEAN und SAARC. Entwicklung und Perspektiven regionaler Zusammenarbeit in Asien. Abera Verlag, Hamburg 1999,ISBN 3-934376-22-3.
Shaun Narine:The New ASEAN in Asia Pacific and Beyond. Lynne Rienner, Boulder 2018,ISBN 978-1-62637-689-2.
Stefan Rother:Normen, Identitäten und die Logik der Anarchie: Die ASEAN aus konstruktivistischer Perspektive. Arnold-Bergstraesser-Institut, Freiburg i. Br. 2004,ISBN 3-928597-41-8.
↑Der große Ploetz. Verlag Herder, Freiburg 1998, S. 1755.
↑Michael Leifer:Dictionary of the Modern Politics of South-East Asia. Routledge, 1996,ISBN 0-415-13821-3, Abschnitt:Bangkok Declaration (ASEAN) 1967 (englisch).
↑Bali Summit (ASEAN) 1976. In: Michael Leifer:Dictionary of the modern politics of South-Asia. London: Routledge 1996,ISBN 0-415-13821-3.