EineÜberlandstraßenbahn, veraltet auchFernstraßenbahn oder kurzLandstraßenbahn genannt, ist eineStraßenbahnstrecke, die sich deutlich von klassischen innerstädtischen Straßenbahnverbindungen unterscheidet. Der Begriff wird auch für eine auf Überlandabschnitten verkehrende Straßenbahn-Linie verwendet.


Eine Überlandstraßenbahn übernimmtVerkehrsbeziehungen im Regionalbereich, meist überStadtgrenzen hinweg. Sie kann dabei auch, ähnlich einer klassischenEisenbahn, städteverbindende Funktionen haben. Aber nicht jede städteverbindende Straßenbahnstrecke gilt als Überlandstraßenbahn. Dies ist beispielsweise dann nicht der Fall, wenn inBallungsräumen wie demRuhrgebiet Städte ohne Siedlungslücke direkt aneinandergrenzen. Ebenfalls nicht zu den Überlandstraßenbahnen gehörenTram-Train-Systeme, denn diese verkehren in der Stadt als Straßenbahn und im ländlichen Bereich als Eisenbahn.
Überlandstraßenbahnen sind ofteingleisig mitAusweichen trassiert, verkehren meist auf eigenemBahnkörper mitVignolschienen und weisen längere Haltestellenabstände auf. Oft verlaufen sie außerorts parallel zuLandstraßen, inOrtsdurchfahrten aber aufRillenschienen im Straßenplanum. Ein weiteres Kennzeichen sindHaltestellen auf freiem Feld oder in Waldgebieten.
Überlandstraßenbahnen waren früher in ganz Europa weit verbreitet. Sie sind heute selten geworden. In der Zeit vor demErsten Weltkrieg wurden zahlreiche Überlandstraßenbahnen gebaut, deren Verkehrsaufkommen letztlich eine dichte Zugfolge nicht rechtfertigte. Der Erste Weltkrieg beendete in vielen Regionen Pläne für den Bau von Überlandstraßenbahnnetzen oder die Erweiterung bestehender Netze. Bereits in den 1930er Jahren setzte in vielen europäischen Staaten eine erste Welle an Umstellungen auf Omnibusbetrieb ein. So verschwanden in dieser Zeit in Frankreich viele Überlandstraßenbahnnetze, die zwar teils Netzlängen im dreistelligen Kilometerbereich aufwiesen, deren Linien aber oftmals nur im Stundentakt, Zweistundentakt oder noch seltener bedient wurden. Auch in Deutschland wurden in den 1930er Jahren erste Überlandstrecken eingestellt. Im Westen Deutschlands wie auch in den übrigen westeuropäischen Ländern wurden die meisten Überlandstraßenbahnstrecken nahezu ausnahmslos in den 1950er und 1960er Jahren stillgelegt und durchBuslinien ersetzt. Das bauliche Wachstum vieler Städte und Stadtregionen sowie Eingemeindungen haben zudem dazu geführt, dass manche zu ihrer Bauzeit als Überlandstraßenbahn ausgeführte Strecken inzwischen vollständig von städtischer Bebauung umgeben sind und nicht mehr als Überlandstraßenbahnen erkennbar sind. „Klassische“ Überlandstraßenbahnen eingleisig in Seitenlage von Landstraßen außerhalb geschlossener Ortschaften sind daher sehr selten geworden, die meisten noch bestehenden Überlandstraßenbahnen weisen inzwischen weitgehend eigene Bahnkörper auf und sind oft zweigleisig ausgebaut.
In Nordamerika existierten bis Mitte des 20. Jahrhunderts eine Vielzahl vonInterurbans mit ähnlichen Funktionen und Charakter einer Überlandstraßenbahn, die jedoch betrieblich eher einerNebenbahn entsprachen. Auch diese Netze wurden zum überwiegenden Teil restlos stillgelegt. Einige wenige Strecken blieben aufgrund ihrer Nutzung für den Güterverkehr erhalten, in anderen Städten blieben innerstädtische Rumpfnetze trotz Stilllegung der meisten Strecken im Umland erhalten.
DieRenaissance der Straßenbahn hat dazu geführt, dass im Umland mancher Städte inzwischen wieder neue Straßenbahn- oder Stadtbahnstrecken mit ortsverbindendem Charakter gebaut werden, die auch längere Abschnitte außerhalb der Bebauung aufweisen. Beispiele sind die Strecken derStadtbahn Stuttgart nachRemseck am Neckar und nachNellingen auf den Fildern, die Strecken derStraßenbahn Karlsruhe nachSpöck undRheinstetten oder die geplanteStadt-Umland-Bahn Nürnberg–Erlangen–Herzogenaurach.
Grundsätzlich werden Überlandstraßenbahnen inDeutschland nach derVerordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab) betrieben. Damit unterscheiden sie sich grundlegend von Eisenbahnen (inklusiveLokal- undKleinbahnen), die nach derEisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) oder derEisenbahn-Bau- und Betriebsordnung für Schmalspurbahnen (ESBO) betrieben werden. Dennoch weisen Überlandstraßenbahnen, insbesondere im Sicherheits- und Signalbereich, häufig Elemente des Eisenbahnbetriebs auf. Außerdem wird manchmal auf den Überlandabschnitten eine höhereFahrdrahtspannung verwendet, um mit wenigerUnterwerken auszukommen. Ferner sind die im Überlandverkehr eingesetzten Fahrzeuge häufig etwas komfortabler ausgestattet. Beispiele hierfür sind ein großzügigererSitzteiler, ein hoher Sitzplatz- und geringer Stehplatzanteil, eine bequemere Bestuhlung, Armlehnen, Fenstertische, Gepäckablagen oder Vorhänge. Zudem weisen sie, dem größeren Haltestellenabstand auf Überlandstrecken geschuldet, mitunter weniger oder schmalere Türen auf.
Manche Überlandstraßenbahnen führen auchGüterverkehr durch. Hierfür kann beinormalspurigen Überlandstraßenbahnen ein direkter Fahrzeugaustausch stattfinden, bei schmalspurigen Bahnen sindRollböcke notwendig. DieGüterwagen werden dabei von den Straßenbahn-Triebwagen oder aber von eigenenLokomotiven gezogen.
