Özcan Mutlu (*10. Januar1968 inKelkit,Türkei) ist ein ehemaligerdeutscherPolitiker (bis 2025Bündnis 90/Die Grünen) und heutigerUnternehmensberater. Er ist ehrenamtlicher Präsident des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbandes Berlin.[1] Er war Mitglied des18. Deutschen Bundestages.
Mutlu istalevitisch.[2] Seine Eltern kamen 1973 alsGastarbeiter nachWest-Berlin. Mutlu erhielt 1990 diedeutsche Staatsangehörigkeit. Er absolvierte von September 1985 bis Februar 1989 eine Ausbildung zumInformationselektroniker an derTU Berlin. Im Anschluss studierte er von 1989 bis 1993 an derTechnischen Fachhochschule Berlin (TFH) im FachbereichElektrotechnik und schloss alsDipl.-Ing. (FH) derNachrichtentechnik ab. Ein Praktikum an derUniversität von Nebraska (USA) verknüpfte er 1992 mit einem Auslandsaufenthalt inOmaha (USA). Danach schloss sich von 1993 bis 1999 eine berufliche Tätigkeit als Planungsingenieur in einem Telekommunikationsunternehmen an. Von 2018 bis 2019 war er Mercator Senior Fellow des Istanbul-Policy-Center (IPC).[3] Seit dem 1. Oktober 2022 ist Mutlu Senior Advisor bei der Unternehmungsberatung Gauly Advisors.[1]
Im Jahr 2016 gab er das BuchPolitik ohne Grenzen: Migrationsgeschichten aus dem Deutschen Bundestag heraus. In dem Buch porträtierte er 22 Abgeordnetenkollegen mitMigrationshintergrund aus allen Fraktionen des 18. Deutschen Bundestags. Der damalige BundestagspräsidentNorbert Lammert schrieb das Vorwort zum Buch, das auch bei derBundeszentrale für politische Bildung unter demselben Titel erschienen ist. Anlässlich des 60. Jubiläums desDeutsch-Türkischen-Anwerbeabkommens in Oktober 2021 brachte er das Buch60 Jahre – Wie Deutschland zur Heimat wurde[4][5] mit einem Vorwort von BundespräsidentFrank-Walter Steinmeier heraus. In dem Buch porträtiert er 27 erfolgreiche Gastarbeiterkinder, wie zum Beispiel dasBiontech-GründerpaarUğur Şahin undÖzlem Türeci.
Mutlu wurde im Jahr 1990 Mitglied der Grünen. Von Mai 1992 bis Oktober 1999 war er Mitglied derBezirksverordnetenversammlung desBezirks Kreuzberg. Von Oktober 1999 bis September 2013 war er Mitglied desAbgeordnetenhauses von Berlin, 1999 und 2006 erhielt er einDirektmandat und vertrat denWahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg 3 im Abgeordnetenhaus. Mutlu wurde 1999 zum bildungspolitischen Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gewählt. Bis 2006 war er zudem Mitglied des Innenausschusses, wo er fürIntegration undMigrationspolitik zuständig war.
Bei derBundestagswahl 2009 wurde er durch seine Partei auf Platz 4 derLandesliste nominiert, verpasste jedoch den Einzug in den Bundestag knapp. Mit der Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin im Oktober 2011 wurde Mutlu als bildungspolitischer Sprecher seiner Fraktion auch stellvertretender Vorsitzender des Bildungsausschusses sowie Mitglied im Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Berlin-Brandenburg und Medien. Dort war er zuständig für dieEuropa- und Türkeipolitik seiner Fraktion.
Im Sommer 2011 geriet er durch umstrittene Vorgänge in die Medien.[6][7][8] Am 10. Mai 2013 thematisierte die Berliner TageszeitungB.Z. den Besuch einerMillî GörüşKoran Lesung mit 3000 Besuchern im BerlinerTempodrom durch Özcan Mutlu undIlkin Özisik (SPD).[9] Die Autoren Lukas Hermsmeier und Lars Petersen zitieren Mutlu„Ich habe die Gemeinschaft Milli Görüs lange gemieden, nun wollte ich selbst mal schauen, was an den Vorwürfen ist“, so der Abgeordnete zur B.Z. Es sei eine versöhnliche Veranstaltung gewesen, auf der ausschließlich Deutsch gesprochen wurde. Dieser Besuch einer Großveranstaltung des vom bundesdeutschenVerfassungsschutz beobachteten Millî Görüş wurde dann auch am 27. Mai 2013 von Maximilian Popp und Fidelius Schmid im WochenmagazinSpiegel unter der ÜberschriftMillionentransfer nach Ankara thematisiert.[10]
Bei derBundestagswahl 2013 kandidierte Mutlu als Direktkandidat imBundestagswahlkreis Berlin-Mitte und war zugleich aufListenplatz 2 der Grünen Bundestagsliste nominiert. Sein Wahlkampf bekam große mediale Beachtung.[11][12][13] Entsprechend dem bundesweiten negativen Trend für die Grünen gelang es ihm nicht, ein Direktmandat zu gewinnen. Er zog aber über die Landesliste in denBundestag ein. Mit der Wahl zum Mitglied des Deutschen Bundestages wurde er auch zum Sprecher für Bildungspolitik und Sprecher für Sportpolitik derFraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag und er war zugleich Berichterstatter seiner Fraktion für das Thema Bürgerbeteiligung. Er war Ordentliches Mitglied und Sprecher seiner Fraktion imSportausschuss[14] und imAusschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung.[15] und Stellv. Vorsitzender der Deutsch-Türkischen-Parlamentsgruppe im Deutschen Bundestag. Während seiner Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag war Mutlu wiederholt als Prozess- und Wahlbeobachter in der Türkei.[16]
2017 setzte er sich für die Freilassung des JournalistenDeniz Yücel[17][18] sowie des MenschenrechtsaktivistenPeter Steudtner[19][20] ein. Mutlu wurde kritisiert, weil er an der nichtnamentlichen Abstimmung des Bundestags zurAnerkennung des Völkermordes an den Armeniern nicht teilgenommen hat. Jahre später eröffnete Mutlu, seine Familie sei in der Türkei vor der Abstimmung von Sicherheitskräften aufgesucht worden und er habe sich dadurch eingeschüchtert gefühlt.[21]
Bei derBundestagswahl 2017 trat Mutlu wieder im Bundestagswahlkreis Mitte an. Er musste sich jedoch erneut seiner Konkurrentin von der SPD,Eva Högl, geschlagen geben und konnte auch nicht mehr über dieLandesliste in den Bundestag einziehen.Im November 2019 erhielt er zusammen mitEkrem İmamoğlu, dem Oberbürgermeister der StadtIstanbul, undMichael Müller, dem Regierender Bürgermeister von Berlin, den Deutsch-Türkischen-Freundschaftspreis[22] in der Kategorie Politik für seinen Einsatz für den Deutsch-Türkischen Dialog und für seine Aktivitäten im Bereich der Bildung und Integration.[23] Im Mai 2022 gründete er mit Unterstützung desAuswärtigen Amtes den Verband Deutsch-Türkischer-Städtepartnerschaften e. V. (DTSV e. V.) mit Sitz in Berlin. Der Verein fördert und vernetzt kulturelle Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei im Rahmen vonStädtepartnerschaften. Mutlu ist insbesondere Gründungsmitglied der Partnerschaften zwischen demBerliner Bezirk Kreuzberg undKadıköy, einem Bezirk von Istanbul, sowieTreptow undTepebaşı inZentralanatolien.[24]
ZurBundestagswahl 2021 verlor er die parteiinterne Abstimmung zur Nominierung im Wahlkreis Berlin-Mitte gegenHanna Steinmüller und die zur Nominierung auf die Landesliste der Berliner Grünen. Zuvor war ihm von parteiinternen Gegnern vorgeworfen worden, gezielttürkischstämmige Mitglieder zum Beitritt in die Partei anzuwerben, um ihn bei der Nominierung zu unterstützen. Mutlu bestreitet diese Vorwürfe.[25][26][27]
Mutlu gab im Januar 2025 seinen Austritt aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen nach der Affäre um die Kandidatur vonStefan Gelbhaar bekannt, die ihn an den Umgang mit ihm erinnert habe.[28][29]
Personendaten | |
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NAME | Mutlu, Özcan |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (parteilos, Bündnis 90/Die Grünen), MdA, MdB |
GEBURTSDATUM | 10. Januar 1968 |
GEBURTSORT | Kelkit,Türkei |