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Amokfahrt in Mannheim:Zwei Tote, zehn Verletzte

Nach der mutmaßlichen Amokfahrt des 40-jährigen Alexander S. ist die Bevölkerung Mannheims geschockt. Der Taxifahrer Muhammad Afzal verhinderte wohl Schlimmeres.

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An einem Laternenpfahl liegen Blumen und Grablichter auf dem Asphalt, im Hintergrund geht eine Gruppe von Polizisten
Der Schock und die Anteilnahme in Mannheim ist groß. Kerzen und Blumen liegen in der Nähe des Tatorts,Foto:Uli Deck/dpa
Gareth Joswig

Berlintaz | Eine 83-jährige Frau und ein 54-jähriger Mann sind gestorben, fünf Menschen schwer verletzt, weitere fünf leichter verletzt. Der Schock und die Anteilnahme in Mannheim ist weiter groß nach einer mutmaßlichen Amokfahrt eines 40-jährigen Mannes am Montag. In der Innenstadt haben Menschen am Tatort, dem zentralen Paradeplatz, Blumen niedergelegt und Kerzen aufgestellt. Zahlreiche Politiker äußerten parteiübergreifend ihre Anteilnahme.

Montagmittag war der 40-jährige Alexander S. mit einem Ford Fiesta durch die Fußgängerzone in eine Menschengruppe gerast, offenbar mit dem Plan, gezielt Personen zu überfahren. Die Staatsanwaltschaft geht nicht von einer politisch motivierten Tat aus und teilte am Montagabend mit, dass es konkrete Hinweise auf eine psychische Erkrankung des mutmaßlichen Täters gebe. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm zweifachen Mord und mehrfachen versuchten Mord vor.

Schlimmeres verhinderte offenbar ein Taxi-Fahrer, der S. von einem Taxistand am Paradeplatz aus hinterhergefahren und sich ihm in einer Sackgasse mit seinem Wagen in den Weg gestellt haben soll. Daraufhin stieg S. offenbar aus und feuerte mehrere Schüsse ab, womöglich mit einer Schreckschusspistole. S. flüchtete zu Fuß weiter in Richtung Mannheimer Hafen. Bei seiner Festnahme durch die Polizei schoss er sich mit einer Schreckschusspistole selbst in den Mund und kam verletzt ins Krankenhaus. Am Dienstag sollte S. wieder vernehmungsfähig sein und befragt werden.

Der Chef der Mannheimer Taxi-Zentrale, Jürgen Schwarz, nannte den Kollegen, der sich S. in den Weg gestellt habe, beiNTV einen „richtigen Helden“. Er wolle ausdrücklich, dass sein Name genannt werde: Muhammad Afzal. Der beliebte und hilfsbereite Kollege habe nach dem Geschehen einen Schock erlitten und sich in Behandlung begeben.

Vermerk zu Rechtsextremismus

Laut dem leitenden Oberstaatsanwalt Romeo Schüssler hatte der mutmaßliche Täter länger zurückliegende Vorstrafen. Vor über 10 Jahren habe er wegen Körperverletzung eine Freiheitsstrafe verbüßt, hinzu kam ein Fall von Trunkenheit am Steuer. 2018 ist zudem ein Delikt aus dem Bereich Hatespeech aktenkundig. Für einen Facebook-Kommentar sei er zu einer Geldstrafe verurteilt worden und bekam offenbar auch einenVermerk aus dem Bereich Rechtsextremismus. Die Teile seines Facebook-Accounts, die öffentlich einsehbar waren, muteten indes nicht politisch an.

Die extrem rechte AfD hatte den Vorfall ohne Kenntnis von Details sofort politisch ausgeschlachtet. Mehrere Abgeordnete teilten brutale Videos und Bilder von der Tat und sprachen ohne Faktengrundlage von einem „Terroranschlag“ oder einem „ethnischen Schock“, forderten Grenzschließungen oder teilten Falschnachrichten.

Der AfD-Landtagsabgeordnete Daniel Wald aus Sachsen-Anhalt kopierte stumpf einen Post des österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner: „Dies sind die Früchte der Vielfalt. Remigration jetzt!“ Auch der Brandenburger AfD-Vize-Chef Christoph Berndt schrieb auf X: „Was folgt aus dem Terror ohne Ende?“, und antwortete selbst: „AfD: Remigration!“ Beide löschten ihre Posts nicht – auch nachdem längst klar war, dass die mutmaßliche Amokfahrt nicht in ihre rassistische Ideologie passt.

Die Stadt Mannheim lud unterdessen für den Dienstagnachmittag zu einer ökumenischen Andacht in die Citykirche Konkordien ein, wo „gemeinsam getrauert, der Toten gedacht und für die Verletzten gebetet werden“ sollte. Die Notfallseelsorge hat in der Mannheimer Innenstadt einen Anlaufpunkt für Betroffene und Zeu­g*in­nen eingerichtet, um das Erlebte zu verarbeiten. An städtischen Gebäuden wurde Trauerbeflaggung angeordnet, im Rathaus liegt ein Kondolenzbuch für Bür­ge­r*in­nen aus.

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