Phasen mit schlechter Stimmung dürften jedem Menschen bekannt sein, aber auch ernsthafte psychische Probleme in Form von Depressionen sind inzwischen so häufig, dass man von einer Volkskrankheit spricht. Aktuelle Zahlen weisen auf circa fünf bis sechs Millionen depressive Menschen in Deutschland hin. Man geht davon aus, dass circa 16 bis 20 Prozent aller Menschen in Deutschland einmal im Laufe ihres Lebens an einer Depression erkranken. Aber an welchen Anzeichen kann man eine Depression erkennen, welche Arten von Depressionen gibt es und wie sieht die Therapie aus? Das sowie Tipps zur Selbsthilfe lesen Sie im Folgenden.
Depressionen gehören zu denpsychischen Störungen. Bei einer Depression ist das gesamte Gefühlsleben des Menschen, das man Affektivität nennt, betroffen. Dazu gehört die jedem Menschen eigene Grundstimmung und alles, was mit seinen Gefühlen zusammenhängt: zum Beispiel die Intensität und Dauer, mit der Gefühle wahrgenommen werden. Dabei ist jeder Mensch ganz verschieden und hat eine ihm eigene Affektivität.
In der gängigen Definition spricht man von einer Depression, wenn übermindestens zwei Wochen ein Stimmungszustand auftritt, der von der sonst normalen Grundstimmung auf depressive Art abweicht. Kennzeichnend dafür sind insbesondere eine gedrückte Gefühlslage, Antriebs- und Interessenlosigkeit. Je nach Zeitpunkt, Häufigkeit und Dauer der Störung unterscheidet man verschiedene Arten von Depressionen.
Daneben gibt es auch Störungen der Affektivität, die mit einer erregten Gefühlslage einhergehen (Manien) oder die nicht in Phasen verlaufen, sondern dauerhaft sind (Dysthymie und Zyklothymie).
Frauen sind durchschnittlich doppelt so häufig betroffen wie Männer, zudem treten Depressionen gehäuft bei älteren Menschen auf.
Meist hat eine Depression nicht nur genau eine Ursache, sondern entsteht durch das Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren. Man vermutet, dassneurochemische Auslöser eine Rolle spielen können. So könnte beispielsweise eine zu geringe Konzentration der BotenstoffeSerotonin,Dopamin und Noradrenalin imGehirn oder eine Störung bei der Weiterleitung der durch sie ausgelösten Signale dazu beitragen, dass sich eine Depression entwickelt. Daneben existieren weitere Hypothesen aus dem Bereich der Neurochemie, beispielsweise ein Defizit an Neurotrophinen, speziellen körpereigenen Signalstoffen. Auch ein Überschuss des StresshormonsCortisol könnte eine Rolle spielen. Bisher gibt es jedoch keine gesicherten Belege für einen alleinigen Zusammenhang solcher neurochemischen Störungen mit der Entstehung einer Depression.
Als weiteren möglichen Faktor vermutet man einegenetische Komponente. Allerdings scheint nur das Risiko, eine Depression zu entwickeln, durch die Vererbung erhöht zu sein. Es gibt also kein spezielles Gen, über das die Erkrankung Depression weitergegeben werden kann, wie es bei einigen Erbkrankheiten der Fall ist.
Dazu kommen die Faktoren, die bei jedem Menschen verschieden sind, wiesoziale und psychische Einflüsse.So treten Depressionen beispielsweise oft bei Personen in schwierigen wirtschaftlichen Situationen auf. Spezielle negative Erfahrungen wieEinsamkeit, Traumata, Trennungen, chronischerStress oder Todesfälle im näheren Umfeld können eine Depression begünstigen.
Darüber hinaus könnenandere Erkrankungen eine Depression begünstigen. So sind Menschen, die bereits an einer anderen psychischen Erkrankung (beispielsweise Suchterkrankung oderAngststörung) leiden, besonders gefährdet, eine Depression zu entwickeln. Auch kann man davon ausgehen, dass circa 9 bis 23 Prozent aller chronisch Kranken depressive Symptome entwickeln – was gut nachvollziehbar ist, denn durch eine chronische Erkrankung wird der Alltag oft stark beeinträchtigt. Andererseits gibt es eine Reihe von Erkrankungen, bei denen die Depression eines der Symptome darstellen kann, beispielsweiseAlzheimer,Diabetes mellitus oderParkinson.
Da die Ursachen so vielfältig sind, bedeutet das im Umkehrschluss auch, dass bei der Ursachenforschung im Einzelfall genau aufgeschlüsselt werden muss, welche Faktoren bei einer betroffenen Person wahrscheinlich zu der Depression geführt haben – nur dann kann man unter Umständen diese Faktoren verändern und der Person langfristig helfen.
Dieunipolare Depression bezeichnet die häufigste Form der Depression. Daneben werden noch einige weitere Arten unterschieden, bei denen es zu Abweichungen bezüglich der Symptome und des Zeitpunkts kommen kann. So spricht man je nach Dauer und Häufigkeit der Depressionen neben einer einmaligen Episode von einer rezidivierenden (wiederkehrenden) oder chronischen Depression (Dysthymie). Eine chronische Depression liegt vor, wenn die depressiven Beschwerden über einen Zeitraum von mehreren Jahren (in vielen Quellen ist von mindestens zwei Jahren die Rede) anhalten. Diese sind dann meist aber weniger stark ausgeprägt als bei anderen Formen der Depression.
Wichtige Sonderformen der Depression sind:
Auch heutzutage werden viele langjährig gebrauchte Begriffe wieJammerdepressionoderAltersdepression(ab dem 60. Lebensjahr) immer noch für einzelne Untertypen verwendet. Der Begriff Jammerdepression wurde dabei früher für Menschen genutzt, die von einer inneren Unruhe und Ängstlichkeit getrieben sind – oftmals klagen sie dabei überHerzrasen undLuftnot. Heute spricht man von einer agitierten Depression.
Früher wurden die Depressionen in der Medizin in endogene, psychogene und organische Depressionen eingeteilt – inzwischen werden die Depressionen eher nach Symptomen, Schweregrad, Krankheitsdauer und Rückfallrisiko bewertet, doch die alte Klassifikation findet sich immer noch in vielen Büchern. Auch die Bezeichnung "reaktive Depression" für eine Depression, die durch ein psychisch belastendes Ereignis (wie Verlust des Berufes, ein Todesfall oder eine Trennung) ausgelöst wird, gilt mittlerweile als veraltet. Demgegenüber stand die endogene Depression ohne bekannten Auslöser.
Neben depressiven Episoden und wiederkehrenden depressiven Störungen können auch sogenannte sekundäre Depressionen auftreten, das sind Depressionen, die im Rahmen einer anderen psychischen Grunderkrankung (zum Beispiel Angststörung,Bulimie, Sucht) auftreten. Davon werden die depressiven Störungen abgegrenzt, die mit somatischen Erkrankungen einhergehen, also mit Krankheiten des Körpers.
Im internationalen Klassifikationssystem (International Classification of Diseases, kurz ICD), welches auch in Deutschland verwendet wird, werden Depressionen je nach Anzahl und Ausprägung der Symptome in leichte, mittelschwere und schwere Depressionen unterteilt. Im amerikanischen Klassifikationssystem wird die unipolare Depression in "Major Depression" (bei schweren Symptomen) und "Minor Depression" (bei leichten Symptomen) unterteilt.
Wie äußert sich eine Depression? Anders als bei vielen Erkrankungen merkt man bei einer Depression selbst oft erst spät, dass mit einem etwas nicht stimmt. Meist ist es so, dass Freund*innen oder Angehörige stutzig werden, wenn sie die Verhaltensänderungen bemerken.
Besonders wichtig ist deshalb das Wissen und die Aufklärung über diese Erkrankung – nur wenn möglichst viele Menschen sich mit den Symptomen und den Behandlungsmöglichkeiten einer Depression auskennen, werden Betroffene frühzeitig angesprochen und können von einer adäquaten Therapie profitieren.
Dies sind die besonders charakteristischen Symptome:
Daneben können noch weitere Anzeichen auf eine Depression hinweisen. Dazu gehören:
Insgesamt neigen Männer zudem stärker dazu, eine depressive Erkrankung als Ursache ihrer Beschwerden zu leugnen, weshalb die Behandlung häufig später erfolgt.
Auch körperliche Symptome können auftreten, beispielsweise:
Bei schweren Depressionen sind auchGedanken an Selbstmord oder im schlimmsten FallSelbstmordversuche möglich. Teilweise treten in diesem Zusammenhang wahnhafte Gedanken auf, beispielsweise der Wille, die Familie durch den eigenen Tod von einer "Belastung" zu befreien. 40 bis 70 Prozent aller Selbstmorde werden im Rahmen einer Depression verübt.
In einigen Texten zum Thema findet sich die Beschreibung von fünf Phasen, in die sich eine Depression unterteilen lassen soll. Diese fünf Phasen sollen sein:
Dieses Phasen-Modell beruht jedoch auf keiner wissenschaftlichen Grundlage.
Wichtig ist bei einer Depression eine rasche ärztliche Behandlung. Der*die Hausarzt*Hausärztin kann eine erste Anlaufstelle sein und bei der Suche nach fachkundiger ärztlicher Hilfe unterstützen. Auch die Telefonseelsorge oder Krisendienste im Internet (beispielsweise die Deutsche Depressionshilfe) können eine anfängliche Hilfestellung bieten.
Ein*e Psychotherapeut*in oder Psychiater*in kann dann anhand eines ausführlichen Gesprächs und mit verschiedenen standardisierten Fragenbögen eine Bestandsaufnahme von Bewusstsein und Psyche machen und ermitteln, ob tatsächlich eine Depression vorliegt. Wichtig ist im Rahmen der Diagnose auch, sowohl organische als auch andere psychische Erkrankungen als Auslöser der Symptome auszuschließen. Vor allem die Unterscheidung zwischen Depression und bipolarer Störung ist hier wichtig.
Bei einer leichten depressiven Episode kann zunächst abgewartet werden, ob sich diese von selbst wieder bessert. Der Gesundheitszustand sollte jedoch innerhalb weniger Wochen nochmals kontrolliert werden.
Meist wird zur Behandlung einer schweren Depression eine Kombination aus medikamentöser Behandlung und Psychotherapie angewandt, denn viele Studien zeigen, dass dies schneller und nachhaltiger zum Erfolg führt als die Einzeltherapie.
Generell unterscheidet man bei der Therapie einer Depression die Akuttherapie, die Erhaltungstherapie und die Behandlung zur Vorbeugung (Rezidivprophylaxe). Im Rahmen der Akuttherapie sollen zunächst die bestehenden Symptome gelindert werden. Die Erhaltungstherapie dient der Stabilisierung des*der Patient*in, während die Rezidivprophylaxe dazu genutzt wird, einem Rückfall vorzubeugen.
Es gibt sehr viele verschiedeneMedikamente gegen Depressionen. Diese Medikamente werden Antidepressiva genannt und müssen je nach Schweregrad der Depression, Ausprägung der Symptome, Lebensalter und weitere Erkrankungen sorgfältig ausgesucht und miteinander kombiniert werden. Beispiele für Antidepressiva sind dieWirkstoffe Escitalopram, Mirtazapin undCitalopram.
Daneben existiert mit Johanniskraut ein sogenanntes Phytopharmakon, für das bei leichten Depressionen eine Wirksamkeit belegt ist. Allerdings sollte trotz der natürlichen Basis der Extrakte beachtet werden, dass auch Johanniskraut-Präparate Nebenwirkungen hervorrufen können. Auch Wechselwirkungen mit Medikamenten wie derAnti-Baby-Pille oder Antiepileptika sind möglich. Vor der Einnahme von Johanniskraut sollte man deshalb ärztliche Rücksprache halten oder das Fachpersonal in der Apotheke befragen.
Bei der Therapie einer Depression spielen Psychotherapie und die sogenannte Psychoedukation eine wichtige Rolle.
Im Bereich Psychotherapie gibt es verschiedenste Formen wie kognitiveVerhaltenstherapie, interpersonelle Psychotherapie oder psychodynamische Psychotherapie.
Eine immer größere Rolle spielt die Psychoedukation: Damit ist die gezielte Aufklärung der betroffenen Person über ihre Erkrankung und die dazugehörige Therapie gemeint. So wird das Selbsthilfepotenzial von Betroffenen und deren Angehörigen gefördert. Meist werden Gruppenprogramme von Kliniken oder psychiatrischen Praxen angeboten.
Weitere Therapieoptionen, die nur in speziellen Fällen eingesetzt werde, sind:
Der wichtigste Schritt, um eine Depression zu überwinden, ist es, sichprofessionelle Hilfe zu suchen. Folgende Tipps können Ihnen möglicherweise darüber hinaus dabei helfen, die Depression zu bewältigen:
Wenn Sie schon einmal eine Depression hatten, wissen Sie bereits, welche Therapie Ihnen geholfen hat. Falls Sie sich erneut unwohl fühlen, zögern Sie nicht, rasch ärztlichen Rat zu suchen. Ein offener Umgang mit der Erkrankung im Freundes- und Familienkreis kann Ihnen helfen, schnell Unterstützung zu bekommen, falls Sie wieder in ein tiefes Loch fallen.
Auch Freunde und Angehörige können Betroffene bei einer Depression unterstützen: indem sie da sind, zuhören, sich Zeit nehmen und der betroffenen Person Zeit lassen. Außerdem können sie diese ermutigen, professionelle Hilfe aufzusuchen.
Berücksichtigen Sie als Angehörige folgende Ratschläge:
Auch für Partner*innen, Angehörige und Freund*innen kann es schwer sein, jemandem mit einer Depression zur Seite zu stehen – deshalb stehen auch Personen im näheren Umfeld verschiedene Hilfsangebote zur Verfügung. Anlaufstellen sind beispielsweise der Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker (BApK) oder die Deutsche Depressionshilfe.
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