Man muss in der Literatur zwei Sorten von Plagiaten unterscheiden: dieWort-für-Wort-Übernahme (ggf. mit “Verfeinerungen”) und dieÜbernahme von Geschichten. Zwar wird Letzteres sehr oft beklagt, jedoch hat es sich als schwer herausgestellt, dagegen gerichtlich vorzugehen. Rex Stout (1986) greift dies in einem seiner Krimis auf und beschreibt, wie Bestseller-Autoren gezielt Leseexemplare untergejubelt werden, die zufällig genau dieselbe Handlung haben wie das Originalwerk.
Ammer | Brecht |
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S. 87 Ihr Herren, urteilet selbst, was mehr mag frommen! Ich finde nicht Geschmack an alledem. Als kleines Kind schon habe ich stets vernommen: Nur wer in Wohlstand schwelgt, lebt angenehm. | S. 16 Ihr Herren, urteilt jetzt selbst:ist das ein Leben? Ich finde nicht Geschmack an alledem. Als kleines Kind schon hörte ich mit Beben: Nur wer in Wohlstand lebt, lebt angenehm. |
S. 22 Ihr Menschenbrüder, die ihr nach uns lebt, Laßt Eure Herz nicht gegen uns verhärten… Drum Brüder, laßt Euch dies nur Lehre sein, und bittet Gott, er möge uns verzeihn. | S.25 Ihr Menschenbrüder, die ihr nach uns lebt, Laßt Eure Herz nicht gegen uns verhärten Hier, Menschen, laßt Euch uns zur Lehre sein, und bittet Gott, er möge uns verzeihn. |
S. 86 Kein Vögelchen, von hier bis Babylon Vertrüge diese Kost nur einen Tag. | S. 16 Kein Vögelchen von hier bis Babylon vertrüge diese Kost nur einen Tag. |
S. 19/20 Nun hört die Stimme, die um Mitleid ruft: Villon liegt hier nicht unter Hagerdorn, nicht unter Buchen, nein, in einer Gruft. Hieher verschlug ihn des Geschickes Zorn […]Und seine Zähne sind so lang wie Rechen […]Ihr wollt, daß seine Marter ewig währt? | S. 24 Nun hört die Stimme, die um Mitleid ruft! Macbeath liegt hier nicht unterm Hagerdorn, nicht unter Buchen, nein, in seiner Gruft! Hierher verschlug ihn des Geschickes Zorn […]Ach, seine Zähne sind schon lang wie Rechen […]Wollt ihn, daß seine Marter ewig währt? |
S. 109 Die Mädchen, die die Brüste zeigen, Um leichter Männer zu erwischen […]Die Lumpen, Dirnen, Hurentreiber, Die Tagediebe, Vogelfrein […]ich bitte sie, mir zu verzeihn. […]Um weit’re Händel nicht zu suchen bitt’ ich auch sie, mir zu verzeihn. | S. 25/26 Die Mädchen, die die Brüste zeigen, um leichter Männer zu erwischen […]Die Lumpen, Huren, Hurentreiber, Die Tagediebe, Vogelfrein […]Ich bitte Sie, mir zu verzeihn Um weit’re Händel nicht zu suchen Bitt’ ich auch sie, mir zu verzeihn. |
S. 110 Man schlage ihnen ihre Fressen Mit schweren Eisenhammern ein. Im übrigen will ich vergessen, Und bitte sie, mir zu verzeihn. | S. 26 Man schlage ihnen ihre Fressen Mit schweren Eisenhammern ein. Im übrigen will ich vergessen, Und bitte sie, mir zu verzeihn. |
Bowers verzweifelte fast daran, dass ihm nur sehr wenige Leute helfen wollten. In seinem Buch schrieb er Folgendes:
“Call it the ‘first stone syndrome’. Few are willing to cast it because they aren’t entirely sure of their own originality. Scholars, even more than poets and fiction writers, balk at holding plagiarists accountable, probably because of the cumulative nature of scholarly work. One person’s research builds upon everyone else’s and footnotes don’t always itemize the total debt. Virtually every scholar believes himself to have been plagiarized and, conversely, worries that his neighbors’ will find their work unattested in his.” (Bowers, 1997, S. 106)