Carl Wenzel Zajicek:Das Kärntnertortheater in Wien, gemalt um 1900 (lang nach dem Abriss)
Als kulturelle Institution ist die Wiener Staatsoper die Nachfolgerin der Wiener Hofoper, die von denHabsburgern gegründet und gefördert wurde. Zudem setzt dasWiener Staatsopernorchester die Tradition der seit 1498 belegtenWiener Hofmusikkapelle fort. Schon die Hofoper war eine führende europäische Institution und erlebte viele Uraufführungen, für die Ende des 17. Jahrhunderts vor allem KomponistAntonio Draghi und LibrettistNicolò Minato sorgten. KaiserLeopold I. (1640–1705) war selbst ein leidenschaftlicher Musiker und mit 230 eigenen Werken auch ein begabter Komponist. Zum kaiserlichenHofkapellmeister ernannte er mitJohann Heinrich Schmelzer erstmals einen Nicht-Italiener. Aufführungen fanden in dieser Zeit etwa in den Redoutensälen der Hofburg statt. Das dortigegroße Hoftheater wurde bis 1699 vonFrancesco Galli da Bibiena renoviert und am 28. Jänner 1700 mit Draghis OperAlceste (Text:Donato Cupeda) wiedereröffnet, mit der auch die Geburt der ErzherzoginMaria Josephagefeiert wurde[2].
Zu den Glanzlichtern der Wiener Operngeschichte des Barock zählte die Uraufführung der TragicommediaDon Chisciotte in Sierra Morena vonFrancesco Bartolomeo Conti am 6. Februar 1719. Zwischen 1706 und 1732 brachte Conti zahllose Werke im neapolitanischen Stil in Wien zur Uraufführung. Seit 1716 und bis zu seinem Tod 1732 wirkte zudem der OpernkomponistAntonio Caldara in Wien, wo er mehr als 80 Opern aufführte. 1730 traf auch der DichterMetastasio in Wien ein, wo er in den folgenden Jahren zahlreicheLibretti verfasste, die in ganz Europa von diversen Komponisten vertont wurden.
Theaterzettel zur Premiere derEntführung aus dem Serail durch die „Kaiserl. Königl. National-Hof-Schauspieler“ am 16. Juli 1782Theaterzettel der Uraufführung von BeethovensFidelio am 24. Mai 1814 imTheater am Kärntnertor
Im 18. Jahrhundert existierten zwei Vorläuferbauten der späteren Hof- und Staatsoper: 1709 wurde dasTheater am Kärntnertor – in unmittelbarer Nachbarschaft des heutigen Opernhauses – fertiggestellt und bis 1752 unterkaiserlichem Privileg betrieben. Nach einemTheaterbrand wurde der Neubau 1761 als „Kaiserliches und Königliches Hoftheater zu Wien“ eingeweiht. Als erstes Haus durfte aber wohl das 1748 eröffneteAlte Burgtheater am Michaelerplatz gelten, das damals gleichermaßenSchauspiel- und Opernaufführungen beherbergte und an dem u. a. WerkeChristoph Willibald Glucks (darunterOrfeo ed Euridice, 1762),Wolfgang Amadeus Mozarts undLudwig van Beethovens ihreUraufführung feierten. Mit der Umwandlung des altenBallsaals zu einem „Theater nächst der Burg“ warJoseph Karl Selliers, der damalige Pächter des Kärntnertor-Theaters, beauftragt worden.
Ein großer Förderer der Hofoper war KaiserJoseph II. (reg. 1764–1790). Zu seiner Hochzeit am 24. Jänner 1765 komponierte Gluck die OperIl Parnaso confuso, der unter musikalischer Beteiligung seiner Geschwister aufgeführt wurde. 1776 erklärte er das Haus nächst der Burg zum „deutschen Nationaltheater“. Als späterer Alleinregent gab er Mozart, mit dem er persönlich befreundet war, mehrere Kompositionsaufträge für Opern, darunter das deutscheSingspielDie Entführung aus dem Serail (1782) und die italienische OperCosì fan tutte (1790). MitLe nozze di Figaro billigte deraufgeklärte Absolutist zudem ein Werk, das sich mitadeligen Vorrechten undfeudaler Willkür beschäftigte.
Opernhaus der Stadt Wien – Wiener Staatsopernensemble
1. Mai 1945
31. Mai 1945
Volksoper – Wiener Staatsopernensemble
1. Juni 1945
10. Juli 1945
Staatsoper im Volksoperngebäude
11. Juli 1945
1. September 1946
Staatsoper in der Volksoper
2. September 1946
15. Juli 1955
Wiener Staatsoper
seit dem 5. November 1955
heute
Die BezeichnungStaatsoper wurde zwar auch schon ab den 1920er Jahren benützt, war aber nicht offiziell. In der Zeit des Wiederaufbaus spielte die Oper unter anderem imTheater an der Wien und in derVolksoper.
Der Bau des Das k. k. Hofoperntheaters, 1865Ansicht vom Opernring, Fotochromdruck, um 1900Der Zuschauersaal, Farblithographie vonJohann Varrone, um 1890Seitenansicht vom Kärntner Ring, 2016
Das Innenministerium holte mehrere Gutachten „über das Vorhandensein geeigneter Baustoffe“ ein. Das Ergebnis waren die seit langem in Wien üblichen Steine: DerWöllersdorfer Stein war für Sockel und freistehende, einfach gegliederte Stützen, der harteKaiserstein (Leithakalk) aus demKaisersteinbruch – in seiner Farbe besser zumKelheimer Kalkstein passend – für reicher gegliederte Teile vorgesehen. Daneben sollte der etwas grobkörnigere mittelharte Kaiserstein zum Einsatz kommen.Joiser Stein war vor allem dort zu verwenden, wo man den sehr teuren Kaiserstein nicht wählen wollte. Als Hauptstein des Opernhauses war der Kelheimer Kalkstein geplant, war in den erforderlichen Mengen aber nicht lieferbar; daneben konnte derBreitenbrunner Stein besonders empfohlen werden. Es wurde entschieden, dass die gesamte Außenhaut des Monumentalbauwerks ausnahmslos inNaturstein auszuführen sei. Durch den großen Bedarf kam derSóskúter Stein hinzu, dieser wurde inBudapest viel verwendet, da seine Lagerstätte südwestlich der Stadt liegt. Für die Steinmetzarbeiten waren drei Wiener Unternehmen zuständig,Eduard Hauser,Anton Wasserburger undMoritz Pranter.
Die Grundsteinlegung durch HandelsministerMatthias Constantin Capello von Wickenburg erfolgte am 20. Mai 1863.[4] 1869 war das Bauwerk fertiggestellt. Die Eröffnung erfolgte am 25. Mai 1869 in Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph I. mit der OperDon Juan vonMozart.[5][6]
Die Spiegelstufen der Feststiege bestehen aus dem glattpoliertem, hartem Kaiserstein der FirmaAmelin in Kaisersteinbruch. Das ist insofern bemerkenswert, als die Innenräume mit verschiedenstenMarmor-Sorten ausgestattet wurden.[7][8]
Das Gebäude wurde von der Öffentlichkeit nicht sehr geschätzt. Einerseits konnte es gegenüber dem riesigenHeinrichshof, einem privaten Zinshaus (imZweiten Weltkrieg zerstört und 1955 durch den Opernringhof ersetzt), keine rechte monumentale Wirkung entfalten. Andererseits wurde das Opernhaus, nachdem das Ringstraßenniveau vor der Oper nach Baubeginn um einen Meter gehoben wurde, als „versunkene Kiste“ und – in Analogie zummilitärischen Desaster von 1866 – „Königgrätz der Baukunst“ heftig kritisiert. Van der Nüll beging Suizid und knappe zehn Wochen später erlag Sicardsburg einem Herzinfarkt; somit erlebte keiner der beiden Architekten die Fertigstellung.[9]
Am Ende des Zweiten Weltkrieges geriet die Oper nach US-amerikanischen Bombardements in Brand. Der Vorbau mit der Zufahrtsarkade, der Eingangshalle, dem Stiegenaufgang, sowie der darüber befindlichen Loggia, demSchwind-Foyer (mitFreskoausstattung vonMoritz von Schwind) und dem Vestibül, blieb von Bombentreffern verschont und damit im ursprünglichen Stil desHistorismus erhalten.[10] Erhalten blieb auch der Hof-Logensalon, der vom Kaiser verwendet worden war.[11] Die Zuschauerränge und der Bühnenbereich wurden ein Raub der Flammen.
Lange Zeit gab es Diskussionen, ob die Oper wieder ihren ursprünglichen Zustand zurückerhalten sollte oder geschleift und an gleicher Stelle oder an einem anderen Ort neu aufgebaut werden solle. Schließlich setzte sich die Idee des Wiederaufbaus durch. Maßgeblich beteiligt waren die damaligen WiederaufbauministerErnst Kolb undUdo Illig. Eine politische Entscheidung trafLeopold Figl 1946 mit dem Ziel, 1949 die Wiener Oper bespielbar wiedereröffnen zu können. Ein Architektenwettbewerb wurde ausgeschrieben, denErich Boltenstern gewann. Die eingereichten Vorschläge reichten von einer völligen Neugestaltung des Zuschauerraums bis zu einer Wiederherstellung nach den Originalplänen. Boltenstern entschied sich für eine Wiederherstellung mit gleichzeitiger Modernisierung der Formensprache im Geiste der 1950er-Jahre. Um eine guteAkustik zu erreichen, wurde – unter anderem auf Anregung vonArturo Toscanini – vor allem Holz verwendet. Außerdem erhielt das Parterre weniger Sitzplätze und der zuvor mit Säulen ausgestattete vierte Rang wurde offen gestaltet.Egon Seefehlner empfahlHeinrich Keilholz, der die Akustik wesentlich verbesserte. Am Wettbewerb zur Neugestaltung desEisernen Vorhangs waren mehrere Künstler beteiligt, so auchMarc Chagall. Ausgeführt wurde er aber vonRudolf Hermann Eisenmenger.
Am 25. Mai 1869 wurde die Eröffnung in Anwesenheit von KaiserFranz Joseph und KaiserinElisabeth mit einer Premiere vonDon Giovanni (in der deutschen Fassung alsDon Juan) vonMozart gefeiert. Erster Direktor warFranz von Dingelstedt, dessen prunkvolle Bühnengestaltung beim Publikum sehr beliebt war. Sein NachfolgerJohann von Herbeck übernahm bis 1875 die Leitung und war gleichzeitig Kapellmeister. UnterFranz von Jauner kam es zur ersten Aufführung vonRichard WagnersDer Ring des Nibelungen außerhalb vonBayreuth. Die geschäftlichen Misserfolge führten 1880 trotz seiner künstlerischen Verdienste zu seiner Entlassung. Die längste Direktion hatteWilhelm Jahn inne, der das Operntheater von 1880 bis 1897 leitete. Er etablierte zahlreiche Opern als festes Repertoire, gewann die führenden Dirigenten und Sänger seiner Zeit und entdeckte und förderte den musikalischen Nachwuchs.[12] Bis aufParsifal, dessen Aufführung Bayreuth vorbehalten war, führte er alle Wagner-Opern in Wien auf, ohne auf Gastkünstler zurückgreifen zu müssen. Als sein Nachfolger wurdeGustav Mahler 1897 an das Operntheater berufen. In seiner zehnjährigen Direktionszeit erlebte die Oper eine Blütezeit.[13] Obwohl er kaum Uraufführungen programmierte, entwickelte sich das Operntheater unter Mahler zu einem der weltweit führenden Opernhäuser. Mahler stand für höchste Qualitätsansprüche, reformierte die Oper und vereinte in seiner Person den Dirigenten und Opernregisseur.
Trotz der Kriegsjahre kam es in der Direktionszeit vonHans Gregor zu bedeutenden Erstaufführungen wie vonRichard Strauss’Der Rosenkavalier, WagnersParsifal undFranz SchmidtsNotre Dame.Franz Schalk war von 1918 bis 1929 Direktor und teilte diesen Posten mit Richard Strauss in den Jahren von 1919 bis 1924, die als weitere Glanzzeit des Wiener Operntheaters gelten. Die Uraufführung von Strauss’Die Frau ohne Schatten zählt zu den Höhepunkten dieser Zeit.[14]Ernst Krenek komponierte 1930 bis 1933 seine Zwölfton-OperKarl V. für das Hoftheater, deren Uraufführung 1934 aber aus politischen Gründen untersagt wurde.[15] Dieses Werk wurde erstmals 1984 an der Staatsoper aufgeführt. Hingegen wurdeFranz Lehárs „musikalische Komödie“Giuditta hier uraufgeführt.
Nach dem„Anschluss“ Österreichs besuchteAdolf Hitler die Staatsoper am 19. Juni und am 27. Oktober 1938. In derZeit des Nationalsozialismus kam es zum Abgang, zu Verfolgungen und Ermordungen von Künstlern und Angestellten. Für etliche Werke gab es ein Aufführungsverbot. DirektorErwin Kerber setzte sich bis Ende 1940 vereinzelt für jüdische Künstler ein, kooperierte aber mit den neuen Machthabern.[16]
Am 30. Juni 1944 fand die letzte Vorstellung vor der Sommerpause statt; es sollte die letzte Aufführung im alten Gebäude der Wiener Staatsoper überhaupt werden.Hans Knappertsbusch, der schon die erste Vorstellung nach dem Anschluss Österreichs im Jahr 1938 dirigiert hatte, stand auch diesmal am Pult. Auf dem Programm stand WagnersGötterdämmerung. Die letzte Regieanweisung dieser Oper lautet: „Helle Flammen scheinen in dem Saal der Götter aufzuschlagen. Als die Götter von den Flammen gänzlich verhüllt sind, fällt der Vorhang.“
Bühne der Staatsoper mit OrchestergrabenInnenansicht, AuditoriumTeesalon, früher HoffestlogensalonDas berühmte Stiegenhaus des Opernhauses, Treffpunkt während des Opernballs
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges führte das Opernensemble, das vorerst in dieWiener Volksoper auswich, die Proben und Aufführungen in dem seit längerer Zeit geschlossenenTheater an der Wien durch, wo bereits am 1. Mai 1945 – als nach der Befreiung von der nationalsozialistischen Herrschaft auch die Republik Österreich wieder existierte – die ersten Vorstellungen gegeben wurden.
Nach 1945 bildete sich dasWiener Mozart-Ensemble heraus, das weltweit Gastspiele absolvierte und für seine besondere Gesangs- und Spielkultur gerühmt wurde. Sein Gründer und Mentor war der österreichische DirigentJosef Krips, der aufgrund seiner jüdischen Herkunft die Zeit des Nationalsozialismus nur durch glücklichen Zufall und Hilfe von Kollegen überlebt hatte. Sofort nach 1945 begann er die Wiederaufbauarbeit an der Staatsoper und konnte seine ästhetischen Prinzipien durchsetzen. Dazu zählte die Abkehr vom romantischen Mozart-Ideal mit voluminösem Orchesterklang. Stattdessen kamen wiederkammermusikalische Qualitäten zum Tragen sowie ein durchsichtiger, leichter Klang, der später für typisch wienerisch gehalten wurde. Wesentliche Sänger warenAnton Dermota,Erich Kunz,Elisabeth Schwarzkopf,Wilma Lipp u. a. m.
1947 gastierte das Mozart-Ensemble an derCovent Garden Oper inLondon mit MozartsDon Giovanni. Dort sang der vor den Nationalsozialisten geflüchteteRichard Tauber drei Monate vor seinem Tod noch einmal den Don Ottavio. Nachträglich wurde bekannt, dass er nur noch mit einer halben Lunge gesungen hatte, um sich den Traum zu erfüllen, noch einmal mit der Staatsoper Mozart aufzuführen.
Viele andere Künstler wurden mit dem Mozart-Ensemble in Verbindung gebracht, z. B.Karl Böhm, doch haben sie eine eher periphere Rolle darin gespielt, indem sie die Arbeit anderer lediglich fortführten. Für Krips war dies der Anfang seiner Weltkarriere, die ihn an die wichtigsten Opernhäuser der Welt brachte. Bis zu seinem Tod 1974 galt er als einer der wichtigsten Maestri der Staatsoper.
Aufgrund der desolaten Zustände am Theater an der Wien versuchte die damalige Opernleitung, finanzielle Mittel zu gewinnen. Dabei kamen viele Spenden von Privatpersonen. Aber auch dieSowjets zeigten großes Interesse am Wiederaufbau der Oper und spendeten Baumaterial. Doch 1949 war gerade ein Notdach über der Oper errichtet, der Wiederaufbau dauerte noch an. Erst am 5. November 1955, also nach demStaatsvertrag, konnte die Staatsoper mitFidelio vonLudwig van Beethoven unter der Leitung vonKarl Böhm neu eröffnet werden. Als Besucher war auch der damalige amerikanische AußenministerJohn F. Dulles zugegen. Auch derORF nutzte die Eröffnung für eine seiner ersten Liveübertragungen zu einer Zeit, in der es erst etwa 800 Fernseher in ganz Österreich gab.
Das bis zur Eröffnung zusammengehaltene Ensemble zerfiel in den kommenden Jahren zusehends und ein internationales Ensemble bildete sich neu. DieWiener Staatsoper hat einRepertoiresystem, in dem alljährlich über 50 Produktionen auf dem Spielplan stehen. Daher kann das Haus zehn Monate im Jahr nahezu täglich mit Opern bespielt werden.
Herbert von Karajan führte in seiner Direktionszeit das Prinzip ein,Opern ausschließlich in der Originalsprache aufzuführen. Außerdem hob er das bis dahin gültige Ensembleprinzip mit lediglich vereinzelten Gastsängern auf und begann damit, die international besten Sänger an die Staatsoper zu engagieren, wobei zumeist nur die kleineren Partien aus dem Ensemble besetzt wurden. Mit derMailänder Scala begann damals eine Zusammenarbeit, die sich auf Produktionen ebenso bezog wie auf die Besetzungen. Die wichtigsten Mitglieder der Wiener Staatsoper traten nun auch in Mailand auf, vor allem bei Werken von Wolfgang Amadeus Mozart und Richard Strauss.
Die Wiener Staatsoper gilt als eines der führenden Opernhäuser der Welt. Sowohl sein Orchester wie auch der Chor verselbstständigten sich inzwischen für Auftritte außerhalb der Oper in dieWiener Philharmoniker sowie dieKonzertvereinigung Wiener Staatsopernchor. Während der Direktion vonDominique Meyer regte sich zunehmend Kritik, vor allem daran, dass in einer Spielzeit das jüngste Werk des Spielplans über 70 Jahre alt war. Der Staatsoperndirektor antwortete darauf mit einer Reihe von zeitgenössischen Premieren (darunterThe Tempest vonThomas Adès im Juni 2015 undTri Sestri vonPéter Eötvös im März 2016), sowie mit einem Kompositionsauftrag anOlga Neuwirth für die Vertonung von Virginia WoolfsOrlando, der am 8. Dezember 2019 an der Staatsoper uraufgeführt wurde. Am 20. Oktober 2019 wurde der Oper derEuropäische Kulturpreis Taurus verliehen.
Am 12. November 2018 war die Staatsoper Schauplatz des Staatsaktes zur Hundertjahrfeier der Republik Österreich. Sie wurde deshalb ausgewählt, weil dasParlament (in dessen Sitzungssaal des ehemaligen Abgeordnetenhauses Staatsakte üblicherweise stattfinden) zu diesem Zeitpunkt renoviert wurde. Das Programm umfasste neben Ansprachen des Bundespräsidenten (Alexander Van der Bellen), des Bundeskanzlers (Sebastian Kurz), des Vizekanzlers (Heinz-Christian Strache), des Nationalratspräsidenten (Wolfgang Sobotka) und des Vorsitzenden derLandeshauptleutekonferenz (Hans Niessl) auch eine Festrede der kärntner-slowenischen SchriftstellerinMaja Haderlap, Filmdokumentationen des ORF sowie drei von denWiener Philharmonikern gespielte Musikstücke:
DasWiener Staatsopernorchester ist das einzige Orchester von Weltrang, das allabendlich Auftritte zu leisten hat – die dann auch im Repertoirebetrieb zu einem erheblichen Teil von Aushilfen bestritten werden. Seine Bekanntheit erlangt das Orchester vor allem durch seine verselbstständigte Form, dieWiener Philharmoniker. Diese setzen sich aus Mitgliedern des Staatsopernorchesters zusammen und übernehmen klassische Orchesterkonzerte in Wien und auf Gastspielen weltweit. Zusätzlich unterhält die Wiener Staatsoper ein gesondertesBühnenorchester.[17]
DerChor der Wiener Staatsoper beschäftigt 92 professionelle Sänger im festen Engagement. Er bildet neben den hauseigenen Solisten, dem Orchester und Ballett die Bausteine der Oper und führt in einem Jahr an etwa 250 Abenden bis zu über 50 unterschiedliche Werke auf.[18] Seit 1927 tritt der Chor auch außerhalb der Wiener Staatsoper unter dem NamenKonzertvereinigung Wiener Staatsopernchor auf.[19]
Von 1995 bis 2005 warRenato Zanella Ballettdirektor und Chefchoreograf an der Staatsoper. Mit Beginn der Saison 2005/06 wurden die Ballettkompanie der Staatsoper und jene der Volksoper unter die gemeinsame Leitung vonGyula Harangozó gestellt. Von 2010 bis 2020 leitete der ehemaligeDanseur Etoile der Pariser Oper,Manuel Legris, die Kompanie, deren Name gleichzeitig inWiener Staatsballett geändert wurde.[20] Seit 1. September 2020 istMartin Schläpfer als Direktor und Chefchoreograf des Wiener Staatsballetts und als künstlerischer Leiter der Ballettakademie tätig. Im April 2023 gab Schläpfer bekannt, auf eine Vertragsverlängerung ab der Saison 2025/26 zu verzichten.[21] Zu seiner Nachfolgerin ab dem 1. September 2025 wurdeAlessandra Ferri bestellt.[22]
DieBallettschule Wiener Staatsoper ist eine Ausbildungsstätte für klassischen Tanz. 2013 erfolgte die Umbenennung in „Ballettakademie der Wiener Staatsoper“.[23]
Rückseite der Staatsoper bei TagRückseite der Staatsoper bei NachtÖstlicher Opernbrunnen an der Kärntner StraßeWestlicher Opernbrunnen an der Operngasse
10. Oktober 1919:Die Frau ohne Schatten. Libretto: Hugo von Hofmannsthal. Musik: Richard Strauss. Dirigent: Franz Schalk
9. Mai 1924:Schlagobers. Ballett. Musik:Richard Strauss. Dirigent: Richard Strauss. Choreographie: Heinrich Kröller, Bühnenbild und Kostüme: Ada Nigrin
17. Juni 1984: „Alpenglühn“. Ballett vonBernd R. Bienert Libretto: Bernd R. Bienert nachIngeborg Bachmann Inszenierung, Regie und Choreografie: Bernd R. Bienert Musik:Thomas Pernes Bühnenbild, Licht und Kostüme: Bernd R. Bienert
15. April 2007:Die Omama im Apfelbaum. Libretto: Theresia Colloredo nachMira Lobes und Susi Weigls Kinderbuch. Musik:Elisabeth Naske (Aufführung im Kinderopernzelt)
Das Opernhaus hat im Zuschauerraum 1.709 Sitz- und 567 Stehplätze, 4 Rollstuhl- und Begleitersitze im Parkett/Parterre, sowie 18 Rollstuhlplätze auf der Galerie.
Direkt vor den Aufführungen sind günstige Stehplatzkarten zu erwerben, die bei Zuschauern jeder Altersgruppe beliebt sind. Diese Stehplätze haben eine legendäre Stammkundschaft, die bei den Aufführungen ihr Missfallen besonders laut und unmissverständlich ausdrückt, aber auch am lautesten einer ihrer Ansicht nach gelungenen Aufführungzustimmt.
Laut Auskunft des Opernhauses befinden sich die besten Plätze in Bezug auf Sicht und Akustik in der Galerie, Mitte, Reihe 2, Platz 36 und 37.[27]
Seit 1999 firmiert die Wiener Staatsoper alsGmbH.[28] Künstlerischer Geschäftsführer und Direktor istBogdan Roščić, kaufmännische Geschäftsführerin istPetra Bohuslav.[29]
Eine Grafik der Wiener Staatsoper ist auf der Rückseite der 1989 ausgegebenen 5000-Schilling Banknote zu sehen.
Auf dem Dach des Hauses befand sich seit dem Internationalen Jahr der Artenvielfalt 2010 bis 2012 ein Bienenstock. Die Betreuung der rund 60.000 Bienen oblag einem privaten Imker in Zusammenarbeit mit derPlattform Imkerinnen Österreich und denBienenfreunden. Beflogen wurden blühende Alleebäume (vorwiegend Spitzahorn und Sommerlinde) und Pflanzen der umliegenden Parkanlagen. Eine Webcam übertrug Bilder live ins Internet. Die Stadt ist für Bienen ein durchaus geeigneter Lebensraum und der Honig von einwandfreier Qualität. Der Erlös wurde für „vielfaltleben“-Projekte verwendet. Als der Imker in den Ruhestand ging, wurden die Bienenstöcke in ein Turmzimmer übersiedelt; die Bienenvölker werden dort von Mitarbeitern betreut, die nebenberuflich selbst aktiv Imker sind.[30]
Im Rahmen der Wiener Staatsoper agieren auch Vereinigungen, wie dieFreunde der Wiener Staatsoper, derMerker-Verein (Heft), derMerker Online und der VereinWiener Opernarchiv (vormalsRISM-Österreich).
Am 23. Juli 2015 war die Weltpremiere des FilmsMission: Impossible – Rogue Nation; das Wiener Opernhaus war einer der originalen Filmschauplätze, in dem im Sommer davor gedreht wurde.
Der Eiserne Vorhang von EisenmengerBacchus vonCy Twombly, Eiserner Vorhang in der Wiener Staatsoper, Saison 2010/2011
DerEiserne Vorhang zeigt eine Szene aus dem Mythos von Orpheus und Eurydike vonRudolf Hermann Eisenmenger. Zur Gestaltung wurden 1954/55 verschiedene Künstler eingeladen teilzunehmen. 16 österreichische Künstler beteiligten sich mit 78 Entwürfen. Nach dem vierten Bewerbungsdurchgang wurde Eisenmengers Einreichung ausgewählt.[31] Als Harzöl-Mischtechnik-Gemälde auf vergoldeter Leinwand wurde schließlich der von einer Jury ausgewählte Entwurf vom Künstler innerhalb von 4 Monaten selbst auf einer 170 m² Fläche ausgeführt.[32]
Die Finanzierung der künstlerischen Umsetzung erfolgte unter Mithilfe der österreichischen Bevölkerung durch „Spenden von Goldplättchen“. Die Staatsoper galt als Symbol für den Wiederaufbau und die Wiedergeburt Österreichs nach demZweiten Weltkrieg. Zeitgleich mit der Unterzeichnung desÖsterreichischen Staatsvertrages 1955 und dem Beginn der Souveränität derZweiten Republik wurde auch die Staatsoper wiedereröffnet.[32]
Daneben durfte Rudolf Eisenmenger bereits 1950 54 Kartons als Vorlagen für die Weberei zum großen Tapisserienzyklus „Szenen aus der Zauberflöte“ beisteuern. Die ausgeführten Arbeiten werden seitdem im Gobelinsaal (dem heutigenGustav Mahler-Saal) präsentiert. Es ist dies mit 171 m² Gestaltungsfläche das Hauptwerk der ehemaligen Manufaktur in derWiener Hofburg. Eisenmenger war vom Anfang seiner Karriere an an derTapisserie interessiert, die Revitalisierung dieser Kunstgattung im 20. Jahrhundert geht nicht zuletzt auf ihn zurück.[32]
Das „museum in progress“ konzipierte für die Wiener Staatsoper die Ausstellungsreihe „Eiserner Vorhang“, die seit der Saison 1998/1999 die Brandschutzwand zwischen Bühne und Zuschauerraum zu einer Ausstellungsfläche fürzeitgenössische Kunst verwandelt.[33] Jedes Jahr wird der Vorhang von international renommierten Künstlern neu gestaltet. Es handelt sich dabei nicht um Übermalungen, sondern um eine technische Übertragung eines künstlerischen Entwurfes auf ein Trägermaterial, mit dem der Eiserne Vorhang lediglich überspannt wird. Jedes Motiv wird zudem als Ansichtskarte publiziert und für Werbezwecke zur freien Entnahme an Informationsständen aufgelegt.Allerdings wurde schon Dezember 2001 durch eine Unterschriftenaktion, geleitet von der Kunsthistorikerin Maria Missbach, zur „Erhaltung des Eisernen Vorhanges der Wiener Staatsoper als Gesamtkunstwerk für den Wiederaufbau“ rund 22.100 Unterschriften gegen die Übermalung des Opernvorhanges gesammelt.
Künstler des Eisernen Vorhangs der Wiener Staatsoper
Ringseitige Fassade der Staatsoper. Am Dach das Zelt derOper für KinderDer Französische Saal des Künstlerhauses als „NEST“
Seit der Direktion Holender (der selbst Vater von drei Kindern ist) ist die Staatsoper für ihre häufigen Aufführungen von kindgerechten Produktionen bekannt. Beispiele dafür sind etwa die OpernPeter Pan,Das Traumfresserchen,Der 35. Mai,Aladdin,Bastien und Bastienne oderWagners Nibelungenring für Kinder. Sie fanden bis zum Frühjahr 2015 alsKinderoper auf dem Dach des Vorbaus (über der Loggia, dem Vestibül und dem Schwind-Foyer) in einer eigens dafür errichteten Zeltkonstruktion statt. Dieses Zelt wurde im Sommer 2015 abgebaut, Spielstätte für Kinderaufführungen war bis 2020 das ehemaligeStadttheater Walfischgasse.
Im Juni 2024 wurde dasNEST (fürNeue Staatsoper) imKünstlerhaus vorgestellt. Ab Dezember 2024 wird dasNEST als zweite Spielstätte der Wiener Staatsoper für diverse Produktionen und Mitmachprojekte einen Raum bieten.[46]
Darüber hinaus findet jedes Jahr am Tag nach dem Opernball eine Aufführung derZauberflöte für neun- bis zehnjährige Kinder noch im Umbau des Zuschauerraums und der Bühne als Ballsaal statt.
Zusätzlich bietet das Opernhaus für Kinder zwischen 8 und 14 Jahren eine eigene Opernschule an, die neben einer regulären Schule nachmittags zu absolvieren ist. Die Kinder werden pädagogisch fachkundig an das Musiktheater herangeführt sowie für ein mögliches Berufsziel als Sänger sensibilisiert. Die Staatsoper rekrutiert für ihre Produktionen die Darsteller für Kinderrollen aus dieser Opernschule. Außerdem findet zweimal pro Saison eine eigene Matinee der Opernschule statt. Der künstlerische Leiter und Mitbegründer der Opernsingschule (2002) war bis 2005 Marco Ozbic, Peter Rille ihr administrativer Leiter, Elisabeth Lampl wirkte als Stimmbildnerin[47] undErnst Dunshirn (Chordirektor an der Wiener Staatsoper) als Lehrer. Im Mozartjahr 2006 wurdeDer kleine Friedrich aufgeführt, eine zwanzig minütige Collage aus Mozart-Liedern vonJanko Kastelic undClaudia Toman.[48]
Am 7. Dezember 2024 wurdeNEST (für:NEueSTaatsoper), eine Spielstätte für Kinder und Jugendliche imKünstlerhaus nahe dem Karlsplatz mit der Uraufführung von „Sagt der Walfisch zum Thunfisch“ des kanadischen KomponistenThierry Tidrow eröffnet.[49]
In den 2010er-Jahren gab es auch die Initiative „Oper live am Platz“, bei der die Aufführungen über einen Monitor auf den Karajanplatz (die platzartige Ausbuchtung der Kärntner Straße bei der Oper) übertragen wurden. Dies fand in der warmen Jahreszeit an ungefähr jedem zweiten Tag statt, ca. 300 Sitzplätze wurden auf dem Platz aufgestellt und nach Ende der Vorstellung wieder entfernt. Es war für die Zuschauer kostenlos, die meisten Regeln innerhalb des Hauses (etwa Bekleidungsvorschriften) hatten am Platz keine Gültigkeit.
Eine international bekannte Veranstaltung ist der Opernball, der alljährlich am letzten Donnerstag imFasching stattfindet. Er ist mit rund 5000 Gästen der größte Treffpunkt Österreichs für Kulturschaffende, Unternehmer und Politiker aus dem In- und Ausland. Inklusive Mitwirkenden und Mitarbeitern des Hauses bevölkern am Ballabend rund 7000 Menschen die Staatsoper.Die Ballbesucher und der Werbeeffekt für den österreichischen Tourismus haben sich auch zu einem Wirtschaftsfaktor in Wien entwickelt. 180 Paare aus dem In- und Ausland eröffnen den Ball.
Die Tradition des Opernballes führt zurück in die Zeit von 1814/1815, die Zeit des Wiener Kongresses. Der erste Ball in der Staatsoper fand 1935 statt, der erste der heutigen jährlichen Opernbälle wurde anlässlich der Wiedereröffnung des Staatsoperngebäudes 1955 am 9. Februar 1956 abgehalten.[50] Seit 1987 gab es immer wiederDemonstrationen anlässlich des oder gegen den Opernball, zuletzt 2010.
DieOrgel der Wiener Staatsoper wurde 1988 erbaut. DasSchleifladen-Instrument hat 33Register auf zweiManualen undPedal. Die Spiel- und Registertrakturen sind mechanisch.[51] Die Orgel befindet sich imOrgelsaal im 6. Stock des Opernhauses. Ihr Klang wird bei Vorstellungen über Lautsprecher in den Zuschauerraum übertragen.[52] DieDisposition lautet:
DieTontechnik der Wiener Staatsoper wurde seit den 50er Jahren immer wieder ergänzt und teilerneuert. Das Audiosystem war dann seit den 1980er Jahren weitgehend unverändert in Betrieb, konnte letztlich aber nicht mehr mit den hohen Anforderungen an die Akustik mithalten. So entschied man sich in den 2010er Jahren für den Austausch der gesamten Beschallungsanlage.
Im November 2020 wurde das neue Audiosystem in Betrieb genommen.[53]
Albert Josef Weltner, Alois Przistaupinsky, Ferdinand Graf (Hrsg.):Das kaiserlich-königliche Hof-Operntheater in Wien. Statistischer Rückblick auf die Personal-Verhältnisse und die künstlerische Thätigkeit während des Zeitraumes vom 25. Mai 1869 bis 30. April 1894. [25 Jahre], Adolph W. Künast, Wien 1894 (Online in der Google-Buchsuche-USA).
Richard Specht:Das Wiener Operntheater. Von Dingelstedt bis Schalk und Strauß. Erinnerungen aus 50 Jahren. Paul Knepler, Wien 1919,OCLC6725739.
Anton Bauer:Opern und Operetten in Wien. Böhlau, Wien 1955,OCLC893905.
Wilhelm Sinkovicz:Das Haus am Ring: Die Wiener Oper; ein Spaziergang durch das Haus mit einem Blick hinter die Kulissen. Holzhausen, Wien 1997,ISBN 3-900518-67-X.
Karl Michael Fritthum:Die Wiener Staatsoper. „Nie hab’ ich so etwas gehört und geseh’n!“ Eine kulturhistorische und technische Führung durch die Wiener Staatsoper. Löcker, Wien 2000,ISBN 3-85409-281-4.
Carmen Ottner,Erich Wolfgang Partsch:Musiktheater in Wien um 1900. Gustav Mahler und seine Zeitgenossen (=Publikationen des Instituts für österreichische Musikdokumentation. 37). Wien 2014.
Michaela Schlögl:Die Wiener Staatsoper. Ein Spaziergang durch die Geschichte des Wiener Opernhauses – ein Rundgang durch das Gebäude. Löcker, Wien 2016,ISBN 978-3-85409-676-4.
Michaela Schlögl/Claudia Prieler:Die Wiener Staatsoper: Wie sie war – Wie sie ist. Echomedia-Buchverlag, Wien 2018,ISBN 978-3-903113-19-0
Kaspar Mühlemann Hartl, museum in progress;Dominique Meyer, Wiener Staatsoper (Hrsg.):CURTAIN – VORHANG. Ein lebendiger Museumsraum – Der Eiserne Vorhang der Wiener Staatsoper. Verlag für moderne Kunst, Wien 2017,ISBN 978-3-903228-11-5.[54]
↑Helmuth Furch:Der Kaiserstein ein wichtiger Stein der Wiener Ringstraße am Beispiel der k. k. Hofoper. Hauptquelle derStadterweiterungsfonds, in:Mitteilungen des Museums- und Kulturvereines Kaisersteinbruch. Nr. 44, November 1996.ISBN 978-3-9504555-3-3.