DieWeißen Väter (lateinischPatres Albi, kurzPA,französischPères Blancs), eigentlichGesellschaft der Missionare von Afrika (lateinischSocietas Missionariorum Africae, französischSociété des missionnaires d’Afrique), sind einerömisch-katholischeOrdensgemeinschaft. DasOrdenskürzel lautetMAfr, das mitunter benutzte KürzelSMA steht dagegen für dieSocietas Missionum ad Afros, dieGesellschaft der Afrikamissionen, eine im Jahr 1856 in Lyon gegründete Ordensgemeinschaft.
Die Gemeinschaft vonBrüdern und Priestern wurde1868 vom damaligen Erzbischof vonAlgier und späterenKardinalCharles Martial Lavigerie für die Afrikamission gegründet, der bis 1892 auch Generaloberer war.
Die Mitglieder sollten sich in Sprache und Kleidung den Menschen anpassen, ihre Kultur respektieren und eine bodenständige Kirche aufbauen. (SieheAkkommodation,Inkulturation.)
Ihr Name leitet sich von ihrem Ordensgewand (weiße, nordafrikanischeGandoura undBurnus) ab. Weil „weiß“ oft mit der Kennzeichnung der Hautfarbe verwechselt wurde, wird die Bezeichnung „Afrikamissionare“ bevorzugt.[1]
Das erste Generalkapitel wählte die Form eines Klerikalinstituts, dessen Mitglieder sich durch einen Eid zur lebenslangen Missionsarbeit verpflichten. Die Weißen Väter wurden 1885 vorläufig und 1908 endgültig vomHeiligen Stuhl bestätigt.
1874 wurde der Gemeinschaft dieKirche St. Anna inJerusalem übertragen. Die Missionare begannen ihre Missionstätigkeit inAlgerien und 1875 inTunesien. Der Versuch, auf dem Landweg durch dieSahara das heutigeMali zu erreichen, schlug 1876 fehl, weil drei Missionare vonTuareg ermordet wurden. 1878 konnten Missionsstationen in Ostafrika und 1894 inFranzösisch-Sudan (heute Mali,Burkina Faso undGuinea) errichtet werden. 1874 wurden Niederlassungen inFrankreich, 1884 inBelgien, 1894 inDeutschland und 1901 inKanada gegründet.
1971 zogen sich die Weißen Väter freiwillig aus der portugiesischen AfrikaprovinzMoçambique zurück. Dies geschah trotz eines privilegierten Status und nicht aus Personalmangel oder Sicherheitsgründen, sondern aus Protest gegen die Ungerechtigkeiten und polizeilichen Brutalitäten der portugiesischen Kolonialpolitik. Nach Auskunft des damaligen Generaloberen,Theoz van Asten, lag der einzige Grund für die Abberufung von 38 Missionaren in der Tatsache, dass sie in der damaligen Situation kein glaubhaftes Zeugnis mehr geben konnten; ihre Anwesenheit wäre zu einem Gegenzeugnis geworden. Dieser Protest war zugleich an die Bischöfe Moçambiques undPortugals gerichtet, die zu der Politik Portugals schwiegen. Dass sich eine größere Gruppe von Missionaren offiziell aus den genannten Gründen und freiwillig aus einem Land zurückzog, war in der Missionsgeschichte der katholischen Kirche bis dahin noch nicht vorgekommen.[2]
Die Weißen Väter gaben wichtige Impulse für denchristlich-islamischen Dialog. 1926 gründeten sie in Tunis das „Institut für arabische und Islamstudien“, das 1964 als „Päpstliches Institut für Arabische und Islamische Studien“ („Pontificio Istituto di Studi Arabi e d’Islamistica“) nach Rom verlegt wurde.[3] 1978 gründeten sie dieChristlich-islamische Begegnungs- und Dokumentationsstelle (CIBEDO), die in Frankfurt/Main – seit 1998 als Fachstelle der Deutschen Bischofskonferenz – den interreligiösen Dialog und das Zusammenleben von Christen undMuslimen fördert. Die von Respekt vor den spirituellen Erfahrungen anderer geprägte Art und Weise, wie die Weißen Väter ihren Glauben leben und den Muslimen begegnen, ohne sie zu vereinnahmen, wird heute auch gerade von jungen Menschen sehr geschätzt, die in säkularisierten Kontexten oft mit kirchlich-theologischen Angeboten wenig anfangen können.[4]
Unter den 19Märtyrern, die am 8. Dezember 2018 inOran (Algerien)seliggesprochen wurden, waren auch vier Weiße Väter.[5] Sie wurden Ende 1994 inTizi Ouzou (Algerien) ermordet. Christian Chessel, der jüngste dieser vier Afrikamissionare, hat mit seinem TextMission der Schwachheit eine tief spirituelle und biblisch orientierte Reflexion über missionarisches Wirken unter Muslimen hinterlassen. Diese Schrift hat viele Gemeinsamkeiten mit den Texten, die von derTrappisten-Gemeinschaft von Tibhirine veröffentlicht worden waren, bevor sieben Mönche diesesKlosters Notre-Dame de l’Atlas im Frühjahr 1996 entführt und ermordet wurden. Sie gehören zu den 2018 Seliggesprochenen. Ihr Leben und ihr Martyrium wurden durch den 2010 produzierten und in Cannes preisgekrönten FilmVon Menschen und Göttern weltweit bekannt.[6]
Die Missionsgesellschaft war sich von Anfang an der Bedeutung der Medien bewusst. Ihr Gründer, Kardinal Lavigerie, nutzte sie vor allem für die Veröffentlichung seiner Reden gegen die Sklaverei. 1894 erschien in Deutschland die erste Nummer der MissionszeitschriftAfrikabote. Diese Zeitschrift wurde 1957 inAfrika umbenannt und ging 1967 in die Zweimonatszeitschriftkontinente auf, die von 24 Missionsorden undmissio Aachen gemeinsam herausgegeben wird.[7]
Wie die anderen Ordensgemeinschaften stellen die Weißen Väter ihre Arbeit inkontinente in einem eigenen Teil dar, der in einer länderspezifischen Version für die Schweiz, für Luxemburg und für Deutschland erscheint. Der für den deutschen Teil verantwortliche Redakteur, Pater Hans B. Schering, gab bis 2014 zusätzlich die vierteljährlich erscheinende Zeitungmiteinander heraus, die sich an die Verwandten, Freunde und Wohltäter der Afrikamissionare richtete. Damit wurden nicht zuletzt auch die ehemaligen Schüler der Weißen Väter angesprochen, die in den MissionshäusernHaigerloch,Zaitzkofen,Amberg,Linz am Rhein,Rietberg undGroßkrotzenburg bis Mitte der 1960er-Jahre zur Schule gegangen waren und sich in Internetforen[8][9] und Veröffentlichungen[10][11][12] mit ihrer Zeit als Missionsschüler auseinandersetzen.
Die Weißen Väter geben zwei wissenschaftliche Zeitschriften heraus: seit 1937 in Tunis dieIBLA. Revue de l’Institut des Belles Lettres Arabes mit linguistischer, ethnologischer und enthnographischer Orientierung und seit 1957 in JerusalemProche-Orient chrétien.[13]
Derzeit (Stand Mai 2024) arbeiten die Weißen Väter in 22 Ländern Afrikas und in 13 Ländern der übrigen Welt[14]. Ordenshäuser gibt es in Europa neben Belgien, Deutschland und Frankreich auch in Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Polen und der Schweiz; in Amerika neben Kanada auch in Mexiko, den USA und Brasilien; in Asien seit 1991 auch in Indien und auf den Philippinen.
Im Januar 2024 gehörten der Gemeinschaft 1110 Patres und Fratres an.[14] Das Generalkapitel der „Gesellschaft der Missionare von Afrika“ wählte am 27. Mai 2016 PaterStan Lubungo, Afrikamissionar aus Sambia, in Nachfolge vonRichard Baawobr (Ghana), sowie am 26. Mai 2022 erneut zum neuen Generaloberen der Missionsgesellschaft der Afrikamissionare.[15]
1869 gründete Lavigerie auch dieWeißen Schwestern(Missionsschwestern Unserer Lieben Frau von Afrika).
Die Verwaltung und das Ökonomat der Afrikamissionare in Deutschland befindet sich in Köln[16], dort bis 2019 imAfrikanum mit eigener Kapelle.[17]
Niederlassungen der Afrikamissionare in Deutschland: