Wasserflugzeug ist der Sammelbegriff fürFlugzeuge, die konstruktiv so beschaffen sind, dass sie auf Gewässerflächen starten und landen können.[1] Man unterscheidet generell zwischen Schwimmerflugzeugen undFlugbooten. Wenn ein Flugboot durch ein zusätzliches, einziehbares Radfahrwerk auch auf Flugplätzen an Land operieren kann, nennt man esAmphibienflugzeug. Auch für Wasserflugzeuge gelten die allgemeinenFlugregeln.
Mit Schwimmern ausgerüstetes Landflugzeug (Noorduyn C-64), an der Unterseite der Schwimmer ist die „Stufe“ erkennbarStart eines Schwimmerflugzeugs (DHC-6 Twin Otter) im Hafen vonVancouver, Canada
Anstelle einesRadfahrwerkes hat ein Schwimmerflugzeug – in der Regel zwei – bootsförmige, schlankeSchwimmer (engl.:floats), die allseitig geschlossen sind und meist über verspannte Streben mit dem Flugzeugrumpf verbunden sind. Im Stillstand wirken sie durch ihre Verdrängung alsAuftriebskörper, so dass das Flugzeug schwimmt. Die Schwimmer sind so gestaltet, dass sie beim Beschleunigen während des Startlaufes bald ins widerstandsarmeGleiten kommen. Das Flugzeug kann dann bald seineStartgeschwindigkeit erreichen und von der Wasseroberfläche abheben. Die sogenannteStufe (engl.:float step) auf der Unterseite etwa knapp vor der halben Schwimmerlänge erleichtert den Übergang zum Gleiten durch eine gezielte Ablösung der Wasserströmung vom rückwärtigen Unterwasserteil des Schwimmers. Oft sind die Schwimmer am Heck mit hochklappbaren kleinen Wasser-Rudern ausgestattet, um beim Manövrieren auf dem Wasser (z. B. beim Anlegen oder der Fahrt zum Start) sicherer steuern zu können. Manche Typen, insbesondere leichte Flugzeuge, sind mit relativ geringem Aufwand von Schwimmer auf Radfahrwerk und umgekehrt umrüstbar.
Ähnlich – nur relativ höher gebaut – sind Wasserflugzeuge mit einem mittig unter dem Rumpf angebrachtenZentralschwimmer. Sie haben hohe Stabilität beimWassern auf unruhiger See. Dieser Typ wurde aber selten, weil das Anlegen am Steg mit drei Schwimmern schwieriger ist als mit zwei Schwimmern des klassischen Schwimmerflugzeuges.Anfangs gab es auch 3-Schwimmer-Typen mit einem Spornschwimmer am Heck oder einem Bugschwimmer. Diese hatten Nachteile durch einen höherenLuftwiderstand.
Bei Flugbooten ist der untere Rumpfteil wie einBootsrumpf mit starkerKimm gestaltet. Zur Erhöhung der Stabilität auf dem Wasser haben Flugboote oft an den Tragflügelenden seitliche, manchmal auch einziehbare, Stützschwimmer oder Flossenstummel am Bootsrumpf. In Bezug auf aerodynamischen Widerstand und Seetüchtigkeit sind Flugboote den Schwimmerflugzeugen überlegen.[2]
Dreiseitenriss der Blackburn B.20, die Elemente von Flugbooten und Schwimmerflugzeugen vereinte
Es existierten auch Mischtypen, die Elemente eines Flugboots und eines Schwimmerflugzeugs vereinten. Hierzu gehörte etwa dieBlackburn B.20, die einen ausfahrbaren unteren Bootsrumpf aufwies, der bei Start und Landung wie ein Schwimmer wirkte, im Flug aber eingezogen die aerodynamischen Vorteile eines Flugboots aufwies. Mit ihrem überdimensionierten dicht unter dem Rumpf angebrachten zentralen Schwimmer vereinte dieShort Scion Senior FB ebenfalls Elemente von Schwimmerflugzeugen und Flugbooten. Wasserflugzeuge mit besonderen konstruktiven Merkmalen waren z. B. diePiaggio P.7 mitHydroflügeln und dieConvair Sea Dart mitSkikufen. Diese Bauarten konnten sich aber nicht durchsetzen.
Der erste kurze, in einer Bruchwasserung endende „Wasserflug“ war jener vonWilhelm Kress vom 3. Oktober 1901 amWienerwaldsee. Am 28. März 1910 gelang dem FranzosenHenri Fabre auf demÉtang de Berre der erste erfolgreiche Flug mit seinem WasserflugzeugHydravion.[3] Nahezu gleichzeitig unternahmAugust von Parseval Flugversuche amPlauer See, wobei sich zeigte, dass die Flugmaschine nicht wasserstartfähig war. Der erste erfolgreiche Flug und Wasserung der Maschine gelang am 7. Oktober 1910, allerdings mit Start vom Land.[4] Als erstem Amerikaner gelangGlenn Curtiss am 26. Januar 1911 der Start eines Wasserflugzeugs vom Wasser aus.[5]
Das erste Wasserflugzeug im Linienverkehr flog bei derK.u.K. Marine (österreichische Monarchie) ab Standort Pula im Frühling 1915 mit einem Flugzeug der Lohner-Werke „Typ E“.[6]
Deutschlands erste Wasserfluglinie wurde am 10. August 1925 eröffnet. Die Wasserflughäfen der entlang derElbe führendenWasserfluglinie Altona–Dresden lagen im StadtteilNeumühlen der damals noch selbständigen StadtAltona und imDresdner StadtteilJohannstadt. Im Einsatz waren Maschinen vom TypJunkers F 13, die täglich in beiden Richtungen verkehrten und bis zu vier Passagiere sowie Sendungen derDeutschen Reichspost beförderten; die planmäßige Flugzeit betrug etwa vier Stunden, einschließlich einer Zwischenlandung inMagdeburg. Nachdem sich bereits im Winter 1925/26 herausstellte, dass die Strecke (auch wegen Eisgangs auf der Elbe) nicht rentabel betrieben werden konnte, übernahm die neu gegründeteDeutsche Lufthansa AG im Januar 1926 die Linie und legte sie im Sommer desselben Jahres zugunsten einer regelmäßigen LandfluglinieDresden–Hamburg still. Die Wasserflugzeuge wurden auf Fahrwerke umgestellt.
In Köln wurde 1926 der Linienverkehr Köln-Duisburg-Rotterdam mit Junkers F 13 vom Anleger „Kunibertsrampe“ aufgenommen. Ab 1927 wurde er von der Deutschen Luft Hansa übernommen; 1928 wurde er eingestellt. 1935 setzte die Lufthansa dieJunkers W 33 von diesem Anleger für die Strecke Köln-Frankfurt ein. Für 1927 und 1928 sind zudem Landungen von Katapultflugzeugen im Rahmen des Postdienstes von Überseedampfern imHafen Köln-Niehl dokumentiert. Das letzte Wasserflugzeug soll nach dem Zweiten Weltkrieg ebenfalls dort von der Royal Navy stationiert gewesen sein.[7][8]
Legendär waren die Wettbewerbe derSchneider-Trophy, einemLuftrennen für Wasserflugzeuge, das in den Jahren 1913 bis 1931 stattfand.
Bei der Überquerung desAtlantiks behielten die Wasserflugzeuge noch länger ihre Bedeutung. Zahlreiche Fluglinien verbanden mit ihnen in den 1930er Jahren Amerika und Europa. Zur Überwindung der langen Distanz eignete sich der sichere Hafen vonHorta auf denAzoren als Zwischenstopp zum Auftanken. Die Geschichte als Wasserflughafen begann für Horta mit dem Erkundungsflug des AmerikanersAlbert C. Read, der bereits 1919 dort landete. 1937 stürzte ein französisches Wasserflugzeug (Hydravion), dieAtlantique I, vor dem Hafen vonAntibes ab, wobei fünf Besatzungsmitglieder ertranken.[9]
Das erste Wasserflugzeug mit Strahlantrieb war das JagdflugzeugSaunders-Roe SR.A/1. Es wurde inGroßbritannien im Jahre 1947 entwickelt und hatte eine Maximalgeschwindigkeit von 824 km/h. Wegen seiner Bauweise mit dem schwimmfähigen Rumpf zählt es zu den Flugbooten.