Dieser Artikel behandelt das Vergrämungsutensil. Für andere Bedeutungen siehe:Die Vogelscheuche.
Vogelscheuchen auf einem Reisfeld in JapanVogelscheuchen im Weinberg beiThayngen (Schweiz)
DieVogelscheuche ist eine in der Regel menschenähnliche Figur aus Holzstangen und alten Kleidungsstücken, die durch ihre Silhouette und Bewegungen im Wind Vögel, beispielsweiseStare undKrähen, von Feldern oder Gärten fernhalten soll, um angebaute Samen, Pflanzen und deren Früchte zu schützen.
Umgangssprachlich wird der Begriff auch für Menschen verwendet, die als unordentlich und hässlich empfunden werden („sieht aus wie eine Vogelscheuche“).
DerKlapotetz ist einesteirische Variante einer Vogelscheuche, die Vögel durch ihr Klappern abschrecken soll.
Wahrscheinlich sind Vogelscheuchen schon bald nach der Einführung des Garten- und Ackerbaus entstanden. Sie werden bis heute auch in asiatischen Reisfeldern oder in den USA eingesetzt, wo siescarecrows heißen. Weltweit knüpfen sich volkstümliche Bräuche an sie.[1] Eine Vogelscheuche, mit der das Äußere eines Menschen imitiert wird, wirkt alsAttrappe.
Da sich Vogelscheuchen ungebrochen gehalten haben, kann an ihrem Nutzen kaum gezweifelt werden. Allerdings schwankt ihr Erfolg je nach Machart und Einsatzort. Ein grundsätzliches Problem stellt dieGewöhnung der Vögel an dieses Abschreckungsmittel dar, so dass oft empfohlen wird, die Vogelscheuche hin und wieder zu verlegen oder gegen ein anderes Modell auszutauschen.
Traditionell setzt man beim „Betrieb“ von Vogelscheuchen vorwiegend auf Wind und Sonne,[1] wird doch ihre Wirksamkeit, neben der abschreckenden Gestalt, vor allem von Bewegungs-, Licht- und Knalleffekten ausgemacht, wobei sich oft Kombinationen empfehlen, beispielsweise durch glitzernde Flatterbänder oder Ketten aus Blechdosen.[2] Die „klassische“ Vogelscheuche sollte also leicht bewegbare Ärmel oder Bänder und reflektierende Teile aufweisen.
Vogelscheuche im Weinberg
Hersteller von Vogel-Attrappen in Drachen-Form wollen systematisch herausgefunden haben, dass diese Abwehrmaßnahme die erfolgreichste sei.[3] Nach anderen Quellen lassen sich zumindest Krähen von Drachen kaum oder gar nicht beeindrucken.[1][4]
InChristian Morgensterns GedichtDie Vogelscheuche verspotten die Raben die Vogelscheuche, deren Nutzlosigkeit sie durchschaut haben: „Die Raben rufen: Krah, krah, krah! Du bist ja nur ein blosser Stock, mit Stiefeln, Hosen, Hut und Rock.“[5]
In seinem GedichtIm lieben Deutschland daheime geißeltHeinrich Heine die Mutlosigkeit der Deutschen, sich gegen ihre Unterdrücker zu wehren: „Doch lockt die Kirsche noch so sehr, die Vogelscheuche schreckt noch mehr. Wir lassen uns wie Spatzen einschüchtern von Teufelsfratzen.“[6]
InWilliam Shakespeares DramaHeinrich VI. klagt GeneralTalbot, die Franzosen hätten ihn während seiner Gefangenschaft auf den Märkten wie eine Vogelscheuche zum Gespött der Menge als Kinderschreck vorgeführt: „Dieß, sagten sie, ist der Franzosen Schrecken, die Vogelscheu, wovor den Kindern graut.“[7]
In dem amerikanischen MärchenDer Zauberer von Oz vonL. Frank Baum erfüllt der Zauberer einer Vogelscheuche ihren Herzenswunsch und schenkt ihr das heiß ersehnte Gehirn.
In dem satirischen RomanDie Vogelscheuche. Mährchen-Novelle in fünf Aufzügen vonLudwig Tieck (1835) dient eine „lederne Vogelscheuche a. D.“ alsGalionsfigur eines Vereins literarischer Philister.[8]
Der spanische KurzfilmLa leyenda del espantapájaros‚Die Legende von der Vogelscheuche‘ von Marco Besas erzählt die traurigschöne Geschichte von der Freundschaft zwischen einer einsamen Vogelscheuche und einer blinden Krähe.[9]
Der sowjetische SpielfilmVogelscheuche erzählt die Geschichte eines Mädchens, das als „Vogelscheuche“ von seinen Mitschülern verspottet und gemobbt wird. Das Drehbuch entstand nach dem gleichnamigen Roman von Wladimir Schelesnikow.
„Bettina“ (Photos), Sergius Golowin, Hans Weiss (Texte), Martin Steiner (Gedichte):Magie der Vogelscheuchen. AS-Verlag, Zürich 1997,ISBN 3-905111-19-5 (Bildband, 124 S.).
↑abcChristine Wildbolz:Vom Winde. Vogelscheuchen beleben Geschichten, Filme und Spiele. Auf Feldern und Äckern aber sind sie vom Aussterben bedroht. In wenigen Regionen wie dem Emmental werden sie noch liebevoll am Leben erhalten. In:Natürlich. 11-2006,ISSN1423-5129 (natuerlich-online.ch [PDF; 709 kB; abgerufen am 6. Juni 2012]).
↑Versuchsreihe um Pflanzen vor Taubenfrass zu schützen. (Memento vom 15. Juli 2006 imInternet Archive) (PDF; 160 kB) Vergleiche mit verschiedenen Systemen wie Knallgeräte, Hummerschnüre, menschenähnliche Vogelscheuchen und DRACHEN-Vogelscheuchsystem. In:werbestelle.de, CHRISTOPHER GbR, 31. Mai 2003, abgerufen am 6. Juni 2012 (Die Versuchsreihe wurde 1980–1982 vom Department of Pure and Applied Zoology der Universität in Reading RG6 2AJ in England erstellt).
↑Christian Morgenstern: Die Vogelscheuche. In: christian-morgenstern.de. Uwe Schleicher, 29. Mai 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 29. Oktober 2018; abgerufen am 10. Mai 2021.