AlsUntertagevergasung (UTG) bezeichnet man die Ausbeutung von Kohlelagerstätten durch unterirdische Vergasung.
Steinkohlenflöze reichen oft bis inTeufen von mehreren 1000 m. Die kohleführenden Schichten desOberkarbons in Mitteleuropa neigen sich nach Norden bis unter die Nordsee und erreichen eine Tiefe von bis zu 8.000 m. Da die Grenze für den konventionellenSteinkohlenbergbau wegen desgeothermischen Gradients aber nur bei etwa 1.600 m liegt, sind mehr als 90 % der deutschen Kohlevorkommen mit herkömmlichem Bergbau nicht abbaubar. Darüber hinaus ist die Gewinnung imTiefbau gegenüber der großflächigen Kohlegewinnung imTagebau wie z. B. inAustralien deutlich teurer. Solche Vorkommen können nur durch Untertagevergasung genutzt werden.[1][2]
Die Verwendung von Luft oder Luft-Wasserdampf-Gemischen führt zur Produktion vonBrenngas (meistSchwachgas), bei Verwendung von Sauerstoff-Wasserdampf-Gemischen als Vergasungsmittel entstehenSynthesegase.[2]
Schon 1868 zogCarl Wilhelm Siemens und 1888 der russische WissenschaftlerD.I. Mendelejew die untertägige Kohlevergasung in Erwägung.[2] Der amerikanische Ingenieur Anson G. Betts erhielt im Jahr 1910 drei Patente auf die Untertagevergasung.[3] 1912 schlugWilliam Ramsay in seiner Rede auf derInternational Smoke Abatement Exhibition vor, dass die Kohle nicht verbrannt, sondernvergast werden sollte. Dies verschaffte der Idee internationale Aufmerksamkeit. Dies führte dazu, dassLenin 1913 in einem Prawda-Artikel auf Ramsay antwortete.[4]
Ramsay war auch der erste, der in Durham, Großbritannien mit der Erforschung der Untertagevergasung begann. Wegen seines Tods 1916 kam es aber nicht zur Ausführung der Experimente. Die nächsten Versuche wurden erst wieder 1933/34 durch Kiritschenko in der Sowjetunion in der Krutowa-Mine imMoskauer Becken, inLissitschansk imDonbass und inSchachty ausgeführt. DerHeizwert des produzierten Gases war jedoch sehr schlecht. 1934 kam ein Versuch inLeninsk,Kusbass, mit deutlich besserem Heizwert hinzu. Ab 1935 wurde inGorlowka, Donbass eine Pilotanlage betrieben.[4]
Ende der 1950er Jahre war das sowjetische UTG-Programm reif für den Einsatz im industriellen Maßstab. 1964 wurde jedoch aufgrund neu entdeckter großer Erdgaslagerstätten die Forschung zur Untertagevergasung zurückgefahren.[4]
Erst dieEnergiekrise von 1973 führte dazu, dass im Westen mit öffentlichen Mitteln die Technologie erforscht wurde. Im ersten amerikanischen UTG-Programm 1946–1959 inGorgas (Alabama) war dasElectrolinking-Verfahren, also zwei Bohrungen durch Hochspannung, der einen schmalen Kanal freibrennt, zu verbinden, erfunden worden. Die zweite Phase 1973–1989 brachte große Durchbrüche für die Untertagevergasung. Wie in der UdSSR wurde sich aber auf die Erschließung oberflächennaher Vorkommen beschränkt. InCentralia (Washington) wurde 1983 das CRIP-Verfahren (englischcontrolled retracting injection point) entwickelt, bei dem vom Injektionsbohrloch eine teilverrohrteRichtbohrung zu einem definierten Injektionspunkt führt.[4]
Versuche in Europa:
Testort | Kohleart | Teufe [m] | Betriebsdauer | vergaste Kohlemenge [t] | erzeugte Gasmenge [Mio. m3] |
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UdSSR | |||||
Podmoskowna | Braunkohle | 030–80 | 1947–1962 | 4.700 | |
Angrenskaja | Braunkohle | 120–200 | 1962–1977 | 5.000.000 | 400–1.400 |
Juschno-Abinskaja | Steinkohle | 050–300 | 1955–1977(–1982) | 1.600.000 | 6.700 |
USA | |||||
Hanna | Braunkohle | 085 | 1973–1979 (388 Tage) | 17.300 | 63,56 |
Hoe Creek | Braunkohle | 050–120 | 1976–1979 (123 Tage) | 5.100 | 12,18 |
Pricetown | Steinkohle | 270 | 1979 (12 Tage) | 234 | 1,39 |
Rawlins | Braunkohle | 030 | 1979–1981 (101 Tage) | 9.900 | 17,35 |
Centralia | Braunkohle | 075 | 1983 (30 Tage) | 13.315 | 1,78 |
Hanna (Rocky Mountain I) | Braunkohle | 110 | 1987–1988 (80 Tage) | 10.000 | 13,1 |
Europa | |||||
Thulin/Belgien | Semi-Anthrazit | 860 | 1986–1987 (200 Tage) | 340 | 0,55 |
Die erste kommerzielle Anlage läuft seit 1961 inAngren (Usbekistan).[7]In den USA wird seit den 1980er Jahren imBlack Warrior Basin (Alabama) und imPowder River Basin[8] Coal Bed Methane gefördert. China betreibt Untertagevergasung im Rahmen derFörderung Nationale wissenschaftlich-technische Großprojekte.
Weltweit:[9]
Bestandteil | unverritzte Kohle (CBM) | aktives Bergwerk (CSM) | stillgelegtes Bergwerk (CMM) |
---|---|---|---|
Methan (CH4) | 90–95 Vol.-% | 25–60 Vol.-% | 30–95 Vol.-% |
Kohlendioxid (CO2) | 2 – 4 Vol.-% | 1–6 Vol.-% | 1–15 Vol.-% |
Kohlenmonoxid (CO) | 0 Vol.-% | 0,1–0,4 Vol.-% | 0 Vol.-% |
Sauerstoff (O2) | 0 Vol.-% | 7–17 Vol.-% | 0 Vol.-% |
Stickstoff (N2) | 1–8 % | 4–40 % | 5 – 32 % |
Coal Bed Methane (CBM) ist das durch eine Bohrung im unverritzten Gebirge freigesetzte Flözgas. Im Gegensatz dazu wird das Flözgas, das in Bergwerken auftritt, alsGrubengas bezeichnet.Prinzipiell unterscheidet man verschiedene Formen vonKohlegasen. Als Kohleflözgase bezeichnet man auf natürliche Weise entstandene Kohlegase. Hierzu zählen das Flözgas sowie das Grubengas.Des Weiteren gibt es noch die Gase, die durch die eigentlichen Grubenarbeiten des Kohleabbaus entstehen: zum einen dasCoal Seam Methane (CSM), das durch den aktiven Bergbau freigesetzt wird; zum anderen dasCoal Mine Methane (CMM), das auch noch Jahre nach der Stilllegung einer Grube austreten kann.[10]
Wurden die Grubengase in früheren Zeiten wegen ihrer Explosivität gefürchtet, begann man bereits Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland mit ihrer energetischen Nutzung als Brennstoff. Die Länder mit den weltweit größten Vorkommen an Kohleflözgasen sind China, Russland, die USA und Kanada.