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Tschornobyl

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Tschornobyl
Чорнобиль
Wappen von Tschornobyl
Tschornobyl (Ukraine)
Tschornobyl (Ukraine)
Tschornobyl
Basisdaten
Staat:Ukraine Ukraine
Oblast:Oblast Kiew
Rajon:Kreisfreie Stadt
Höhe:140 m
Fläche:25km²
Einwohner:0(1. Januar 2022)
Bevölkerungsdichte:0 Einwohner je km²
Postleitzahlen:07200
Vorwahl:+380 4593
Geographische Lage:51° 16′ N,30° 14′ O51.27361111111130.226388888889Koordinaten:51° 16′ 25″ N,30° 13′ 35″ O
KATOTTH:UA32000000020050699
KOATUU:3222010500
Verwaltungsgliederung:1 Stadt
Verwaltung
Adresse:вул. Івана Проскури буд. 7
07201 смт. Іванків
Statistische Informationen
Tschornobyl (Oblast Kiew)
Tschornobyl (Oblast Kiew)
Tschornobyl
i1

Tschornobyl (ukrainischЧорнобиль [tʃɔrˈnɔbɪʎ], bekannter alsTschernobyl, Transkription vonrussischЧерно́быль [tɕɪrˈnɔbɨʎ]) ist eine Stadt im Norden derUkraine in derOblast Kiew.

Trompetender Engel, Gedächtnisstätte auf demFriedhof derLiquidatoren in Tschornobyl

Die Stadt wurde ab dem 2. Mai 1986, eine Woche nach demNuklearunfall im 18 Kilometer entferntenKernkraftwerk Tschernobyl, der alsNuklearkatastrophe von Tschernobyl bekannt wurde, aufgrundradioaktiver Kontaminationevakuiert.[1]

Tschornobyl liegt seitdem innerhalb der 30-km-Sperrzone, jedoch außerhalb der inneren 10-km-Sperrzone, sodass später viele Gebäude in der Stadt renoviert wurden, um als Unterkünfte für die Arbeiter und Ingenieure des ehemaligen Kraftwerkparks Prypjat, Soldaten, Polizisten und Feuerwehrleute zu dienen. In der Stadt, die sich, im Gegensatz zum benachbartenPrypjat, in einem guten Zustand befindet, gibt es auch ein Hotel. Im Umland und im Stadtgebiet von Tschornobyl, das für eine dauerhafte Besiedlung nicht freigegeben ist, leben heute illegal, jedoch von den Behörden toleriert,[2] rund 700 (von einst 14.000)Personen (Stand 2017), die entweder nach der Katastrophe die Region nicht verließen oder später in ihre Dörfer zurückkehrten.

Die UmweltorganisationBlacksmith Institute zählte in ihrer 2006, 2007 und 2013 veröffentlichten Liste Tschornobyl jeweils zu den zehn Orten mit der größten Umweltverschmutzung weltweit.[3]

Der NameTschornobyl oderTschornobylnyk (Чорнобиль, Чорнобильник) ist eine ukrainische Bezeichnung der PflanzenartBeifuß (Artemisia vulgaris).

Geographische Lage

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Tschornobyl befindet sich imRajon Wyschhorod in der LandschaftPolesien 15 Kilometer südwestlich derbelarussischen Grenze und 130 km nördlich vom OblastzentrumKiew. Die Stadt liegt auf einer Höhe von140 m am rechten Ufer desPrypjat, einem Nebenfluss desDnepr. Wenig südlich der Stadt mündet derUsch in den Prypjat. VonIwankiw kommend führt dieRegionalstraßeP–56/TerritorialstraßeT–25–05 über den Sperrzonen-Kontrollpunkt beiDytjatky nach Tschornobyl und von hier aus in Richtung Osten auf einer kurzen Strecke alsP-35 durch Belarus, um nach Überquerung des Dneprs wieder alsP–56 nachTschernihiw zu führen.

Sankt-Elias-Kirche 2013

Geschichte

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DasGeographische Lexikon des Königreiches Polen von 1880 besagt, dass der Zeitpunkt der Gründung der Stadt nicht bekannt ist.[4]Grabungen im Stadtgebiet in den Jahren 2005 bis 2008 brachten eineKulturschicht aus dem späten 10. und frühen 11. Jahrhundert hervor.[5]In derLaurentianchronik (Лаврентьевский список) wurde 1127 die OrtschaftStreschiw (Стрежів) als die südlichste Stadt desFürstentums Polozk erwähnt, von der Historiker glauben, dass sie später in Tschornobyl umbenannt wurde. Die erste schriftliche Erwähnung Tschornobyls im Jahr 1193 stammt aus derHypatiuschronik.[6]

Die imFürstentum Kiew gelegene Ortschaft wurde 1362 vomGroßfürstentum Litauen erobert. 1552 besaß die Siedlung 196 Häuser und 1372 Einwohner. Es entwickelten sich Handwerksbetriebe wieSchmieden undBöttcherbetriebe. Nahe Tschornobyl wurdeSumpferz gewonnen, das zu Eisen verhüttet wurde. Nach derLubliner Union von 1569 zwischen Litauen und demKönigreich Polen fiel Tschornobyl unter die polnische Krone.[7] In den Jahren 1747 und 1751 wurde die Stadt von denHajdamaken erobert.[8] Zur Verteidigung gegen die Hajdamaken errichtete der damalige Besitzer der StadtJan Mikołaj Chodkiewicz eine Burg mit einer Besatzung von 700 Soldaten und 12 Kanonen.[7] Nach derzweiten polnischen Teilung 1793 wurde Tschornobyl zusammen mit derrechtsufrigen Ukraine demRussischen Kaiserreich einverleibt und lag dort imUjesdRadomyschl desGouvernements Kiew.[8] In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wuchs Handwerk und Handel in Tschornobyl rasch an. Es gab Werkstätten von Schneidern, Schuhmachern undKürschnern. In der Stadt wurden großeMessen veranstaltet und Handelsware wie Holz und Teer unter anderem nachKiew undKrementschuk exportiert. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden kleine Unternehmen, darunter eine Leder- und zwei Kerzenfabriken.[7]

Nach dem Ende desRussischen Bürgerkrieges, während dessen Tschornobyl sehr stark zerstört wurde[7], gehörte die Ortschaft zurUkrainischen SSR innerhalb derSowjetunion. Tschornobyl war seit 1923 Hauptort des gleichnamigenRajons mit einer Fläche von etwa 2.000 km² und 44.000 Einwohnern (1984).[9] 1941 wurde ihr der Status einer Stadt zuerkannt[10]. Während desDeutsch-Sowjetischen Kriegs war die Stadt zwischen dem 25. August 1941 und dem 16. November 1943 von Truppen derWehrmacht besetzt.[8] Nach dem Krieg wuchs sie bis 1979 auf 12.458 Einwohner an.[11]

Im nahe gelegenenKernkraftwerk ereignete sich am 26. April 1986 dieschwerste nukleare Havarie in der Geschichte der Nutzung derKernenergie, was zur Evakuierung der gesamten Bevölkerung der Stadt und des zugehörigen Rajons führte. Letzterer wurde Ende 1988 aufgelöst und dem Rajon Iwankiw zugeschlagen.[12] Seit demZerfall der Sowjetunion 1991 gehört Tschornobyl zur unabhängigenUkraine.

Im Jahr 2020 kam es in den verstrahlten Wäldern rund um Tschornobyl, die nach 1986 sich selbst überlassen wurden, zu umfassendenWaldbränden.[13]

Anfang 2022 übte dieukrainische Armee in der StadtPrypjat nahe Tschornobyl vor dem Hintergrund desRussland-Ukraine-Krieges denHäuserkampf. Es war das erste größereManöver dort seit der Reaktorkatastrophe.[14]

Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 nahmen russische Truppen am Nachmittag desselben Tages das AKW Tschernobyl und das umliegende Sperrgebiet ein. Ab dem 31. März zogen sich die russischen Truppen aus dem Gebiet zurück.[15]

Holzsynagoge in Tschornobyl 1928
Synagoge 2013

Bevölkerung

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Judentum in Tschornobyl

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Ab dem Ende des 17. Jahrhunderts lebten Juden in Tschornobyl, die bis zum 19. Jahrhundert zur größten ethnischen Gruppe der Stadt (1897 betrug der Anteil der jüdischen Bürger 60 % der Bevölkerung) anwuchsen. Aufgrund derPogrome von 1905 und 1919 und der Migration sank der Anteil der jüdischen Bevölkerung bis 1926 auf 40 %. Vom späten 18. Jahrhundert bis 1919 war Tschornobyl der Sitz der von RabbiNachum von Tschornobyl (1730–1787) begründetenchassidischen Twersky-Dynastie und ein Zentrum des Chassidismus. Die Gemeinde wurde 1941 von den deutschen Besatzern zerstört.[8]

Siehe auch:Geschichte der Juden in der Ukraine

Bevölkerungsentwicklung

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Quellen: 1552, 1790er, 1900[7]; 1880[16]; 1897[17] 1923–1979[11];

Wirtschaft und Industrie

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In Tschornobyl befanden sich das gewerblich-technische Zentrum der Dnipro-Dampfschifffahrt, eineEisenhütte,Lebensmittelindustrie undKunstgewerbe sowie ein Baustoffkombinat.

In der Nähe der Stadt entstand am Prypjatufer seit 1971 das erste Kernkraftwerk der Ukraine. Der erste Block wurde 1977 mit einer Leistung von 1.000Megawatt in Betrieb genommen; im Jahr 1983 arbeiteten vier Blöcke. Das gesamte Kraftwerk erzeugte zu dieser Zeit 4000 Megawatt und war für den Ausbau bis zu 6000 Megawatt geplant. Auch nach demSuper-GAU (INES: 7[18]) von 1986 arbeiteten die verbleibenden drei Reaktoren bis zur Abschaltung des letzten Blocks im Jahre 2000 weiter.

Zeitweise war die Stadt eine Attraktion für denKatastrophentourismus in derUkraine.[19][20]

Bildung, Soziales und Kultureinrichtungen

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Tschornobyl beherbergte vier allgemeinbildende Mittelschulen, eine medizinische sowie eine landwirtschaftstechnische Fachschule und eine Musikschule. Ein Krankenhaus und einePoliklinik sowie ein Kino, ein Schwimmbad und eine Bibliothek waren ebenfalls vorhanden.

  • Ortseingang von Tschornobyl
    Ortseingang von Tschornobyl
  • Museum der Gedenk­stätte „Зірка полин“ (Sirka polyn) 2013
    Museum der Gedenk­stätte „Зірка полин“ (Sirka polyn) 2013
  • Kirowstraße 2009
    Kirowstraße 2009
  • Verwaltungs­gebäude und Arbeiter­kantine im Stadt­zentrum 2013
    Verwaltungs­gebäude und Arbeiter­kantine im Stadt­zentrum 2013
  • Gebiet um Tschor­nobyl. Aufgenommen 1997 von der russ­ischen Raum­station Mir
    Gebiet um Tschor­nobyl. Aufgenommen 1997 von der russ­ischen Raum­stationMir

Persönlichkeiten

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Söhne und Töchter der Stadt

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Personen, die vor Ort gewirkt haben

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Weblinks

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Wiktionary: Tschernobyl – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Tschornobyl – Sammlung von Bildern
Wikivoyage: Tschernobyl – Reiseführer
 Wikinews: Tschernobyl – in den Nachrichten

Einzelnachweise

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  1. „Gott ist in dem, der Kiew rettete“ inDer Spiegel vom 20. April 1987; abgerufen am 24. April 2020
  2. Reise ins Innere von Tschernobyl Tschernobyl-Stadt und Asti (Piemont), inNuklearia vom 25. April 2018; abgerufen am 24. April 2020
  3. Top Ten Threats 2013.pdf des Blacksmith Institutes
  4. Czarnobyl. In: Filip Sulimierski, Władysław Walewski (Hrsg.):Słownik geograficzny Królestwa Polskiego i innych krajów słowiańskich.Band 1:Aa–Dereneczna. Sulimierskiego und Walewskiego, Warschau 1880,S. 750 (polnisch,edu.pl). ; abgerufen am 12. Dezember 2020 (polnisch)
  5. Erforschung der Siedlung Tschornobyl in derWissenschaftlichen elektronischen Zeitschriftenbibliothek derNationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine; abgerufen am 12. Dezember 2020 (ukrainisch)
  6. Wussten Sie, dass Tschernobyl eine der ältesten Städte in der Kiewer Rus ist, die über 820 Jahre alt ist? auf der Website derStaatlichen Agentur der Ukraine für Sperrzonenmanagement; abgerufen am 12. Dezember 2020 (ukrainisch)
  7. abcdeStadtgeschichte Tschornobyl in derGeschichte der Städte und Dörfer der Ukrainischen SSR; abgerufen am 14. April 2020 (ukrainisch)
  8. abcdEintrag zu Tschornobyl in derEnzyklopädie der Geschichte der Ukraine; abgerufen am 19. April 2020 (ukrainisch)
  9. Eintrag zum Rajon Tschornobyl in derUkrainischen Sowjetenzyklopädie; abgerufen am 19. April 2020 (ukrainisch)
  10. Eintrag zur Stadt Tschornobyl in derUkrainischen Sowjetenzyklopädie; abgerufen am 19. April 2020 (ukrainisch)
  11. abStädte und Siedlungen in der Ukraine aufpop-stat.mashke.org; abgerufen am 14. April 2020
  12. Указ Президії Верховної Ради Української РСР; Постанова від 16.11.1988 № 6860-XI Про об'єднання Іванківського і Чорнобильського районів Київської області; abgerufen am 14. April 2020
  13. Zeit online: Brände in Tschernobyl: Wenn radioaktive Wälder brennen. Abgerufen am 24. April 2020. 
  14. Häuserkampf in Geisterstadt: Ukrainisches Militär übt in Tschernobyl. In:Der Spiegel. 5. Februar 2022,ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 5. Februar 2022]). 
  15. Ukraine-Krieg: „Erhebliche Strahlendosen“ – Russische Truppen verlassen Tschernobyl - WELT. 31. März 2022, abgerufen am 4. Januar 2024. 
  16. http://www.hroniky.com/news/view/12789-inshyi-chornobyl-ievrei-mahnaty-i-zamok
  17. https://datatowel.in.ua/pop-composition/religion-rb-settlements-1897
  18. M. V. Malko:The Chernobyl Reactor: Design Features and Reasons for Accident. (PDF)
  19. Tschernobyl-Tourismus Stippvisite in der Schaltzentrale des Schreckens inDer Spiegel vom 10. Oktober 2019; abgerufen am 26. April 2020
  20. In Tschernobyl boomt der Katastrophen-Tourismus inWelt vom 18. April 2011; abgerufen am 26. April 2020
Städte und Siedlungen städtischen Typs in derOblastKiew
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