Strukturformel |
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Strukturformel vonL-Threonin, dem natürlich vorkommenden Isomer |
Allgemeines |
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Name | Threonin |
Andere Namen | - 2-Amino-3-hydroxybutansäure
- α-Amino-β-hydroxybuttersäure
- Abkürzungen:
- THREONINE (INCI)[1]
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Summenformel | C4H9NO3 |
Kurzbeschreibung | farbloser Feststoff mit charakteristischem Geruch[2] |
Externe Identifikatoren/Datenbanken |
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Arzneistoffangaben |
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ATC-Code | V06 |
Eigenschaften |
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Molare Masse | 119,12g·mol−1 |
Aggregatzustand | fest |
Dichte | 1,07 g·cm−3[3] |
Schmelzpunkt | 255°C (Zersetzung,L-Threonin)[4] |
pKS-Wert | - pKS, COOH = 2,17 (L-Threonin)[5]
- pKS, NH3+ = 9,00 (L-Threonin)[5]
- pI = 5,59 (L-Threonin)[5]
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Löslichkeit | |
Sicherheitshinweise |
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Toxikologische Daten | 3098 mg·kg−1 (LD50, Ratte, i.p.)[7] |
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten beiStandardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Threonin, abgekürztThr oderT, ist in seiner natürlichenL-Form eineessentielleproteinogeneα-Aminosäure.
Im Threonin findet sich am β-Kohlenstoffatom (= 3-Position) eineHydroxygruppe; es kann auch als 3-Methyl-Serin oder 3-hydroxyliertes Desmethyl-Valin betrachtet werden. Aufgrund der Hydroxygruppe ist Threonin wesentlich polarer und reaktiver als Valin.
Threonin wird zu den polaren Aminosäuren gezählt. Es kann an seiner Hydroxygruppe phosphoryliert werden, was bei der Regulation von Enzymen eine Rolle spielen kann.
Threonin hat zwei stereogene Zentren an den Kohlenstoffatomen in 2- und 3-Position. Daher gibt es vierStereoisomere des Threonins mit folgenden absoluten Konfigurationen: (2S,3R), (2R,3S), (2S,3S) und (2R,3R). Das in den Proteinen gebunden enthalteneL-Threonin besitzt (2S,3R)-Konfiguration und wird auch (2S,3R)-2-Amino-3-hydroxy-butansäure (Bezeichnung gemäß derIUPAC-Nomenklatur) genannt. Die anderen drei Stereoisomere [(2R,3S)-Threonin, (2S,3S)-allo-Threonin und (2R,3R)-allo-Threonin] desL-Threonins besitzen nur geringe Bedeutung.
Wenn von „Threonin“ ohne weiteren Namenszusatz (Präfix) gesprochen wird, ist gemeinhinL-Threonin gemeint.
Threonin ist Bestandteil von tierischen und pflanzlichenProteinen. Der Tagesbedarf für Erwachsene wird mit etwa 16 mg pro kg Körpergewicht angenommen.[8] Die folgenden Beispiele für den Gehalt an Threonin beziehen sich jeweils auf 100 g des Lebensmittels, zusätzlich ist der prozentuale Anteil am Gesamtprotein angegeben.[9]
Lebensmittel | Protein | Threonin | Anteil |
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Rindfleisch, roh | 21,26 g | 849 mg | 4,0 % |
Hähnchenbrustfilet, roh | 23,09 g | 975 mg | 4,2 % |
Lachs, roh | 20,42 g | 860 mg | 4,2 % |
Hühnerei | 12,58 g | 556 mg | 4,4 % |
Kuhmilch, 3,7 % Fett | 0 3,28 g | 148 mg | 4,5 % |
Walnüsse | 15,23 g | 596 mg | 3,9 % |
Weizen-Vollkornmehl | 13,70 g | 395 mg | 2,9 % |
Mais-Vollkornmehl | 0 6,93 g | 261 mg | 3,8 % |
Reis, ungeschält | 0 7,94 g | 291 mg | 3,7 % |
Erbsen, getrocknet | 24,55 g | 872 mg | 3,6 % |
Alle diese Nahrungsmittel enthaltenL-Threonin chemisch gebunden als Proteinbestandteil, nur ausnahmsweise freiesL-Threonin.In Fischen sind dieAnti-Frost-Proteine fast ausschließlich ausL-Threonin undL-Alanin aufgebaut.[10]
Der amerikanische BiochemikerWilliam Cumming Rose beschäftigte sich während seiner wissenschaftlichen Laufbahn intensiv mit der Bedeutung von Aminosäuren für die Ernährung.[11] Bei Versuchen an Ratten in den 1930er Jahren musste er feststellen, dass die Fütterung mit den bis dahin bekannten 19 Aminosäuren nicht für ein Wachstum der Ratten ausreichte.[12] Daraufhin suchte er systematisch nach einer weiteren essentiellen Aminosäure; schließlich konnte er sie aus Fibrin isolieren und ihrer Struktur nach identifizieren.[13] Mit dieser als Threonin bezeichneten Aminosäure war damit die letzte derkanonischen proteinogenen Aminosäuren entdeckt. Der Name Threonin wurde aufgrund derThreose-Grundstruktur dieser Aminosäure gewählt.
Die hier angegebenen Daten beziehen sich nur aufL-Threonin undD-Threonin.
DaL-Threonin zu den essentiellen Aminosäuren gehört, mussL-Threonin mit der Nahrung durchL-Threonin-haltige Proteine aufgenommen werden. In Pflanzen und Mikroorganismen beginnt die Biosynthese desL-Threonins ausgehend vomL-Aspartat, dessen Ursprünge (Oxalacetat) demCitratcyclus entstammen. DasL-Aspartat wird über zwei Zwischenstufen, mittels entsprechenderEnzyme (Aspartatkinase, Aspartatsemialdehyd-Dehydrogenase, Homoserindehydrogenase) zumL-Homoserin umgesetzt. In einem weiteren Schritt wird der primäre Alkohol vomL-Homoserin von einer Homoserinkinase phosphoryliert. Dieses Phosphohomoserin wird im letzten Schritt von der Homoserinphosphat-Mutaphosphatase (PLP) zumL-Threonin umgesetzt.
Für Abbau inklusive Strukturformeln siehe Abschnitt Weblinks
L-Threonin wird entweder zuAcetaldehyd sowieGlycin abgebaut, was von der Threonin-Aldolase (EC 4.1.2.5) katalysiert wird. Die Aminosäure kann aber auch zuPropionyl-CoA umgesetzt werden.
Der Abbau von Threonin ist bei den folgenden Stoffwechselkrankheiten gestört:
L-Threonin kann nach der Extraktionsmethode mit Hilfe vonIonenaustauschern ausProtein-Hydrolysaten gewonnen werden. Vorwiegend wirdL-Threonin heute jedoch durchFermentation hergestellt.
Als Bestandteil von Aminosäure-Infusionslösungen [Aminoplasmal® (D), Aminosteril®-N-Hepa (D), Primene® (A)] zur parenteralen Ernährung findetL-Threonin, neben anderen Aminosäuren, breite Anwendung in der Humanmedizin. Für Patienten mit gestörter Verdauung wurde eine oral anzuwendende „chemisch definierte Diät“ entwickelt, dieL-Threonin enthält. In dieser Diät bilden die Aminosäuren die Stickstoffquelle; alle lebensnotwendigen Nährstoffe liegen in chemisch genau definierter Form vor.[15]
Viele Getreidesorten weisen einen zu geringen Gehalt einer essentiellen Aminosäure auf. Durch diesen Mangel an nur einer Aminosäure sinkt die Verwertbarkeit aller aufgenommenen Aminosäuren auf den durch die in zu geringer Menge enthaltene essentielle Aminosäure („limitierende Aminosäure“)[15] bestimmten Wert. Man steigert den Nährwert des Getreides dann durch den gezielten Zusatz geringer Mengen jener essentieller Aminosäuren, die darin defizitär sind. Mit Ausnahme von Mais enthalten die meisten Getreidearten wenigerL-Threonin als von den Nutztieren benötigt wird. Der Zusatz vonL-Threonin zu Mischfutter ist in derFuttermittel-Industrie verbreitet und schont so natürliche Ressourcen.
- ↑Eintrag zuTHREONINE in derCosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 28. Dezember 2020.
- ↑DatenblattThreonin beiMerck, abgerufen am 25. Dezember 2019.
- ↑abcdEintrag zuThreonin in derGESTIS-Stoffdatenbank desIFA, abgerufen am 18. November 2022. (JavaScript erforderlich)
- ↑abDatenblattL-Threonine, 98+% beiAlfa Aesar, abgerufen am 25. Dezember 2019(Seite nicht mehr abrufbar).
- ↑abcCarl S. Vestling, Donald T. Warner:The isoelectric points of threonine and some related compounds. In:Journal of Biological Chemistry.Band 144,Nr. 3, 1942,S. 687–690 (englisch,jbc.org [PDF]).
- ↑Eintrag zuL-Threonin. In:Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 30. Mai 2014.
- ↑DatenblattThreonin beiSigma-Aldrich, abgerufen am 17. Oktober 2016 (PDF).Vorlage:Sigma-Aldrich/Name nicht angegeben
- ↑D. H. Baker:Tolerance for branched-chain amino acids in experimental animals and humans, in:J. Nutr., 2005, Bd. 135 (6), S. 1585S–1590S;PMID 15930474.
- ↑Nährstoffdatenbank des US-Landwirtschaftsministeriums, 21. Auflage.
- ↑G. C. Barrett:Chemistry and Biochemistry of the Amino Acids, Chapman and Hall, London, New York, 1985, S. 11,ISBN 0-412-23410-6.
- ↑S. Hansen:Die Entdeckung der proteinogenen Aminosäuren von 1805 in Paris bis 1935 in Illinois. (Memento vom 15. Juni 2016 imInternet Archive) Berlin 2015.
- ↑W. C. Rose,Feeding experiments with mixtures of highly purified amino acids: I. The inadequacy of diets containing nineteen amino acids, J Biol Chem, Band 94, S. 155ff (1931)
- ↑W. C. Rose, R. H. McCoy und C. E. Meyer,Feeding experiments with mixtures of highly purified amino acides: VIII. Isolation and identification of a new essential amino acid, J Biol Chem, Band 112, S. 283ff. (1935).
- ↑Bernd Hoppe und Jürgen Martens:Aminosäuren – Herstellung und Gewinnung, in:Chemie in unserer Zeit, 1984, Bd. 18, S. 73–86;doi:10.1002/ciuz.19840180302.
- ↑abYoshiharu Izumi, Ichiro Chibata, Tamio Itoh:Herstellung und Verwendung von Aminosäuren, in:Angewandte Chemie (Zeitschrift), 1978, 90 (3), S. 187–194;doi:10.1002/ange.19780900307.