DieTNM-Klassifikation dient in derMedizin zur Einteilung (Klassifikation) vonmalignenTumoren (bösartigenKrebserkrankungen) in Stadien. Die drei wichtigsten Kategorien desTNM-Systems entsprechen den drei Buchstaben:
Das TNM-System wurde von dem Franzosen Pierre Denoix in den Jahren 1943–1952 zurStadienbestimmung von bösartigen Tumoren entwickelt und wird seit 1950 von derUnion internationale contre le cancer (UICC) weitergeführt. DieseFacettenklassifikation hat sich in vielen Ländern durchgesetzt und wird unter anderem vonKrebsregistern herangezogen. Sie basiert auf statistischen Untersuchungen, die Aussagen über das voraussichtliche Verhalten von Tumorerkrankungen zulassen (zum Beispiel, dass sich ab einer bestimmten Größe eines Tumors die Krankheitsprognose verschlechtert). Die Einstufung anhand des TNM-Systems erlaubt daher prognostische Aussagen und bestimmt häufig auch die weitere Therapie. Die TNM-Klassifikation wurde 2017 aktualisiert und in der 8. Auflage herausgebracht.
T bezeichnet die Ausdehnung desPrimärtumors.
Ta gibt es nur bei bestimmten Organen (Nierenbecken und Harnleiter, Harnblase, Harnröhre, Penis).Dort können Ta-Tumoren mit einer besseren Prognose als Tis-Tumoren verbunden sein.
N (für englischNode = (Lymph)knoten) beschreibt das Vorhandensein bzw. das Fehlen von regionärenLymphknotenmetastasen.
Da die Entdeckung von Lymphknotenbefall davon abhängt, wie intensiv nach dem Befall gesucht wird, muss in der Regel je nach Organsystem eine Mindestzahl von Lymphknoten (z. B. 12 beim Dickdarmkrebs) untersucht worden sein, um mit ausreichender Sicherheit sagen zu können, dass kein Befall in der entsprechenden Region vorliegt. Häufig wird die Angabe, wie viele Lymphknoten von wie viel untersuchten Lymphknoten befallen waren, der N-Kategorie hinten angefügt, z. B. N0 (0/13).
Zunehmend gibt es Tumoren (z. B. Mammakarzinom), bei denen es als ausreichend angesehen wird, nur den sogenanntenWächterlymphknoten (Sentinel Lymph Node) zu untersuchen. Das ist der erste Lymphknoten (manchmal auch mehr als einer), der die Lymphe aus dem Gebiet des Tumors aufnimmt. Finden sich in ihm keine Metastasen, so ist die Wahrscheinlichkeit, in den „nachgeschalteten“ Lymphknoten Metastasen zu finden, sehr gering. Umgekehrt müssen die nachgeschalteten Lymphknoten genau untersucht werden, wenn der Wächterlymphknoten befallen ist. Wurde dieses Verfahren angewendet, wird die pN-Kategorie durch (sn) gekennzeichnet, also z. B. pN0(sn) = histologisch keine Lymphknotenmetastasen, pN1(sn) = Befall des (der) Wächterlymphknoten.
M bezeichnet das Vorhandensein bzw. das Fehlen von lymphogenen sowie hämatogenenFernmetastasen. In der Regel ist die Klassifikation nur nach einemStaging möglich.
Die früher erlaubte Klassifikation MX (keine Aussage über Fernmetastasen möglich) wurde in der aktuellen Version der TNM-Klassifikation gestrichen. Wenn Pathologen nicht explizit eine Fernmetastase zur Untersuchung bekommen, also pM1 feststellen können, können sie keine Aussage zur Fernmetastasierung treffen und liefern z. B. nur die Aussage pT1pN0.
Ein pM0 ist im Allgemeinen nicht üblich, da man durch pathologisch-anatomische Untersuchung nur im Rahmen einer Obduktion Metastasen ausschließen kann. Ein M0 wird in der Regel nach Untersuchung der am häufigsten von Metastasen betroffenen Organe angenommen, wenn dabei nichts auffälliges festgestellt wird. Diese Untersuchungen sind je nach Krebsart unterschiedlich.
Zusätzlich kann die Lokalisation der Metastasen angegeben werden und dadurch die Lage der Tumormetastase spezifiziert werden.Dabei stehen die aus dem Englischen abgeleiteten AbkürzungenPUL für Lunge, OSS für Knochen, HEP für Leber, BRA für Gehirn, LYM für Lymphknoten, MAR für Knochenmark, PLE für Pleura, PER für Peritoneum (Bauchfell), ADR für Nebenniere, SKI für Haut und OTH für andere Lokalisationen.Als Beispiele seien hier angeführt:
Die Zuverlässigkeit der Befundsicherung kann zusätzlich mit dem Deskriptor „C“ (engl.: certainty) hinter der jeweiligen TNM-Kategorie angegeben werden. Sie zeigt die Zuverlässigkeit der Diagnose an (verkürzte Definitionen):
Die genauen Definitionen sind in der Originalquelle nachlesbar. Der Certainty-Faktor wird in der 8. Auflage des TNM-Systems nicht mehr beschrieben.
Wird das Staging durch klinische Untersuchungen und kleinere Eingriffe ermittelt (entsprechend in etwa C1–C3, siehe oben), so spricht man von einem klinischen TNM (auchcTNM fürc = clinical). Da dieses TNM in der Regel auch vor der Therapie bestimmt wird, wird es auch als prätherapeutisch bezeichnet.
Ein Staging, das Erkenntnisse aus einem chirurgischen Eingriff und histopathologischen Untersuchungen berücksichtigt, wird als pTNM-Staging (pathologische Klassifikation, postoperative histopathologische Klassifikation) bezeichnet. Es entspricht im Wesentlichen dem C-Faktor 4. In der TNM-Klassifikation wird der jeweiligen Kategorie ein „p“ vorangestellt.
Beispiel:pT1pN0M0 kennzeichnet einen kleinen Primärtumor ohne Lymphknotenbefall und ohne Fernmetastasen, wobei Primärtumor und Lymphknoten pathologisch untersucht wurden, Fernmetastasen jedoch nur klinisch abgeklärt sind.
Entscheidend ist, dass der Untersuchungsumfang eine verlässliche Feststellung der höchsten Kategorie (z. B. T4) ermöglicht. Ein umfassender chirurgischer Eingriff ist hierfür nicht immer erforderlich. Beispiel: Wird im Rahmen einer Magenspiegelung durch eine Biopsie nachgewiesen, dass ein großer Dickdarmtumor in den Magen durchgebrochen ist, kann die Kategorie pT4 gesichert bestimmt werden – auch ohne vollständige Resektion des Tumors.
Manchmal ist es üblich, einuTNM (u für Ultraschall) anzugeben, wenn die Tumoreindringtiefe in die Wand der Speiseröhre, des Magens oder des Enddarms und eine evtl. Ausbreitung in benachbarten Lymphknoten mit Hilfe einerEndosonographie bestimmt wurde, z. B. uT2uN0. Dies entspricht der Zuverlässigkeitsklasse C2. Diese Notation wird aber durch das aktuelle Regelwerk nicht beschrieben und ist allenfalls eine Sonderform der klinischen Klassifikation.
Wenn ein Tumor erst bei einerAutopsie klassifiziert wird, wird der TNM-Formel ein a-Symbol vorangestellt, z. B. aT1N1M0 am Magen heißt, dass der Tumor die Muskelschichten des Magens noch nicht erfasst hat, 1–6 regionäre Lymphknoten befallen hat, aber keine Fernmetastasen existieren.
Wenn ein Tumor klinisch relativ groß ist, z. B. ein Mammakarzinom (Brustkrebs) der Größe T2 (2–5 cm), wird manchmal der eigentlichenOperation eine sog. neoadjuvanteChemotherapie oderStrahlentherapie vorgeschaltet, damit das Organ, in diesem Fall die Brust, weitgehend erhalten werden kann. Bei der eigentlich pathologischen Untersuchung nach der Operation finden sich dann evtl. keine oder nur noch kleine Tumorreste. Es wäre falsch, solche pTNM-Befunde statistisch gleich zu behandeln wie Fälle, bei denen keine Vorbehandlung stattgefunden hat. Deswegen wird solchen Klassifikationen ein y-Symbol vorangestellt, z. B. ypT0N0M0 (kein Tumor mehr bei der Operation gefunden).
Wenn ein Tumor nach zunächst erfolgreicher Therapie auftritt, spricht man von einemRezidiv, welches wiederum klinisch oder pathologisch klassifiziert werden kann. Auch solche Klassifizierungen dürfen nicht mit der primären klinischen oder pathologischen Klassifikation verwechselt werden und erhalten daher ein r-Symbol vorangestellt, z. B. rpT2pN1M0.
Es gibt weitere Kategorien und Zusatzangaben, die von z. T. entscheidender Wichtigkeit bei der Tumorklassifikation sind. Dies gilt insbesondere für die Angabe der Residualgrenzen, weil nur mit ihr klassifiziert wird, ob ein Tumor „im Gesunden“ oder aber nur Teile des Tumors entfernt worden sind.
Da es theoretisch sehr viele Kombinationen von T, N und M gibt (manchmal existieren auch Unterkategorien, z. B. T1a), die dann statistisch nicht mehr sinnvoll verwertbar sind, werden abhängig vom Tumortyp Kombinationen zu sogenanntenUICC-Stadien zusammengefasst.