EinStoß ist ein Vorgang, bei dem zwei oder mehrKörper kurzzeitigKraft aufeinander ausüben. Als Folge ändern die Körper ihren Bewegungszustand, möglicherweise auch ihre Form und Zusammensetzung. In einemInertialsystem gilt für alle Stöße derImpulserhaltungssatz – die Summe allerImpulsvektoren bleibt konstant. Auch dieEnergieerhaltung spielt eine Rolle; sie umfasst aber nicht nur die mechanischen Energieformen, wie inelastische und reaktive Stöße zeigen.
Das Verhalten desKugelstoßpendels erklärt sich als schnelle Abfolge von elastischen Stößen zwischen je zwei Kugeln gleicher Masse.Impulserhalt undErhaltung derBewegungsenergie des Gesamtsystems reichen als Ansatz nicht aus, um dessen Verhalten zu bestimmen.
Am Berührpunkt der zwei Körper lässt sich eineTangentialebene anlegen, die alsBerührebene bezeichnet wird. Die zugehörigeNormalgerade bildet dieStoßlinie. DieMassen der beiden Körper seien und, ihre Anfangsgeschwindigkeiten und, die Endgeschwindigkeiten und. Die Geschwindigkeit des Schwerpunktes der beiden Massen sei. Sie bleibt vor, bei und nach dem Stoß konstant.
Man unterscheidet zwei ideale Grenzfälle, denelastischen Stoß und denplastischen Stoß (auchinelastisch oderunelastisch). Beim elastischen Stoß wirdkinetische Energie von Körper zu Körper weitergegeben, bleibt aber insgesamt als kinetische Energie erhalten, denn sie stoßen sich voneinander ab. Beim plastischen Stoß geht dagegen ein Teil der kinetischen Energie ininnere Energie über und die Körper stoßen sich nicht voneinander ab. Darum besitzen am Ende beide dieselbe Geschwindigkeit. Alle Zwischenstufen nennt manrealer Stoß.
Bei einemgeraden Stoß verlaufen die beiden Impulsvektoren parallel zur Stoßlinie, ansonsten handelt es sich um einenschiefen Stoß. Liegt der gemeinsameSchwerpunkt der beiden Körper auf der Stoßlinie, so spricht man von einemzentralen Stoß, andernfalls von einemexzentrischen Stoß.
Darüber hinaus grenzt sich derglatte Stoß vomunglatten Stoß (auchrauer Stoß oder Reibungsstoß) ab. Beim Reibungsstoß tretenReibungskräfte an der Berührungsfläche auf und die Impulsübertragung erfolgt nicht mehr senkrecht zur Berührebene. Zur weiteren Analyse – unter Betrachtung auch der Rotationsenergie und desDrehimpulses – eignet sich eineVektorzerlegung in die Tangential- und Normalkomponente.[1]
Einteilung
gerader, zentraler, elastischer Stoß
dito, Schwerpunkt bewegt sich quer zur Stoßrichtung
Exzentrischer Stoß
Rauer Stoß
Vereinfachend wird für die folgenden Berechnungen angenommen, dass der Stoß in unendlich kurzer Zeit abläuft und sich währenddessen die Positionen der Stoßpartner nicht verändern. Die Geschwindigkeiten der Stoßpartner ändern sich sprunghaft. Des Weiteren wird die freie Beweglichkeit der Stoßpartner vorausgesetzt, sodass nur geradlinige Bewegungen stattfinden.
Beim ideal elastischen oder vollelastischen Stoß stoßen zwei Körper aufeinander, ohne dass dabeiEnergie in innere Energie, beispielsweiseWärme oderDeformation, umgewandelt wird. Nach demEnergieerhaltungssatz ist die Summe derBewegungsenergien (= der kinetischen Energien) vor dem Stoß genau so groß wie nach dem Stoß. Dasselbe gilt nach demImpulserhaltungssatz auch für dievektorielle Summe der Impulse.
Beimakroskopischen Objekten ist der ideale elastische Stoß eine Modellvorstellung, die in der Realität nicht erreicht wird. Aufgrund vonReibung und ähnlichen Einflüssen geht kinetische Energie verloren. Sehr nahe am Modell sind jedoch beispielsweiseBillardkugeln, da diese im Regelfall so gut wie keine plastische Verformung erfahren.
BeiAtomen und/oderElementarteilchen hingegen ist der ideale elastische Stoß häufig. Er ist sogar der einzige mögliche Prozess, wenn die kinetische Energie (imSchwerpunktsystem) kleiner ist als die Mindestenergie, die für eine innere Anregung eines der Teilchen oder eine Umwandlung der Teilchen benötigt wird (siehe auchKinematik (Teilchenstoß)).
Es folgt die Berechnung des elastischen Stoßes nach derklassischen Mechanik, d. h., die Geschwindigkeiten vor bzw. nach dem Stoß liegen weit unterhalb der Lichtgeschwindigkeit. Nach der Definition von „elastisch“ muss die Summe der kinetischen Energie vor und nach dem Stoß gleich hoch sein:
Die letzte Zeile bedeutet, dass die vektoriellen Impulsänderungen entgegengesetzt gleich sind. Daraus folgt, dass auch die Geschwindigkeitsänderungen entgegengesetzte Richtung haben, ihre Beträge aber vom Massenverhältnis abhängen:
Im Folgenden werden nur die Geschwindigkeitskomponenten in Richtung des Impulsübertrags betrachtet und mit bezeichnet. Die dazuorthogonalen Komponenten der Anfangsimpulse und -geschwindigkeiten können unbeachtet bleiben, denn sie ändern sich durch den Stoß nicht. So wird das ganze Problem auf den eindimensionalen Stoß zurückgeführt. Die obigen Gleichungen (1) und (2) werden dann zu den folgenden Gleichungen (1’) und (2’), aus denen man durch Einsetzen Gleichung (3) erhält:
Nach Gleichung (3) hat diemittlere Geschwindigkeit (längs der Richtung des Impulsübertrags) vor und nach dem Stoß für beide Massen und den gleichen Wert:
Multipliziert man die Gleichung (3) mit und addiert sie zu Gleichung (2’), fällt die Größe heraus, und man kann nach auflösen. Damit erhält man aus Gleichung (2’) oder (3) dann auch die Formel für. Es ergibt sich:
(4a)
(4b)
Aus jeder der beiden letzten Gleichungen ergibt sich:
(5)
Das ist die Geschwindigkeit des gemeinsamen Schwerpunktes (Komponente in Richtung des Impulsübertrags).
Für den Sonderfall ergibt sich:
Beim elastischen Stoß gleicher Massen werden die Geschwindigkeiten einfach vertauscht.
Für den Fall („ ist sehr viel kleiner als“) und (z. B. „Ball gegen Wand“) ergibt sich:
und
Beim elastischen Stoß einer leichten gegen eine ruhende viel schwerere Masse prallt (näherungsweise) die leichte einfach ab, die schwere bleibt in Ruhe.
Für den Fall („ ist sehr viel größer als“) und (z. B. „Fußball gegen Tennisball“) ergibt sich:
und
Beim elastischen Stoß einer schweren gegen eine ruhende viel leichtere Masse fliegt die schwere fast unverändert weiter, während die leichte die doppelte Geschwindigkeit erhält.In allen Fällen bleibt die Geschwindigkeit des Massenmittelpunkts der beiden Körper konstant.
Zweidimensionaler elastischer Stoß von zwei Münzen
Der zweidimensionale elastische Stoß beruht prinzipiell auf dem oben geschilderten eindimensionalen elastischen Stoß. Zunächst muss die sogenannte Zentralsteigung berechnet werden. Diese beschreibt die Steigung der Geraden durch die Mittelpunkte der Kugeln. Die Steigung der Tangente durch den Berührpunkt der Kugeln errechnet sich dann durch:
Zerlegt man die Bewegungsvektoren und nun in zwei Komponenten parallel zur Tangente undorthogonal dazu, so kann man den zweidimensionalen Stoß zu einem eindimensionalen vereinfachen. Es gilt dann die obige Formel, jedoch nur für die Komponenten in Zentralrichtung.
Daher müssen zunächst die Vektoren und errechnet werden. Dies geschieht anhand der Steigungen,, und.
Ab hier soll zugunsten einer einfacheren Darstellung auf die Indizes 1 und 2 verzichtet werden.
Aus folgt:
Für (Entsprechendes gilt für und) kann die zweite Gleichung vereinfacht werden:
Man erhält also das Gleichungssystem:
Durch Umformen erhält man:
Für und setzt man entsprechend ein.
Zuletzt müssen nun noch die neuen Vektoren und wie oben angegeben berechnet werden. Im einfachsten Falle, nämlich bei gilt:
Andernfalls muss die obige Formel angewendet werden.
Die neuen Geschwindigkeitsvektoren und werden dann durch Vektoraddition der Vektoren bzw. und bzw. berechnet:
Beim unelastischen Stoß (auchinelastischer oderplastischer Stoß genannt) wird ein Teil der kinetischen Energie ininnere Energie umgewandelt. Die gesamte innere Energie (beider Körper zusammen) erhöht sich dabei um den Betrag. Im einfachsten Fall geschieht das durchplastische Deformation der beteiligten Körper. Die Energie kann jedoch auch inReibungswärme umgesetzt werden, wie beispielsweise bei einemStoßdämpfer. Der Impuls hat dagegen eine Richtung und bleibt beim unelastischen Stoß genauso erhalten, wie beim elastischen. Der Impuls kann nicht "umgewandelt" werden. Eine Anwendung der Theorie ist dasballistische Pendel.
Beimideal unelastischen Stoß (auchvollkommen unelastischer odervollplastischer Stoß genannt) wird dermaximal mögliche Anteil der kinetischen Energie in innere Energie umgewandelt, dabei „kleben“ die beiden Massen nach dem Stoß aneinander und bewegen sich mit derselben Geschwindigkeit weiter (). Ein Beispiel sind zweiPlastilinkugeln, die nach dem Stoß aneinander haften.
Ideal unelastischer Stoß: Für den Spezialfall und gilt:
Die folgenden Formeln beschreiben einen vollkommen unelastischen Stoß. Wiederum gelten die beiden Erhaltungssätze:
Vor dem Stoß:
Nach dem Stoß:
Aus dem Impulserhaltungssatz kann man Folgendes ableiten:
Aus dem Energieerhaltungssatz lässt sich die innere Energie berechnen:
Ein hüpfender Ball: Jeder Aufschlag des Balls ist ein teilplastischer Stoß, deshalb wird die mechanische Energie des Balls mit jedem Aufschlag geringer.
Ein realer Stoß zwischen zwei Massen stellt immer eine Mischform aus ideal elastischem und ideal plastischem Stoß dar, deshalb wird er auchteilelastischer oderteilplastischer Stoß genannt. Die Mischform wird dargestellt durch dieStoßzahlk, die auchRestitutionskoeffizient genannt wird (von Wiederherstellung des Ausgangszustands):
(6)
Die Stoßzahl lässt sich auch über einenFallversuch bestimmen. Wegen gilt:
Es gilt:
: Vollkommen plastischer Stoß
: Vollkommen elastischer Stoß
Für einenteilelastischen Stoß mit der Stoßzahl k ergeben sich mithilfe der Impulserhaltung folgende Geschwindigkeiten (, die für den unelastischen/plastischen Stoß (k = 0) in Gl. 4a und 4b übergehen):
(7a)
(7b)
DieFormänderungsarbeit = Umwandlung der kinetischen Energie lässt sich bestimmen aus:
Mit den Grenzwerten 0 und 1 für die Stoßzahl lassen sich die Gleichungen der Geschwindigkeiten nach dem Stoß sowie die Gleichung zur Formänderungsarbeit zu den Gleichungen vereinfachen, wie sie in den Abschnitten elastischer und plastischer Stoß stehen.
Beim Stoß realer Körper erfolgt dieImpulsübertragung nicht momentan, sondern über eine kleine Zeitspanne verteilt. Die Geschwindigkeit, mit der der Impuls eines Körpers sich ändert, ist nach dem 2. Newtonschen Gesetz () durch die zwischen den Körpern wirkende Kraft gegeben. Fällt z. B. einelastischer Ball auf den Boden, so entsteht durch seineVerformung eine nach oben gerichtete Kraft, die ihn zuerst verzögert, bis er momentan die Geschwindigkeit Null erreicht, und dann wieder aufwärts beschleunigt, bis er sich vom Boden löst. Der gesamte Ablauf entspricht einemKraftstoß. Weiterhin gilt das dritte Newtonsche Gesetzactio = reactio:
mit der Kraft und der Zeit.
Während eines Stoßes erfahren beide Stoßpartner einen gleich großen Kraftstoß in entgegengesetzter Richtung. Ein Experiment, um die Impulsübertragung zu visualisieren, ist derDoppelball-Versuch, in dem spektakulär kinetische Energie von einem Stoßpartner auf den anderen übertragen wird.
Beim superelastischen Stoß geht innere Energie von mindestens einem der Stoßpartner in kinetische Energie über. Die kinetische Energie ist nach diesem Stoß größer als vor dem Stoß. Die mathematische Behandlung erfolgt wie beim allgemeinen inelastischen Stoß, nur ist.
Beim reaktiven Stoß kommt es zu Reaktionen, wie z. B.chemischen Reaktionen, oder zur Erzeugung neuerTeilchen durch Stöße hochenergetischer Teilchen in derElementarteilchenphysik. Dabei muss berücksichtigt werden, dass vor und nach dem Stoß unterschiedliche Teilchen zu Energie und Impuls beitragen. Es ändern sich also neben der Geschwindigkeit auch die Massen und unter Umständen die Anzahl der Teilchen.
Eine Art des reaktiven Stoßes ist z. B. derLadungsaustausch, einatomphysikalischer Prozess, bei dem während eines Stoßes zwischenAtomen,Molekülen oderIonen ein oder mehrereElektronen ausgetauscht werden. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden dabei die Elektronen auf den Stoßpartner mit der positiveren Ladung übergehen. So können z. B. imSonnenwind enthaltene positive Ionen (siehe auchhochgeladenes Ion) beim Durchgang durch die einenKometen umgebende dünne Gasatmosphäre Elektronen einfangen und dabei Strahlung, u. a. imRöntgenbereich, emittieren.
In derTeilchenphysik,Atomphysik oderKernphysik, wennPhotonen oder Teilchen generell[2][3][4] beteiligt sind, spricht man auch vonStreuung.[5] Auch hier bedeutet inelastische Streuung (inelastischer Stoß), dass die kinetische Energie nicht als solche erhalten bleibt, sondern teilweise z. B. inAnregungsenergie verwandelt oder zum Aufbrechen vonBindungen verwendet wird. Wenn ein Photon an einer inelastischen Streuung beteiligt ist, ändert sich im Allgemeinen seineWellenlänge. Näheres sieheStreutheorie.
Felix Hausdorff (Hrsg.), Christiaan Huygens:Christiaan Huygens’ nachgelassene Abhandlungen: Über die Bewegung der Körper durch den Stoss: Über die Centrifugalkraft. Akademische Verlagsgesellschaft, Leipzig um 1921.
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↑Karl-Eugen Kurrer:Zur Darstellung der Energietransformation beim ebenen gekoppelten Reibungsstoß mit Hilfe des Energieentwertungsdiagramms. In: Cassius Alexandru, Günter Gödert, Uwe Görn, Roland Parchem, Joachim Villwock (Hrsg.):Beiträge zur Mechanik. Festschrift zum 65. Geburtstag von Prof. Dr.Rudolf Trostel. Universitätsbibliothek der TU Berlin, Abt. Publikation, Berlin 1993,ISBN 3-7983-1581-7,S.148–169.
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↑R. J. Slobodrian:Elastic and Inelastic Scattering of 28-Mev Deuterons. In:Physical Review.Band125,Nr.3, 1. Februar 1962,ISSN0031-899X,S.1003–1010,doi:10.1103/PhysRev.125.1003 (aps.org [abgerufen am 7. März 2022]).
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↑L. D. Landau, E. M. Lifschitz:Mechanik. 14., korr. Auflage. Lehrbuch der theoretischen Physik,Nr.1. Verlag Europa-Lehrmittel, 1997,ISBN 3-8171-1326-9.