DieProvinz Spania (lateinisch:Provincia Spaniae, verderbt vonHispania) war in der ausgehendenSpätantike die westlichste Provinz desOströmischen Reiches. Sie lag im Süden derIberischen Halbinsel und bestand ungefähr von 552 bis 625, ehe sie schließlich von denWestgoten (Visigothen) erobert wurde.
Nach dem Ende der zeitweiligen Union der Reiche der Ostgoten und Westgoten mit dem TodTheoderichs im Jahr 526 war es imWestgotenreich zu jahrzehntelangen Thronfolgekämpfen zwischen verschiedenen Adelsfraktionen gekommen.[1][2][3] Um 550 hatten sichCórdoba und die katholisch gebliebene römische bzw. romanische Bevölkerungsmehrheit der einstigen ProvinzBaetica gegen die vorwiegendarianischen Westgoten erhoben. InSevilla rebellierte zudem 551 der WestgoteAthanagild gegen seinen KönigAgila. Mindestens einer der beiden Kontrahenten rief die Truppen des oströmischen KaisersJustinian I. zu Hilfe,[4] die die gegenüberliegende nordafrikanische Küste kontrollierten und zudem gerade dabei waren, die Unterwerfung desOstgotenreichs in Italien zu vollenden.[5] Der Kaiser in Konstantinopel beanspruchte grundsätzlich die Herrschaft über alle früherweströmischen Gebiete, und Justinian versuchte, diesen Anspruch militärisch auch durchzusetzen. Von Nordafrika kommend, das bereits seit 534 wieder dem Kaiser unterstand, landete daraufhin eineoströmische Flotte unterLiberius Truppen im Süden der Iberischen Halbinsel an, die ab 552 zahlreiche Küstenorte, teilweise aber auch Gebiete im Hinterland besetzten. Agila wurde 554 besiegt, doch auch unter Athanagild bekämpften Westgoten und Oströmer einander.[1]
Ebenso umstritten wie die Frage, wer die Oströmer ins Land gerufen hatte, ist die Frage, ob die Oströmer nach der Eroberung desVandalenreiches (534) und des Ostgotenreiches (554) tatsächlich auch noch das gesamte Westgotenreich unterwerfen wollten[2][6] oder einfach nur die Gelegenheit zur Gewinnung einiger Küstenstützpunkte genutzt haben, um Nordafrika besser verteidigen zu können.[1] Umstritten ist auch die Ausdehnung der ProvinzSpania. Der oströmische Machtbereich erstreckte sich offenbar mindestens über den Küstenstreifen vonMálaga (Malaca) bisCartagena (Cartago Spartaria) – mehreren Chronisten, Historikern und Kartographen zufolge darüber hinaus im Westen überMedina-Sidonia (Asidona) undCádiz (Gades) hinaus bisFaro (Ossonoba) an derAlgarve (ProvinzLusitania) und im Osten überAlicante[7] (Lucentum) hinaus bisDénia (Dianium) an derLevante (ProvinzCarthaginiensis). Im Hinterland gehörte wohl der Großteil von Baetica mit Córdoba (Corduba) undBaza (Basti) dazu,[8] möglicherweise, wenn auch nur vorübergehend, auch Sevilla (Hispalis) und vielleicht sogarMérida (Emerita Augusta).[7][8][9] Einige Autoren nehmen sogar an, dass die Oströmer – zumindest vorübergehend – ihren Machtbereich an der Levante bis nachValencia (Valentia) undSagunt (Sagunto) ausdehnen konnten.[10][11] An der Algarve soll sich ihr Machtbereich über Faro hinaus nicht nur bisPortimão, sondern im Hinterland auch über die Gebiete südlich desTejo erstreckt haben.[12] Ob nun durch direkten Kontakt mit Oströmern oder nur unter ihrem Einfluss – das nördlich des Tejo angrenzendeReich der Sueben nahm 561 ebenfalls den katholischen Glauben an.
Seit der Einrichtung desExarchats von Karthago warSpania diesem wohl unterstellt, doch ist hier aufgrund der schlechten Quellenlage vieles unklar und umstritten. Faktisch scheint dermagister militum Spaniae um 600 die meisten militärischen und administrativen Maßnahmen getroffen zu haben, da die Aufmerksamkeit der Kaiser und Exarchen anderen Regionen galt.
In Italien, wo der letzte ostgotische Widerstand erst 563[5] gebrochen worden war, sahen sich die Oströmer schon ab 568 mit der Invasion derLangobarden konfrontiert. 572 brach zudem ein Krieg mit den Persern aus, der die oströmischen Truppen band. Die Westgoten unter Athanagilds NachfolgernLiuva bzw.Leovigild nutzten die Gelegenheit, um ab 572 Córdoba,[13] Cadiz und etwa die Hälfte der ProvinzSpania zurückzuerobern. Gegen Leovigild erhob sich aber 579 in Sevilla und Merida sein zum Katholizismus übergetretener SohnHermenegild und verbündete sich mit den Oströmern und den Sueben; Córdoba wurde dadurch bis 583 oder 584 nochmals oströmisch. Zwischen 584[5] und 588[14] räumten die Oströmer den Großteil ihrer Besitzungen auf der Iberischen Halbinsel, behielten aber die Kontrolle über die Küste. Residenz dermagistri militum Spaniae blieb Cartagena.
Nach dem Sieg über Hermenegild unterwarf Leovigild 585 die Sueben und eroberte ihr Reich. Leovigilds Nachfolger waren gegen die Oströmer in den verbliebenen Gebieten weniger erfolgreich; die oströmischen Truppen, die wohl kaum mehr als 6000 Mann zählten, konnten die Küstenregion verteidigen. ErstSisebut undSuinthila konnten den Oströmern um 616 das von dempatricius undmagister militumCaesarius verteidigte Málaga,[13] um 620 den letzten Stützpunkt an der Algarve und schließlich 625 mit Cartagena auch ihren letzten Stützpunkt am Mittelmeer abnehmen.[1][3] Die Oströmer waren seit 603 im Osten vollauf mit der Abwehr des persischenSassanidenreiches und im Norden mit der Abwehr derSlawen (Sklavenoi) bzw.Awaren beschäftigt, dies hatten die Westgoten ausgenutzt.[5] Nur dieBalearen blieben zunächst oströmisch. Einigen Quellen zufolge sollen einige Stützpunkte an der Algarve sogar noch bis 634 unter oströmischer Herrschaft gestanden haben.
Gegen Ende des 7. Jahrhunderts kam es nochmals zu oströmischen Militäroperationen an der spanischen Mittelmeerküste. Nachdem die Oströmer Nordafrika gegen die muslimischen Araber nicht hatten behaupten können (Schlacht von Karthago), landete die 698 von Karthago abziehende oströmische Flotte stattdessen Truppen bei Alicante oder Cartagena. Mit ihrer Niederlage gegen den westgotischen HeerführerTheudimer (Teodomiro) endete spätestens 701 auch dieser letzte oströmische Rückeroberungsversuch[15] – sofern es sich überhaupt um einen solchen gehandelt hatte.