Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten beiStandardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).
Siliciumcarbid (Trivialname:Karborund; andere Schreibweisen:Siliziumcarbid undSiliziumkarbid) ist eine zur Gruppe derCarbide gehörendechemische Verbindung ausSilicium undKohlenstoff. Diechemische Formel ist SiC. Als Mineral kommt es natürlich alsMoissanit vor, ist aber sehr selten und verunreinigt. Die technisch verwendeten Mengen werden darum im Allgemeinen synthetisch hergestellt. Die technische Herstellung von Siliziumcarbid erfolgte 1893 imAcheson-Verfahren, noch bevor natürliches Siliziumcarbid 1904 durchHenri Moissan imCanyon-Diablo-Meteorit gefunden wurde.
Siliciumcarbid kommt als seltenes Mineral vor. Die Entstehungsbedingungen sind vergleichbar mit denen vonDiamant, so dass die beiden Minerale mitunter vergesellschaftet vorkommen. Wichtigere Fundorte sind verschiedene Meteoriten. Als erstes fandHenri Moissan 1904 das Mineral in Proben desBarringer-Krater, dem Einschlagskrater desCanyon-Diablo-Meteoriten im US-Bundesstaat Arizona. Nach ihm wurde das MineralMoissanit benannt.
Noch bevor Siliciumcarbid als Mineral gefunden wurde, konnte es in den 1890er-Jahren vonEdward Goodrich Acheson als Schleifmittel hergestellt werden. Er nannte das MaterialCarborundum. Das Herstellungsverfahren wird nach ihmAcheson-Verfahren genannt.
2020 wurden weltweit etwa 1 Million Tonnen Siliciumcarbid hergestellt, größtes Erzeugerland mit einem Weltmarktanteil von 45 % war dieVolksrepublik China. Einen Überblick über die globale Verteilung der Silicumcarbidherstellung gibt die folgende Tabelle (Stand 2021):[5]
Die typischen Eigenschaften kommen bei den Werkstoffvarianten unterschiedlich stark zum Tragen. Je nach Herstellungstechnik muss bei Siliciumcarbidkeramiken zwischen artfremdgebundenen und arteigengebundenen Keramiken unterschieden werden, sowie zwischen offenporöser und dichter Keramik:
BeimAcheson-Verfahren (nachEdward Goodrich Acheson) werden in großen Becken lange, in pulverisierten Koks eingebettete und mit Sand bedeckte Kohlenstoff-Formkörper durch elektrischen Stromfluss auf 2200 bis 2400 °C erhitzt. In einer endothermen Reaktion entsteht so hexagonales α-Siliciumcarbid.
Mit derchemischen Gasphasenabscheidung (engl.chemical vapour deposition, CVD), einem Beschichtungsverfahren, lässt sich ebenfalls SiC darstellen. Als Ausgangsstoffe werden dabei chlorhaltigeCarbosilane mit der chemischen Grundformel:
verwendet.Sinnvollerweise sind dies auch Stoffe, die bei Raum- oder leicht erhöhten Temperaturen gasförmig sind, wie zum Beispiel dasMethyltrichlorsilan (MTS, CH3SiCl3) mit einem Siedepunkt von 70 °C.
Bei der Abscheidung unter hohen Temperaturen und mit Wasserstoff als Katalysatorgas bildet sich auf den heißen Oberflächen beta-SiC und HCl muss als Abgas entsorgt werden.
Einkristallines SiC wird durch CVD-Epitaxie oder durch Sublimation von polykristallinem SiC in einemTemperaturgradienten erzeugt (PVT-Verfahren, modifizierte Lely-Methode).[6][7]
Silicatisch gebundenes Siliciumcarbid wird aus groben und mittelfeinen SiC-Pulvern hergestellt und mit ca. 5–15 % aluminosilicatischer Bindematrix unter Luftatmosphäre gebrannt. Die Festigkeiten, Korrosionsbeständigkeiten und vor allem die Hochtemperatureigenschaften werden durch die silicatische Bindematrix bestimmt und liegen daher unterhalb der nichtoxidisch gebundenen SiC-Keramiken. Bei sehr hohen Einsatztemperaturen beginnt die silicatische Bindematrix zu erweichen, der Werkstoff verformt sich unter Last bei hohen Temperaturen. Vorteil ist sein vergleichsweise geringer Herstellungsaufwand.
Typische Anwendung findet dieser Werkstoff überall dort, wo Mengen und eine kostengünstige Herstellung ausschlaggebend sind, z. B. als Tellerkapsel beimPorzellanbrand.
RSiC ist ein reiner Siliciumcarbidwerkstoff mit ca. 11–15 % offener Porosität. Diese Keramik wird bei sehr hohen Temperaturen von 2300 bis 2500 °C gebrannt, wobei sich einGemisch aus feinstem und grobem Pulver schwindungsfrei zu einer kompakten SiC-Matrix umwandelt. Bedingt durch seine offene Porosität hat das RSiC im Vergleich zu den dichten Siliciumcarbidkeramiken geringere Festigkeiten.
RSiC zeichnet sich infolge seiner Porosität durch eine hervorragende Temperaturwechselbeständigkeit aus. Die schwindungsfreie Brenntechnik erlaubt analog zum SiSiC die Herstellung großformatiger Bauteile, die vorwiegend als hoch belastbareBrennhilfsmittel (Balken, Rollen, Platten etc.) zum Beispiel beimPorzellanbrand eingesetzt werden. Bedingt durch seine offene Porosität ist diese Keramik nicht dauerhaft oxidationsbeständig und unterliegt als Brennhilfsmittel oder auch als Heizelement einer gewissen Korrosion. Die maximale Anwendungstemperatur liegt bei rund 1600 °C.
NSiC ist ein poröserWerkstoff, mit 10–15 %Porosität und davon 1–5 % offener Porosität, der schwindungsfrei hergestellt wird, indem einFormkörper aus SiC-Granulat und Si-Metallpulver in einerStickstoffatmosphäre bei ca. 1400 °C nitridiert. Dabei wandelt sich das anfänglich metallische Silicium zu Siliciumnitrid um und bildet damit eine Bindung zwischen den SiC-Körnern aus. Anschließend wird das Material oberhalb 1200 °C einer oxidierenden Atmosphäre ausgesetzt. Das bewirkt die Entstehung einer dünnen Oxidationsschutzschicht in Form einer Glasschicht an der Oberfläche.
Die Siliciumnitridmatrix bewirkt, dass Werkstücke aus NSiC durchNichteisenmetallschmelzen schlecht benetzbar sind. Wegen seiner gegenüber RSiC geringeren Porengröße weist NSiC eine deutlich höhere Biegebruchfestigkeit sowie eine bessere Oxidationsbeständigkeit auf und unterliegt aufgrund seiner besseren Oberflächenbeständigkeit keiner Verformung über die Einsatzdauer hinweg. Dieser Werkstoff ist hervorragend als hoch belastbaresBrennhilfsmittel bis 1500 °C geeignet.
SiSiC besteht zu 85–94 % aus SiC und entsprechend aus 15–6 % metallischem Silicium. SiSiC besitzt praktisch keine Restporosität. Dies wird erreicht, indem ein Formkörper aus Siliciumcarbid und Kohlenstoff mit metallischem Silicium infiltriert wird. Die Reaktion zwischen flüssigem Silicium und dem Kohlenstoff führt zu einer SiC-Bindungsmatrix, der restliche Porenraum wird mit metallischem Silicium aufgefüllt. Vorteil dieser Herstellungstechnik ist, dass im Gegensatz zu denPulversintertechniken die Bauteile während des Silicierungsprozesses keineSchwindung erfahren. Daher können außerordentlich große Bauteile mit präzisen Abmessungen hergestellt werden. Der Einsatzbereich des SiSiC ist aufgrund desSchmelzpunktes des metallischen Siliciums auf ca. 1400 °C begrenzt. Bis zu diesem Temperaturbereich weist SiSiC hohe Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit, verbunden mit guter Temperaturwechselbeständigkeit und Verschleißbeständigkeit auf. SiSiC ist daher prädestiniert als Werkstoff für hoch belastete Brennhilfsmittel (Balken, Rollen, Stützen etc.) und verschiedenste Brennerbauteile für direkte und indirekteVerbrennung (Flammrohre, Rekuperatoren und Strahlrohre).
Es findet aber auch im Maschinenbau bei hoch verschleißfesten undkorrosionsbeständigen Bauteilen (Gleitringdichtungen) Anwendung.
In basischen Medien wird das freie Silicium chemisch jedoch korrosiv angegriffen, was an der Bauteiloberfläche zu Einkerbungen führt. Dadurch wird wegen der Kerbempfindlichkeit und geringenBruchzähigkeit dieser Keramik die Festigkeit des Bauteils geschwächt.
SSiC wird aus gemahlenem SiC-Feinstpulver hergestellt, das mit Sinteradditiven versetzt, in den keramiküblichenFormgebungsvarianten verarbeitet und bei 2000 bis 2200 °C unterSchutzgas gesintert wird. Neben feinkörnigen Varianten im Mikrometerbereich sind auch grobkörnige mit Korngrößen bis 1,5 mm erhältlich. SSiC zeichnet sich durch eine hohe Festigkeit aus, die bis zu sehr hohen Temperaturen (ca. 1600 °C) nahezu konstant bleibt.
Dieser Werkstoff weist eine extrem hoheKorrosionsbeständigkeit gegenüber sauren und basischen Medien auf, denen er ebenfalls bis zu sehr hohen Temperaturen standhalten kann. Diese Eigenschaften werden durch eine hoheTemperaturwechselbeständigkeit, hohe Wärmeleitfähigkeit, hoheVerschleißbeständigkeit und eine diamantähnliche Härte ergänzt.
Das SSiC ist daher für Anwendungen mit extremen Ansprüchen prädestiniert, z. B. für Gleitringdichtungen in Chemiepumpen,Gleitlagern, Hochtemperaturbrennerdüsen oder auchBrennhilfsmittel für sehr hohe Anwendungstemperaturen.Die Verwendung von SSiC mit Grafiteinlagerungen steigert die Leistung vonTribosystemen.
Heiß gepresstes Siliciumcarbid (HPSiC) sowie heißisostatisch gepresstes Siliciumcarbid (HIPSiC) weisen gegenüber dem drucklos gesinterten SSiC sogar noch höhere mechanische Kennwerte auf, da die Bauteile durch die zusätzliche Anwendung von mechanischen Pressdrücken bis zu etwa 200 MPa während des Sintervorganges nahezu porenfrei werden. Die axiale (HP) bzw. die isostatische (HIP)Presstechnik beschränkt die zu fertigenden Bauteile auf relativ einfache bzw. kleine Geometrien und bedeutet zusätzlichen Aufwand gegenüber dem drucklosen Sintern. HPSiC bzw. HIPSiC finden daher ausschließlich Anwendung in Bereichen extremer Beanspruchung.
LPSSiC ist ein dichter Werkstoff, der SiC und eine oxinitridische SiC-Mischphase sowie eine oxidische Sekundärphase enthält. Der Werkstoff wird aus Siliciumcarbidpulver und variierenden Mischungen von oxidkeramischen Pulvern, oft auf der Basis vonAluminiumoxid undYttriumoxid, hergestellt. Dabei sind die oxidischen Bestandteile für die gegenüber SSiC etwas höhere Dichte verantwortlich. Die Bauteile werden in einem Drucksinterverfahren bei einem Druck von 5–30 MPa und einer Temperatur von über 1950 °C verdichtet.
Der Werkstoff zeichnet sich durch die feine SiC-Kristallitgröße und dadurch, dass er praktisch porenfrei ist, durch sehr hohe Festigkeit und eine (im Vergleich zu den übrigen Siliciumcarbid-Varianten) etwas höhereBruchzähigkeit aus. LPSiC liegt somit von den mechanischen Eigenschaften her gesehen zwischen dem SSiC undSiliciumnitrid.
SiC-Fasern (Nicalon) werden ausgehend vonDichlordimethylsilan hergestellt. Dieses polymerisiert zuPolydimethylsilan, welches beim Erhitzen unter Kondensation und Abspaltung von Chlor zuPolycarbosilan umlagert. Daraus werden Fasern gezogen, die später in Siliciumoxycarbidfasernpyrolysiert werden.[10]
SiC-Fasern mit einem Durchmesser von weniger als 3Mikrometern, einer Länge von mehr als 5 Mikrometern und einem Seitenverhältnis von mindestens 3:1 wurden von der EU alskrebserzeugend beim Einatmen eingestuft.[9]
Die Entwicklung einer speziellen kohlenfaserverstärkten Siliciumcarbid-Verbundkeramik (oft auch englisch alsceramic matrix composites, CMC, bezeichnet) durch dasDeutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart hat zu neuartigenHitzeschutzkacheln für Raumfahrzeuge geführt. Der letzte große Praxistest für dieses Material und andere faserverstärkte Keramiken fand bei dem europäischen ProjektSHEFEX (Sharp Edge Flight Experiment)[11] 2005 in Norwegen statt. Der gleiche Werkstoff findet inzwischen auch Verwendung als Bremsscheibenmaterial in hochpreisigen Sportwagen. Mit Siliciumcarbidfasern verstärkte Siliciumcarbid-Verbundkeramik derMT Aerospace AG wird schon seit 1994 als Wellenschutzhülse in wassergeschmierten Gleitlagern von Großpumpen verschiedener Pumpenhersteller eingesetzt. Durch die Einbettung mit Fasern erhält der Werkstoff eine deutlich höhere Bruchzähigkeit, die im Bereich von Metallen wie zum Beispiel Grauguss liegt.
Der MarkennameCesic bezeichnet einen isotropenSiSiC-Werkstoff. Kurze Kohlenstofffasern werden mit einemPhenolharz zu Formkörpern verpresst und pyrolysiert. DerGrünkörper ist porös und lässt sich auf Maß bearbeiten. Anschließend reagiert der Formkörper im Vakuum oberhalb 1600 °C über Silicium-Flüssigphaseninfiltration nahezu formstabil zu SiC. Bei Raumtemperatur beträgt der thermischeLängenausdehnungskoeffizient weniger als 3 · 10−6 K−1, ungefähr einem Zehntel des Wertes vonAluminium.
Hochreines Siliciumcarbid ist farblos. Technisches Siliciumcarbid ist schwarz und metallisch glänzend bis grün (wg. Al2O3-Verunreinigung) und nimmt mit zunehmender Reinheit Farbtöne bis Flaschengrün an. Die Güte wird durch die Auswahl der Rohstoffe, Sand undPetrolkoks erreicht, besonders muss für SiC-grün die Verunreinigung mitAluminiumoxid vermieden werden. Seine Dichte beträgt 3,217 g·cm−3. SiC-grün ist „weicher“ als dunkles SiC und wird wegen des sehr viel höheren Preises nur für spezielle Anwendungen hergestellt.
Siliciumcarbid ist bei Temperaturen über 800 °C gegenSauerstoff relativ oxidationsbeständig durch Bildung einer passivierenden Schicht ausSiliciumdioxid (SiO2, „passive Oxidation“). Bei Temperaturen oberhalb von ca. 1600 °C und gleichzeitigem Sauerstoffmangel (Partialdruck unter ca. 50 mbar) bildet sich nicht das glasige SiO2, sondern das gasförmige SiO; eine Schutzwirkung ist dann nicht mehr gegeben, und das SiC wird rasch verbrannt („aktive Oxidation“).
Es zeigt eine hoheMohs-Härte von 9,6 und 2600 nach Vickers und Knoop, guteWärmeleitfähigkeit (reines SiC ca.350 W/(m·K) technisches SiC100–140 W/(m·K), je nach Herstellungsverfahren) undHalbleiter-Eigenschaften. DieBandlücke liegt dabei mit 2,39 eV (3C-SiC) bis 3,33 eV (2H-SiC) zwischen der vonSilicium (1,1 eV) und der vonDiamant (5,5 eV).[12][13]
InSchutzgas oderVakuum kann es nicht zum Schmelzen gebracht werden, sondern es zersetzt sich: nach älteren Daten bei ca. 2700 °C (1986) oder 2830 °C (1988), nach neueren Daten (1998) allerdings erst bei 3070 °C.
Der Stoff ist im Aufbau und den Eigenschaften ähnlich wieDiamant, da sich Silicium und Kohlenstoff in derselben Hauptgruppe und benachbarten Perioden desPeriodensystems befinden und der Atomdurchmesser von Silicium nur leicht größer ist. Eine Besonderheit von SiC ist seinePolytypie: Es existiert in vielen unterschiedlichenPhasen, die sich in ihrer atomaren Struktur unterscheiden.Bei allen bisher bekannten Polytypen von SiC ist jedes Silicium-Atom durchkovalente Bindungen mit vier Kohlenstoff-Atomen verknüpft und umgekehrt, sie haben daher einen tetraedrischen Aufbau.[14]
Die sogenanntekubische Phase β-SiC (aufgrund ihrerabc-Schichtenfolge auch3C genannt) kristallisiert in einerZinkblende-Struktur, die mit der vonDiamant verwandt ist. Sehr seltenes, natürlich vorkommendes Siliciumcarbid wirdMoissanit genannt und ist Diamanten in vielfältiger Hinsicht zum Verwechseln ähnlich. Die anderen Polytypen besitzen einehexagonale oder rhomboedrische (15R-SiC, 21R-SiC etc.) Struktur, wobei die hexagonalen Typen insgesamt am häufigsten auftreten. Die einfachste hexagonale Struktur (auch α-SiC genannt) istWurtzit-artig und wird aufgrund derab-Schichtenfolge auch als2H bezeichnet.[15] Häufiger anzutreffen und technologisch am bedeutsamsten sind die Polytypen4H und6H (Schichtenfolgeabcb undabcacb), die eine Mischung aus dem rein hexagonalen2H-Polytyp und dem rein kubischen Polytyp3C darstellen und häufig ebenfalls als α-SiC bezeichnet werden. Dabei befinden sich eingebettet zwischen zwei hexagonalen Schichten eine (4H) bzw. zwei (6H) kubische Schichten.
Molvolumen von Siliciumcarbid als Funktion des Drucks bei Zimmertemperatur
In der Technik wird Siliciumcarbid aufgrund seiner Härte und der hohen Temperaturstabilität alsLäppmittel (Carborundum, z. B. für optischeSpiegel undLinsen) und als Komponente für Feuerfeststoffe verwendet. Siliciumcarbidkörner in einer Kunstharzmatrix verstärkt mit Glasfasern werden inTrennscheiben fürWinkelschleifer verwendet. Große Mengen an weniger reinem SiC werden alsmetallurgisches SiC zur Legierung von Gusseisen mit Silicium und Kohlenstoff verwendet. In Mischung mit anderen Materialien dient es als Hartbetonzuschlagsstoff, um Industrieböden abriebfest undBunker oderTresorräume widerstandsfähig zu machen. Ringe an hochwertigenAngelruten werden aus SiC gefertigt. Die Härte des Materials verhindert, dass dieAngelschnur unter hohen Belastungen eine Kerbe in den Ring einschneidet und schließlich durch Abrieb zerreißt.Bremsscheiben werden auskohlenstofffaserverstärkter SiC-Keramik hergestellt.
Heizelemente aus Siliciumcarbid eignen sich für höhere Temperaturen besser als solche aus Metall und wurden ab 1904 von Siemens in Lichtenberg (späterEKL) hergestellt. Die Anwendung erfolgt auch alsIsolator vonBrennelementen inHochtemperaturreaktoren.
SiC wird als Läppmittel zur Fertigung optischer Elemente eingesetzt. Das Material selbst wird zu hochpräzisen Spiegeln verarbeitet. Dank seiner geringenWärmeausdehnung wird es inWeltraumteleskopspiegeln verwendet. Die Spiegel des Astrometrie-WeltraumteleskopsGaia wurden aus leichten, stabilen und vorgeschliffenen Grundkörpern aus gesintertem SiC gefertigt, auf dem eine weitere SiC-CVD-Schicht aufgebracht und poliert wurde, um die gewünschte optische Qualität zu erhalten.[16] Zum Schluss wurden die Spiegel mit einer reflektierenden Silberschicht versehen. Das größte gefügte Einzelstück, das je gefertigt wurde, ist der aus 12 Segmentenzusammengelötete 3,5 m große Spiegel des WeltraumteleskopsHerschel.[17][18] Dabei stand besonders die Gewichtseinsparung im Vordergrund. Gegenüber einem Gewicht von 1,5 Tonnen bei Herstellung in Standardtechnik wog dieser Spiegel nur 350 kg.[19] Das größte Einzelstück sollte der 1,5 m Hauptspiegel desGREGOR-Teleskops aus dem im Silicierverfahren hergestelltenVerbundwerkstoff Cesic werden, der sich allerdings technologisch nicht umsetzen ließ.[20]
Siliciumcarbid ist einpolytypes Material, einige Polytype weisen jedoch eine Bandlücke von bis zu 3,33 eV (2H-SiC) auf und SiC ist damit einHalbleiter mit breitem Bandabstand. Halbleiter dieser Art erlauben die Fertigung der ersten blauenLeuchtdioden (LED) mitWellenlängen von 460–470 nm, dies entspricht einen Bandabstand von rund 2,65 eV. Bereits 1907 entdeckte der englische WissenschaftlerHenry Joseph Round, dass beim Anlegen einerSpannung an einen Siliciumcarbidkristall dieser zum kalten Glimmen angeregt wurde – dieser nach ihm benannteRound-Effekt ist Grundlage der Leuchtdiode. Trotz Bemühungen, die Eigenschaften SiC-basierender Leuchtdioden zu verbessern ist die Emissionseffektivität dieser LED weiterhin rund zwei Größenordnungen unter der vonNitrid-Halbleitern, womit die praktische Bedeutung von Siliciumcarbid bei Leuchtdioden gering ist.[12] Abseits dieser historischen Rolle für Leuchtdioden ist SiC neben dem Diamanten einer der wichtigstenindirekten Halbleiter mit breitem Bandabstand und hat seit Anfang der 2000 Jahre seine primären Anwendungen im Bereich derLeistungselektronik.
Zwei∅150-mm-Siliciumcarbid-Wafer, im sichtbaren Bereich des Lichts teilweise transparent
Nachbildung des Experiments vonH. J. Rounds: Eine negativ geladene Nadelspitze auf Siliciumcarbid erzeugt einen grün glimmendenSchottky-Kontakt.
Aufgrund der Härte von Siliciumcarbid ist es aufwändig, künstliche SiC-Einkristalle (Ingots) in dünne Wafer für die Halbleiterherstellung zu zerteilen. Möglich ist dasSägen mit diamantbestücktem Sägedraht oder Zerteilung durch Laser.[21]
SiC eignet sich durch den großen Bandabstand fürPhotodioden, die empfindlich fürUltraviolettstrahlung sind. Das Maximum der Empfindlichkeit liegt bei etwa 300 nm. Für sichtbares Licht sind sie hingegen nahezu unempfindlich. Bei extrem kurzwelliger Ultraviolettstrahlung von etwa 10 nm Wellenlänge zeigen SiC-Photodioden ein weiteres Maximum.[23]
Silicium-Leistungsschalter sind heutzutage Standard, aber bei vielen Anwendungen hat SiC Vorteile. Typische Einsatzbereiche sindSchottky-Dioden,Bipolartransistoren mit isolierter Gate-Elektrode (IGBTs) und Leistungs-Metall-Isolator-Halbleiter-Feldeffekttransistoren (Leistungs-MISFETs). Si-Halbleiter werden in der Regel bei Temperaturen bis zu einem Bereich um 150 °C eingesetzt. Oberhalb dieser Grenze kommt es zu einem starken Anstieg vonLeckstrom, der zu weiterer Erwärmung und schlechterem Schaltverhalten führen. Erwärmung kann zuthermischem Durchgehen des Bauteils bis zur Zerstörung führen. Eine zu hohe Betriebstemperatur beschleunigt dieDiffusion derDotierungsatome im Halbleiterkristall und reduziert damit die Lebensdauer der Bauteile. SiC-Halbleiter können aufgrund ihrer großen Bandlücke bis zu 600 °C betrieben werden und eignen sich deshalb gut für Anwendungen, die einen zuverlässigen Betrieb bei hohen Temperaturen erfordern oder hohen Dosenionisierender Strahlungen ausgesetzt sind, wie zum Beispiel in derLuft- undRaumfahrt und derAutomobilindustrie.[24][25][26][27] Allerdings werden für derartig hohe Betriebstemperaturen neuartige (noch zu entwickelnde) Gehäusetechnologien benötigt.[28]
SiC hat jedoch eine geringereKurzschlusstoleranz als Si-Bauteile und benötigt daher eine schnell wirkende Ansteuer-Schaltung, um den Kurzschlussstrom durch Abschalten zu unterbrechen.[29]
Eine weitere günstige Eigenschaft vom Siliciumcarbid für Leistungshalbleiter ist die dreimal bessere Wärmeleitfähigkeit als Silicium.
Durch einen größeren Bandabstand ist ein SiC-MOSFET im Vergleich zu einem aus Silizium in der Lage, eine bis zu zehnmal höhereelektrische Feldstärke auszuhalten. Dadurch lassen sich bei SiC-MOSFETs deutlich kleinere Dicken der Drift-Region und größere, zulässigeSperrspannungen erreichen. Die Drift-Region, die auch bestimmend ist für den Durchlasswiderstand, kann bei SiC-MOSFETs bis zu zehnmal dünner sein als bei Si-MOSFETs.[30][31] Aus der Kombination dieser Eigenschaften ergibt sich eine kleinere Bauweise bei höhererSpannungsfestigkeit und geringerem Durchlasswiderstand sowie geringerVerlustleistung.
Als Nachteil gilt die starke Temperaturabhängigkeit des ON-Widerstands bei SiC-MOSFETs.[34]
Ein Hauptproblem bei der seit Anfang der 2000er Jahre erfolgten Kommerzialisierung waren fertigungstechnisch bedingte Kristalldefekte. Durch diese Defekte hatten erste auf SiC basierende Halbleiterbauelemente eine vergleichsweise geringeSperrspannung.[35] Außerdem bestanden Schwierigkeiten in der Kombination von SiC mitSiliziumdioxid, eine Werkstoffkombination, welche beispielsweise für die Herstellung von SiC-MOSFETs wesentlich ist. Auch wenn die genauen Gründe dahinter noch nicht verstanden sind, konnten diese Schwierigkeiten in praktischen Umsetzungen durchNitrieren gelöst werden.[36]
Schottky-Dioden auf Basis von Siliciumcarbid (SiC) weisen gegenüber Silicium eine leicht höhereSchwellenspannung von etwa 0,8 V auf, bieten aber in der Leistungselektronik gegenüber den konventionellen Siliciumdioden eine Reihe von Vorteilen. SiC-Schottky-Dioden sind für Sperrspannungen von bis zu 1700 V verfügbar, womit sie insbesondere im Bereich derLeistungselektronik wie beiSchaltnetzteilen undUmrichtern eingesetzt werden.
DieNASA arbeitet an Halbleitern undintegrierten Schaltungen auf der Basis von Siliciumcarbid für eineVenus-Mission. Bisherige Venusmissionen waren sehr kurzlebig, weil die elektronischen Komponenten die Temperaturen, Drücke undSchwefelsäurebelastung auf der Venus nur kurze Zeit tolerieren. Für eine neue Mission wird ein Sender benötigt, der dauerhaft bei 500 °C betrieben werden kann.[37][38]
Siliciumcarbid-Whisker (Kristallnadeln) finden Anwendung bei der Erzeugung transgener Pflanzen.[39] Die Methode zeichnet sich im Vergleich zurbiolistischen Transformation durch deutlich geringere Kosten aus.[40][41] Verglichen mit derTransformation durch Agrobakterien[42] ist der geringere Aufwand ein Pluspunkt der Methode. Dem gegenüber steht in beiden Fällen eine deutlich geringere Transformationseffizienz.[43][44]
HochreineMoissanit-Kristalle können als Schmucksteine verwendet werden. Sie haben eine ähnliche Härte,Lichtbrechung undWärmeleitfähigkeit wieDiamant, wobei sie aber deutlich widerstandsfähiger gegen hohe Temperaturen (über 1100 °C) sind. Zu erkennen sind sie an einer starkenDoppelbrechung und leichter gelb-grünerFluoreszenz unter UV-Licht.
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