Nasr I. ibn Ahmad (regierte 874–892) wurde 874 nach dem Sturz derTahiriden durch dieSaffariden von den Abbasiden als Statthalter in Transoxanien eingesetzt und konnte faktisch unabhängig regieren. Hauptstadt der Dynastie wurde Buchara. Unter Ismail I. (Ismaʿil b. Ahmad, vollständig al-Amir al-Mahdi Abu Ibrahim Ismaʿil b. Ahmad; regierte 892–907,[1] begraben imSamaniden-Mausoleum[2]) konnten die Saffariden aus Chorasan vertrieben und die Kontrolle über weite Teile des östlichenIrans errungen werden. Ismail drängte auch dieOghusen zurück und löste dadurch jene Kettenreaktion in der Steppe aus, die zum Erscheinen derMagyaren (d. h. der Ungarn) inPannonien führte (um 895). MitNasr II. (914–943) erreichte das Reich seine größte Ausdehnung inZentralasien und Iran, wobei auch die Grenzgebiete nachIndien erreicht wurden. Im 10. Jahrhundert standen die Banidschuriden von Chuttal mit der HauptstadtHulbuk und andere zentralasiatische Kleinreiche unter der Oberherrschaft der Samaniden. Bei Nasrs Regierungsende kam es zu Unruhen, unter anderem deswegen, weil die Armee keinen Sold erhielt. Nach 945 wurden diesunnitischen Samaniden zudem von denschiitischenBuyiden aus dem westlichenPersien abgedrängt.
Kupfermünze Mansurs I. b. Nuh, geprägt anno 353H. = 964 in Buchara.322 H. (933/34) zuNischapur geprägterDinar Nasrs II.Dinar Abd al-Maliks I. von 344 H. (955/56) aus Nischapur.
Im 10. Jahrhundert war Transoxanien die Drehscheibe des internationalen Handels zwischen Ost und West. Neben Handelsbeziehungen in den Nahen Osten und dasKaiserreich China bestanden auch Verbindungen nach Indien und in dasWolgagebiet. Gehandelt wurden unzählige Waren (u. a. Seife, Stoffe, Wolle, Teppiche, Pelze, Schminke, Öl, Metallgefäße, Honig, Nüsse, Melonen, Waffen, Sklaven, Pferde). Bestimmte zentralasiatische Melonen waren so beliebt, dass man sie in mit Schnee gefüllten Bleikisten bis nachBagdad transportierte, wo sie horrende Preise (pro Frucht sieben bis zehn Mal so viel wie für einen Sklaven) erzielten. Hunderttausende samanidische Silbermünzen sind inEuropa gefunden worden, viele davon inSchweden, und auch inMainz wurden sie nach Aussage eines Sklavenhändlers namens Ibrahim Jakub (Ibrahim ibn Yaqub) im 10. Jahrhundert verwendet. Neben den Handelsbeziehungen blühten auch dieBewässerungsfeldwirtschaft und eine hoch entwickelte Bergbauindustrie. Durch den wirtschaftlichen Reichtum konnten die Samaniden vor allem in den Städten eine reiche Bautätigkeit entfalten. Erhalten ist davon z. B. dasSamaniden-Mausoleum in Buchara.
Unter Mansur I. (961–976) und Nuh II. (976–997) stieg die Hauptstadt Buchara durch die Förderung der Samaniden zu einem Zentrum derpersischen Kultur auf. Dabei erreichte besonders die persisch-islamische Literatur eine Blüte, die zum Aufstieg derneupersischen Sprache beitrug. Sie ist vor allem mit Poeten wieRudaki († 941) verknüpft, dessen HauptwerkKalīla wa Dimna indische Fabeln umarbeitete und von chinesischen Malern illustriert wurde. Auch dasSchāhnāme genannte HauptwerkFirdausis († 1020) zählte eher in die Samanidenzeit, dennMahmud von Ghazni brachte wenig Verständnis dafür auf. Selbst der Universalgelehrteal-Bīrūnī und der in der Medizin anzusiedelndeIbn Sina (Avicenna) begannen ihre Laufbahn noch unter den Samaniden. Einen wichtigen kulturellen und literarischen Bezugspunkt stellte die Geschichte desSassanidenreichs dar.
Die Samaniden stützten sich auf den ostiranischen Landadel (Dehqan). Im Verlauf des 10. Jahrhunderts wurdenMilitärsklaven in das Heer übernommen, um die türkischen Nomadenstämme in Zentralasien unter Kontrolle behalten zu können. Die Sklavensoldaten wurden ein Machtfaktor bei Hofe, der die Emire bald in Schwierigkeiten brachte. So kam es 961 beim Tod des Emirs zu einem Umsturzversuch ihrer Führer in Buchara, wobei der Palast zerstört wurde. Auch machten sich seit der Mitte des 10. Jahrhunderts einige Offiziere in den Viloyaten selbständig. Vor allem gründete der GeneralAlp-Tigin 962 die halbunabhängige Herrschaft derGhaznawiden, die 994 infolge einer weiteren Militärrebellion die Kontrolle über ganz Chorasan bekam. Zu den Verschwörungen bei Hofe und unter den Militärgouverneuren in den Viloyaten kamen noch Unruhen unter der Stadtbevölkerung, Aufstände der Bauern und Sektenstreitigkeiten hinzu.
Dem gleichzeitigen Druck der Ghaznawiden im Süden und derKarachaniden aus dem Osten waren die Samaniden am Ende des 10. Jahrhunderts nicht mehr gewachsen. Die Geistlichkeit und die Stadtbevölkerung verhielten sich passiv, als Buchara im Oktober 999 von dem Karachaniden Arslan-Ilek Nasr besetzt und die Herrscherfamilie mitAbd al-Malik II. an der Spitze gefangen genommen wurde. Der Thronprätendent Ismail II. (Ismāʿīl ibn Nūḥ al-Muntaṣir), entkam zwar, doch blieb sein Kampf um die Wiederherstellung des Samaniden-Reiches erfolglos; mit seiner Ermordung endete 1005 die Dynastie.
Die heutigenTadschiken führen ihre Abstammung und Kultur auf die Samaniden-Dynastie zurück. Ismail I., der berühmteste Samanidenherrscher, gilt heute inTadschikistan als Nationalheld undVater der Nation. Der höchste Berg des Landes, derPik Ismoil Somoni (7495 m) ist nach dem Herrscher benannt. Auch der Name der modernen Währung Tadschikistans,Somoni, ist vom Namen der Dynastie abgeleitet.
Das berühmte Samaniden-Mausoleum von Buchara (2006).
Die Eroberung durch die Araber brachte kaum neue Architekturformen nach Zentralasien, vielmehr wurde die Baukunst derAbbasiden von mittelasiatischen Vorbildern beeinflusst. Beispielsweise waren Paläste und Grabbauten inChoresm das Vorbild für entsprechende Bauten imBagdad undSamarra des 8. und 9. Jahrhundert, wobei sowohl der Grundriss (Kuppelraum mit vier Hallen, dazu Vorhöfe) als auch die Stuckgestaltung als Vorlage dienten.
Von denMausoleen ist dasSamaniden-Mausoleum in Buchara erhalten, ebenso dasArab-Ata inTirmidh. DasArab-Ata ist gemäß Inschrift 977/8 errichtet worden, und hat anders als das Samaniden-Mausoleum in Buchara eine Prachtfassade.
In Tirmidh sind grobe Überreste eines Palastes aus dem 10. Jahrhundert erhalten: Der Kyrk-Kyz war eine zweistöckige Anlage von ungefähr 54 Metern Seitenlänge und einem Mittelraum von 11 Metern. Das Erscheinungsbild ist als „Zentralkuppelkiosk“ bezeichnet worden.
In Alt-Samarkand (Afrasiyab) sind drei Adelspaläste aus der Samanidenzeit gefunden worden. Einer davon bestand aus drei Räumen mit Mittelkuppel und vorgesetzter Säulenhalle und enthielt umfangreiche Stuckarbeiten. Ein zweiter war ebenfalls ein Kuppelbau und der dritte präsentierte einen Saal mit Stuck, und zwar geometrisch verbundene florale Ornamente (1919 entdeckt). Übrigens war Alt-Samarkand damals bereits befestigt und besaß zehn Stadttore.
Richard N. Frye:The Samanids. In:The Cambridge History of Iran. Band 4: Richard N. Frye (Hrsg.):The period from the Arab invasion to the Saljuqs. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 1975,ISBN 0-521-20093-8, S. 136 ff.
Monika Gronke:Geschichte Irans. Von der Islamisierung bis zur Gegenwart (=Beck’sche Reihe. C.-H.-Beck-Wissen 2321). 2., durchgesehene und aktualisierte Auflage. Beck, München 2006,ISBN 3-406-48021-7.
Tilman Nagel:Die islamische Welt bis 1500 (Oldenbourg Grundriss der Geschichte. Band 24). Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 1998,ISBN 3-486-53011-9, S. 95 ff.
↑Josef Wiesehöfer:Die Geschichte Irans von den Achaimeniden bis in frühislamische Zeit. In:Wilfried Seipel (Hrsg.):7000 Jahre persische Kunst. Meisterwerke aus dem Iranischen Nationalmuseum in Teheran: Eine Ausstellung des Kunsthistorischen Museums Wien und desIranischen Nationalmuseums in Teheran. Kunsthistorisches Museum, Wien 2001,ISBN 3-85497-018-8, S. 55–74, hier: S. 72, zu Abb. 9, und S. 73.
↑Maria Vittoria Fontana:Frühislamische Kunst. In: Wilfried Seipel (Hrsg.):7000 Jahre persische Kunst. Meisterwerke aus dem Iranischen Nationalmuseum in Teheran: Eine Ausstellung des Kunsthistorischen Museums Wien und des Iranischen Nationalmuseums in Teheran. 2001, S. 297–326, hier: S. 299–300.