SC Lok Leipzig | |
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Name | Sportclub Lokomotive Leipzig |
Vereinsfarben | Schwarz-Rot |
Gründung | 1954 in Leipzig |
Auflösung | 1963 |
Abteilungen | 9 |
DerSportclub Lokomotive Leipzig (kurz:SC Lok Leipzig) war einSportclub desDDR-Sportsystems inLeipzig. Er bestand von 1954 bis 1963, sein Nachfolger war derSC Leipzig. Die Fußballabteilung des SC Leipzig wechselte 1966 zum gegründeten1. FC Lokomotive Leipzig.
Um eine gezielte Entwicklung des Hochleistungssports zu ermöglichen, kam es 1954/55 auf Beschluss desDTSB zur Gründung von Sportclubs (SC), deren Sektionen als Leistungsstützpunkt verschiedener Sportarten fungieren sollten. Der SC Lokomotive Leipzig wurde im Sommer 1954 als einer der ersten Sportclubs in der DDR (nach demZASK Vorwärts Berlin) gegründet. Er war das Leistungszentrum derSportvereinigung Lokomotive (SV Lok), in der dieBetriebssportgemeinschaften derDeutschen Reichsbahn zusammengefasst waren. Leipzig war als Standort des republikweit größten Personenbahnhofs (Leipzig Hauptbahnhof) und durch seine zentrale Lage in der DDR ein wichtiger Standort der Reichsbahn, was letztendlich ein Grund für die Ansiedlung des Sportclubs in der Messestadt war.
Aktive aus mehreren der leistungssportlich geförderten Sektionen gehörten in den 1950er- und frühen 1960er-Jahren zur absoluten Spitze der DDR. Bei einer Umstrukturierung des Sportclubsystems Anfang der 1960er-Jahre wurde dann jedoch beschlossen, dass ein Sportclub proBezirk genügt. Infolgedessen fusionierten der SC Lokomotive und derSC Rotation Leipzig im Juli 1963 zum BezirkssportclubSC Leipzig. DemSC DHfK Leipzig als zentralem Club derDeutschen Hochschule für Körperkultur kam eine Sonderrolle zu, so dass er weiter bestehen blieb.
Gegliedert war der Sportclub in mehrere leistungssportliche Abteilungen, sogenannte Sektionen. Dorthin wurden erfolgreiche Sportler oder ganze Mannschaften delegiert, die zuvor oftmals einerBetriebssportgemeinschaft angehört hatten. Der SC Lokomotive Leipzig und dessen Akteure wurden deshalb in verschiedenen Sportarten Deutscher Meister der DDR.
Erfolgreichste Boxer des SC Lok sindJochen Pracht, DDR-Amateurmeister imMittelgewicht 1955,[1] undHans Petermann, der 1958 DDR-Amateurmeister im Weltergewicht wurde.[2]
Die Sektion Fußball des SC Lok ging aus den Fußballern derBSG Chemie Leipzig hervor, die sich 1949 auf Anhieb für die neugegründeteDDR-Oberliga qualifiziert hatten und1950/51 DDR-Meister geworden waren. Nachdem die Chemie-Mannschaft1953/54 Vizemeister geworden war, stellte man sie vor die Wahl, entweder künftig bei dem Schwerpunktklub der zentralen Sportvereinigung Chemie inHalle zu spielen (SC Chemie Halle-Leuna) oder dem in Leipzig neugegründeten SC Lok beizutreten. Die meisten Spieler, Trainer und Funktionäre entschieden sich für letztere Variante und wurden dadurch mit Wirkung vom 1. September 1954[3] zum SC Lokomotive Leipzig delegiert, die übrigen mussten als Chemie Leipzig-West in der Bezirksklasse weitermachen.
Die Saison1954/55 schloss die Lok-Elf unter TrainerAlfred Kunze, die den Oberligastartplatz der BSG Chemie übernommen hatte, mit unerwartet starken Problemen auf Rang elf ab, besserte sich aber in der folgendenÜbergangsrunde (Sechster). Im Jahr1956 landete der SC Lok auf dem dritten Platz und damit fünf Plätze vor demProbstheidaer Stadtrivalen Rotation Leipzig;1957 beendete man auf Rang sieben und lag damit vier Plätze hinter Rotation. Allerdings feierte die erste Fußballmannschaft des SC Lok in jener Saison mit dem Gewinn desFDGB-Pokals 1957 ihren größten Erfolg unter diesem Namen, als sie unter TrainerFritz Wittenbecher am 22. Dezember inKarl-Marx-Stadt mit 2:1 Toren nach Verlängerung gegen denSC Empor Rostock gewann.[4]
Ab1958 – Trainer war seither erneut Alfred Kunze – rangierte man zwar auf Dauer im Tabellenmittelfeld, behauptete sich aber zumindest als Nummer eins imLeipziger Fußball, indem man den Stadtrivalen Rotation immer hinter sich lassen konnte. Bestes Abschneiden war ein nochmaliger dritter Platz in der Saison1960. ImFDGB-Pokal 1958 hatte sich der SC Lok erneut ins Finale vorgekämpft, unterlag aber diesmal gegenEinheit Dresden. Danach kam man nicht mehr übers Viertelfinale (1960,1961/62) hinaus. Im Jahr 1958 wurde der SC LokDDR-Juniorenmeister vormSC Aktivist Brieske-Senftenberg, nachdem man in der Vorsaison nur demSC Motor Jena den Vortritt lassen musste.
Die erste Herrenmannschaft des SC Lok trug, bekleidet in schwarzen Hosen und roten Hemden, ihre Heimspiele zumeist imStadion des Friedens im StadtteilGohlis aus. Zu den Ausnahmen gehörten manche Stadtderbys gegen Rotation Leipzig, die wegen der enormen Zuschauerzahlen imZentralstadion Leipzig stattfanden. Die Partie am 9. September 1956 zwischen Rotation und Lok (1:2) sahen mehr als 100.000 Zuschauer. Dies ist bis heute gesamtdeutscher Besucherrekord für nationale Fußballpflichtspiele in Deutschland.
Zu den ehemaligen Spielern des SC Lok Leipzig zählen u. a.Horst Weigang,Hans-Dieter Busch,Karl-Heinz Brandt,Gerhard Polland,Heinz Schoppe,Siegfried Söllner,Teo Barth,Werner Walther,Ernst Lindner,Arnulf Pahlitzsch,Lothar Vetterke,Günter Behne,Gerhard Helbig,Georg Zenker,Armin Werner,Willi Conrad,Walter Stieglitz,Günter Konzack,Heinz Fröhlich,Günter Stiller undKlaus Heydenreich. Mehrere Spieler kamen in ihrer Zeit beim SC Lok sogar zu Einsätzen in der DDR-A-Auswahl, darunterRudolf Krause,Günter Busch undRainer Baumann. International spielte ab 1955 eine aus Spielern von Rotation und Lok formierte und zunächst vom ersten Rotation-TrainerHeinz Krügel betreute Leipziger Stadtauswahl im europäischenMessepokal. Für die SC-Lok-Junioren aktiv war u. a.Bernd Dobermann.
Bei der Vereinigung der Fußballsektionen von Rotation und Lok Leipzig wurden im Sommer 1963 die vermeintlich stärkeren Lok-Spieler, unter ihnenPeter Gießner,Werner Gase,Peter Nauert sowie die zwei DDR-A-AuswahlspielerHenning Frenzel undDieter Fischer, vom neuen SC Leipzig übernommen, aus dem 1966 der1. FC Lokomotive Leipzig entstand. Der aus den vermeintlich schwächeren Akteuren bestehende sogenannte „Rest von Leipzig“, darunterHeinz Herrmann,Manfred Walter,Dieter Sommer,Dieter Scherbarth,Hans-Georg Sannert undJörg Ohm, musste zur wiederentstandenenBSG Chemie Leipzig gehen und wurde dort1963/64 unter Trainer Alfred Kunze überraschend DDR-Meister.
Die Männermannschaft des SC Lok stieg1956 in die noch zweigleisige DDR-Hallenhandball-Meisterschaftsrunde auf. Der SC Lok spielte von Beginn an eine gute Rolle, erzielte aber keine größeren Erfolge – im Gegensatz zum LokalrivalenSC DHfK Leipzig, der von 1959 bis 1964 sechsmal in Folge das Finale um die DDR-Meisterschaft gegen den Sieger der anderen Staffel erreichte. Im Feldhandball war man erfolgreicher: Vor demMauerbau 1961 hat SC Lokomotive Leipzig zweimal amInternationalen Handball-Pfingstturnier um den Grenzland-Pokal inLörrach teilgenommen, u. a. mit den NationalspielernPeter Kretzschmar, Günter Herzog und Horst Seifert. 1958 erreichte man den 1. Platz mit 11:9 Toren gegen denVfL Gummersbach und 1960 den 4. Platz mit 15:17 Toren gegen MTVDinslaken[5].
Nach den Finalniederlagen um die DDR-Meisterschaft1960 gegen denASK Vorwärts Berlin,1961 gegen denSC Dynamo Berlin und1962 erneut gegen Vorwärts Berlin gab es dreimal in Folge nur die Vizemeisterschaft. Erst1965, zwei Jahre nach der Eingliederung der Handballsektion in den neuen SC Leipzig, holte man den Feldhandballmeistertitel durch einen Finalsieg gegen Dynamo Berlin. Die SC-Lok-SpielerPeter Kretzschmar undGünter Herzog gehörten der gesamtdeutschen Mannschaft an, die bei derHandball-WM 1958 in der DDR Dritter wurde.
Die Handballerinnen des SC Lok gingen 1954 aus derBSG Rotation Leipzig-Mitte hervor, demDDR-Hallenhandball-Meister 1952/53. In der Saison1955/56 wurden die Lok-DamenDDR-Meister im Feldhandball und im Jahr darauf DDR-Meister im Hallenhandball. Ab 1963 gehörten sie dem SC und anschließend demVfB Leipzig an, heute sind sie als HC Leipzig ein selbständiger Verein.
Im Jahr 1958 wurden die besten Judo-Sportler derBSG Lokomotive Leipzig-Mitte zum SC Lok delegiert. Erfolgreichste Judoka des SC Lok sindManfred Schneider, DDR-Meister im Federgewicht 1956, 1957 und 1958, W. Horn, DDR-Meister im Schwergewicht 1955 und 1956,[6] und H.-J. Hänsel, der 1960 DDR-Meister im Mittelgewicht wurde.[7] Die Sektion Judo wurde 1963 in den SC Leipzig eingegliedert.
Dem SC Lok Leipzig gehörten eine Reihe erfolgreicher Leichtathleten an. Bei den Herren stach der vonMax Syring trainierteKlaus Richtzenhain heraus, der alsdeutscher Teilnehmer bei den Olympischen Sommerspielen 1956 über die 1500-Meter-Distanz die Silbermedaille errang. Zudem war Richtzenhain 1956DDR-Meister im 800-Meter-Lauf sowie 1955, 1957 und 1958 jeweilsDDR-Meister über 1500 Meter.Klaus Porbadnik, der 1955Meister im 10.000-Meter-Lauf geworden war, stand 1956 ebenfalls im deutsch-deutschen Olympiakader. Zudem wurdenReinhard Seidler 1959DDR-Meister im 100-Meter-Lauf,Herbert Widera 1961DDR-Meister über 110 Meter Hürden,200 Meter Hürden und400 Meter Hürden sowieGerhard Lohse 1962DDR-Zehnkampfmeister.DDR-Meisterinnen im Hochsprung waren die SC-Lok-AthletinnenEllinore Riebow (1958) sowieDoris Walther (1960 und 1962). Die Leichtathleten starteten ab 1963 teils für den SC Leipzig.
Zu den erfolgreichstenRadsportlerinnen des SC Lok istAnnerose Loesch zu zählen. Im Einer-Kunstradfahren erzielte sie bei denWeltmeisterschaften von 1961 bis 1963 dreimal in Folge den Bronzerang; bei denDDR-Meisterschaften war sie 1960 und 1961 noch Zweite geworden, doch 1962 und 1963 holte sie jeweils den Titel. Weitere erfolgreiche SC-Lok-Kunstradfahrerinnen warenKlarissa Kunz undUrsula Heinig. Von 1958 bis 1960 wurden die Duos des SC Lok dreimal in Folge DDR-Meister imRadball.[8] Die Radsportler waren 1957 von der BSG Lokomotive Leipzig-West zum SC Lok delegiert worden, 1963 übernahm sie der SC Leipzig.
Eckhard Thorun war in seiner Zeit beim SC Lok Leipzig mehrfacher DDR-Meister seiner Gewichtsklasse im griechisch-römischen Stil und nahm u. a. 1958 an der Weltmeisterschaft inBudapest teil. Auch der später erfolgreicheLothar Schneider war in den frühen 1960er-Jahren bereits für den SC Lok aktiv, bevor er wie viele seiner Sektionskameraden 1963 vom neu gebildeten SC Leipzig übernommen wurde.
Die Tischtennis-Herren des SC Lok waren viermal in FolgeMannschaftsmeister der DDR (1959/60–1962/63) und belegten auch imEuropapokal vordere Plätze, darunter 1960/61, gleich in der ersten Saison dieses Wettbewerbs, Rang zwei. Die Mannschaft bestand damals ausSiegfried Lemke,Wolfgang Viebig,Heinz John undDieter Lauk. Zur Meistermannschaft von 1962 gehörten u. a.Jürgen Scheweleit undDieter Schindler. Die Sektion wurde 1963 an den SC Leipzig angegliedert, bereits 1965 bei einer weiteren Umstrukturierung jedoch der BSG Lok Leipzig-Mitte angeschlossen.[9]
Zu den Vorzeigeturnerinnen des SC Lok gehörteUte Starke, die 1961 in Leipzig Europameisterin im Pferdsprung wurde. Dafür erhielt sie im gleichen Jahr die Auszeichnung alsDDR-Sportlerin des Jahres.Roselore Sonntag wurde allein 1956 dreifache DDR-Meisterin im Mehrkampf, am Boden und am Stufenbarren. Insgesamt errang sie bis 1960 zehn DDR-Meistertitel, darunter drei im Mehrkampf. International nahm Roselore Sonntag als Aktive u. a. an den Turnweltmeisterschaften 1958 und 1962 teil. Zudem gehörte sie wie Ute Starke,Gretel Schiener undSiegfried Fülle zurdeutschen Olympiamannschaft 1960. Auch die späteren WeltklasseturnerMatthias Brehme undKlaus Köste turnten in jungen Jahren für den SC Lok.